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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.10.2003
Aktenzeichen: 12 U 78/03
Rechtsgebiete: StVG, SGB X, SGB VII, PflVG, EGBGB, BGB, StVO, ZPO
Vorschriften:
StVG § 7 | |
StVG § 7 Abs. 2 a. F. | |
StVG § 8 a | |
SGB X § 116 | |
SGB VII § 104 | |
SGB VII § 105 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 1 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 2 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 3 | |
SGB VII § 8 Abs. 2 Nr. 4 | |
PflVG § 1 | |
PflVG § 3 Nr. 1 | |
EGBGB Art. 229 § 8 | |
BGB § 253 | |
BGB § 276 | |
BGB § 276 Abs. 2 | |
BGB § 823 Abs. 1 | |
BGB § 823 Abs. 2 | |
BGB § 831 | |
BGB § 831 Abs. 1 | |
BGB § 847 | |
StVO § 1 | |
StVO § 2 | |
StVO § 3 | |
StVO § 3 Abs. 1 | |
ZPO § 256 Abs. 1 | |
ZPO § 156 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
12 U 78/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 16.10.2003
Verkündet am 16.10.2003
In dem Rechtsstreit
hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11.09.2003 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 28.03.2003 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Einzelrichterin -, Az.: 17 O 327/02, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bis zur Höchsthaftung aus dem Versicherungsvertrag sämtliche künftig eintretenden materiellen Schäden aus dem Unfall vom 30.11.1999 nach den Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 83 % und die Beklagte zu 17 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der am 10.02.1988 geborene Kläger begehrt von der beklagten Kraftfahrthaftpflichtversicherung die Zahlung von Schmerzensgeld sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden.
Hintergrund ist der am 30.11.1999 geschehene Verkehrsunfall eines Schulbusses auf der Landstraße zwischen ... und ..., bei dem vier Kinder sowie der Busfahrer getötet und 22 weitere Kinder zum Teil schwer verletzt wurden.
Wegen des Sachverhaltes und des Parteivorbringens wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Ergänzend ist auszuführen: Bereits 3 bis 4 Monate vor dem Unfall berichtete der Fahrer des verunfallten Busses, Herr K... , seinem Kollegen W..., zwei Kinder hätten sich im Schulbus hinter ihm "gekabbelt" und es sei in diesem Zusammenhang dazu gekommen, dass sein Sitz plötzlich und unerwartet "nach hinten knallte".
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) stellte das Ermittlungsverfahren gegen den - zwischenzeitlich verstorbenen - Busfahrer und den strafunmündigen Schüler C... K... mit Verfügung vom 15.01.2000 ein mit der Begründung, es sei davon auszugehen, dass der Schüler K... versehentlich mit seinem linken Fuß gegen den Einstellhebel der Fahrersitzverstellung gekommen sei und dadurch die nach oben festgestellte Sitzeinstellung gelöst habe. Hierdurch sei der Fahrersitz vorn "heruntergeknallt" mit der Folge, dass der Fahrer erschrocken sei, den Fuß auf dem Gaspedal belastet und das Lenkrad ruckartig nach rechts gezogen habe. Aufgrund einer aus der Schrecksituation heraus zu erklärenden Gegenlenkbewegung sei der Bus sodann nach links von der Straße abgekommen und gegen den Straßenbaum gestoßen.
In der Folgezeit durch die Staatsanwaltschaft aufgenommene Nachermittlungen, die sich insbesondere auf eine mögliche Verantwortung des Busherstellers beziehungsweise der Betreiberin des Fahrzeuges bezogen, führten erneut zur Einstellung des Verfahrens mit der Begründung, eine beweiskräftige Feststellung dahingehend, dass der Schüler K... den Hebel für die Sitzverstellung betätigt habe, lasse sich nicht treffen; dies gelte ebenso für die Feststellung, dass die Auslösung der Sitzverstellung überhaupt die Ursache für den Unfall gewesen sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe ein Verschulden des Busfahrers nicht bewiesen und die Beklagte könne sich auf die Unabwendbarkeit des Unfalles im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG a. F. berufen. Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Gegen das dem Kläger am 07.04.2003 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am 07.05.2003 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 05.06.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Er verfolgt sein Klagebegehren weiter und rügt, das Landgericht habe die Grundsätze des Anscheinsbeweises verkannt und im Übrigen eine unzutreffende Beweiswürdigung vorgenommen. Der Anscheinsbeweis sei im Streitfall nicht erschüttert, weil hierfür die bloße Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufes nicht ausreiche. Dass einer der Schüler den Sitz tatsächlich verstellt habe, sei nicht bewiesen und genauso wahrscheinlich oder unwahrscheinlich wie zahlreiche weitere theoretisch denkbare Geschehensabläufe. Das Landgericht habe die naheliegendste Möglichkeit übergangen, dass der Sitz durch den Unfall selbst in seiner Position verstellt worden sei. Außerdem stehe der Version der Beklagten die Aussage des Zeugen K... im Ermittlungsverfahren entgegen, der angegeben habe, den Sitz nicht verstellt zu haben.
Entgegen den Ausführungen des Landgerichts hätten weitere Kinder die Aussage der Zeugin K... bestätigt, wonach sich der Fahrer kurz vor dem Unfall umgedreht habe. Diese Aussage sei auch nicht deshalb unglaubhaft, weil die Zeugin in der 7. Reihe gesessen habe. Unbeschadet dessen müsse die Beklagte in jedem Falle für ein Verschulden des Fahrzeugführers wie der Halterin einstehen, weil trotz des bereits Monate zuvor geschehenen Vorfalls die Möglichkeit einer Verstellung des Fahrersitzes durch die Fahrgäste nicht ausgeschlossen worden sei.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, das nicht unter 10.000,00 € liegen sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 30.11.1999 zu bezahlen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
I. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Bedenken gegen ihre Zulässigkeit bestehen auch im Übrigen nicht. Mit der Rüge, das Landgericht habe die Grundsätze des Anscheinsbeweises verkannt, legt der Kläger eine Rechtsverletzung dar, auf der das Urteil beruhen kann.
II. Die Berufung ist teilweise und zwar insoweit begründet, als sich der Kläger gegen die Abweisung seines Antrages auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle Schäden wendet. Im Übrigen hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
1. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht ausgeführt, dass im Hinblick auf den Ersatz des immateriellen Schadens ein Anspruchsübergang nach § 116 SGB X auf Sozialversicherungsträger nicht in Betracht kommt, weil die Befriedigung dieser Ansprüche weder zum Leistungsumfang der Unfallversicherung noch anderer Sozialversicherungsträger zählen und es damit an der sachlichen Kongruenz des geltend gemachten Anspruchs mit der Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers fehlt (vgl. hierzu von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., Rn. 5 zu § 116 m. w. N.).
Ein genereller Ausschluss der Haftung folgt auch nicht aus §§ 104, 105 SGB VII (Unfallversicherung). Danach haften Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen, die Versicherung begründenden Beziehung tätig sind, sowie deren Angehörigen auf den Ersatz des Personenschadens nach anderen als den unfallversicherungsrechtlichen Vorschriften - also insbesondere nach dem allgemeinen Deliktsrecht - nur dann, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben. An einem solchen Haftungsausschluss fehlt es schon deshalb, weil weder die Busunternehmerin, die M... GmbH, noch der bei ihr beschäftigte Fahrer als Mit- oder Teilunternehmen in den Betrieb der Schule eingegliedert waren, deren Besuch den Kläger als Schüler unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stellt (§§ 4 ff. SGB VII). Denn die Dienste eines Unternehmens, welches die Schülerbeförderung für den Schulträger durchführt, beruhen nicht auf einer Eingliederung in die öffentliche Verwaltung, sondern auf vertraglicher Vereinbarung; dies gilt ebenso für den bei der Busunternehmerin angestellten Fahrer selbst, der nicht als Beamter, Angestellter oder Arbeiter in den Schulbetrieb eingegliedert ist (vgl. BGH, Urt. v. 01.12.1981, VI ZR 219/80, zitiert nach juris, zu den inhaltlich entsprechenden Vorschriften der §§ 636, 637 RVO).
2. Wie das Landgericht zu Recht entschieden hat, steht dem Kläger gleichwohl ein Anspruch auf Ersatz seines immateriellen Schadens nicht zu. Die Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes, für das auch die beklagte Versicherung gemäß § 3 Nr. 1 PflVG einzustehen hätte, setzt nach dem bis zum 31.07.2002 geltenden und im Streitfall gemäß Art. 229 § 8 EGBGB anzuwendenden Schadensersatzrecht gem. §§ 253, 847 BGB den Tatbestand einer Verschuldenshaftung entweder bezüglich des Fahrers nach §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, i. V. m. §§ 1, 2, 3 StVO oder der Halterin nach § 831 BGB, voraus. Die hierzu erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen, welche der Kläger als Anspruchssteller nach allgemeinen Grundsätzen zu beweisen hat, lassen sich nicht feststellen. Es steht nämlich nicht fest, dass der Fahrzeugführer den Unfall und damit die Verletzung des Klägers in zurechenbarer Weise und insbesondere schuldhaft herbeigeführt hat.
a) Entgegen der Auffassung der Berufung kommen dem Kläger bei dem von ihm zu erbringenden Nachweis der schuldhaften Verursachung des Unfalls nicht die Erleichterungen nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises zugute. Die im angefochtenen Urteil zutreffend festgestellten, das Unfallgeschehen prägenden, Umstände stehen, wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung in dem den nämlichen Unfall betreffenden Urteil vom 12.05.2003 (12 U 2/03) entschieden hat, schon der Anwendbarkeit dieser Rechtsfigur entgegen und führen - anders als das Landgericht meint - nicht erst zu einer Erschütterung des Anscheinsbeweises.
aa) Ungeachtet der Frage, ob die Rechtsfigur des Anscheinsbeweises als Beweiserleichterung dem materiellen Recht oder als Beweisregel (besondere Form des Indizienbeweises) dem Prozessrecht zuzuordnen ist (zum Streitstand: Zöller, ZPO, 23. Aufl., Rn. 29 vor § 284), sind die darauf beruhenden Grundsätze gewohnheitsrechtlich anerkannt. Die Anwendung des Anscheinsbeweises beruht auf allgemeinen Erfahrungssätzen, denen zufolge ein gewisser Lebenssachverhalt typischerweise auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf hinweist. Daraus ergibt sich, dass der Beweis des ersten Anscheins nur eingreifen kann, wenn formelhafte oder typisierte Geschehensabläufe gegeben sind, die nach allgemeiner Lebenserfahrung überhaupt den Schluss auf bestimmte Ursachen oder Begleitumstände zulassen. Es muss sich also um ein Geschehen handeln, bei dem die Regeln des Lebens und die Erfahrung des Gewöhnlichen und Üblichen dem Richter die Überzeugung verschaffen, dass auch in dem von ihm zu entscheidenden Fall der Ursachenverlauf so gewesen ist, wie in den vergleichbaren Fällen (BGH NJW-RR 1988, 789, 790). Damit steht und fällt die Anwendung des Anscheinsbeweises mit der Entscheidung, ob der Geschehensablauf, aus dem der Gläubiger seine Ansprüche herleitet, in dem genannten Sinne "typisch" ist (Lepa, Beweiserleichterungen im Haftungsrecht, NZV 1992, 129, 130). Ob dies der Fall ist, kann nur aufgrund einer umfassenden Würdigung aller tatsächlichen Elemente des Gesamtgeschehens beurteilt werden (BGH NJW 1996, 1828). Hierbei ist zum einen von Bedeutung, dass bereits die Bestimmung des maßgeblichen "Sachverhaltsauschnitts", der Gegenstand der Betrachtung und der Prüfung auf seine Typizität ist, ein Akt wertender Erkenntnis darstellt. Zum anderen bedarf es sorgfältiger Prüfung im Einzelfall, ob für einen bestimmten Geschehensablauf wirklich ein der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechender Erfahrungssatz besteht.
bb) Die Berufung und im Ansatz auch das Landgericht stellen darauf ab, dass der Bus auf freier Strecke ohne äußere Einwirkung von der Fahrbahn abgekommen sei, was nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf einen hierfür ursächlichen, bei Beobachtung der gebotenen Sorgfalt vermeidbaren, Fahrfehler schließen lasse. Ungeachtet dessen, dass dieser gebräuchliche Erfahrungssatz zutreffend ist, kommt es bei dessen Anwendung auf die Frage an, welcher "Ausschnitt" aus dem gesamten, vom Gericht festgestellten Geschehensablauf der Betrachtung zugrunde gelegt wird. Die Beschränkung allein auf den Moment des Abkommens von der Fahrbahn wird der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht gerecht. Denn die vom Landgericht festgestellten, nachfolgend aufgeführten, Umstände sind von dem Kernsachverhalt des Abkommens von der Straße nicht zu trennen; sie geben dem Geschehen ein Gepräge, welches der für die Annahme des Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität des Geschehens entgegensteht und damit der Anwendung allgemeiner Erfahrungssätze die Grundlage entzieht.
Dies gilt bereits in Anbetracht des im Ermittlungsverfahren gutachterlich festgestellten und im Übrigen auch unstreitigen Umstandes, dass der Fahrer das Lenkrad vor dem Abkommen des Busses "verriss". Der oben genannte Erfahrungssatz beruht darauf, dass ein Abkommen von der Fahrbahn, für das äußere Ursachen nicht in Betracht kommen, regelmäßig auf unaufmerksames oder zu schnelles Fahren und damit auf ein schuldhaftes Verhalten des Fahrzeugführers zurückzuführen ist. Dies lässt sich bei einem "Verreißen" der Lenkung vor dem Abkommen von der Fahrbahn schon nicht mehr sagen. Insoweit ist unerheblich, ob die Behauptung des Klägers, dieses Lenkverhalten des Fahrzeugführers sei darauf zurückzuführen, dass er sich erneut nach den streitenden Kindern umgesehen habe, durch das Gutachten M... widerlegt ist. Denn allein die Tatsache, dass für das "Verreißen" der Lenkung mehrere Ursachen in Betracht kommen können (Umdrehen, Unachtsamkeit, Schreck, plötzliche Einwirkung durch einen Schüler) belegen, dass die Lebenserfahrung im Hinblick auf die Frage nach der Ursächlichkeit für diesen Sachverhalt keine Antwort gibt. Dass dieses Lenkverhalten auf einem Fahrfehler beruhte, muss der Kläger beweisen. Einen in diese Richtung weisenden Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein heftiges Lenkmanöver typischerweise auf einem Fahrfehler des Fahrzeugführers beruht, besteht gerade nicht (BGH, NZV 1986, 343, 344). Dies gilt jedenfalls dann, wenn weitere Umstände festgestellt sind, die einen anderen Geschehensablauf möglich erscheinen lassen (vgl. hierzu etwa den Ausschluss des Anscheinsbeweises bei einem Abkommen von der Straße und Vorliegen einer 3 - 4 m langen Bremsspur: OLG Karlsruhe, VRS 90 (1995), S. 165, 166 f.). Dies ist vorliegend der Fall.
So ist unstreitig, dass der Bus 1.133 m vor der Unfallstelle anhielt und etwa 634 m vor der Unfallstelle erneut von 54 km/h auf 11 km/h abbremste, um dann wieder auf 78 km/h zu beschleunigen. Weiterhin ist nach dem Inhalt der Ermittlungsakte, insbesondere der Vernehmungen der mitfahrenden Schüler, davon auszugehen, dass der Verlangsamung der Fahrt ein Streit zwischen Schülern voraus ging, welcher vom Fahrer in der Weise geschlichtet wurde, dass zwei Schüler auf sein Verlangen in der ersten Reihe auf getrennten Sitzen Platz nahmen. Auch diese Umstände tragen zu dem Gesamtbild bei, welches einer Anwendung des Anscheinsbeweises die Grundlage entzieht. Denn der Verlauf der Angelegenheit, die Beteiligung des Fahrers an der Schlichtung eines Streits im Bus, die ihn veranlasste, "durchzugreifen", lassen es als unwahrscheinlich erscheinen, dass der Fahrer mit dem Fahrzeug nach einer weiteren Fahrstrecke von nur 634 m wegen einer "typischen", etwa auf Ermüdung beruhenden, Unachtsamkeit von der Straße abgekommen sein könnte. Vielmehr kommen aufgrund dieser Umstände mehrere Geschehensabläufe in Betracht, auf welche die Sätze der allgemeinen Lebenserfahrung keine Anwendung finden können, weil sie nicht typisch und daher mit anderen Fällen nicht vergleichbar sind. Entscheidend kommt hinzu, dass sich der Fahrersitz nach dem Unfall in einer Position befand, die für den Fahrer aufgrund seiner Größe und Konstitution erkennbar ungünstig war. Nach den von der DEKRA im Gutachten vom 04.01.2000 (Bd. III Bl. 1 ff. der Beiakten) getroffenen Feststellungen befand sich der Fahrersitz des Busses nach dem Unfall in der niedrigsten Position; nach den durchgeführten Versuchen schlug der besetzte Fahrersitz bei einer Betätigung des Stellhebels plötzlich nach unten. Diesen Feststellungen stehen die Ausführungen des Gutachters M... (Bd. VIII Bl. 145 der Beiakten) nicht entgegen. So wird dort ausgeführt, der Fahrersitz habe sich ausweislich der von der DEKRA gefertigten Lichtbilder nicht in der untersten Position befunden, und es sei nicht geklärt, ob ein einmaliges Betätigen des Hebels den Sitz bis auf die unterste Position "durchschlagen" lasse. Diese Punkte sind durch das Ergänzungsgutachten der DEKRA vom 18.10.2000 (Bd. III Bl. 188 der Beiakten) im Sinne des Erstgutachtens geklärt worden. Daran, dass von dem Sitz hinter dem Fahrzeugführer eine Einwirkung auf den Verstellhebel des Sitzes tatsächlich möglich war, bestehen nach den durch das Lichtbild Nr. 69 (Bd. III Bl. 64 der Beiakten) illustrierten Feststellungen in den Gutachten der DEKRA keine Zweifel, zumal der Gerichtsmediziner Dr. med. K... in seiner gerichtsärztlichen Stellungnahme vom 15.10.2000 (Bd. III Bl. 169 der Beiakten) den von dem Gutachter M... auch insoweit geäußerten Zweifel entgegengetreten ist. Schließlich hat der Zeuge C... K... im Zuge der Ermittlungen eingeräumt, dass es ihm von seiner Sitzposition möglich gewesen sei, mit den Füßen an den Verstellhebel zu gelangen. Die damit aufgezeigten Umstände, die unstreitig oder aufgrund der im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten festgestellt sind, entziehen dem Anscheinsbeweis die Grundlage. In diesem Zusammenhang kommt es anders als die Berufung meint auch nicht darauf an, ob der Fahrersitz tatsächlich durch einen Schüler im unfallursächlicher Weise verstellt oder erst durch die Wucht des Aufpralls in die vorgefundene, für den Busfahrer ungünstige Position, gebracht wurde. Denn gerade aus den verschiedenen, aufgrund der feststehenden Umstände denkbaren, Möglichkeiten ergibt sich, dass der Rückschluss auf eine bestimmte, vom Busfahrer verschuldete, Verursachung des Unfalls nach der Lebenserfahrung nicht gezogen werden kann. Die Möglichkeit einer Verursachung des Unfalls durch die plötzliche Sitzverstellung kann anders als der Kläger meint auch nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil der Schüler K... im Ermittlungsverfahren bekundet hat, den Sitz nicht verstellt zu haben. Dieser Beweis lässt sich mit den schriftlich festgehaltenen Aussagen des Schülers, auf die sich der Kläger ausschließlich im Wege des Urkundsbeweises bezieht, nicht führen. Denn zum einen ist nicht zu verkennen, dass die drei Aussagen des Zeugen K... in erheblichem Umfang und in entscheidenden Punkten voneinander abweichen und von einer besonderen "Entwicklung" geprägt sind, welche das Landgericht zutreffend dargestellt hat. Dies bezieht sich zum Beispiel auf die zunächst verneinte, später eingeräumte Sitzposition, welche ein Erreichen des Verstellhebels überhaupt ermöglichte und insbesondere auch auf die zuletzt eingeräumte Kenntnis davon, dass der Verstellhebel erreichbar war. Schließlich ist auch nicht zu verkennen, dass die Aussage des Zeugen K... aufgrund des Vorwurfs, mit dem er sich im Ermittlungsverfahren konfrontiert sah, und der damit verbundenen nachvollziehbaren und über das Unfallereignis an sich hinausgehenden Belastungen mit Vorbehalt zu würdigen ist.
Der von der Beklagten behauptete Unfallhergang ist damit nicht widerlegt; anders als die Berufung meint kommt es weder für die Voraussetzungen einer Anwendung des Anscheinsbeweises noch für die vom Landgericht angenommene Erschütterung desselben darauf an, dass die Beklagte den vom Typischen abweichenden Ablauf beweist. Denn selbst die - im Streitfall bereits abzulehnende - Annahme eines Beweises des ersten Anscheins führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast zugunsten des Anspruchstellers. Selbstverständlich gilt dies erst recht für die Vorfrage, ob die Umstände überhaupt zu einer Anwendung des Anscheinsbeweises führen.
b) Steht ein Verschulden des Fahrzeugführers damit nicht nach dem ersten Anschein fest, so obliegt dem Kläger der volle Beweis für die Voraussetzungen eines Verschuldenstatbestandes. Dieser ist mit dem von ihm angetretenen Urkundsbeweis, der in der Verwertung der in der Ermittlungsakte protokollierten Zeugenaussagen besteht, nicht zu führen.
aa) Eine schuldhaft (fahrlässige) Verursachung des Unfalls durch den Busfahrer, die eine dem Fahrer vorwerfbare Pflichtwidrigkeit voraussetzt, welche (mit-) ursächlich für das Unfallgeschehen war, lässt sich nicht feststellen.
Dass die Geschwindigkeitsübertretung von 3 km/h (Verstoß gegen § 3 Abs. 3 Nr. 2 a StVO) kausal für den Unfall war, steht nicht fest und ist - für sich genommen - auch auszuschließen, zumal die Beschleunigung unmittelbar vor der Kollision auch auf der plötzlichen Verstellung des Sitzes und einer dadurch bedingten Belastung des rechten Fußes beruhen kann. Ein entsprechender Erfahrungssatz existiert nicht. Gleiches gilt für einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 StVO (angepasste Geschwindigkeit). Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass als unmittelbare Ursache das "Verreißen" des Steuers feststeht, welches nicht erkennbar auf eine zu hohe Geschwindigkeit zurückgeführt werden kann.
Eine für den Unfall kausale Sorgfaltspflichtverletzung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Busfahrer die streitenden Schüler nicht hätte auffordern dürfen, in der ersten Reihe Platz zu nehmen. Hierin liegt auch in Anbetracht des Vorfalls wenige Monate zuvor schon keine Pflichtverletzung. Zunächst war es durchaus zweckmäßig, die Störer zu trennen und sie möglichst in die Nähe und damit den unmittelbaren Einflussbereich des Fahrers zu setzen. Weiterhin kann ohne weitere Anhaltspunkte, an denen es fehlt, nicht davon ausgegangen werden, dass der erwähnte Vorfall für den Fahrer Veranlassung bot, die Betreiberin des Busses zu informieren oder jedenfalls künftig die Sitzbank hinter dem Fahrersitz generell freizuhalten. Ohne nähere Feststellungen zum Hergang des ersten Vorfalls, an denen es fehlt, lässt sich eine tragfähige Aussage zur Frage eines Verschuldens des Busfahrers nicht treffen; vielmehr erscheint naheliegend, dass sich dieses Ereignis in der Wahrnehmung des Herrn K... als Einzelfall darstellte, dem er ohne vorwerfbaren Sorgfaltsverstoß keine weitere Bedeutung beimessen musste. Dies gilt auch deshalb, da der Fahrersitz bei dem ersten Vorfall nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten nach hinten kippte, was sich in wesentlich geringerem Maße auf die Sitzposition und die damit verbundene Möglichkeit, das Fahrzeug sicher zu führen auswirkte, als ein plötzliches Kippen des Sitzes nach vorne. Jedenfalls wäre aber auch damit nicht bewiesen, dass diese Pflichtverletzung ursächlich für den Unfall war: Denn ungeachtet der oben genannten Feststellungen steht die Betätigung der Sitzeinstellung durch den hinter dem Fahrer sitzenden Schüler als den Unfall auslösende Ursache nicht fest.
Das Fahrverhalten des Busfahrers, der das Fahrzeug kurz vor dem Unfall verlangsamt und zuvor bereits angehalten hatte, belegt, dass er auf den - von den vernommenen Schülern einmütig geschilderten - Streit im Bus tatsächlich reagiert hat. Dass dies in unangemessener Weise geschah, lässt sich nicht feststellen. Die Behauptung des Klägers, das Fahrzeug sei von der Straße abgekommen, weil sich der Fahrer umgesehen habe und "direkt daraufhin gegen den Baum fuhr", lässt sich mit den im Wege des Urkundsbeweises in Bezug genommenen Aussagen der Businsassen nicht beweisen. Zwar ist richtig, dass zwei Kinder, nämlich die Schülerin K... und der Schüler K... ein Umdrehen des Busfahrers unmittelbar vor dem Unfall schilderten. Diese Aussagen sind jedoch nicht ausreichend, dem Senat eine Überzeugung von diesem Geschehensablauf zu verschaffen.
Bei der Würdigung dieser Aussagen kann nicht außer Betracht bleiben, dass eine zuverlässige Beurteilung des Erinnerungsvermögens der Kinder im Eindruck des verheerenden Unfalls schwierig ist. Zu dieser ohnehin bestehenden Problematik kommt hinzu, dass die Aussagen überwiegend in indirekter Rede protokolliert wurden und daher noch weniger, als dies bei jeder Würdigung schriftlich protokollierter Aussagen ohnehin der Fall ist, einen Eindruck von Art und Weise der Wiedergabe des Erlebten durch die Aussageperson vermitteln können. Abgesehen von dieser grundsätzlichen Einschränkung, die im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit der Aussagen zu machen ist, steht der Aussage der Zeugin K... entgegen, dass diese des weiteren bekundete, die beiden (zuvor streitenden) Schüler K... und L... hätten zum Zeitpunkt des Unfalls noch hinter der Schranke gestanden. Das trifft aber jedenfalls für den Zeugen K... offenbar nicht zu, da dieser seiner eigenen Aussage zufolge, die durch objektive Anhaltspunkte wie etwa das rechtsmedizinische Gutachten K.. gestützt wird, zum Zeitpunkt der Kollision hinter dem Fahrer saß. Zwar weist die Berufung zu recht auf den bereits angeführten Gesichtspunkt hin, dass bei der Würdigung der Aussage Art und Ausmaß der unfallbedingten Schocksituation und deren Auswirkungen auf das Erinnerungsvermögen zu berücksichtigen sind. Diese "Einschränkung" kann jedoch nicht nur für einzelne Teile der Aussage gelten, sondern ist für den Inhalt insgesamt in Betracht zu ziehen. Dass der Zeuge K... die von der Berufung in Bezug genommene Aussage, der Fahrer habe sich umgedreht und sei gegen den Baum gefahren, getätigt haben soll, ist dem Protokoll der Vernehmungen nicht zu entnehmen. Die Schilderung des Umdrehens steht vielmehr in keinem direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Kollision.
An dem Ergebnis, dass der von dem Kläger behauptete, vom Busfahrer verschuldete Unfallhergang nicht bewiesen ist, ändert auch der Umstand nichts, dass die Berufung die Beweiswürdigung des Landgerichts zu Recht insoweit beanstandet, als die Aussage des Schülers H... der Annahme, der Fahrer habe sich vor der Kollision umgedreht, nicht entgegen stehe. In der Tat ist der vom Zeugen geschilderte Blick des Busfahrers in den Rückspiegel einem anderen Zeitpunkt zuzuordnen. Jedoch vermag dies an der auch vom Senat im Ergebnis geteilten Gesamtwürdigung nichts zu ändern.
bb) Eine auch den Ersatz für immaterielle Schäden umfassende (Verschuldens-) Haftung der Halterin, für die die Beklagte gleichfalls einzustehen hätte, folgt auch nicht aus § 831 Abs. 1 BGB. Allerdings haftet nach der genannten Vorschrift der Geschäftsherr aus eigenem, vermuteten, Auswahlverschulden, wenn der Verrichtungsgehilfe eine unerlaubte Handlung begeht. Dies kommt bei dem Fahrfehler eines angestellten Busfahrers in Betracht (OLG Köln, NZV 1992, 279 ff.; BGH, BGHZ 24, 21 ff.). Insoweit reicht es aus, dass das tatbestandsgemäße Handeln des Verrichtungsgehilfen feststeht: Da nämlich die Rechtswidrigkeit durch die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes indiziert wird (vgl. Palandt, 62. Aufl., Rn. 22 zu § 831 BGB), obliegt es dem Geschäftsherrn, entweder das verkehrsrichtige Verhalten des Verrichtungsgehilfen zu beweisen oder das vermutete Verschulden bei der Auswahl und Überwachung des Verrichtungsgehilfen auszuschließen (vgl. zu den insoweit bestehenden - hohen - Anforderungen: OLG Köln, a. a. O.).
Im Streitfall fehlt es jedoch schon daran, dass eine tatbestandsmäßige Handlung des Fahrers nachgewiesen ist. Denn es steht gerade nicht fest, dass das Abkommen von der Fahrbahn, konkret das "Verreißen" der Lenkung als (letzte) Ursache, auf eine willensgesteuerte und damit zurechenbare Handlung des Fahrers und damit auf ein tatbestandsmäßiges Verhalten zurückgeht. Denn es ist - wenn auch nicht bewiesen - doch mit der notwendigen Sicherheit nicht auszuschließen, dass der Unfall seine Ursache etwa in einer Manipulation am Fahrersitz hatte und nicht in einer willensgesteuerten Handlung des Busfahrers.
3. Die Berufung ist aber im Hinblick auf die begehrte Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle Schäden begründet.
aa) Ein Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung im Sinne § 256 Abs. 1 ZPO ist gegeben, soweit sich diese auf den Ersatz künftig eintretender Schäden bezieht. Zunächst geht der Senat aufgrund der Erörterung in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass der Kläger, was ohnehin nahe liegt, allein die Ersatzpflicht der Beklagten für künftig eintretende Schäden festgestellt wissen will und aus dem Wortlaut des Klage- und Berufungsantrages im Hinblick auf bereits eingetretene Schäden nichts anderes folgt. Dies ergibt sich auch daraus, dass der bereits entstandene Schaden Gegenstand des auf Zahlung gerichteten Klageantrages zu 1. ist.
Für die Annahme eines Feststellungsinteresses ist bei der in Rede stehenden Verletzung eines absoluten Rechtsguts erforderlich aber auch genügend, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Schadensentstehung in der Zukunft zu erwarten ist (vgl. Zöller, 23. Aufl., Rn. 8 a zu § 256 ZPO). Diese Voraussetzungen sind unbeschadet des Umstandes, dass der Kläger im Hinblick auf Art und Umfang künftiger Schäden wenig vorträgt, gegeben. Aus dem internistischen Zusatzgutachten der ...Klinik ... vom 10.07.2001, welches der Kläger im Zusammenhang mit der Bezifferung seines Schmerzensgeldanspruchs vorgelegt und zum Gegenstand seines Sachvortrages gemacht hat, ergibt sich, dass aufgrund der vorgenommenen Entfernung der Milz und der damit verbundenen erhöhten Anfälligkeit für Infektionen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % anzunehmen und bei bestimmten infektionsgefährdeten Tätigkeiten besondere Vorsicht geboten ist. Mit Rücksicht auf das jugendliche Alter des Klägers und die noch ausstehende Berufswahl, die unter Umständen den genannten Einschränkungen Rechnung tragen muss, ist der Eintritt eines künftigen Schadens in dem erforderlichen Maße mit hinreichender Wahrscheinlichkeit möglich.
bb) Der Feststellungsantrag ist im Hinblick auf den Ersatz des künftig eintretenden materiellen Schadens auch begründet, weil die Beklagte vorbehaltlich eines Anspruchsübergangs auf Dritte dem Grunde nach gemäß §§ 7, 8 a StVG in Verbindung mit §§ 1, 3 Nr. 1 PflVG haftet. Demgegenüber scheidet eine Haftung für den künftigen immateriellen Schaden aus, weil die Voraussetzungen einer Haftung für verschuldetes Unrecht wie ausgeführt nicht vorliegen.
Nach den genannten straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften haftet für einen beim Betrieb des Fahrzeuges entstandenen Schaden dessen Halter verschuldensunabhängig. Die Haftung gegenüber dem Kläger als Insassen des Fahrzeuges ist nicht gemäß § 8 a StVG a. F. ausgeschlossen; denn es handelt sich bei der Schülerbeförderung um eine entgeltliche, geschäftsmäßige Personenbeförderung im Sinne dieser Vorschrift. Hierfür ist ausreichend, dass die Beförderung dem Halter, Eigentümer oder Fahrer des Fahrzeuges in irgendeiner Weise durch eine in dessen Interesse liegende wirtschaftliche Leistung abgegolten wird (vgl. Jagusch/ Hentschel, 35. Aufl., Rn.5 zu § 8 a StVG a. F.). Dies war der Fall, weil nach Lage der Dinge sowohl der Fahrer wie das Busunternehmen ihre Dienste vergütet erhalten haben dürften.
Dass der vom Kläger erlittene Schaden, der unzweifelhaft beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten Busses geschehen ist, auf einem unabwendbaren Ereignisses beruhte, § 7 Abs. 2 StVG, hat die Beklagte nicht nachgewiesen. Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass die im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten die Feststellung rechtfertigen , dass sich das Fahrzeug in technisch einwandfreiem Zustand befand und auch ein körperliches Versagen des Fahrzeugführers als Unfallursache ausgeschlossen werden kann, für das die Halterin und damit die Beklagte ebenfalls einzustehen hätte.
Es steht aber nicht fest, dass für den Fahrzeugführer das Unfallgeschehen unabwendbar war. Solches ist nur dann der Fall, wenn der Unfall auch bei Anwendung der über die gewöhnliche Sorgfalt hinausgehenden, nach den Umständen des konkreten Einzelfalls gebotenen Aufmerksamkeit, Geistesgegenwart und Umsicht nicht zu vermeiden gewesen wäre, wobei eine absolute Unvermeidbarkeit nicht gefordert wird (vgl. nur BGH, Urt. v. 28.05.1995, VI ZR 258/83, zitiert nach juris). Die vom Landgericht nicht weiter erläuterte Auffassung, die Beklagte habe diesen Entlastungsbeweis schon geführt, wenn der von ihr behauptete Unfallhergang "wahrscheinlicher" sei als der vom Kläger behauptete Geschehensablauf, ist nicht tragfähig.
Zum einen muss derjenige, der sich auf die Unabwendbarkeit des Unfalls beruft, die Umstände beweisen, welche diesen Schluss rechtfertigen; das heißt insbesondere, dass er zwar nicht alle nur denkmöglichen Geschehensabläufe, bei denen dem Fahrzeugführer ein Verschulden zur Last fiele im Wege des Vollbeweises wiederlegen muss, wohl aber diejenigen, für die tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, (vgl. nur Jagusch/Hentschel, a. a. O., Rn. 31 zu § 7 StVG m. w. N.). Für ein bloßes Wahrscheinlichkeitsurteil ist insoweit kein Raum. Zum anderen hält der Senat an seiner bereits in dem genannten Urteil vom 22.05.2003 niedergelegten Auffassung fest, dass sich die Beklagte selbst dann, wenn der von ihr behauptete, auf die Verstellung des Fahrersitzes ursächlich zurückzuführende, Unfallhergang bewiesen wäre, nicht mit Erfolg auf die Unabwendbarkeit des Unfalls berufen könnte. Dies hat zur Folge, dass weitere Feststellungen zur Klärung des Unfallhergangs nicht zu treffen sind, denn der von der Beklagten unter Beweis gestellte Unfallhergang unterstellt, stünde damit nicht zugleich die Unabwendbarkeit des Unfallgeschehens fest.
Der Unfall wäre nämlich auch in diesem Falle nicht im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG unabwendbar gewesen, weil es der Fahrer des Busses unterlassen hat, die Möglichkeit einer Sitzverstellung von der ersten Sitzreihe aus durch geeignete Maßnahmen nach dem ersten Vorfall oder in der konkreten Situation vor dem Unfall dadurch auszuschließen, dass er diesen Sitzplatz nicht mit einem während der Fahrt "auffälligen" Schüler besetzt.
Nach der gefestigten Rechtssprechung meint der Begriff "unabwendbares Ereignis" keine absolute Unvermeidbarkeit, sondern ein Schadensereignis, welches auch unter Anwendung äußerster - also jedenfalls mehr als der im Verkehr im Sinne von § 276 BGB erforderlichen - Sorgfalt nicht verhindert werden kann; für eine solche Annahme ist ein diesen hohen Anforderungen entsprechendes, in allen Belangen sachgemäßes und geistesgegenwärtiges Verhalten im Sinne eines "Idealfahrers" zu verlangen (BGH NZV 1992, 229, 229 f.). Die Beurteilung der danach im Einzelfall zu stellenden Anforderungen setzt eine am Schutzzweck der Gefährdungshaftung orientierte Wertung anhand der konkreten Umstände voraus, wobei sich die Beurteilung nicht auf das Verhalten des Fahrzeugführers in der konkreten Unfallsituation beschränkt, sondern darauf zu erstrecken ist, ob der Fahrer im Idealfall überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre; denn § 7 Abs. 2 StVG verlangt vom Fahrzeugführer auch die Berücksichtigung allgemeiner Erkenntnisse, die geeignet sind, Gefahrensituationen zu vermeiden (BGH a. a. O.).
Gemessen an diesen Anforderungen war der eingetretene Schadensfall für den Fahrer des verunglückten Busses selbst dann in dem genannten Sinne nicht unabwendbar, wenn in dem Moment vor dem Unfall in einer für ihn in dieser Situation unerwarteten Weise auf den Verstellmechanismus seines Sitzes eingewirkt und seine Sitzposition hierdurch in einer die Beherrschbarkeit des Fahrzeuges ausschließenden Weise verändert worden ist. Insoweit gewinnt die - für das Vorliegen einer subjektiv vorwerfbaren Pflichtverletzung zu verneinende - Frage einer Beachtlichkeit des Verhaltens des Busfahrers bei der Schlichtung des zwischen den Schülern aufgetretenen Streits, insbesondere die Platzierung des Schülers K... hinter dem Fahrersitz, Gewicht. Aufgrund des mehrere Monate zuvor erlebten Vorfalls war dem Busfahrer bekannt, dass eine Manipulation an dem Hebel der Sitzverstellung von der Sitzbank hinter dem Fahrersitz möglich war und von einem Schüler auch vorgenommen wurde. Dieser Erfahrung hätte aber ein den höchsten Sorgfaltsanforderungen genügender und damit "idealer" Fahrer eines Schulbusses bei seiner Tätigkeit Rechnung getragen. Wenn auch zweifellos der Führer eines Schulbusses im Normalfall mit einem die Verkehrssicherheit gefährdenden Eingriff eines Fahrgastes nicht zu rechnen braucht, so stellte sich dies in dem konkreten Fall aufgrund der "Vorgeschichte" anders dar. Zwar ist durchaus zweifelhaft, ob es angezeigt war, die betreffenden Sitzplätze überhaupt im Schülerverkehr freizulassen. Hiergegen sprechen die damit verbundenen Kontroll- und Hinweispflichten, die angesichts des Umstandes, dass der Bus ohne Einschränkungen zum Schülerverkehr zugelassen war, nicht erwartet werden konnten. Jedenfalls in der besonderen Situation in dem Bus hätte aber ein über das Normalmaß hinaus besonders umsichtiger Busfahrer darauf geachtet, die beiden streitenden Schüler zwar getrennt, aber im Blickfeld des Innenspiegels und vor allem nicht hinter seinem Rücken in der ersten Reihe zu platzieren. Denn in dem Bus waren in den Minuten vor dem Unfall Unruhe und Feindseligkeiten gerade zwischen den am Streit beteiligten Schülern aufgekommen, welche dem Fahrer immerhin Veranlassung gaben, die Fahrt - wenn auch nur kurzzeitig - zu unterbrechen und einzuschreiten. Gerade die zutage getretene Auffälligkeit der beiden Schüler, deren Streit für den Fahrer - wie sein Einschreiten belegt - erkennbar die Sicherheit der Beförderung zu beeinträchtigen in der Lage war, hätten ohne Überspannung der Sorgfaltsanforderungen einem Idealfahrer Anlass zur Vorsicht gegeben, zumal die beteiligten Schüler die "Umsetzung" durchaus als Sanktion ansehen konnten. Unter diesen Umständen hätte die Einhaltung der höchstmöglichen Sorgfaltsanforderungen vorausgesetzt, einem der beiden Schüler gerade nicht den Platz zuzuweisen, von dem aus er die dem Fahrzeugführer bekannte Möglichkeit hatte, den Verstellmechanismus des Fahrersitzes zu erreichen. Daran ändert nichts, dass der Busfahrer K... in der konkreten Situation auch in subjektiv nicht vorwerfbarer Weise hieran nicht gedacht haben mag. Dies schließt allein die Annahme seines Verschuldens aus, belegt aber nicht die Unanwendbarkeit des Unfallereignisses. Dem steht auch nicht der von der Beklagten für maßgeblich gehaltene Umstand entgegen, dass der Sitz bei dem ersten Vorfall nach hinten kippte mit weniger gravierenden Folgen für die Beherrschbarkeit des Busses. Entscheidend ist, dass dem Fahrer damit bekannt war, dass eine Manipulation am Sitz von der ersten Sitzreihe aus möglich ist. Auch liegt der Fall in wesentlicher Hinsicht anders als das von der Beklagten herangezogene unerwartete Greifen des Beifahrers in das Lenkrad des Fahrers. Denn in dem entscheidenden Punkt vergleichbar wäre dieser Fall nur dann, wenn unerstellt würde, dem Fahrer sei bereits zuvor bei einem vergleichbaren "Beförderungsfall" in das Lenkrad gegriffen worden. Dann läge es aber keineswegs fern, diese Erfahrung bei den an einen Idealfahrer künftig zu stellenden Anforderungen zu berücksichtigen.
Den aufgezeigten Anforderungen steht auch nicht der Schutzzweck der Gefährdungshaftung entgegen, den gerade auch § 7 Abs. 2 StVG dadurch negativ abgrenzt, indem er fremde Gefahrenkreise (unabwendbare Ereignisse) ausnimmt, welche eine verschuldensunabhängige Haftung aufgrund der mit dem zulässigen Betrieb von Kraftfahrzeugen verbundenen Gefahren nicht mehr rechtfertigen. Jedenfalls unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es bereits zuvor zu einem vergleichbaren Vorfall gekommen ist, kann dieses Ereignis nicht mehr als eines angesehen werden, welches in keinem Zusammenhang mit dem im Betrieb des Schulbusses liegenden Gefahren steht. Denn die Besonderheit beim Betrieb eines Schulbusses besteht gerade auch darin, dass Fahrgäste jugendlichen Alters befördert werden, die dazu neigen können, Konflikte und Aggressionen in einer Weise auszutragen, die im Linienverkehr typischerweise nicht auftritt. Jedenfalls unter Berücksichtigung des im Wesentlichen gleichartigen Vorfalls wenige Monate zuvor liegt daher kein betriebsfremdes Ereignis vor, welches außerhalb des Schutzbereiches der Gefährdungshaftung liegt und daher eine Haftung des Fahrzeughalters nicht mehr rechtfertigte.
Die auf den vorstehenden Erwägungen beruhende Feststellung, der Beklagten sei der Unabwendbarkeitsnachweis nicht gelungen, steht nicht im Widerspruch dazu, dass Fahrzeugführer und Halterin ein Verschulden nicht nachgewiesen werden kann. Verschulden setzt einen individualisierten, persönlichen Schuldvorwurf ("Pflichtverletzung") im Sinne einer auch sittlich-moralischen Missbilligung voraus, der sich im Streitfall aus den oben dargestellten Gründen nicht feststellen lässt. Demgegenüber betrifft die Frage der (Un-)Vermeidbarkeit im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG allein einen objektivierten und von dem Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt im Sinne des § 276 Abs. 2 BGB abgehobenen Maßstab. Der Umstand, dass der Busfahrer den für die Annahme eines unabwendbaren Ereignisses im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG zu stellenden Anforderungen nicht genügte, steht auch einem Ausschluss der Haftung nach § 831 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Denn das als Anknüpfungspunkt für ein im Sinne der Norm tatbestandsmäßiges Handeln allein in Betracht kommende Platzieren des Schülers K... hinter dem Fahrersitz war jedenfalls nicht rechtswidrig, weil auch dieser Sitz für die Benutzung zugelassen war und ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften damit nicht in Betracht kommt.
Ist der Feststellungsantrag im Hinblick auf den Ersatz künftiger materieller Schäden im Rahmen der Haftung nach dem StVG begründet, so beschränkt sich die Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers gemäß § 3 Nr. 1 PflVG auf die im zugrundeliegenden Versicherungsvertrag bestimmte Haftungssumme. Dies ist im Ausspruch zweckmäßigerweise klarstellend auszudrücken (BGH, NJW 1986, 2703, 2704). Aufgrund dessen, dass bereits der Klageantrag des Geschädigten, der den Versicherer aus § 3 Nr. 1 PflVG ohne betragsmäßige Beschränkung in Anspruch nimmt, in diesem Sinne zu verstehen ist (vgl. BGH, a. a. O.), liegt darin keine teilweise Klageabweisung.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 07.10.2003 gab dem Senat keine Veranlassung, gemäß § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Im Hinblick auf die darin enthaltenen Rechtsausführungen ist allein zu bemerken, dass die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes den Fall einer Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte betrifft, die hier nicht in Rede steht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.
Der Streitwert für den Rechtsstreit in erster Instanz sowie für den Berufungsrechtszug wird auf 15.000,00 € festgesetzt (Zahlung: 10.000,00 €, Feststellung: 5.000,00 €).
Die Beschwer beträgt für den Kläger 12.500,00 €, für die Beklagte 2.500,00 €.
Anhaltspunkte dafür, den Streitwert für die begehrte Feststellung der Ersatzpflicht wie von der Beklagten beantragt mit 25.000,00 € festzusetzen, bestehen nicht. Die Festsetzung des Streitwertes hat sich an dem Wert des Rechtsverhältnisses zu orientieren, wobei für positive Feststellungsklagen üblicherweise ein Abschlag von mindestens 20 % gegenüber einer entsprechenden Leistungsklage in Betracht kommt (vgl. Zöller, ZPO, 23. Aufl., Rn. 16 zu § 3 ZPO, "Feststellungsklage"). Keine Bedeutung kann dagegen dem von der Beklagten genannten Gesichtspunkt zukommen, ob den Parteien im Falle einer bestimmten Festsetzung des Streitwertes und der Beschwer die Möglichkeit offen steht, das Urteil mit einem Rechtsmittel anzugreifen.
Im Streitfall bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, in welcher Höhe künftige Ansprüche des Klägers bestehen werden. Abgesehen davon, dass damit schon die Bewertung einer "entsprechenden" Leistungsklage kaum möglich ist, wäre mit Rücksicht auf die Ungewissheit des Schadenseintritts von vorneherein ein Abschlag von mehr als 20 % gerechtfertigt (vgl. Zöller, a. a. O.). Unter diesen Umständen sind nach Auffassung des Senats mangels greifbarer Gesichtspunkte die beiden Feststellungsanträge mit einem Wert von jeweils 2.500,00 € zu bewerten. Dementsprechend ändert der Senat die Streitwertfestsetzung für die erste Instanz ab, § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG.
Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, weil die Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall, ohne dass von höchstrichterlicher oder obergerichtlicher Rechtssprechung abgewichen wird. Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO folgt insbesondere auch nicht daraus, dass der streitgegenständliche Verkehrsunfall Gegenstand verschiedener Verfahren ist, mit denen der Senat noch befasst werden kann. Denn ungeachtet dessen wirft die Entscheidung gerade keine Rechtsfragen auf, welche über die Entscheidung des jeweiligen Einzelfalls und damit über die Rechtssprechung des Senats hinaus, von allgemeiner Bedeutung sind.
Ende der Entscheidung
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