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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 04.02.2008
Aktenzeichen: 13 W 2/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2
ZPO §§ 567 ff.
BGB § 428
BGB § 430
BGB § 530
BGB § 1615 l Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

13 W 2/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Surkau als Einzelrichterin am 4. Februar 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. Oktober 2007 - 17 O 265/07 - aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig. Sie ist am 8. November 2007 und damit fristgerecht innerhalb eines Monats seit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses beim Landgericht eingegangen.

In der Sache hat die Beschwerde dahingehend Erfolg, dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Verfahren zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hat das Landgericht zu Unrecht die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage verneint. Anders als im Berufungsverfahren steht die Aufhebung und Zurückverweisung im Ermessen des Beschwerdegerichts; ein Verfahrensmangel wird hier nicht vorausgesetzt (§ 572 Abs. 3 ZPO). Sind weitere Ermittlungen - wie hier hinsichtlich der Bedürftigkeit der Antragstellerin - nötig, dann liegt es nahe, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Hat der Erstrichter die Hilfsbedürftigkeit - wie hier - offen gelassen und nur die Erfolgsaussicht verneint, dann kann das Beschwerdegericht ihm die Prüfung der Hilfsbedürftigkeit überlassen, wenn es die Erfolgsaussicht bejaht (Zöller, ZPO; 26. Auflage, § 127 Rdn. 38).

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand kann eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung nicht verneint werden (§ 114 ZPO).

Nachdem die Antragstellerin im Jahre 2004 neben dem Antragsgegner, der zunächst alleiniger Inhaber des bei der ...bank AG in N... geführten Festgeldkontos war, ebenfalls Kontoinhaberin geworden war, waren die Parteien Inhaber eines Gemeinschaftskontos (so genannten Oder-Kontos), da sie jeder ohne Zustimmung des anderen Überweisungen von dem Gemeinschaftskonto bei der ...bank AG in N... tätigen konnten. Als Inhaber des fraglichen Gemeinschaftskontos waren die Parteien gegenüber dem Kreditinstitut Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB (BGHZ 95, 185). Dies hat zur Folge, dass sich die Ausgleichspflicht des Antragsgegners nach § 430 BGB bestimmt. Jene Vorschrift ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage für denjenigen Gesamtgläubiger, der aus einer Leistung des Schuldners weniger als den auf ihn im Innenverhältnis entfallenden Anteil erhalten hat (BGH NJW 1990, 707). Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den Gesamtgläubigern um Eheleute handelt; auch Ehegatten steht es frei, durch Begründung eines ihnen gemeinsam zustehenden Anspruchs gegen einen Dritten gemeinschaftliches Vermögen zu bilden.

Dagegen sind die güterrechtlichen Verhältnisse der Parteien entgegen der Auffassung des Antragsgegners für den Ausgleichsanspruch unter Gesamtgläubigern auch dann ohne Bedeutung, wenn die Eheleute - wie hier - im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten. Gegenstand des Anspruchs aus § 430 BGB ist nicht der Ausgleich eines während der Ehe erzielten Zugewinns, sondern die Rückführung dessen, was sich ein Ehegatte durch eigenmächtigen Zugriff auf die gemeinschaftlichen Vermögenswerte verschafft hat. Dieser rein vermögensrechtliche Anspruch wird durch die Möglichkeit eines Zugewinnausgleichs nicht verdrängt. Er ist vielmehr umgekehrt vorrangig zu befriedigen und ggfls. später in die Berechnung der Ausgleichsforderung einzustellen.

Entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts ist auch nicht maßgeblich darauf abzustellen, dass das Konto zur Abfederung des Geschäftsbetriebes des Antragsgegners diente und nur der Antragsgegner in der Ehe der Parteien über das Konto verfügte. Da § 430 BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Gesamtgläubiger, der aus einer Leistung des Schuldners weniger als die Hälfte erhalten hat, ist, kommt es bei Oder-Konten entscheidend weder auf die Herkunft der Mittel an noch darauf, aus welchen Gründen das Gemeinschaftskonto überhaupt errichtet worden ist. Gerade bei Ehegatten sind hierfür mannigfache, dem Außenstehenden unbekannt bleibende Motive denkbar; auch sind Fälle nicht selten, in denen lediglich die Absicht verfolgt wird, für den Fall der Verhinderung oder des Todes des einen Ehegatten dem anderen die Legitimation zu erleichtern, wobei dieses Ziel in gleicher Weise durch eine Kontobevollmächtigung erreicht werden könnte. Im Prozess braucht nur dargetan zu werden, dass dem anderen Gesamtgläubiger durch die Leistung des Schuldners mehr zugeflossen ist als seinem hälftigen Anteil entspricht. Die Sache des in Anspruch Genommenen ist es dann, eine Gestaltung des Innenverhältnisses darzulegen und notfalls zu beweisen, die eine andere als die vom Gesetz vermutete hälftige Beteiligung oder einen Ausschluss der Ausgleichspflicht ergibt (BGH NJW 1990, 705).

Der Antragsgegner hat nicht während der Zeit des Zusammenlebens der Parteien über das zum 30. Juni 2006 auf dem Konto befindliche Guthaben bei der ...bank AG verfügt, sondern geraume Zeit nach der Trennung der Parteien. Für zeitliche der Trennung nachfolgende Verfügungen wird aber regelmäßig eine Ausgleichspflicht angenommen, sofern der andere Ehegatte nicht mit ihnen einverstanden war. Denn die eheliche Lebensgemeinschaft macht auch die geschäftliche Betätigung des allein oder hauptsächlich erwerbstätigen Ehegatten zu einem gemeinsamen Anliegen. Dieses entfällt in aller Regel mit der Trennung. Sofern ein Ehegatte im Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft dem anderen Zugeständnisse gemacht hat, kann er nach der Trennung nach Treue und Glauben (§ 242 BGB) nicht mehr daran festgehalten werden. Diese Grundsätze sind auch für den vorliegenden Fall von Bedeutung, da die vom erstinstanzlichen Gericht hervorgehobene alleinige Disposition des Antragsgegners über das Oder-Konto darauf beruhen kann, dass die Antragstellerin nur im Hinblick auf das Zusammenleben der Parteien eigene Interessen hinter geschäftliche Interessen des Beklagten zurückgestellt hat.

Da die Beweislast für eine von der Vermutung des § 530 BGB abweichende Regelung des Innenverhältnisses den Antragsgegner trifft, hätte er die Darstellung der Klägerin widerlegen und die eigene Darstellung zur Einigung der Parteien betreffend die Übertragung des Kontos auf den Antragsgegner am 10. Juni 2006 darlegen und ggfls. beweisen müssen. Hierfür spricht die Anlage AG 2 gerade nicht, da die Antragstellerin das Formular nicht an der maßgeblichen Stelle unterzeichnet hat.

Da die grundsätzliche Erfolgsaussicht der Klage der Antragstellerin nicht zu verneinen ist, war auf das Rechtsmittel hin der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, das die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und damit ihre Bedürftigkeit zunächst abschließend zu klären hat. Nach den bisherigen Auskünften, die die Antragstellerin in ihrem Antragsformular betreffend ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilt hat und der zwischenzeitlich erfolgten Scheidung bestehen bisher Bedenken, ob der Antragstellerin nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen überhaupt oder jedenfalls ohne die Anordnung von Raten Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Die Antragstellerin wird ggfls. in einer neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Angaben zu den Unterhaltszahlungen des nicht ehelichen Kindesvaters gem. § 1615 l Abs. 2 BGB an sie - die Antragstellerin - sowie zur Zahlung von Wohngeld zu machen haben. Ggfls. ist auch die Inanspruchnahme öffentlicher Hilfe unter Vorlage von entsprechenden Bescheiden auch ggfls. von Wohngeld darzulegen. Ferner befindet sich bisher kein Mietvertrag bei den eingereichten Unterlagen.

Ende der Entscheidung

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