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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 09.10.2007
Aktenzeichen: 11 U 72/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 164
BGB § 267
BGB § 648
BGB § 677
BGB § 683
BGB § 1357
BGB § 1357 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

11 U 72/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 09.10.2007

Verkündet am 09.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Pliester als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. Februar 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin - Az.: 2 O 254/06 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz, zugleich Wert der Beschwer des Klägers: 5.731,20 €

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten restlichen Werklohn für die Durchführung von Elektroarbeiten an einem Doppelhaus. Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, der sich im Berufungsrechtszug nicht geändert hat, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt:

Es bestehe ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Der Ehemann der Beklagten habe jedenfalls eine Duldungsvollmacht gehabt, für diese zu handeln, sodass es nicht auf die Frage ankomme, ob das Verhalten der Beklagten als Genehmigung des Handelns aufgefasst werden könne. Schließlich liege in der Leistung einer Abschlagszahlung das deklaratorische Anerkenntnis des Zahlenden, passiv legitimiert zu sein.

Im Übrigen ergäbe sich der Anspruch aus §§ 677, 683 BGB. Der Kläger habe die Arbeiten an dem im Miteigentum der Beklagten stehenden Haus erbracht und damit ein Geschäft der Beklagten geführt. Da die Elektroinstallation mit Willen der Beklagten erbracht worden sei, müsse diese die übliche Vergütung bezahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Urteils, welches der Beklagten am 28. Februar 2007 zugestellt worden ist, wird auf bei den Akten befindliche Leseabschrift (Bl. 69) Bezug genommen. Gegen dieses Urteil richtet sich die am 28. März 2007 eingelegt Berufung, die die Beklagte am 27. April 2007 wie folgt begründet hat: Für das Bestehen einer Duldungsvollmacht komme es auf das Verhalten des Vertretenen vor oder bei dem Vertragsschluss an; das Verhalten nach Vertragsschluss sei vom Landgericht zu Unrecht herangezogen worden. Auch sei der Vertrag nicht dadurch im Verhältnis der Streitparteien wirksam geworden, dass die Beklagte diesen genehmigt hätte. Ein genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft habe indes nicht vorgelegen, weil ein wirksamer Vertrag mit dem Ehemann der Beklagten zu Stande gekommen sei. Eine Zahlung beinhalte ohne weitere Anhaltspunkte gerade nicht ein deklaratorisches Anerkenntnis. Schließlich könne der Anspruch nicht aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleitet werden, weil ein gültiger Vertrag (mit dem Ehemann der Beklagten) vorgelegen habe.

Die Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 22. Mai 2007 und weist ergänzend darauf hin, dass sich die Mitverpflichtung der Beklagten jedenfalls aus § 1357 BGB ergebe.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat seine Postulationsfähigkeit durch Vorlage einer Kopie der Zulassungsurkunde der Rechtsanwaltskammer T... belegt.

In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten der Anspruch auf Zahlung des restlichen Werklohns unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1.

Ein vertraglicher Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten scheidet aus. Der Ehemann des Beklagten hat diese nicht wirksam gem. § 164 BGB vertreten, weil es schon an einem Handeln im fremden Namen fehlt. Der schriftliche Vertrag ist unstreitig ausschließlich mit dem Ehemann der Beklagten geschlossen worden. Die äußeren Umstände des Vertragsschlusses deuten aus der maßgeblichen Sicht des Klägers auch nicht darauf hin, dass der Ehemann der Beklagten für diese hätte handeln wollen. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 27. Oktober 2006 (Bl. 38) selbst vorgetragen, dass die Verhandlungen ausschließlich mit dem Ehemann geführt worden sind. Selbst wenn die Beklagte beim Vertragsschluss anwesend war, wie der Kläger mit Schriftsatz vom 02. Februar 2007 vorgebracht hat, ergibt sich aus der Tatsache, dass nur der Ehemann unterschrieben hat, gerade, dass auch nur dieser verpflichtet werden sollte. Andernfalls hätte für den Kläger nichts näher gelegen, als die Unterschriftsleistung auch der Beklagten zu fordern. Der dem Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bekannte Umstand, dass der Ehemann der Beklagten nicht als Eigentümer des Baugrundstücks im Grundbuch verzeichnet war, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass der Bauauftraggeber stets oder auch nur typischerweise für denjenigen kontrahieren will, der im Grundbuch steht. Die fehlende Identität von Grundstückseigentümer und Besteller kann vertragsrechtlich - anders als etwa im Rahmen des § 648 BGB (vgl. Palandt/Sprau § 648 RN 3) - nicht überwunden werden.

Da es schon an einem Handeln des Ehemanns im Namen der Beklagten fehlt, kommt es auf die Frage nicht an, ob sich aus den weiteren Umständen ergeben würde, dass er - wie das Landgericht angenommen hat - zur Vertretung der Beklagten berechtigt gewesen wäre. Vorbezeichnete Auffassung entspricht im Übrigen auch derjenigen des Klägers bis Anfang des Jahres 2006. Der Kläger hat die Rechnungen bis dahin ausschließlich an den Ehemann der Beklagten adressiert. Die Herstellerbescheinigung vom 25. August 2003 weist ausschließlich den Ehemann der Beklagten als Bauherrn aus. Schließlich ist der Kläger zunächst auch nur gegen den Ehemann der Beklagten gerichtlich vorgegangen, indem er seine Forderung gegen diesen zur Insolvenztabelle angemeldet hat.

2.

Die Beklagte ist auch nicht nachträglich als zusätzliche Vertragspartnerin des Klägers in den Vertrag eingetreten. Sie hat - auch nicht durch schlüssiges Verhalten - dahingehende rechtsgeschäftliche Erklärungen nicht abgegeben.

Dass die Beklagte während der Bauausführung öfters anwesend war und auf die Einzelheiten der Gestaltung Einfluss genommen hat, macht diese noch nicht zur Vertragspartnerin, zumal die schriftlichen Zusatzaufträge auch nur vom Ehemann der Beklagten unterzeichnet sind. Die Tatsache, dass die Beklagte auf die Teil- und auf die Schlussrechnung Teilbeträge gezahlt hat, ist insoweit ebenfalls unbeachtlich. Nach § 267 BGB kann die Leistung auch durch Dritte erfolgen, sofern nicht Schuldner und Gläubiger dies übereinstimmend ablehnen. Der Dritte wird, wenn er eine Teilleistung erbringt, nicht ohne weiteres Schuldner der noch ausstehenden Restleistung. Schließlich ist im Rahmen der Abnahme (Protokoll vom 26. August 2003; Bl. 36 d.A.) keine kumulative Vertragsübernahme erfolgt. Wenn im Eingang dieses Protokolls unter der Rubrik "Bauherr" "Fam. G..." aufgeführt ist, ist diese Bezeichnung als ungenaue Ortsangabe zu verstehen. Dass irgend einer der an der Abnahme Beteiligten - die Beklagte hat nicht unterzeichnet - mit dieser Formulierung rechtsgeschäftliche Folgen im Hinblick auf die Vertragspartnerschaft beabsichtigt hat, ist weder zu ersehen noch im Einzelnen vom Kläger vorgetragen worden.

3.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Zahlung der Teilbeträge durch die Beklagte als deklaratorisches Anerkenntnis der Schuldnerstellung (Passivlegitimation) gewertet werden müsste. In der Rechtsprechung ist zwar teilweise anerkannt, dass sich der Adressat einer Rechnung, nachdem er Teilzahlungen geleistet hat, nicht mehr darauf berufen kann, er sei nicht Vertragspartner (vgl. OLG Köln MDR 207, 27). So liegt der Fall hier indes nicht; denn die Rechnungen sind vor den Teilzahlungen, wie ausgeführt, eben nicht an die Beklagte adressiert worden.

4.

Aus § 1357 Abs. 1 S. 2 BGB lässt sich eine Mitverpflichtung der Beklagten neben ihrem Ehemann nicht herleiten. Die Leistungen, die der Kläger erbracht hat, dienen nicht zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs der Familie. Von diesem gesetzlichen Begriff nicht umfasst sind Geschäfts größeren Umfangs, die ohne Schwierigkeiten zurückgestellt werden könnten und die typischerweise zwischen den Ehegatten abgesprochen zu werden pflegen (vgl. Staudinger, Bearb. 2000, § 1357 RN 38 mit weiteren Nachweisen). Ein Vertrag über die Neuanlage einer Elektroinstallation als Teil einer Neubauerstellung gehört jedenfalls - anders als etwa ein notwendiger Reparaturauftrag - nicht dazu (vgl. Palandt/Brudermüller § 1357 RN 14).

5.

Anders als das Landgericht in seiner Hilfsbegründung aufgeführt hat, kommt neben dem vertraglichen Entgeltanspruch des Klägers gegen den Ehemann der Beklagten ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) nicht in Betracht. Der Bundesgerichtshof (NZBau 2004, 34) hat hierzu ausgeführt:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Geschäftsbesorgung für einen anderen auch dann vorliegen, wenn der Geschäftsführer zur Besorgung des Geschäfts einem Dritten gegenüber verpflichtet ist (BGHZ 143, 9, 14; vgl. BGHZ 40, 28, 31; 140, 102, 109 m.w.N.). Jedoch kommt in solchen Fällen eine Inanspruchnahme des Geschäftsherrn dann nicht in Betracht, wenn die Verpflichtung auf einem mit einem Dritten wirksam geschlossenen Vertrag beruht, der Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und insbesondere die Entgeltfrage umfassend regelt (Seiler in MünchKomm BGB aaO Rdn. 15; vgl. Beuthien in Soergel BGB 12. Aufl. § 677 BGB Rdn. 11; Ehmann in Erman BGB 10. Aufl., Rdn. 5 vor § 677 BGB). Eine solche umfassende Regelung der Entgeltfrage innerhalb der wirksamen Vertragsbeziehung ist hinsichtlich des Ausgleichs für die jeweils erbrachten Leistungen auch im Verhältnis zu Dritten grundsätzlich abschließend. Den Rückgriff auf Aufwendungsersatzansprüche verwehrt der aus der Parteiautonomie folgende Vorrang der vertraglichen Rechte gegenüber dem Ausgleich der aus der erbrachten Leistung resultierenden Vorteile Dritter, die außerhalb des Vertrags stehen. Mit der vereinbarten Vergütung erhält der Vertragspartner die Bezahlung, die er nach der Privatrechtsordnung erwarten kann. Wollen die Parteien eine Mithaftung des Dritten für das Vertragsentgelt herbeiführen, haben sie die Möglichkeit, dies durch Vereinbarung mit ihm zu erreichen, insbesondere ihn in ihre Absprache einzubeziehen. Die spätere Insolvenz des Vertragspartners ändert hieran nichts; sie bietet nach der dem Gesetz zugrunde liegenden Systematik keine Grundlage für die Begründung von Aufwendungsersatzansprüchen gegenüber Dritten. Zweck des Instituts der Geschäftsführung ohne Auftrag ist es nicht, das Insolvenzrisiko der Parteien aufzufangen und auf Dritte zu verlagern."

Dem folgt der Senat uneingeschränkt.

6.

Gleiches gilt im Ergebnis für einen Anspruch aus Bereicherungsrecht. Der hier allein in Betracht zu ziehende Anspruch aus Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB) ist schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger die Installationsarbeiten auf Grund eines Leistungsverhältnisses zum Ehemann der Beklagten erbracht hat (Grundsatz des Vorrangs des Leistungsverhältnisses).

7.

Schließlich hat der Kläger die Voraussetzungen eines deliktischen Anspruchs (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB) nicht hinreichend vortragen können. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der Ehemann der Beklagten im Zusammenwirken mit dieser planmäßig den Vertrag mit dem Kläger geschlossen hat, obwohl bekannt war, dass der Vertrag vom Ehemann der Beklagten ganz oder teilweise nicht würde erfüllt werden können. So sind nähere Angaben zu der Frage, wie sich die Vermögensverhältnisse des Ehemanns zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darstellten und welche Kenntnis die Beklagte hiervon hatte, aus dem klägerischen Vorbringen nicht zu entnehmen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung einer Abwendungsbefugnis hat nach § 713 ZPO zu unterbleiben. Die Revision ist nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit grundsätzliche Fragen nicht berührt und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts nicht erforderlich ist. Der Streitwert für das Berufungsverfahrens entspricht demjenigen erster Instanz.

Ende der Entscheidung

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