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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: 13 U 125/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 125/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.05.2007

Verkündet am 16.05.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Surkau und die Richter am Oberlandesgericht Hänisch und Dr. Gerschner auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. August 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 6 O 380/05 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Berufungsinstanz - an das Landgericht Potsdam zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und dieser wie folgt ergänzt.

Die Klägerin, die eine Firma für Elektro-Anlagenbau und Tiefbau betreibt, hat bei dem Beklagten verschiedene Bauarbeiten an dessen Grundstück in der ...-Straße 99 in K... durchgeführt. Nach der Durchführung von Elektroarbeiten und der Zahlung eines Betrages von 22.000,00 € hat die Klägerin dem Beklagten zunächst ein schriftliches Angebot datierend vom 17.12.2004 betreffend die Herstellung der Einfahrt einschließlich Regenentwässerung zu Einheitspreisen unterbreitet. Auf diesem Angebot befindet sich der handschriftliche Vermerk des Beklagten, nach dessen Inhalt er das obige Angebot nicht annehmen könne, und Restarbeiten Planum im Stunden-/Leistungsnachweis durchgeführt werden sollen.

Die Klägerin hat, und hierzu verhielt sich bereits ihr Vortrag in erster Instanz, Tiefbauarbeiten sowie Pflasterarbeiten Einfahrt Parkplatz durchgeführt und hierüber zunächst Abschlagsrechnungen gelegt, die sie mit Gesamtrechnung bzw. Mahnung vom 29.04.2005 mit insgesamt 25.188,27 € geltend gemacht hat und in der Berufungsinstanz weiterverfolgt.

Der Beklagte, der die Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten bereits in erster Instanz nicht bestritten hatte, stellte im Wesentlichen den Umfang der abgerechneten Stunden und die Höhe des in Ansatz gebrachten Stundenlohns streitig.

Die Klägerin hat bereits in erster Instanz behauptet, der Umfang der Arbeiten und die Höhe der stundenweise abzurechnenden Arbeiten seien in Gegenwart ihres Bauleiters K... mit dem Beklagten vereinbart worden. Im Übrigen seien die in Rechnung gestellten Preise auch ortsüblich. Die von ihr im Bautagebuch aufgeführten Arbeiten habe sie tatsächlich durchgeführt und der Beklagte habe die Arbeiten gemeinsam mit ihrem Bauleiter K... abgenommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe trotz des Hinweises des Gerichts keinen Beweis für ihre im Übrigen auch unsubstantiierte Behauptung angeboten, dass eine Abrechnung nach Stunden vereinbart worden sei. Dies, obwohl der Stundenlohnvertrag in der Baupraxis die Ausnahme darstelle.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin mit der sie rügt, das Landgericht habe bereits verkannt, dass sie neben den Stundenlohnarbeiten überwiegend Einheitspreise abgerechnet habe. Im Übrigen habe der Beklagte bereits in erster Instanz die Ansprüche der Klägerin teilweise anerkannt und nur andere ortsübliche Preise behauptet. Des Weiteren habe das Landgericht in fehlerhafter Weise nicht die von ihr angebotenen Beweise erhoben.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des am 09.08.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam - 6 O 380/05 - an die Klägerin 25.188,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 06.05.2005 zu zahlen,

hilfsweise, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und rügt weiterhin den Umfang der geltend gemachten Werkleistung und die Höhe der abgerechneten Stundenlohnarbeiten.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Berufung der Klägerin hat dahingehend einen vorläufigen Erfolg, dass auf ihren Hilfsantrag hin das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen ist. Die angefochtene Entscheidung beruht auf wesentlichen Verfahrensmängeln (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Da ein unaufgeklärter Sachverhalt vorliegt und eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich ist, bietet die Entscheidung keine Grundlage für eine eigene Sachentscheidung des Senats.

Das angefochtene Urteil beruht auf wesentlichen Verfahrensfehlern. Das Landgericht hat der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht genügt. Einen der wichtigsten Anwendungsfälle des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO stellen mangelhafte Tatsachenfeststellungen und zu Unrecht unterbliebene Beweiserhebungen dar, die sich häufig mit anderen Verfahrenfehlern, insbesondere der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs überschneiden. Das Übergehen eines Beweisantrages, wie es hier vorliegt, ist immer ein Verfahrensfehler, wenn das Gericht die Beweiserheblichkeit nicht verfahrensfehlerfrei verneint hat (Zöller/Gummer /Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 538, Rn. 25, m.w.N.).

Soweit das Landgericht in der einzigen mündlichen Verhandlung am 14. Juni 2006 darauf hingewiesen hat, dass davon auszugehen sei, dass Werkleistungen geschuldet wurden, es bislang jedoch hierzu der Vortrag zum Erfolg fehle, und im Übrigen die Klägerin für die Vereinbarung einer Vergütung nach Zeitaufwand bzw. sie für die Vereinbarung der VOB/B beweispflichtig sei, sind diese Hinweise im Protokoll einerseits kaum verständlich und zum anderen hat das Landgericht der Klägerin keinerlei Gelegenheit gegeben, auf die Hinweise neu vorzutragen. Dies, obwohl der Klägervertreter um Schriftsatznachlass nachgesucht hatte.

Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht, indem es allgemeine oder pauschale Hinweise erteilt. Vielmehr muss es die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweisen und ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen. Es muss darauf hinwirken, dass sich die Parteien über erhebliche Tatsachen vollständig erklären und insbesondere auch ungenügende Angaben der geltend gemachten Tatsachen ergänzen (BGH NZ Bau 2006, 240; 637).

Darüber hinaus hat das erstinstanzliche Gericht aber auch verkannt, dass die Stundenlohnvereinbarung zwischen den Parteien schon in erster Instanz nicht streitig war, sondern sich der Streit um den Umfang der geleisteten Stunden und die Höhe des in Ansatz gebrachten Stundenlohnes drehte. Dabei hat das Landgericht weiter übersehen, dass die Klägerin nur in zwei Rechnungen überhaupt Stundenlohnarbeiten geltend gemacht hat und sich die übrigen Rechnungen auf das geleistete Material bezogen haben. Auch insoweit hatte der Beklagte durchaus die in Ansatz gebrachten Preise bestritten. Die Klägerin hatte aber auch bereits in erster Instanz für die Ortsüblichkeit der vereinbarten und in Rechnung gestellten Preise sich auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen und im Übrigen den Bauleiter K... als Zeugen dafür benannt, dass zum einen die Preise mit dem Beklagten vereinbart und zum anderen auch tatsächlich die sich aus dem Bautagebuch ergebenden Arbeiten durchgeführt worden seien. Das Landgericht hat diese Beweisanträge der Klägerin übergangen und das Übergehen eines Beweisantrages ist immer ein Verfahrensfehler, wenn das Gericht die Beweiserheblichkeit nicht verfahrensfehlerfrei verneint hat. Entsprechend ist der gesamte Sachverhalt völlig unaufgeklärt.

Das Landgericht wird zu klären haben, in welchem Umfang der Beklagte die Klägerin mit Arbeiten beauftragt und in welchem Umfang die Klägerin tatsächlich die Arbeiten ausgeführt hat.

Weiter wird es zu klären haben, ob der Beklagte die Werkleistung der Klägerin abgenommen hat und ob die Arbeiten mangelfrei durchgeführt worden sind.

Nach alledem war das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, dem auch die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren vorbehalten bleibt, weil ein endgültiges Obsiegen und Unterliegen der Parteien noch nicht feststeht.

Es bestand keine Veranlassung die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.188,27 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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