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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 11 Wx 80/08
Rechtsgebiete: BbgPsychKG, FGG


Vorschriften:

BbgPsychKG § 8
FGG § 13a
FGG § 13a Abs. 1 S. 2
FGG § 13a Abs. 1 S. 2 1. Alt.
FGG § 13a Abs. 2 S. 3
FGG § 16 Abs. 2 S. 2
FGG § 20a Abs. 1 S. 2
FGG § 28 Abs. 2
FGG § 70h Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 22. Oktober 2008 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 640,93 €

Gründe:

I.

Auf Antrag der H. Kliniken GmbH N. vom 09. Juli 2007 ordnete das Amtsgericht Nauen im Wege der einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom gleichen Tage die Unterbringung des Betroffenen nach § 8 BbgPsychKG an. Auf die sofortige Beschwerde des anwaltlich vertretenen Betroffenen hob das Landgericht den Beschluss auf. Der Kostentenor dieser Entscheidung lautet: "Die Auslagen des Betroffenen werden, soweit sie zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, der Staatskasse auferlegt."

Auf die Rechtsbeschwerde des Bezirksrevisors hat der Senat die Kostenentscheidung durch Beschluss vom 16. September 2008 aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht zur Entscheidung über die Frage zurückgewiesen, ob die Auslagen des Betroffenen dem Landkreis gemäß § 13a Abs. 2 S. 3 FGG auferlegt werden sollen.

Durch Beschluss vom 22. Oktober 2008 hat das Landgericht den Ausspruch einer Erstattung gemäß § 13a Abs. 2 S. 3 FGG abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Unter Zugrundelegung des Sachverhalts, der zur Zeit der Antragstellung für die Verwaltungsbehörde feststellbar gewesen sei, habe für die H.klinik ein begründeter Anlass für die Antragstellung bestanden. Vor dem Hintergrund der polizeilichen Feststellungen im Zusammenhang mit dem Verhalten des Betroffenen habe die H.klinik davon ausgehen müssen, auf Grund des krankheitsbedingten Verhaltens des Betroffenen habe eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben anderer bestanden.

Dieser Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen formlos am 23. Oktober 2008 (Vermerk der Geschäftsstelle Bl. 128R) übersandt worden. Mit Schriftsatz, beim Landgericht Potsdam eingegangen am 10. November 2008, hat der Betroffene durch Anwaltsschriftsatz weitere sofortige Beschwerde erhoben. Er folgert insbesondere aus der Begründung des landgerichtlichen Beschlusses vom 20. Juli 2007, dass bei verständiger Würdigung des Sachverhalts ein Unterbringungsantrag durch die H.klinik nicht hätte gestellt werden dürfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschwerdeschriftsatz (Bl. 141 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

Die Statthaftigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde folgt aus § 20a Abs. 1 S. 2 FGG. Eine hiernach anfechtbare Kostenentscheidung liegt auch dann vor, wenn das Gericht die Auferlegung von Kosten nach § 13a FGG nicht für veranlasst sieht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 25. Juni 1992, 3Z BR 74/92), unabhängig davon, ob die Entscheidung zusammen mit der Hauptsacheentscheidung oder, wie hier, nachträglich ergeht (vgl. Bumiller/Winkler, FGG, § 20a RN 15 mit weiteren Nachweisen). Der Beschwerdewert von 100,00 € ist ausweislich der Gebührennote des Verfahrensbevollmächtigten (Bl. 39 d.A.) offensichtlich überschritten.

Es ist davon auszugehen, dass der Betroffene die Zwei-Wochen-Frist (§ 22 Abs. 1 S. 1 FGG) eingehalten hat. Da das Landgericht aus nicht näher ersichtlichen Gründen entgegen § 16 Abs. 2 S. 2 FGG von einer förmlichen Zustellung des angefochtenen Beschlusses abgesehen hat, ist zu unterstellen, dass das vom Betroffenen geltend gemachte Zugangsdatum (27. Oktober 2008) zutreffend ist.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Anwendungsbereich des § 13a Abs. 2 S. 3 FGG für eröffnet gehalten. Unter "Ablehnung des Antrags" im Sinne dieser Vorschrift ist auch der - hier gegebene - Fall gemeint, dass die vom Amtsgericht angeordnete Unterbringung im Rechtsmittelzug aufgehoben wird (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, FGG, § 13a RN 51p).

Die vom Rechtsbeschwerdegegner aufgeworfene Frage, ob eine Auslagenentscheidung nach § 13a Abs. 2 S. 3 FGG auch im einstweiligen Verfahren greift, oder ob insoweit das Hauptsacheverfahren abzuwarten ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich behandelt (vgl. einerseits Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 29. Dezember 1993, 2 W 163/93; BayObLG, Beschluss vom 25. Juni 1992, 3Z BR 74/92; andererseits OLG Hamm, Beschluss vom 02. Februar 1995, 15 W 295/94; Jansen, FGG, § 13a RN 35; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, § 13a FGG RN 45). Diese Frage bedarf indes nicht der Entscheidung durch den Senat bzw. nicht der Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG; denn der Beschluss des Landgerichts erweist sich aus anderen Gründen als rechtmäßig.

Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass es für die Beurteilung der Frage, ob es einen begründeten Anlass zur Beantragung der Unterbringung nach dem Brandenburgischen PsychKG gegeben hat, auf die erkennbare Sachlage zum Zeitpunkt der Antragstellung ankommt. Von der Auslagenerstattungsregelung des § 13a Abs. 2 S. 3 FGG sind in erster Linie Fälle umfasst, in denen unzureichend ermittelt wurde, keine ausreichenden medizinischen Gutachten eingeholt wurden oder Rechtsfehler begangen wurden. Die Behörde - bzw. die beauftragte Klinikleitung - muss vor der Antragstellung nicht im selben Umfang ermitteln wie das Gericht vor der Entscheidung (vgl. Damrau/Zimmermann a.a.O. RN 47 mit weiteren Nachweisen).

Zum Zeitpunkt der Antragstellung war die Höchstfrist von zwei Mal sechs Wochen nach § 70h Abs. 2 FGG noch nicht abgelaufen. Zudem war angesichts des akuten Verhaltens des Betroffenen nicht zu ersehen, dass es sich um einen Fall der wiederholten Einweisung wegen desselben Krankheitsbildes handelte. Dass das Landgericht zu einem späteren Zeitpunkt - am 19. Juli 2007 - sachverständig beraten zu einer anderen Auffassung gekommen ist, ändert an dem Befund zum Zeitpunkt der Antragstellung nichts. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass das Amtsgericht dem Unterbringungsantrag nach umfassender Rechtsprüfung in Kenntnis der vorangegangenen Einweisungen des Betroffenen stattgegeben hat; hiermit wäre die Beurteilung der Ermittlungen der Klinikleitung als "unzureichend" in obigem Sinne nur schwer zu vereinbaren.

III.

Hinsichtlich der Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haftet der Betroffene als Veranlasser. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdegegners gilt § 13a Abs. 1 S. 2, 1. Alt. FGG. Ob die Rechtsanwaltskosten des Rechtsbeschwerdegegners zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, unterliegt nicht der Entscheidung des Senats, sondern ist gegebenenfalls dem Kostenfestsetzungsverfahren vorzubehalten.

Bei der Festsetzung des Geschäftswerts hat sich der Senat an dem Festsetzungsantrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen vom 25. Juli 2007 (Bl. 38 d.A.) orientiert.

Ende der Entscheidung

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