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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.06.2002
Aktenzeichen: 13 U 253/99
Rechtsgebiete: SGB VII, BGB, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

SGB VII § 104 Abs. 1
SGB VII § 106 Abs. 3
BGB § 823
BGB § 831
BGB § 847
ZPO § 97
ZPO § 100
ZPO § 240
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
EGZPO § 26 Nr. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

13 U 253/99 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 12.06.2002

verkündet am 12.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kahl, den Richter am Oberlandesgericht Boiczenko und die Richterin am Landgericht Jungermann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 22. September 1999 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Az.: 13 O 119/99 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt von den Gerichtskosten und seinen außergerichtlichen Kosten aller Rechtszüge 50 % derjenigen Kosten, die bis zum 1. September 2000 entstanden sind; die nach diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten trägt er ganz.

Weiterhin trägt er die außergerichtlichen Kosten des Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.804,88 (27.000,- DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten (vormals Beklagter zu 2) und der B B mbH (vormals Beklagte zu 1) als Gesamtschuldner Schadensersatz und Schmerzensgeld für Verletzungen, die er bei einem Unfall am 9. Mai 1997 erlitten hat.

Der Beklagte, der mindestens bis Ende 1997 als Einzelunternehmer im Baugewerbe tätig war, erbrachte im Frühjahr 1997 auf der Baustelle "M" in F Bauleistungen. Mit den Schalungsarbeiten beauftragte er in einem Nachunternehmervertrag die Firma B S GmbH, bei der der Kläger als Zimmerer beschäftigt war. Am Unfalltag war der Kläger als Schichtführer eingesetzt und mit dem Schalen von Außenstützen beschäftigt. Dabei stürzte er durch einen Treppenhausschacht ins Kellergeschoß und erlitt erhebliche Verletzungen, deren Umfang streitig ist.

Er hat behauptet, er habe auf einer Anstelleiter gestanden und versucht, eine Kranklaue in ein Schalungselement einzuhängen, als der Kranführer - unstreitig ein Mitarbeiter des Beklagten - ohne Grund das Kranseil hochgezogen habe. Dadurch sei er mitsamt dem Schalungselement hochgehoben worden, auf den Boden gestürzt und durch die Wucht des Aufpralls durch den Treppenhausschacht in das Kellergeschoß gestürzt. Die Verständigung mit dem Kranführer, bei dem es sich nicht um den Zeugen G gehandelt habe, sei per Handzeichen erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten und die B B mbH als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 4 % Zinsen hieraus bis zu einer Schmerzensgeldhöhe von 15.000,00 DM seit dem 31.05.1998 sowie hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Schmerzensgeldes seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. den Beklagten und die B B mbH als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.370,88 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. festzustellen, daß der Beklagte und die B B mbH als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche materiellen Schäden zu zahlen, die zukünftig noch aus dem Unfall vom 09.05.1997 auf der Baustelle M in F entstehen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Der Beklagte und die B B mbH haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben bestritten, daß das Kranseil plötzlich angezogen worden sei. Der Kläger habe vielmehr versucht - im Spreizschritt stehend - nach dem Kranhaken zu greifen, wobei er das Gleichgewicht verloren habe und mit der Stehleiter umgestürzt sei. Da selbstsichernde Haken verwendet worden seien, sei der vom Kläger geschilderte Ablauf des Unfalls schon technisch nicht möglich gewesen. Zur Verständigung mit dem Kranführer seien Sprechfunkgeräte benutzt worden. Kranführer sei zum Unfallzeitpunkt der Zeuge G gewesen, der bereits seit langem zuverlässig und unfallfrei Kräne für den Beklagten geführt habe.

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die B B mbH sei nicht passivlegitimiert. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2 hat es den Beklagten als beweisfällig angesehen, da er für die einzelnen bestrittenen Schadenspositionen keinen Beweis angeboten habe. Die Klageanträge zu 1 und 3 hat es zurückgewiesen, mit der Begründung der Beklagte sei von der Haftung gemäß §§ 104 Abs. 1, 106 Abs. 3 SGB VII freigestellt.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten und der B B mbH durch Urteil vom 05.07.2000 als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben sowohl der Beklagte als auch die B B mbH Revision eingelegt.

Über das Vermögen B B mbH wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 01.09.2000 - nach Einlegung der Revision - das Insolvenzverfahren eröffnet.

Durch am 03.07.2001 verkündetes Teilurteil (VIZR 284/00) hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hinsichtlich des Beklagten insoweit aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, als die Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klageanträge zu 1 und 3 zurückgewiesen worden ist. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Beklagte könne sich als Unternehmer, der nicht selbst auf der Baustelle tätig geworden sei, nicht auf das Haftungsprivileg des § 106 Abs. 3 SGB VII stützen.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 4 % Zinsen hieraus bis zu einer Schmerzensgeldhöhe von 15.000,- DM seit dem 31.05.1998 sowie hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Schmerzensgeldes seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche materiellen Schäden zu zahlen, die zukünftig noch aus dem Unfall vom 09.05.1997 auf der Baustelle M in F entstehen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen,

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verfahren gegen den Beklagten wurde durch Beschluß des Senats vom 22.05.2002 abgetrennt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen G V H und D sowie durch eidliche Vernehmung des Zeugen G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 22.05.2002 verwiesen. Die Akte der B B, Az.: 4/12395/97 wurde beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gemäß den §§ 823, 831, 847 BGB.

Er hat nicht beweisen können, daß der Unfall durch ein rechtswidriges Verhalten eines Verrichtungsgehilfen des Beklagten herbeigeführt worden ist.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senates nicht fest, daß eine Bewegung des Kranes für den Sturz des Klägers ursächlich war. Weder der Zeuge G noch der Zeuge V noch der Zeuge H haben gesehen, daß das Kranseil angezogen worden ist. Die Zeugen haben lediglich gemutmaßt, daß das Schalungselement durch eine Bewegung des Kranes umgerissen worden ist, weil das Kranseil über dem Element pendelte bzw. nach den Angaben des Zeugen V noch halb in der Schalung hing. Nach der Darstellung der Zeugen ist nicht auszuschließen, daß der Kläger ohne Fremdeinwirkung - etwa bei dem Versuch den pendelnden Kranhaken zu greifen oder ihn einzuhängen - das Gleichgewicht verloren hat und hierdurch das Umfallen des Schalungselementes verursacht worden ist.

Auf die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen G der den Kran zum Unfallzeitpunkt geführt haben will und jegliche Beteiligung des Kranes am Unfallgeschehen in Abrede gestellt hat, kam es mithin nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97, 100 ZPO. Hinsichtlich der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers, die bis zur Unterbrechung des Verfahrens hinsichtlich der B B mbH gemäß § 240 ZPO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.09.2000 entstanden sind, hat der Senat - nach Trennung der Verfahren - lediglich über den hälftigen Anteil entschieden.

Es besteht kein Anlaß, die Revision zuzulassen, da der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient (§ 543 Abs. 2 n. F.). Da jedoch die Möglichkeit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO ausgeschlossen ist, ergeben sich die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO auf 27.000,00 DM (13.804,88 J festgesetzt:

Schmerzensgeldanspruch 20.000,00 DM

Feststellungsantrag 7.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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