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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 22.05.2003
Aktenzeichen: 12 U 2/03
Rechtsgebiete: StVO, StVG, SGB X, SGB VII, BGB, PflVG, ZPO


Vorschriften:

StVO § 2 Abs. 1
StVO § 2 Abs. 2
StVO § 3 Abs. 1
StVG § 7
StVG § 7 Abs. 2
StVG § 8 a
StVG § 18
SGB X § 116
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 1
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 2
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 3
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 4
SGB VII § 104
SGB VII § 105
BGB § 249
BGB § 253
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 831
BGB § 831 Abs. 1
BGB § 847
PflVG § 1
PflVG § 3 Nr. 1
ZPO § 156
ZPO § 256
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

12 U 2/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht 011

Anlage zum Protokoll vom 22.05.2003

Verkündet am 22.05.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2003 durch

den Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Amtsgerichts ... und den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.11.2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Einzelrichterin, Az.: 14 O 328/02, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern bis zur Höchsthaftung aus dem Versicherungsvertrag ihren künftigen materiellen Schaden zu ersetzen, der auf dem Unfall vom 30.11.1999 beruht, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz haben die Kläger zu 90 % und die Beklagte zu 10 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu 89 % und die Beklagte zu 11 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der am 01.07 1989 geborene Kläger zu 1. und der am 10.11.1986 geborene Kläger zu 2. verlangen von der beklagten Kraftfahrthaftpflichtversicherung Schmerzensgeld und Schadenersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls, den sie am 30.11.1999 als Passagiere eines bei der Beklagten versicherten Schulbusses erlitten haben.

Auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils wird insoweit Bezug genommen.

Ergänzend ist auszuführen: Bereits drei bis vier Monate vor dem Unfall berichtete der Fahrer des verunfallten Busses, Herr K... , seinem Kollegen W... , zwei Kinder hätten sich im Schulbus hinter ihm "gekabbelt" und es sei in diesem Zusammenhang dazu gekommen, dass sein Sitz plötzlich und unerwartet "nach hinten knallte".

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) stellte das Ermittlungsverfahren gegen den - zwischenzeitlich verstorbenen - Busfahrer und den strafunmündigen Schüler C... K... nach umfangreichen Ermittlungen mit Verfügung vom 15.01.2000 ein mit der Begründung, es sei davon auszugehen, dass der genannte Schüler versehentlich mit seinem linken Fuß gegen den Einstellhebel der Fahrersitzverstellung gekommen sei und dadurch die arretierte Sitzeinstellung gelöst habe. Hierdurch sei der Fahrersitz vorn plötzlich in eine tiefere Position gefallen mit der Folge, dass der Fahrer erschrocken sei, den Fuß auf dem Gaspedal belastet und das Lenkrad ruckartig nach rechts gezogen habe. Aufgrund einer aus der Schrecksituation heraus zu erklärenden Gegenlenkbewegung sei der Bus sodann nach links von der Straße abgekommen und gegen einen Straßenbaum gestoßen.

Im Ergebnis von Nachermittlungen, die sich insbesondere auf eine mögliche Verantwortung des Busherstellers beziehungsweise der Betreiberin des Fahrzeuges bezogen, stellte die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) das Ermittlungsverfahren erneut ein mit der Begründung, eine beweiskräftige Feststellung dahingehend, der Schüler C... K... habe den Hebel für die Sitzverstellung betätigt, lasse sich nicht treffen; dies gelte ebenso für die Feststellung, dass die Auslösung der Sitzverstellung überhaupt die Ursache für den Unfall gewesen sei.

Das Landgericht hat, nachdem die Kläger ihre Klage im Hinblick auf den von der Beklagten unter Verzicht auf die Rückforderung gezahlten Betrag von 6.000,00 DM zurückgenommen haben, den Klägern das beantragte Schmerzensgeld sowie den Ersatz des geltend gemachten materiellen Schadens zuerkannt und vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs auf Dritte die Ersatzpflicht der Beklagten für alle künftigen Schäden festgestellt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Kläger könnten sich bei der Beweisführung auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises stützen. Der festgestellte Geschehensablauf spreche nach der allgemeinen Lebenserfahrung für einen schuldhaften Verstoß des Fahrzeugführers gegen § 2 Abs. 1 und 2 StVO (Rechtsfahrgebot) sowie § 3 Abs. 1 StVO (zulässige Höchstgeschwindigkeit), weil das Fahrzeug auf gerader und freier Strecke ohne Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer von der Straße abgekommen sei. Dieser Beweis des ersten Anscheins sei durch die Beklagte nicht erschüttert worden; denn sie habe keine Tatsachen bewiesen, welche einen atypischen Geschehensablauf möglich erscheinen ließe. So stehe nicht fest, dass der Unfall durch eine Verstellung des Sitzes verursacht worden sei; es sei nicht einmal ausgeschlossen, dass die Sitzeinstellung in der nach dem Unfall vorgefundenen Position durch den Fahrer selbst erfolgt sei. Auch im Falle der Sitzverstellung durch einen Schüler falle dem Fahrer des Fahrzeuges ein Verschulden zur Last. Denn in Kenntnis des ähnlichen Vorfalls wenige Monate zuvor habe er keinesfalls einem der streitenden Schüler den Platz hinter dem Fahrersitz zuweisen dürfen. Mit diesem Verhalten habe er einen gefährlichen Zustand herbeigeführt und geduldet. Im Übrigen hat das Landgericht die Auffassung vertreten, der Fahrer habe die Situation des plötzlich herabfallenden Sitzes aufgrund seiner Berufserfahrung meistern können.

Gegen das ihr am 19.12.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 02.01.2003 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 18.02.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Beweises des ersten Anscheins verkannt, insbesondere das Geschehen insoweit unzutreffend auf das Abkommen von der Straße beschränkt. Unter der gebotenen Berücksichtigung des Gesamtgeschehens einschließlich des vorangegangenen Streits unter den Schülern im Bus und des Umstandes, dass das Fahrzeug wenige hundert Meter vor der Unfallstelle auf 11 km/h abgebremst worden sei, liege bereits ein atypischer Geschehensablauf vor, welcher die Annahme eines Beweises des ersten Anscheins ausschließe. Sie ist weiterhin der Auffassung, das Landgericht habe jedenfalls die darin liegende Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht ablehnen dürfen, ohne den Beweisangeboten der Beklagten nachzugehen. Schließlich ist sie der Auffassung, der Verkehrsunfall sei bei der gegebenen Sachlage im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG für Fahrzeugführer und Halterin unabwendbar gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 13.11.2002 - Az.: 14 O 328/02 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Die Akten 282 Js 34447/99 der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

1.

Die Berufung ist zulässig, namentlich form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO).

2.

Die Berufung hat insoweit Erfolg, als sich die Beklagte gegen die Verurteilung zum Ersatz des immateriellen Schadens sowie die darauf gerichtete Feststellung wendet. Dagegen steht den Klägern der Ersatz ihres materiellen Schadens zu, soweit er nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen ist..

Auf den Streitfall ist das vor dem 01.08.2002 geltende Schadensersatzrecht anzuwenden (Art. 229 § 8 EGBGB).

a.)

Auf die in erster Instanz im Hinblick auf einen gesetzlichen Forderungsübergang aufgekommene Frage der Sachbefugnis der Kläger kommt es nicht (mehr) an, weil der den Klägern zustehende Zahlungsanspruch durch die Leistung der Beklagten bereits abgegolten ist und der Feststellungsantrag unter einem entsprechenden Vorbehalt steht. Der Senat weist lediglich darauf hin, dass Zweifel an der Sachbefugnis der Kläger nicht veranlasst wären, weil ein Anspruchsübergang auf die Unfallkasse Brandenburg als Unfallversicherer für die streitgegenständlichen Ansprüche nicht eingetreten ist. Dies gilt - anders als die Kläger in erster Instanz gemeint haben - unabhängig davon, ob die Unfallkasse oder ein anderer Sozialversicherungsträger schon Leistungen erbracht haben oder nicht. Denn gemäß § 116 SGB X geht der Anspruch gegen den Schädiger auf den Sozialversicherungsträger nicht erst mit dessen Leistung, sondern bereits im Moment des Schadenseintritts über. Im Streitfall sind die geltend gemachten Ansprüche allein deshalb nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen, weil dieser gesetzliche Anspruchsübergang nur insoweit zum tragen kommt, als der Versicherungsträger Leistungen zu erbringen hat, die sich auf die Behebung eines Schadens der gleichen Art wie der vom Schädiger zu leistende Ersatz beziehen (sogenannte sachliche Kongruenz, vgl. von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., Rn. 5 zu § 116 m.w.N.). Daran fehlt es, weil die von den Klägern geltend gemachten Zahlungsansprüche, insbesondere gerichtet auf Schmerzensgeld, nicht zum Umfang der Leistungen der gesetzliche Unfallversicherung nach den Vorschriften des SGB VII zählen.

b.)

Ein genereller Ausschluss der Haftung nach §§ 104, 105 SGB VII (Unfallversicherung) kommt nicht in Betracht. Danach haften Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen, die Versicherung begründenden Beziehung tätig sind, sowie deren Angehörigen auf den Ersatz des Personenschadens nach anderen als den unfallversicherungsrechtlichen Vorschriften - also insbesondere nach dem allgemeinen Deliktsrecht - nur dann, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben.

An diesem Haftungsausschluss fehlt es schon deshalb, weil weder die Busunternehmerin, die M... GmbH, noch der bei ihr beschäftigte Fahrer als Mit- oder Teilunternehmen in den Betrieb der Schule eingegliedert waren, deren Besuch die Kläger als Schüler unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stellt (§§ 4ff. SGB VII). Denn die Dienste eines Unternehmens, welches die Schülerbeförderung für den Schulträger durchführt, beruhen nicht auf einer Eingliederung in die öffentliche Verwaltung, sondern auf vertraglicher Vereinbarung; dies gilt ebenso für den bei der Busunternehmerin angestellten Fahrer selbst, der nicht als Beamter, Angestellter oder Arbeiter in den Schulbetrieb eingegliedert ist (vgl. BGH, Urt. v. 01.12.1981, VI ZR 219/80, zitiert nach juris, zu den entsprechenden Vorschriften der §§ 636, 637 RVO). Daher kommt es nicht darauf an, dass die Kläger bei dem Vorfall einen Schulunfall erlitten haben dürften, der unter die gesetzliche Unfallversicherung fällt.

c.)

Ein Anspruch der Kläger auf Ersatz ihres immateriellen Schadens im Wege der Zahlung eines Schmerzensgeldes, der nach dem anzuwendenden Schadensrecht einen Tatbestand der Verschuldenshaftung gemäß §§ 823 Abs. 1, 831 in Verbindung mit §§ 249, 253, 847 BGB voraussetzte, besteht nicht. Denn es lässt sich weder ein Verschulden des Busfahrers Herrn K... noch der für den Einsatz des Busses verantwortlichen Personen feststellen, für das auch die Beklagte nach §§ 1, 3 Nr. 1 PflVG einzustehen hätte.

Das Landgericht ist im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass die Kläger als Gläubiger nach allgemeinen Grundsätzen die Voraussetzungen des jeweiligen Haftungstatbestandes darlegen und erforderlichenfalls beweisen müssen. Jedoch wendet sich die Berufung mit Erfolg dagegen, dass das Landgericht den Beweis für ein Verschulden des Fahrzeugführers nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises als geführt angesehen hat. Auch nach Auffassung des Senats fehlt es im Streitfall schon an den tatsächlichen Voraussetzungen, welche diese Annahme rechtfertigen.

Ungeachtet der Frage, ob die Rechtsfigur des Anscheinsbeweises als Beweiserleichterung dem materiellen Recht oder als Beweisregel (besondere Form des Indizienbeweises) dem Prozessrecht zuzuordnen ist (zum Streitstand: Zöller, ZPO, 23. Aufl., Rn. 29 vor § 284), sind die darauf beruhenden Grundsätze gewohnheitsrechtlich anerkannt. Die Anwendung des Anscheinsbeweises beruht auf allgemeinen Erfahrungssätzen, denen zufolge ein gewisser Lebenssachverhalt typischerweise auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf hinweist. Daraus ergibt sich, dass der Beweis des ersten Anscheins nur eingreifen kann, wenn formelhafte oder typisierte Geschehensabläufe gegeben sind, die nach allgemeiner Lebenserfahrung überhaupt den Schluss auf bestimmte Ursachen oder Begleitumstände zulassen. Es muss sich also um ein Geschehen handeln, bei dem die Regeln des Lebens und die Erfahrung des Gewöhnlichen und Üblichen dem Richter die Überzeugung verschaffen, dass auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist, wie in den vergleichbaren Fällen (BGH NJW-RR 1988, 789, 790). Damit steht und fällt die Anwendung des Anscheinsbeweises mit der Entscheidung, ob der Geschehensablauf, aus dem der Gläubiger seine Ansprüche herleitet, in dem genannten Sinne "typisch" ist (Lepa, Beweiserleichterungen im Haftungsrecht, NZV 1992, 129, 130). Ob dies der Fall ist, kann nur aufgrund einer umfassenden Würdigung aller tatsächlichen Elemente des Gesamtgeschehens beurteilt werden (BGH NJW 1996, 1828). Hierbei ist zum einen von Bedeutung, dass bereits die Bestimmung des maßgeblichen "Sachverhaltsauschnitts", der Gegenstand der Betrachtung und der Prüfung auf seine Typizität ist, ein Akt wertender Erkenntnis darstellt. Zum anderen bedarf es sorgfältiger Prüfung im Einzelfall, ob für einen bestimmten Geschehensablauf wirklich ein der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechender Erfahrungssatz besteht.

Das Landgericht hat dies im Hinblick darauf bejaht, dass das Abkommen eines Kraftfahrers von einer geraden und übersichtlichen Straße ohne Beteiligung eines weiteren Verkehrsteilnehmers nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf einen hierfür ursächlichen, bei Beobachtung der gebotenen Sorgfalt vermeidbaren, Fahrfehler schließen lasse. Ungeachtet dessen, dass dieser gebräuchliche Erfahrungssatz zweifellos zutreffend ist, kommt es bei dessen Anwendung auf die vom Landgericht nicht ausreichend beachtete Frage an, welcher "Ausschnitt" aus dem gesamten, vom Gericht festgestellten Geschehensablauf der Betrachtung zugrunde gelegt wird. Das Landgericht hat sich insoweit auf den Vorgang allein des Abkommens von der Straße als solchen beschränkt und gemeint, die weiteren unstreitigen oder bewiesenen Umstände wie das "Verreißen" der Lenkung, der vorhergehende Streit unter den Schulkindern oder die ungünstige Einstellung des Sitzes, die nach dem Unfall festgestellt worden sei, würden dem Geschehen nicht die für die Anwendung des Erfahrungssatzes erforderliche Typizität nehmen, sondern das unaufmerksame Verhalten des Fahrers "illustrieren". Damit ist aber nicht genügend beachtet, dass die zutreffend genannten Umstände von dem Kernsachverhalt des Abkommens von der Straße nicht zu trennen sind, sondern im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung dem Geschehen ein Gepräge geben, welches der für die Annahme des Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität des Geschehens entgegensteht und damit der Anwendung allgemeiner Erfahrungssätze die Grundlage entzieht.

Dies gilt bereits in Anbetracht des im Ermittlungsverfahren gutachterlich festgestellten und im Übrigen auch unstreitigen Umstandes, dass der Fahrer das Lenkrad vor dem Abkommen des Busses "verrissen" hat. Der vom Landgericht angewendete Erfahrungssatz beruht darauf, dass ein Abkommen von der Fahrbahn, für das äußere Ursachen nicht in Betracht kommen, regelmäßig auf unaufmerksames oder zu schnelles Fahren und damit auf ein schuldhaftes Verhalten des Fahrzeugführers zurückzuführen ist. Dies lässt sich bei einem "Verreißen" der Lenkung vor dem Abkommen von der Fahrbahn schon nicht mehr sagen. Insoweit ist unerheblich, ob die Behauptung der Kläger, dieses Lenkverhalten des Fahrzeugführers sei darauf zurückzuführen, dass er sich erneut nach den streitenden Kindern umgesehen habe, durch das Gutachten M... widerlegt ist. Denn allein die Tatsache, dass für das "Verreißen" der Lenkung mehrere Ursachen in Betracht kommen können (Umdrehen, Unachtsamkeit, Schreck, plötzliche Einwirkung durch einen Schüler) belegen, dass die Lebenserfahrung im Hinblick auf die Frage nach der Ursächlichkeit für diesen Sachverhalt keine Antwort gibt. Dass dieses Lenkverhalten auf einem Fahrfehler beruhte, müssten die Kläger beweisen. Einen in diese Richtung weisenden Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein heftiges Lenkmanöver typischerweise auf einem Fahrfehler des Fahrzeugführers beruht, besteht gerade nicht (BGH, NZV 1986, 343, 344). Dies gilt jedenfalls dann, wenn weitere Umstände festgestellt sind, die einen anderen Geschehensablauf möglich erscheinen lassen (vgl. hierzu etwa den Ausschluss des Anscheinsbeweises bei einem Abkommen von der Straße und Vorliegen einer 3-4 m langen Bremsspur: OLG Karlsruhe, VRS 90 (1995), S. 165, 166f.). Dies ist vorliegend der Fall.

So ist unstreitig, dass der Bus 1.133 m vor der Unfallstelle anhielt und etwa 634 m vor der Unfallstelle erneut von 54 km/h auf 11 km/h abbremste, um dann wieder auf 78 km/h zu beschleunigen. Weiterhin ist nach dem Inhalt der Ermittlungsakte, insbesondere der Vernehmungen der mitfahrenden Schüler, davon auszugehen, dass der Verlangsamung der Fahrt ein Streit zwischen Schülern voraus ging, welcher vom Fahrer in der Weise geschlichtet wurde, dass zwei Schüler auf sein Verlangen in der ersten Reihe auf getrennten Sitzen Platz nahmen. Auch diese Umstände tragen zu dem Gesamtbild bei, welches einer Anwendung des Anscheinsbeweises die Grundlage entzieht. Denn der Verlauf der Angelegenheit, die Beteiligung des Fahrers an der Schlichtung eines Streits im Bus, die ihn veranlasste, "durchzugreifen", lassen es als unwahrscheinlich erscheinen, dass der Fahrer mit dem Fahrzeug nach einer weiteren Fahrstrecke von nur 634 m wegen einer "typischen", etwa auf Ermüdung beruhenden, Unachtsamkeit von der Straße abgekommen sein könnte. Vielmehr kommt aufgrund dieser Umstände eine Fülle von Geschehensabläufen in Betracht, auf welche die Sätze der allgemeinen Lebenserfahrung keine Anwendung finden können, weil sie nicht typisch und daher mit anderen Fällen nicht vergleichbar sind. Entscheidend kommt hinzu, dass sich der Fahrersitz nach dem Unfall in einer Position befand, die für den Fahrer aufgrund seiner Größe und Konstitution erkennbar ungünstig war. Nach den von der DEKRA im Gutachten vom 04.01.2000 (Bd. III Bl. 1ff. der Beiakten) getroffenen Feststellungen befand sich der Fahrersitz des Busses nach dem Unfall in der niedrigsten Position; nach den durchgeführten Versuchen schlug der besetzte Fahrersitz bei einer Betätigung des Stellhebels plötzlich nach unten. Diesen Feststellungen stehen die Ausführungen des Gutachters M... (Bd. VIII Bl. 145 der Beiakten), auf die sich die Kläger berufen, nicht entgegen. So wird dort ausgeführt, der Fahrersitz habe sich ausweislich der von der DEKRA gefertigten Lichtbilder nicht in der untersten Position befunden, und es sei nicht geklärt, ob ein einmaliges Betätigen des Hebels den Sitz bis auf die unterste Position "durchschlagen" lasse. Diese Punkte sind durch das Ergänzungsgutachten der DEKRA vom 18.10.2000 (Bd. III Bl. 188 der Beiakten) im Sinne des Erstgutachtens geklärt worden. Daran, dass von dem Sitz hinter dem Fahrzeugführer eine Einwirkung auf den Verstellhebel des Sitzes tatsächlich möglich war, bestehen nach den durch das Lichtbild Nr. 69 (Bd. III Bl. 64 der Beiakten) illustrierten Feststellungen in den Gutachten der DEKRA keine Zweifel, zumal der Gerichtsmediziner Dr. med. K... in seiner gerichtsärztlichen Stellungnahme vom 15.10.2000 (Bd. III Bl. 169 der Beiakten) den von dem Gutachter M... auch insoweit geäußerten Zweifel entgegengetreten ist. Schließlich hat der Zeuge C... K...r im Zuge der Ermittlungen eingeräumt, dass es ihm von seiner Sitzposition möglich gewesen sei, mit den Füßen an den Verstellhebel zu gelangen. Auch wenn - wie das Landgericht ausführt - durch die im Ermittlungsverfahren angestellten Untersuchungen und die vorliegenden Zeugenaussagen nicht festgestellt werden kann, ob die vorgefundene Einstellung des Sitzes plötzlich erfolgte und unfallursächlich war oder gar durch den Busfahrer selbst gewählt, so ergibt sich gerade aus diesen verschiedenen Möglichkeiten, dass der Rückschluss auf eine bestimmte, vom Busfahrers verschuldete Verursachung des Unfalls nach der Lebenserfahrung nicht gezogen werden kann.

Ungeachtet dessen, dass diese Gesichtspunkte - anders als vom Landgericht angenommen - bereits die Grundlage einer Anwendung des Anscheinsbeweises betreffen, würden sie jedenfalls dazu führen, diesen als erschüttert anzusehen.

Denn hierfür reicht es - wie das Landgericht selbst ausführt - aus, dass Umstände feststehen, also unstreitig oder bewiesen sind, die einen von der Lebenserfahrung abweichenden Geschehensablauf als ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit nahelegen (BGH NZV 1990, 386, 387); es genügt also, dass der in Anspruch Genommene Umstände beweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Ablaufs ergibt, eine Feststellung des abweichenden Kausalverlaufes selbst ist demgegenüber nicht erforderlich.

Lässt sich ein Verschulden des Fahrzeugführers somit nicht nach dem ersten Anschein feststellen, so haben die Kläger alle Tatbestandsvoraussetzungen zu beweisen. Dies gelingt ihnen für die Voraussetzungen eines Verschuldenstatbestandes nicht.

Eine schuldhaft (fahrlässige) Verursachung des Unfalls durch den Busfahrer ist nicht bewiesen. Dazu müsste eine dem Fahrer vorwerfbare Pflichtwidrigkeit feststehen, welche (mit-) ursächlich für das Unfallgeschehen war. Dies lässt sich aber nicht feststellen.

Dass die Geschwindigkeitsübertretung von 3 km/h (Verstoß gegen § 3 Abs. 3 Nr. 2 a StVO) kausal für den Unfall war, steht nicht fest und ist - für sich genommen - auch auszuschließen, zumal die Beschleunigung unmittelbar vor der Kollision auch auf der plötzlichen Verstellung des Sitzes und einer dadurch bedingten Belastung des rechten Fußes beruhen kann. Ein entsprechender Erfahrungssatz existiert nicht. Gleiches gilt für einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 StVO (angepasste Geschwindigkeit). Dies gilt insbesondere deshalb, da als unmittelbare "Ursache" das "Verreißen" des Steuers feststeht, welches auf eine zu hohe Geschwindigkeit nicht zurückgeführt werden kann.

Eine für den Unfall kausale Sorgfaltspflichtverletzung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Busfahrer die streitenden Schüler nicht hätte auffordern dürfen, in der ersten Reihe Platz zu nehmen. Zum einen liegt darin auch in Anbetracht des Vorfalls wenige Monate zuvor schon keine Pflichtverletzung. Denn es dürfte durchaus zweckmäßig gewesen sein, die Störer zu trennen und sie möglichst in die Nähe und damit den unmittelbaren Einflussbereich des Fahrers zu setzen. Weiterhin kann ohne weitere Anhaltspunkte, an denen es fehlt, nicht davon ausgegangen werden, dass der erwähnte Vorfall für den Fahrer Veranlassung bot, die Betreiberin des Busses zu informieren oder jedenfalls künftig die Sitzbank hinter dem Fahrersitz generell freizuhalten. Ohne nähere Feststellungen zum Hergang des ersten Vorfalls, an denen es fehlt, lässt sich eine tragfähige Aussage zur Frage eines Verschuldens des Busfahrers nicht treffen; vielmehr erscheint es zumindest möglich, wenn nicht sogar naheliegend, dass sich dieses Ereignis in der Wahrnehmung des Herrn K... als Einzelfall dargestellt hat, dem er ohne Sorgfaltsverstoß keine weitere Bedeutung beimessen musste.

Jedenfalls wäre aber nicht bewiesen, dass diese Pflichtverletzung ursächlich für den Unfall war: Denn ungeachtet der oben genannten Feststellungen steht die Betätigung der Sitzeinstellung durch den hinter dem Fahrer sitzenden Schüler als den Unfall auslösende Ursache nicht fest.

Das Fahrverhalten des Busfahrers, der das Fahrzeug kurz vor dem Unfall verlangsamt und zuvor bereits angehalten hatte, belegt, dass er auf den - von den vernommenen Schülern einmütig geschilderten - Streit im Bus tatsächlich reagiert hat. Dass dies in unangemessener Weise geschah, lässt sich nicht feststellen. Ebensowenig ist die Behauptung der Kläger bewiesen, das Fahrzeug sei von der Straße abgekommen, weil sich der Fahrer ein weiteres Mal nach den hinter ihm stehenden Jungen umgesehen habe. Den beiden in diese Richtung weisenden Aussagen steht entgegen, dass keines der übrigen Kinder eine weitere Unruhe nach der Schlichtung des Streites zwischen den Schülern K... und L... oder ein Umdrehen des Fahrers nach hinten geschildert hat. In diesem Zusammenhang gibt der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 21.05.2003 dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wiederzueröffnen. Die darin enthaltene Behauptung der Busfahrer habe sich "auch umgedreht" ist - ihre Richtigkeit unterstellt - nicht geeignet, ein für den konkreten Unfallhergang ursächliches Verschulden des Fahrers zu beweisen und die Möglichkeit des abweichenden, von der Beklagten behaupteten, Ablaufes auszuschließen.

Eine auch den Ersatz für immaterielle Schäden umfassende (Verschuldens-) Haftung der Halterin, für die auch die Beklagte einzustehen hätte, folgt auch nicht aus § 831 Abs. 1 BGB. Allerdings haftet nach der genannten Vorschrift der Geschäftsherr aus eigenem, vermuteten, Auswahlverschulden, wenn der Verrichtungsgehilfe eine unerlaubte Handlung begeht. Dies kommt bei dem Fahrfehler eines angestellten Busfahrers in Betracht (OLG Köln, NZV 1992, 279ff.; BGH, BGHZ 24, 21ff.). Insoweit reicht es aus, dass das tatbestandsgemäße Handeln des Verrichtungsgehilfen feststeht: Da nämlich die Rechtswidrigkeit durch die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes indiziert wird (vgl. Palandt, 62. Aufl., Rn. 22 zu § 831 BGB), obliegt es dem Geschäftsherrn, entweder das verkehrsrichtige Verhalten des Verrichtungsgehilfen zu beweisen oder das vermutete Verschulden bei der Auswahl und Überwachung des Verrichtungsgehilfen auszuschließen (vgl. zu den insoweit bestehenden - hohen - Anforderungen: OLG Köln, a.a.O.).

Im Streitfall fehlt es jedoch schon daran, dass eine tatbestandsmäßige Handlung des Fahrers nicht nachgewiesen ist. Denn es steht gerade nicht fest, dass das Abkommen von der Fahrbahn, konkret das "Verreißen" der Lenkung als (letzte) Ursache, auf eine willensgesteuerte und damit zurechenbare Handlung des Fahrers und damit auf ein tatbestandsmäßiges Verhalten zurückgeht. Denn es ist - wenn auch nicht bewiesen - doch mit der notwendigen Sicherheit nicht auszuschließen, dass der Unfall seine Ursache etwa in einer Manipulation am Fahrersitz hatte und nicht in einer willensgesteuerten Handlung des Busfahrers.

d.)

Die Kläger haben jedoch gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz ihres bei dem Unfall erlittenen materiellen Schadens gemäß §§ 7, 8 a,18 StVG in Verbindung mit §§ 1, 3 Nr. 1 PflVG. Da aufgrund der schweren Verletzungen der Kläger künftige Schäden möglich sind, die Schadensentwicklung also noch nicht abgeschlossen ist, haben sie ein Interesse an der entsprechenden Feststellung gemäß § 256 ZPO.

Nach den genanten Vorschriften haften für einen beim Betrieb des Fahrzeuges entstandenen Schaden der Halter verschuldensunabhängig und der Fahrer aus vermutetem Verschulden. Die Haftung gegenüber den Klägern als Insassen des Busses ist nicht gemäß § 8 a StVG a. F. ausgeschlossen; denn es handelt sich bei der Schülerbeförderung um eine entgeltliche, geschäftsmäßige Personenbeförderung im Sinne der genannten Vorschrift. Hierfür ist ausreichend, dass die Beförderung dem Halter, Eigentümer oder Fahrer des Fahrzeuges in irgendeiner Weise durch eine in dessen Interesse liegende wirtschaftliche Leistung abgegolten wird (vgl. Jagusch/Hentschel, 35. Aufl., zu § 8 a StVG a.F.). Dies war der Fall, weil sowohl der Fahrer wie das Busunternehmen ihre Dienste vergütet erhalten haben.

Dass die Schädigung der Kläger, die unzweifelhaft beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten Busses geschehen ist, auf einem unabwendbaren Ereignisses beruhte, § 7 Abs. 2 StVG, hat die Beklagte nicht nachgewiesen. Zwar rechtfertigen die im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten die Feststellung, dass sich das Fahrzeug in technisch einwandfreiem Zustand befand und der Unfall damit nicht auf einem Fehler seiner Beschaffenheit beruhte, für den die Halterin im Rahmen ihrer Haftung für die Betriebsgefahr einzustehen hätte; gleiches gilt für den gesundheitlichen Zustand des Fahrzeugführers, weil aufgrund der gerichtsmedizinischen Untersuchung ein organisches Versagen als Unfallursache ausgeschlossen werden kann. Jedoch steht nicht fest, dass für den Fahrzeugführer das Unfallgeschehen unabwendbar war. Solches ist nur dann der Fall, wenn der Unfall auch bei Anwendung der über die gewöhnliche Sorgfalt hinausgehenden, nach den Umständen des konkreten Einzelfalls gebotenen Aufmerksamkeit, Geistesgegenwart und Umsicht nicht zu vermeiden gewesen wäre, wobei eine absolute Unvermeidbarkeit nicht gefordert wird (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.05.1995, VI ZR 258/83, zitiert nach juris).

Um diesen Entlastungsbeweis zu erbringen, müssten aufgrund der unstreitigen oder bewiesenen Umstände sämtliche, für den Unfallhergang plausibel in Betracht kommenden Geschehensabläufe ausgeschlossen werden können, bei denen dem Fahrer ein Verschulden zur Last fiele. Dies lässt sich, auch ohne dass es hierzu einer Vernehmung des von der Beklagten benannten Zeugen C... K... bedarf, nicht feststellen. Den von der Beklagten unter Beweis gestellten Unfallhergang, also die für den Fahrzeugführer unerwartete Verstellung des Fahrersitzes, unterstellt, stünde damit nicht zugleich die Unabwendbarkeit des Unfallgeschehens fest. Dies könnte schon aus der Überlegung folgen, dass ein dem im Rahmen des § 7 Abs. 2 StVG anzulegenden Maßstab genügender "Idealfahrer" unter Umständen Anlass gehabt hätte, die ihm bekannte Möglichkeit einer Sitzverstellung von der ersten Sitzreihe aus durch geeignete Maßnahmen auszuschließen oder in Kenntnis der Situation in dem Bus, die ihn kurze Zeit zuvor zum Einschreiten Zwang, davon abgesehen hätte, das Fahrzeug in der relativ engen und baumbestandenden Landstraße nahezu auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu beschleunigen. Denn es ist anerkannt, dass sich die Frage der Unabwendbarkeit nicht auf das Verhalten in der konkreten Unfallsituation beschränkt, sondern darauf zu erstrecken ist, ob der Fahrer im Idealfall überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre; denn § 7 Abs. 2 StVG verlangt vom Fahrzeugführer auch die Berücksichtigung allgemeiner Erkenntnisse, die geeignet sind, Gefahrensituationen zu vermeiden (BGH, NZV 1992, 229, 230). Zudem beurteilen sich die Anforderungen nach § 7 Abs. 2 StVG nach anderen Maßstäben als der - im Streitfall wie ausgeführt abzulehnende - Vorwurf persönlichen Verschuldens als Grundlage der Haftung für verschuldetes Unrecht. Dies kann aber auf sich beruhen. Denn zur Überzeugung des Senats steht nicht fest, dass ein "Idealfahrer" die durch eine Verstellung des Fahrersitzes hervorgerufene Situation nicht hätte beherrschen können. Zunächst könnte - eine Verstellung des Sitzes durch den Schüler K... unterstellt - nicht festgestellt werden, in welchem Umfang die Sitzposition durch diese Einwirkung tatsächlich verändert worden ist. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die dem DEKRA-Gutachten vom 04.01.2000 (GA S. 17ff.) zugrundeliegende Annahme einer Sitzneigung vor dem Unfall in der höchsten Position vorne und der niedrigsten Position hinten aus technischer Sicht festgestellt werden konnte. Dem Gutachten sind vielmehr Feststellungen nur insoweit zu entnehmen, dass eine Verstellung überhaupt erfolgt ist, nicht aber, in welchem genauen Umfang. Demzufolge ist eine Aussage darüber, in welcher Position der Fahrzeugführer K... selbst seinen Sitz eingestellt hatte, nicht zu treffen. Ohne konkrete Feststellung zu den Auswirkungen der Veränderung der Sitzeinstellung auf die Position des Fahrzeugführers lassen sich Aussagen dazu, ob und in welchem Maße ein idealer Fahrzeugführer in der Lage gewesen wäre, die unvorhergesehene Situation zu meistern, nicht treffen. Dies geht zu Lasten der Beklagten, welche nachweisen müsste, dass die konkrete Situation nach dem Maßstab des § 7 Abs. 2 StVG nicht beherrschbar war. Dies kann der Senat auf der Grundlage der sich nach dem Parteivortrag und den Beiakten darbietenden Tatsachen nicht feststellen. Über die Einvernahme des Zeugen C... K... hinaus, auf die es wie ausgeführt nicht ankommt, hat die Beklagte keine weiteren Beweismittel angeboten, solche sind im Übrigen auch nicht ersichtlich.

Die Höhe des geltend gemachten (und zuerkannten) Sachschadens ist nicht bestritten. Der von der Beklagten an die Kläger unter Verzicht auf die Rückforderung gezahlte Betrag von 6.000,00 DM (3.067,75 €) übersteigt den geltend gemachten materiellen Schaden von 2.449,87 DM (1.252,60 €). Im Hinblick darauf können die Zahlungsanträge keinen Erfolg haben.

Dagegen ist der Feststellungsantrag im Hinblick auf den Ersatz künftiger Schäden im Rahmen der Haftung nach dem StVG begründet. Insoweit hat der Senat mit der Fassung des Ausspruchs dem Umstand Rechnung getragen, dass die Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers gemäß § 3 Nr. 1 PflVG auf die im zugrundeliegenden Versicherungsvertrag bestimmte Haftungssumme beschränkt ist. Aufgrund dessen ist bereits der Klageantrag des Geschädigten, der den Versicherer aus § 3 Nr. 1 PflVG ohne betragsmäßige Beschränkung in Anspruch nimmt, dahin zu verstehen, dass sich die Inanspruchnahme auf die Versicherungssumme beschränkt (BGH, NJW 1986, 2703, 2704). Dies ist im Ausspruch zweckmäßigerweise klarstellend auszudrücken.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalles, welche von der obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht abweicht.

Streitwert im Berufungsverfahren: 17.484,85 €

(Zahlung: 15.484,85 €, Feststellung: 2.000,00 €)

Beschwer für die Kläger: 16.484,85 €,

Beschwer für die Beklagte: 1.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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