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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: 12 W 24/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 166 Abs. 1
BGB § 254
BGB § 286 Abs. 1 S. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt.
BGB § 818 Abs. 3
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 574 Abs. 3
GKG § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

12 W 24/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Richter am Oberlandesgericht Beckmann, den Richter am Oberlandesgericht Funder und den Richter am Oberlandesgericht van den Bosch

am 10. Juli 2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 15. April 2008, Az.: 5 O 153/07, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 10.297,53 € aufgrund der Einreichung und Ausführung eines gefälschten Überweisungsträgers, mit dem die Klägerin beauftragt wurde, einen Betrag von 9.842,97 € auf das Konto der Beklagten zu überweisen, in Anspruch. Mit der am 24.01.2008 beim Landgericht eingegangenen Klageerwiderung hat die Beklagte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Sie wendet gegenüber dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch ein, eine Straftat liege nicht vor, da es an einem Vorsatz zu einem Betrug fehle, zudem sei ein Mitverschulden der Klägerin zu berücksichtigen. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch bestehe nicht, da die Beklagte gem. § 818 Abs. 3 BGB nicht mehr bereichert sei.

Mit dem am 15.04.2008 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte gem. § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB ein Anspruch auf Zahlung von 9.842,97 € sowie aus §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 454,56 € zu. Die Beklagte habe auf Kosten der Klägerin die Gutschrift des Überweisungsbetrags auf ihrem Konto ohne rechtlichen Grund erlangt. Die Beklagte berufe sich ohne Erfolg auf einen Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB, da sie die den Mangel des rechtlichen Grundes begründenden Tatsachen gekannt und sich der Einsicht in die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts bewusst verschlossen habe. Sie müsse sich zudem die Kenntnis ihres Bekannten M... D..., der den Überweisungsträger gefälscht habe, entsprechend § 166 Abs. 1. BGB zurechnen lassen. Ein Mitverschuldenseinwand entsprechend § 254 BGB sei für Bereicherungsansprüche nicht vorgesehen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe Bezug genommen. Zugleich hat das Landgericht mit einem am selben Tage verkündeten Beschluss den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus den Gründen des Urteils zurückgewiesen.

Gegen den ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss, der ihrem Prozessbevollmächtigten am 29.04.2008 zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit einem per Telefax am 09.05.2008 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, ihre Verteidigung gegen die Klage habe hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Klägerin im Verhältnis zu ihrem Kunden das Risiko der Fälschung von Überweisungsträgern trage. Das Landgericht gehe ferner zu Unrecht davon aus, dass sie Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes gehabt habe. Es lege mit keinem Wort dar, worauf es seine Ansicht stütze, dass sie Veranlassung zu Misstrauen deshalb hätte haben müssen, weil sie ihrem damaligen Freund geglaubt habe, dass er ihr Konto für die Überweisung eines Geldbetrages aus einer Erbschaft nutzen wollte. Derartige Schlussfolgerungen seien nicht verallgemeinerungsfähig. Zudem lasse das Landgericht außer Betracht, dass sie von der Auszahlung als solcher keine Kenntnis erlangt habe. Schließlich wiederholt sie ihre Auffassung, dass eine analoge Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB nicht in Betracht komme, weil ihr Bekannter nicht als ihr Repräsentant anzusehen sei.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 15.05.2008 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Innerhalb der am 29.05.2008 abgelaufenen Berufungsfrist ist eine Berufung gegen das am 15.04.2008 verkündete Urteil des Landgerichts nicht eingegangen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde steht insbesondere nicht entgegen, dass sie erst nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils in der Hauptsache eingelegt worden ist, da die Beklagte den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtzeitig mit der Klageerwiderung gestellt hat, das Landgericht über den Antrag jedoch erst zeitgleich mit der Verkündung des Urteils in der Hauptsache entschieden hat (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 127 Rn. 49 m.w.N.).

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Nachdem die Beklagte die Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache nicht mit der Berufung angefochten hat und das Urteil des Landgerichts somit rechtskräftig geworden ist, kann bei der Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe die Erfolgsaussicht nicht mehr abweichend von der Vorinstanz beurteilt werden. Vielmehr ist die Erfolgssaussicht der Rechtsverteidigung zu verneinen, weil bereits eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache über die Verurteilung der Beklagten vorliegt und der Senat durch die Wirkung der materiellen Rechtskraft des Urteils gehindert ist, eine von dem landgerichtlichen Urteil abweichende Sachentscheidung zu treffen (vgl. OLG Köln NJW-RR 1998, 511; OLG Naumburg OLG-NL 1999, 48; OLG Nürnberg FamRZ 2004, 1219; Zöller/Philippi, a.a.O., § 127 Rn. 50; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 28. Aufl. § 127 Rn. 5; Münchener Kommentar/Motzer, ZPO, 3. Aufl. § 127 Rn. 17). Ob dies auch gilt, wenn zu dem Zeitpunkt, an dem über das Prozesskostenhilfegesuch spätestens hätte entschieden werden müssen, hinreichende Erfolgsaussicht gegeben war, die Erfolgsaussicht jedoch aufgrund einer verzögerten Entscheidung über die Bewilligung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung weggefallen ist, braucht nicht entschieden zu werden, da ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung der Beklagten zu dem Zeitpunkt der Entscheidungsreife anders zu beurteilen gewesen wäre als zum Zeitpunkt der Beschlussfassung. Es kommt somit nicht darauf an, ob die von der Beklagten in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwendungen zutreffend sind.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Pflicht der Beklagten zur Tragung der Gerichtsgebühren ergibt sich aus § 22 GKG i.V.m. Nr. 1812 des KV (Anlage 1 zu § 3 GKG). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO). Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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