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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.04.2002
Aktenzeichen: 11 Wx 43/01
Rechtsgebiete: FGG, BGB


Vorschriften:

FGG § 13 a Abs. 2 S. 1
FGG § 27
FGG § 29
FGG § 68
FGG § 68 Abs. 1 S. 1
FGG § 69 g Abs. 1
FGG § 69 g Abs. 5 S. 2
BGB § 1897 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

11 Wx 43/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

hat der 11. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3. vom 29. November 2001 gegen den Beschluss des Landgerichts Neuruppin vom 25. Oktober 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Groß und den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen

am 18. April 2002

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beteiligten zu 3. auferlegt.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die weitere Beschwerde ist zulässig.

Sie ist gemäß § 27 FGG statthaft und gemäß § 29 FGG in der rechten Form eingelegt.

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 69 g Abs. 1 FGG als Verwandte in der Seitenlinie bis zum 3. Grade beschwerdebefugt. Die Vorschrift eröffnet den dort beschriebenen näheren Verwandten des Betroffenen die Möglichkeit, gegen die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen, wie sie vorliegend gegeben ist, die Beschwerde und damit auch die weitere Beschwerde zu erheben. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus ist die Beschwerde nicht nur insoweit eröffnet, als der Beschwerdeführer geltend machen will, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung nicht gegeben waren. Vielmehr kann das Rechtsmittel gegen die Betreuerbestellung von den in § 69 g Abs. 1 FGG genannten Angehörigen von Anfang an allein auf die Auswahlentscheidung beschrankt werden (OLG Zweibrücken OLGR 2000, 145, OLG HammFamRZ 1996, 1372).

II.

Die danach zulässige weitere Beschwerde ist indes unbegründet.

Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Begründung der weiteren Beschwerde als frei von Rechtsfehlern. Die weitere Beschwerde eröffnet den Beteiligten keine weitere und damit dritte Tatsacheninstanz. Die weitere Beschwerde ist reine Rechtsbeschwerde und nicht zur Nachprüfung von Tat- und Ermessensfragen eröffnet. Das Rechtsbeschwerdegericht überprüft in der weiteren Beschwerde nur die Rechtsanwendung der Vorinstanz einschließlich des Verfahrens, wenn auch nicht beschränkt auf die erhobenen Verfahrensrügen (Keidel/Kuntze/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 27 Rn. 1 m.w.N.).

Derartige Rechtsfehler weist die angefochtene Entscheidung nicht auf.

1.

Das Landgericht war zunächst nicht gehindert, über die Beschwerde zu entscheiden, ohne die Betroffene selbst vor dieser Entscheidung selbst persönlich angehört zu haben.

Die in § 68 FGG niedergelegte, grundsätzliche Verpflichtung des Gerichtes, vor der Entscheidung über die Bestellung eines Betreuers den Betroffenen persönlich anzuhören, ist bindend als besondere Form der Sachaufklärung vorgeschrieben. Die Verpflichtung zur Anhörung gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 FGG gilt grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren, was sich bereits aus dem Umstand ergibt, dass durch § 69 g Abs. 5 S. 2 FGG die Möglichkeit des Beschwerdegerichtes, die Durchführung der Anhörung dem beauftragten Richter zu übertragen, noch einmal eingeschränkt wird. Die persönliche Anhörung darf indes in offensichtlichen und eindeutigen Fällen unterbleiben, sofern die hierfür maßgeblichen Gründe in der Entscheidung mitgeteilt sind oder sich ohne weiteres aus der Akte ergeben (BayObLG, 3. ZS, Entscheidung vom 10.01.2001, OLG Dresden, OLG NL 2000, 95, 96; OLG Köln FamRZ 2000, 1440).

Die hiernach erforderlichen Voraussetzungen waren gegeben.

Die Betroffene ist nach dem ärztlichen Gutachten und nach der Stellungnahme der Betreuungsbehörde nicht in der Lage, den Sinn einer Betreuung zu erfassen und hierzu einen verständigen eigenen Willen zu äußern. Diese Erkenntnisse werden bestätigt durch das Ergebnis der versuchten Anhörung durch das Amtsgericht vom 15.12 1999, in dem sich der Richter einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen beschafft hat.

Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zustand der Betroffenen seit dem gebessert hat, liegen nicht vor, so dass das Landgericht von einer Anhörung absehen konnte.

2.

War das Landgericht somit in der Lage, über die Bestellung der Beteiligten zu 2. als Betreuerin selbst zu entscheiden, so erweist sich auch diese Entscheidung auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Erkenntnisse als zutreffend.

Die Auswahlentscheidung hat sich, nachdem die Betroffene keine Person als Betreuer vorgeschlagen hat, an der Bestimmung des § 1897 Abs. 5 BGB zu orientieren. Die insoweit zutreffende Entscheidung des Gerichtes zwischen mehreren möglicherweise geeigneten Kandidaten ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Die Ermessensentscheidung selbst ist im Rahmen der Rechtsbeschwerde nur in eingeschränktem Umfang überprüfbar (OLG Köln FamRZ 2000, 116; BayObLG FamRZ 1994, 530; OLG Karlsruhe FamRZ 1995, 431).

Die mit der weiteren Beschwerde angegriffene Auswahl des Amtsgerichts, die durch die Beschwerdeentscheidung bestätigt wurde, ist bei einer Beurteilung nach diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.

Die Beteiligte zu 2. ist als Betreuerin geeignet. Dies ergibt sich zunächst aus dem Bericht der Betreuungsbehörde vom November 1999, der durch die in dem Bericht mitgeteilten Äußerungen der Mitarbeiter des Pflegeheims, in dem die Betroffene lebt, bestätigt wird. Insoweit konnte das Landgericht in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Verfahrenspflegers rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangen, dass die Beteiligte zu 2. zur Führung der Betreuung geeignet ist.

Ein Interessenkonflikt von Gewicht, der der Bestellung eines Betreuers entgegenstehen kann (BayObLG FamRZ 2000, 1183; FamRZ 1999, 49, FamRZ 2000, 1183 sowie OLG Köln FamRZ 2000, 512) ist nicht erkennbar. Auch steht die bloß abstrakt denkbare Möglichkeit eines Interessenkonfliktes der Bestellung eines Betreuers nicht notwendig entgegen, solange dieser die Vermögensangelegenheiten des Betreuten objektiv und sachgerecht wahrnimmt und keine Positionen vertritt, die dem Wohl des Betroffenen deutlich zuwiderlaufen (OLG Köln a.a.O.).

Gegen die Annahme eines derartigen entscheidungserheblichen und der Bestellung der Beteiligten zu 2, zur Betreuerin entgegenstehenden Interessenkonflikts spricht bereits, dass ein derartiger Interessengegensatz nicht zwischen der Betreuerin und der Betreuten, sondern allein zwischen der Betreuerin und der Beschwerdeführerin erkennbar ist. Beide haben im Verfahren über die Betreuerbestellung zum Ausdruck gebracht, sich als Erben der Betreuten sei es aufgrund gesetzlicher oder testamentarisch geregelter Erbfolge berufen zu fühlen. Dieser Streit mag indes, worauf der Verfahrenspfleger zutreffend hinweist, zu gegebener Zeit zwischen der Beteiligten zu 2. und der Beteiligten zu 3. geführt werden. Es ist nicht erkennbar, inwieweit diese denkbare Auseinandersetzung unter dem Gesichtspunkt des Wohls der Betreuten bereits im Betreuungsverfahren geeignet sein könnte, entweder die Beteiligte zu 2. oder die Beteiligte zu 3. als geeigneter erscheinen zu lassen, die Betreuung zu führen.

Sind damit keine Gesichtspunkte erkennbar, die die Beteiligte zu 2. als weniger geeignet erscheinen lassen könnten als die Beteiligte zu 3., so bestehen umgekehrt keine Gesichtspunkte, die eine im Auswahlverfahren zwingend zu berücksichtigende höhere Eignung der Beteiligten zu 3. für die Führung der Betreuung ergäbe.

Eine besondere Eignung der Beteiligten zu 3. ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass sie unmittelbar mit der Betroffenen verwandt ist, während die Verwandtschaft der Beteiligten zu 2. nur zu dem vorverstorbenen Ehemann der Betroffenen bestand.

Der Gesetzgeber hat in der Bestimmung des § 1897 Abs. 5 nur die Beziehungen des Betreuten zu bestimmten hervorgehobenen nahen Angehörigen oder sonst nahestehenden Personen, nämlich zu Eltern, zu Kindern, zum Ehegatten bzw. zum Lebenspartner als bei der Auswahl des Betreuers bedeutsam hervorgehoben Selbst deren Vorrang ist kein absoluter. Maßgebend bleibt auch insoweit stets das Wohl des Betroffenen (Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1897 Rn 22 m.w.N.).

Zu diesem durch das Gesetz hervorgehobenen Personenkreis gehört die Beteiligte zu 3. nicht.

Betriff die Betreuerentscheidung daher einen weiter entfernten Verwandten, so ist für die Entscheidung vorrangig maßgeblich, inwieweit sich das entferntere Verwandtschaftsverhältnis in einer besonderen persönlichen Beziehung des Verwandten zu dem Betreuten niedergeschlagen hat.

Insoweit konnten indes weder das Amtsgericht noch das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung feststellen, dass zwischen der Beschwerdeführerin und der Betreuten in der Vergangenheit ein herausgehobenes besonderes Näheverhältnis bestanden hätte. Auch die Begründung der weiteren Beschwerde macht dies nicht geltend.

Kam damit auch im verwandtschaftlichen Verhältnis der Beschwerdeführerin zur Betreuten im Rahmen der Betreuungsauswahl kein entscheidendes Gewicht zu, so war das Landgericht jedenfalls nicht gehindert, dem auch vom Verfahrenspfleger und von der Betreuungsbehörde hervorgehobenen Umstand, dass die Betreuung der Betroffenen von der Beteiligten zu 2. seit nunmehr mehr als 2 Jahren beanstandungsfrei geführt wird und die Führung der Betreuung damit dem Wohl der Betreuten entspricht, ein für die Entscheidung maßgebliches Gewicht beizumessen.

Die Frage, ob auch eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre, ist nicht Gegenstand des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Jedenfalls ist in der Entscheidung des Landgerichts ein Ermessensfehler nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 2 S. 1 FGG.

Ende der Entscheidung

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