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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 12 U 107/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 434
BGB § 437 Nr. 2
BGB § 441
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 107/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 17.01.2008

Verkündet am 17.01.2008

in dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pastewski sowie die Richter am Oberlandesgericht Beckmann und Funder

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18. April 2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az.: 2 O 524/06, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Minderung, hilfsweise Schadensersatz aus einem Kraftfahrzeugkaufvertrag in Anspruch, wobei der wesentliche Streitpunkt zwischen den Parteien darin zu sehen ist, ob es sich bei dem vom Kläger erworbenen Wohnmobil um ein Neufahrzeug handelt oder ob dies möglicherweise deshalb nicht der Fall ist, weil es entsprechend der Behauptung des Klägers bereits am 30.11.2004 in Spanien erstzugelassen worden sein soll bzw. hinsichtlich seiner wesentlichen Bestandteile (Chassis) fertig gestellt gewesen. Da das Fahrzeug auf der Grundlage eines am 26.11.2005 geschlossenen Kaufvertrages erst am 26.06.2006 ausgeliefert worden sei, handele es sich, so meint der Kläger, nicht mehr um ein Neufahrzeug. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und hat gemeint, dem Kläger stehe ein Minderungsanspruch aus § 437 Nr. 2 BGB nicht zu, weil die Beklagte ihre Verpflichtung, dem Kläger ein neues Wohnmobil zu übereignen, erfüllt habe. Der Vortrag des Klägers zu einer früheren Erstzulassung sei unsubstanziiert.

Die hiergegen gerichtete zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet. Ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 434, 441 BGB besteht nicht. Zwar ist davon auszugehen, dass die Beklagte zugesichert hat, das von ihr an den Kläger verkaufte Fahrzeug sei fabrikneu. Dieser Gesichtspunkt ist zwischen den Parteien unstreitig und ergibt sich auch aus den auf der Rückseite der Bestellung befindlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen "für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen" sowie aus dem Übergabeprotokoll vom 02.06.2006. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass das vom Kläger erworbene Wohnmobil diese zugesicherte Eigenschaft nicht aufweist. Fabrikneu ist ein Neuwagen regelmäßig, wenn und solange das Modell des Kraftfahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf Monate liegen (BGH NJW 2004, 160, 161; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 256). Vorliegend beruft sich der Kläger insbesondere darauf, dass zwischen Herstellung und Auslieferung des Fahrzeugs mehr als zwölf Monate liegen. Soweit der Kläger anfangs behauptet hat, das Fahrzeug sei bereits am 30.11.2004 in Spanien erstzugelassen worden, und sich hierzu auf ein Schreiben des Autohauses R... vom 07.07.2006 berufen hat, mit dem darauf hingewiesen wurde, dass das Wohnmobil schon am 30.11.2004 eine Zulassungsmeldung in Spanien erhalten habe, ist dieser Vortrag dahin zu verstehen, dass es sich nicht um eine im Kraftfahrzeugbrief dokumentierte eigentliche Erstzulassung des Fahrzeugs gehandelt hat, sondern um eine Zulassung des Fahrgestells mit Führerhaus und Antriebsstrang (Chassis), wie seitens des Klägers in der Berufungsbegründung präzisiert wurde. Vor diesem Hintergrund kommt es letztlich nur entscheidend auf die Beantwortung der Frage an, ob bereits das vom Fiat-Werk am 30.11.2004 an die Fa. B... ausgelieferte Chassis geeignet ist, die vom BGH zugrunde gelegte Jahresfrist in Lauf zu setzen. Soweit das Landgericht dies mit der Begründung, die Jahresfrist sei bereits deshalb gewahrt, weil der Kaufvertrag bereits am 25./26.11.2005 geschlossen worden sei, offen gelassen hat, erscheint dies bedenklich. Richtig ist, dass der BGH in seiner zuvor zitierten Entscheidung ein Fahrzeug nicht mehr als fabrikneu betrachtet, wenn zwischen Herstellung des Fahrzeugs und Abschluss des Kaufvertrages mehr als zwölf Monate liegen. Die dahingehende Formulierung erscheint aber missverständlich, denn der BGH geht im Rahmen seiner Entscheidung von einer Lagerzeit von neunzehn Monaten aus, die sich nur dann errechnet, wenn man den Zeitraum zwischen der Herstellung des Fahrzeugs und der Übergabe zugrunde legt, während die Bestellung des Fahrzeugs etwa sechs Wochen vor der späteren Übergabe vorgenommen wurde. Unabhängig davon, ob der BGH auf den Abschluss des Kaufvertrages hat abstellen wollen oder auf den Zeitpunkt der Übergabe, kann jedenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des hier zur Entscheidung stehenden Falles eine Neuwertigkeit nicht deshalb verneint werden, weil zwischen der Herstellung des Chassis ohne vollständige Fertigstellung des Fahrzeugs und der Übergabe des Wohnmobils letztlich etwa achtzehn Monate vergangen waren. Anders als in dem der BGH-Entscheidung zugrunde liegenden Fall handelt es sich vorliegend nicht um einen bereits achtzehn Monate vor Auslieferung vollständig fertig gestellten Pkw, der, wie es der Kläger formuliert, während dieses Zeitraums beim Händler "auf Halde" gestanden hat, sondern um ein Wohnmobil, für das ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Dokumentation vom 05.09.2006 (nicht 05.09.2005) als so genanntes "CCF-Datum" der 30.11.2004 vermerkt ist. Die Beklagte räumt letztlich ein, dass sich daraus ergibt, dass zu diesem Zeitpunkt das Chassis vom Fahrzeughersteller (Fiat) an den Reisemobilhersteller ausgeliefert wurde. Dabei soll nicht verkannt werden, dass das Chassis bereits wesentliche Teile des letztlich noch insgesamt fertig zu stellenden Wohnmobils enthält, die durchaus dem vom BGH genannten Alterungsprozess unterliegen und hinsichtlich derer zum Beispiel auch eine Materialermüdung allein durch Zeitablauf eintreten kann. Daraus folgt aber nicht, dass ein Fahrzeug allein deshalb nicht mehr als fabrikneu angesehen werden kann, weil bestimmte - auch wesentliche - Einzelteile des Fahrzeugs bei Auslieferung, nicht schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, bereits vor mehr als einem Jahr hergestellt worden sind. Von einer Herstellung des Fahrzeugs, ab der die Frist von zwölf Monaten beginnen soll, kann nicht ausgegangen werden, wenn lediglich das Chassis an den Wohnmobilhersteller ausgeliefert wird und erst dort - möglicherweise unter Berücksichtigung bestimmter Sonderwünsche des Kunden - mit dem Fahrzeugaufbau versehen und damit endgültig zu einem Wohnmobil zusammengesetzt wird. So liegt der Fall auch hier, wobei zu berücksichtigen ist, dass es gerade die vom Kläger bestellte Sonderausstattung war, die die Fertigstellung und Auslieferung des Fahrzeugs zu einem früheren Zeitpunkt verzögerte. Eine längere Standzeit des insgesamt fertig gestellten Wohnmobils hat es im vorliegenden Fall nicht gegeben. Hierauf ist jedoch zunächst einmal abzustellen. Ab welchem konkreten Zeitraum ein Fahrzeug möglicherweise auch dann nicht mehr fabrikneu ist, wenn wesentliche Einzelteile weit vor Auslieferung des erst später insgesamt fertig gestellten Fahrzeugs hergestellt worden sind, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung, da der hier zu bewertende Zeitraum es jedenfalls noch nicht rechtfertigt, dem Fahrzeug die vertraglich zugesicherte Fabrikneuheit abzusprechen.

Verfehlt sind in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen des Klägers zu einer Verkürzung der Garantiezeit. Maßgeblich für den Lauf der Gewährleistungsfrist sind die gesetzlichen Bestimmungen bzw. die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien, wonach Ansprüche wegen Sachmängel zwei Jahre nach Ablieferung des Kaufgegenstandes verjähren. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Gewährleistungsfrist bereits am 30.11.2004 zu laufen begonnen hat, sondern selbstverständlich erst mit Auslieferung des Fahrzeugs im Juni 2006. Durch die Fertigstellung des Chassis am 30.11.2004 hat der Kläger deshalb keine Gewährleistungsrechte verloren bzw. sind solche auch nicht zeitlich verkürzt worden.

Soweit an dem Wohnmobil Mängel zutage getreten sind, die inzwischen seitens der Beklagten abgestellt wurden, trägt der Kläger, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, keinen konkreten Hinweis darauf vor, dass es sich um Mängel gehandelt hat, die auf eine zu lange vorherige Lagerung des Fahrzeugs bzw. des Chassis zurückzuführen sind. Deshalb kann vom Vorliegen von durch eine längere Standzeit bedingten Mängeln nicht ausgegangen werden. Darüber hinaus ist auch der Vortrag des Klägers, das Fahrzeug werde nicht mehr in unveränderter Form hergestellt und habe von der behaupteten Erstzulassung an bis zur Auslieferung Veränderungen erfahren, unsubstanziiert. Der Kläger kann seinen pauschalen Vortrag zu angeblichen Änderungen am Motor und an der Ausstattung nicht mit Erfolg damit rechtfertigen, dass er als technischer Laie nicht mehr als nach seinen Erkundigungen vortragen könne. Welche konkreten Erkundigungen seinen Behauptungen zugrunde liegen, bleibt offen. Richtig ist lediglich, dass ein Neufahrzeug, um als fabrikneu bewertet zu werden, keine Änderungen in Technik und Ausstattung im Vergleich zur laufenden Modellreihe aufweisen darf (BGH NJW 1980, 1097). Das berechtigt den Käufer aber nicht, nicht weiter belegte Veränderungen in den Raum zu stellen, ohne darzulegen, woraus er seine Erkenntnisse herleitet, um es letztlich dem Gericht zu überlassen, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens eine Klärung der aufgestellten Behauptungen herbeizuführen. Für eine dahingehende Ausforschung ist kein Raum.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 S. 1, 2, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine Entscheidung, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles ergeht und die deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist. Der Senat weicht in diesem Zusammenhang auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, sondern orientiert sich an dieser.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für den Kläger: 12.756,55 €

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