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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 30.04.2002
Aktenzeichen: 12 W 7/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 286
ZPO § 567
ZPO § 569
ZPO § 294 Abs. 2
ZPO § 406 Abs. 3
ZPO § 406 Abs. 5
ZPO § 577 Abs. 3
ZPO § 406 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

12 W 7/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Beckmann als Einzelrichter (§ 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO)

am 30. April 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der am 14. Februar 2002 verkündete Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 32 O 91/01, aufgehoben.

Der Sachverständige K -H B 5 wird wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 16.289,84 €

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt mit der vorliegenden Klage restlichen Werklohn. Die Beklagte macht ein Zurückbehaltungsrecht geltend und behauptet hierzu das Vorliegen von Mängel. Der Sachverständige B wurde in einem selbständigen Beweisverfahren, welches vor Beginn des Klageverfahrens seitens der Klägerin angestrengt wurde, zum Sachverständigen bestellt und sollte Feststellungen zur Frage des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens zahlreicher Mängel treffen. Der Sachverständige hatte die Beauftragung zur Erstattung des Gutachtens zum Anlass genommen, mit den Parteien Vergleichsgespräche zu führen. Zu diesem Zweck erstellte der Sachverständige zunächst ein sogenanntes "Gutachten" vom 05.02.1999. Nachdem die Vergleichsverhandlungen gescheitert waren, erstellte er unter dem 25.11.1999 erneut ein Gutachten, von dem der Sachverständige selbst davon ausgeht, dass es sich dabei um das eigentliche Gutachten handelt, während das "Gutachten" vom 05.02.1999 keine abschließenden Feststellungen enthalten habe, sondern nur der Vorbereitung zum Abschluss eines Vergleiches gedient habe. Ein seitens der Beklagten im selbständigen Beweisverfahren gestellter Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen blieb ohne Erfolg, weil er nicht fristgerecht im Sinne von § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO gestellt worden war. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Senatsbeschluss vom 01.03.2000 (Az.: 12 W 8/00) Bezug gekommen. Nachdem aus der Sicht des Landgerichts das vom Sachverständigen vorgelegte Gutachten noch eine Reihe von Fragen offen ließ und darüber hinaus teilweise auch widersprüchliche Feststellungen enthielt, wurde der Sachverständige seitens des Landgerichts zunächst aufgefordert, sein Gutachten zu ergänzen. Gleichzeitig wurde der Sachverständige zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens geladen. Die in der mündlichen Verhandlung am 10.01.2002 begonnene Anhörung des Sachverständigen wurde nach einem Befangenheitsantrag der Beklagten abgebrochen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls erfolgte die Ablehnung im Hinblick auf die differierenden Ausführungen des Sachverständigen in den Gutachten vom 05.02. und 25.11.1999 sowie seinen Aussagen im Termin der mündlichen Verhandlung. Mit Schreiben vom 11.01.2002 nahm der Sachverständige zu den Geschehnissen in der mündlichen Verhandlung Stellung und erläuterte insbesondere das Zustandekommen seines Gutachtens vom 05.02.1999.

Mit Schriftsatz vom 17.01.2002 begründete die Beklagte den Ablehnungsantrag im Wesentlichen damit, dass der Sachverständige während der Vernehmung des Zeugen K sich an den Erörterungen beteiligt habe; dabei habe dem Sachverständigen insbesondere die Art der Befragung des Zeugen missfallen. Im Übrigen habe er wiederholt dem Geschäftsführer der Klägerin auf die Sprünge geholfen. Außerdem habe er versucht, Widersprüche im Gutachten mit Unterstützung des Geschäftsführers der Klägerin klarzustellen und sich dabei "blind" auf die Zurufe des Geschäftsführers verlassen. Schließlich habe der Sachverständige ausgeführt, dass "wir" das Beweis verfahren nach dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen fortsetzen mussten. Auch dies zeige, dass der Sachverständige als dem "Lager der Klägerin" zugehörig betrachtet werden müsse, Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 17.01.2002 (Bl. 614 ff d. A).

Nachdem das Landgericht dem Sachverständigen die Begründung des Ablehnungsantrages zur Stellungnahme übermittelt hat, teilte dieser mit Schreiben vom 31.01.2002 mit, dass er es als schlechten Stil des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ansehe, wenn private Unterhaltungen in der Sitzungspause außerhalb der Sitzung und dann auch noch falsch wiedergegeben würden. Er habe in der Pause dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegenüber geäußert, dass seine und nur seine Fragestellungen nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprächen, und dass ihm dies in seiner langjährigen Praxis noch nicht vorgekommen sei. In der Folge kommentiert der Sachverständige die Art und Weise der Befragung des Zeugen K durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten und meint schließlich, der Prozessbevollmächtigte habe seinen schlechten Stil weitergeführt, wenn er in dem Schriftsatz vom 17.01.2002 behaupte, der Sachverständige habe in der Sitzung vorgetragen, dass er sich selbst für befangen und nicht mehr als unparteiisch einstufe. Diesen Vortrag bestreite er und sei vom Prozessbevollmächtigten erfunden.

Das Landgericht hat den Ablehnungsantrag zurückgewiesen und gemeint, zwar habe der Sachverständige in einer gewissen Überengagiertheit sich gelegentlich die Herrschaft über das Verfahren angemaßt und seine Kompetenzen überschritten; hiervon seien jedoch alle Verfahrensbeteiligten ohne erkennbare Präferenz für eine Partei betroffen. Im Termin am 10.01.2002 sei die missliche Situation eingetreten, dass der Kammer das Gutachten des Sachverständigen vom 25.11.1999 nicht vorgelegen habe, weshalb das Gericht auch vor dem Hintergrund des Umfangs des Gutachtens auf die Mithilfe der Parteivertreter und des Sachverständigen angewiesen gewesen sei und eine Beteiligung des Sachverständigen im Rahmen der Vernehmung des Zeugen K dem Fortgang der mündlichen Verhandlung dienlich gewesen sei. Unmutsbekundungen des Sachverständigen im Sitzungssaal habe das Gericht dabei nicht wahrgenommen. Soweit das Gericht bemüht gewesen sei, die widersprüchlichen Feststellungen des Sachverständigen aufzulösen, habe der Geschäftsführer der Klägerin in diesem Zusammenhang mehrfach die Verhältnisse vor Ort geschildert, die Grundlage der Begutachtung gewesen seien. Der Sachverständige habe insoweit im Wesentlichen die Aussage des Geschäftsführers bestätigt. Die Verwendung des Wortes "wir" durch den Sachverständigen im Zusammenhang mit der Fortsetzung des Beweisverfahrens nach den gescheiterten Vergleichsverhandlungen sei dahin zu verstehen, dass alle Verfahrensbeteiligten gemeint gewesen seien, und nicht lediglich die Klägerin und er selbst.

Die Beklagte hat gegen den ihr am 19.02.2002 zugestellten Beschluss mit einem am 20.02.2002 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und gemeint, es sei fehlerhaft eine Anhörung des Sachverständigen zum Befangenheitsantrag nicht erfolgt und es könnten darüber hinaus die unsachlichen Äußerungen des Sachverständigen in seinem Schreiben vom 31.01.2002 nicht unbeachtet bleiben. Es gebe keinen sachlichen Grund dafür, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten einen "schlechten Stil" vorzuwerfen. Die Art und Weise der Befragung des Zeugen durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gehe dem Sachverständigen nichts an, es sei denn, er sei befangen bzw. seine Befangenheit sei zu besorgen, denn er bringe mit seinen Äußerungen nichts anderes als eine Betroffenheit, ein Mitgefühl oder eine Sorge für den Zeugen, einem Mitarbeiter der Klägerin, zum Ausdruck. Im Übrigen nimmt die Beklagte zu den Ausführungen des Sachverständigen hinsichtlich seines "Gutachtens" vom 05.02.1999 Stellung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 20.02.2002 sowie auf den ergänzenden Schriftsatz vom 21.02.2002 Bezug genommen.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 22.03.2002 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt und gemeint, vor dem Hintergrund der in diesem Rechtsstreit bestehenden "aufgeheizten" Atmosphäre könne nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 406 Abs. 5, 567, 569 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die sofortige Beschwerde ist dem Senat prozessordnungsgemäß zur Entscheidung vorgelegt worden. Soweit seitens der Beklagten mit Schriftsatz vom 27.03.2002 Unverständnis über den Nichtabhilfebeschluss der Kammer vor dem Hintergrund von § 577 Abs. 3 ZPO geäußert wurde, so wird der "ausschließlich an einem geordneten Verfahren interessierten" Beklagten empfohlen, sich mit den seit dem 01.01.2002 gültigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung (so z. B. § 572 Abs. 1 ZPO) näher vertraut zu machen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es auch nicht an einer zwar grundsätzlich gebotenen, jedoch nicht in jedem Fall erforderlichen Anhörung des Sachverständigen, denn wie das Landgericht zutreffend in der Nichtabhilfeentscheidung vom 22.03.2002 ausgeführt hat, hatte der Sachverständigen B durchaus Gelegenheit zur Stellungnahme auf die Begründung des Ablehnungsantrages, der allerdings, was richtigzustellen ist, nicht vom 17.02.2002, sondern vom 17.01.2002 datiert. Seine schriftliche Stellungnahme vom 31.01.2002 nimmt ausdrücklich Bezug auf das Ablehnungsgesuch. Richtig ist zwar, dass sich der Sachverständige nicht mit allen Einzelheiten der Begründung auseinandersetzt; dieser Umstand ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Sachverständige angehört worden ist.

Ohne Erfolg bleiben die Einwendungen der Beklagten in Bezug auf eine vermeintliche Befangenheit des Sachverständigen, die sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht und in ihrer Beschwerdebegründung aufgeführt hat. Differierende Ausführungen in seinem schriftlichen Gutachten bzw. seinen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung hat das Gericht im Rahmen der nach § 286 ZPO vorzunehmenden Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Sie sind nicht ohne weiteres geeignet, auf Seiten einer Partei die Besorgnis der Befangenheit zu erregen.

Die Darlegungen der Beklagten in Bezug auf die Verhaltensweisen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 10.01.2002 sind unabhängig davon, ob sie geeignet wären, die Besorgnis der Befangenheit auf Seiten der Beklagen zu begründen, deshalb unbeachtlich, weil sie nicht gem. § 406 Abs. 3 ZPO glaubhaft gemacht wurden. Soweit sich die Beklagte "vorsorglich" zur Glaubhaftmachung ihrer Darlegungen auf eine einzuholende eidesstattliche Versicherung des Sachverständigen B beruft, so ist dies vor dem Hintergrund von § 294 Abs. 2 ZPO unzulässig. Es ist Sache der sich auf das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes berufenden Partei, die Mittel der Glaubhaftmachung in den Prozess einzuführen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, für die Einholung von eidesstattlichen Versicherungen Dritter Sorge zu tragen (vgl. auch MünchKomm-Damrau, ZPO, 2. Aufl., § 406 Rn. 10; Stein/Jonas-Leiphold, ZPO, 21. Aufl., § 406 Rn, 28). Es wäre also Sache der Beklagten gewesen, sich an den Sachverständigen zu wenden und von diesem eine entsprechende eidesstattliche Versicherung zu erbitten. Unabhängig davon hat der Sachverständige, auch wenn er in seinem Schreiben vom 31.01.2002 nicht auf alle Darlegungen der Beklagten eingegangen ist, mit diesem Schreiben hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er den Darlegungen der Beklagten nicht zuzustimmen und schon gar entsprechende Erklärungen an Eides statt abzugeben beabsichtigt.

Die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen ergibt sich allerdings aus seinem Schreiben vom 31.01.2002, zu dem die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.02.2002 Stellung genommen und einen weiteren Befangenheitsgrund hergeleitet hat. Der Sachverständige hat in diesem vom Landgericht weitgehend unberücksichtigt gelassenen Schreiben über das noch hinnehmbare Maß hinaus Kritik an der Person des Prozessbevollmächtigten der Beklagten geübt, die ein Misstrauen der Beklagten in die Unparteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigen kann. Zwar ist ein Ablehnungsgesuch unbegründet, wenn ein Sachverständiger auf heftige Angriffe einer Partei scharf reagiert, da ansonsten der Ablehnungsgrund von der Partei selbst provoziert werden könnte (Zöller-Greger, ZPO, 22. Aufl., § 406 Rn. 9); die Ablehnung eines Sachverständigen kann aber durchaus begründet sein, wenn dieser in seiner Reaktion auf Angriffe des Prozessbevollmächtigten der Partei gegen seine Qualifikation sowohl in der Wortwahl als auch mit dem Ausmaß der persönlichen Abwertung des Prozessbevollmächtigten die Grenzen einer adäquaten und verstehbaren Reaktion auf die vorherigen Angriffe überschreitet (OLG München, Beschluss vom 16.02.1996, Az.: 2 UF 725/94). So können z. B. Äußerungen wie der Prozessbevollmächtigte versuche dem Antragsgegner "den schwarzen Peter zuzuschieben" und suche "das Haar in der Suppe" geeignet sein, eine Sachverständigenablehnung begründet erscheinen zu lassen (vgl. dazu OLG Brandenburg OLGR 1997, 151 -153). Auch im vorliegenden Fall hat der Sachverständige die zuvor aufgezeigten Grenzen einer hinnehmbaren Reaktion überschritten. Der Sachverständige bewertet die vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten getätigten Äußerungen als weit überzogen und vertritt die Auffassung, es sei ein schlechter Stil, private Unterhaltungen überdies auch noch falsch vorzutragen. Er bezieht sich dabei auf Äußerungen, die er in der Pause außerhalb der Sitzung geäußert haben soll, obwohl sich der den Ablehnungsantrag begründende Schriftsatz mit Äußerungen außerhalb der Sitzung überhaupt nicht befasst. Der Sachverständige räumt dann allerdings zugleich ein, dass er tatsächlich in einer Pause gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten geäußert habe, dass die Fragestellungen des Beklagtenvertreters nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprächen und ihm dies in seiner langjährigen Praxis noch nicht vorgekommen sei. Von einem besonnenen und vernünftig handelnden Sachverständigen muss erwartet werden, dass er sich zu solchen Äußerungen im Rahmen eines laufenden Verfahrens nicht hinreißen lässt. Vielmehr hat ein besonnener und neutraler Sachverständiger Verständnis dafür aufzubringen, dass eine Partei Äußerungen von am Prozess beteiligten Personen kritisch hinterfragt. Dies gilt im Falle von Kritik an den Feststellungen des Sachverständigen selbst und gilt um so mehr, wenn feststeht, dass sich Feststellungen des Sachverständigen in seinem Gutachten deutlich widersprechen und wenn ein Sachverständiger im Rahmen der Erstattung eines Gutachtens seine Kompetenzen z. B. dadurch überschreitet, dass er eigenmächtig Vergleichsgespräche führt und im Rahmen solcher Vergleichsverhandlungen Ortstermine anberaumt. Der Sachverständige muss in solchen Fällen in der Lage sein, auf nicht ganz unverständliche Angriffe, auch wenn diese heftig ausfallen und möglicherweise auch eine Provokation darstellen, in sachlicher Weise zu reagieren. Dabei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Reaktion des Sachverständigen auf die Begründung des Ablehnungsantrages noch nicht einmal in Beziehung auf etwaige Angriffe gegen sein Gutachten steht, sondern eine Kommentierung des Verhalten des Prozessbevollmächtigten hinsichtlich einer Zeugenvernehmung beinhaltet, die in dieser Form völlig unangebracht war. Es steht einem Sachverständigen nicht zu, einem Prozessbevollmächtigten einer Partei vorzuwerfen, seine Fragestellungen hinsichtlich einer Zeugenvernehmung würden nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Der Sachverständigen maßt sich mit diesen Äußerungen die Stellung des Gerichts an bzw. setzt er sich sogar über das Verhalten des Gerichts hinweg und bringt gegenüber dem Beklagtenvertreter indirekt zum Ausdruck, dass das erkennende Gericht eine nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Befragung zugelassen hat. Seine weiteren Ausführungen zu einzelnen Fragen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, die man, wie der Sachverständige meint, einem Monteur gar nicht stellen kann und die dann nur dazu gedient hätten, den Zeugen zu verunsichern, lassen erkennen, dass er insoweit eine Beschützerrolle für den als Mitarbeiter der Klägerin auftretenden Zeugen hat einnehmen wollen. Weiterhin meint der Sachverständige, durch die nicht relevanten Fragestellungen habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Zeugenvernehmung weit in die Länge gezogen. Unerheblich ist dabei, ob der Zeuge schutzwürdig war oder sich der Situation gewachsen gezeigt hat. Die insgesamt weit überzogene und vor allem seiner Kompetenzen weit überschreitende Kritik des Sachverständigen an dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist geeignet, bei der Beklagten die Befürchtung gerechtfertigt erscheinen zu lassen, der Sachverständige stehe nun der Sache nicht mehr unparteiisch gegenüber. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat auch nicht der Auffassung des Landgerichts zuzustimmen, es betreffe alle Beteiligten gleichermaßen, dass der Sachverständige B seine Kompetenzen überschreitet und jenseits seines Sachgebietes den Beteiligten Hinweise erteilt. Derart massive Angriffe gegen die Person des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, wie sie der Sachverständige in seinem Schreiben vom 31.01.2002 formuliert hat, hat er - soweit ersichtlich - gegen andere Verfahrensbeteiligte nicht getätigt.

Schließlich kann das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes auch nicht deshalb verneint werden, weil der Sachverständige im Zeitpunkt seiner Äußerungen sein schriftliches Gutachten bereits erstattet hatte. Zwar kann eine Ablehnung im Einzelfall unbegründet sein, wenn ein Sachverständiger ein umfangreiches Gutachten hinsichtlich einiger weniger Punkte in der mündlichen Verhandlung nur noch erläutern soll und die den Ablehnungsgrund begründenden Äußerungen erst nach Erstattung des schriftlichen Gutachtens erfolgt sind (vgl. MünchKomm-Damrau, ZPO, 2. Aufl., § 406 Rn. 5), da dann eine Partei nicht ohne weiteres davon ausgehen kann, dass der Sachverständige aufgrund seiner späteren Reaktion auf den Ablehnungsantrag auch das maßgebliche schriftliche Gutachten nicht unbefangen erstellt hat. Im vorliegenden Fall gilt es aber, wie auch der Beschluss der Kammer vom 01.11.2001 zeigt, noch eine Reihe von nicht geklärten Fragen weiter aufzuklären und eindeutig vorhandene widersprüchliche Feststellungen des Gutachters zum Vorliegen einzelner Mängel auszuräumen. Deshalb kann es aus der Sicht der Beklagten durchaus nachteilig sein, wenn sich der Sachverständige im Rahmen seiner mündlichen Erläuterung möglicherweise nicht mehr unbefangen zu äußern vermag.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst Da die sofortige Beschwerde Erfolg hatte, fallen Gerichtsgebühren nicht an. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, da es sich bei dem Verfahren betreffend einer Richter- oder Sachverständigenablehnung nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handelt (OLG Köln OLGR 1996, 256; OLG München MDR 1994, 627; OLG Düsseldorf OLGR 1993, 63; OLG Frankfurt NJW-RR 1992, 510; OLG Hamm MDR 1989, 917; a. A. OLG Koblenz MDR 1992, 310; OLG Hamm JurBüro 1987, 1088; OLG Nürnberg MDR 1980, 1026). Anders kann zu verfahren sein, wenn der Prozessgegner zur Stellungnahme im Beschwerdeverfahren aufgefordert wird oder sich von sich aus aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 09.03.2000 in dem bereits zwischen den Parteien geführten selbständigen Beweisverfahren, Az.: 12 W 8/00, m.w.N = OLGR 2000, 275, 278) bemisst sich der Wert für das Beschwerdeverfahren in Bezug auf eine Sachverständigenablehnung mit einem Bruchteil (1/10) des Hauptsacheverfahrens.

Ende der Entscheidung

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