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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.10.2006
Aktenzeichen: 13 W 9/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 116 S. 1 Nr. 1
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO §§ 567 ff.
ZPO § 574
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

13 W 9/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 13. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Gerschner - als Einzelrichter - am 17. Oktober 2006 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 28.12.2005 - Az. 14 O 394/05 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg; sie ist unbegründet.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Mit Beschluss vom 17.2.2006 hat es der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin vom 02.02.2006 nicht abgeholfen, weil ihr Beschwerdevorbringen zu keiner anderen Entscheidung veranlasse.

Gemäß § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Vorliegend kann der Antragstellerin die begehrte Prozesskostenhilfe schon deshalb nicht bewilligt werden, weil eine Bedürftigkeit nicht vorliegt, so dass dahingestellt bleiben kann, ob das Landgericht zu Recht die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint hat. Denn gemäß § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO erhält die Antragstellerin als Insolvenzverwalterin und Partei kraft Amtes nur dann Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Vorliegend ist jedoch den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten, diese Kosten aufzubringen.

Am Gegenstand des Rechtsstreits sind diejenigen Insolvenzgläubiger wirtschaftlich beteiligt, deren Befriedigungsaussichten sich verbessern, wenn die Insolvenzverwalterin obsiegt. Die Gläubiger, denen die Kostenaufbringung zuzumuten ist, müssen sämtliche Kosten vorschießen, auch diejenigen, die dem Anteil der Gläubiger mit Minimalforderungen entsprechen. Ob die Gläubiger hierzu bereit sind, ist unerheblich. Sind nur einige Gläubiger zur Finanzierung des Rechtsstreits nicht bereit, und ist der Rest allein dazu nicht in der Lage, muss Prozesskostenhilfe versagt werden, da auf die Gesamtheit der Gläubiger abzustellen ist, denen der Prozesserfolg zu Gute käme. Die Insolvenzverwalterin hat die Forderungen der Gläubiger nach Art und Höhe vorzutragen, um dem mit der Prozesskostenhilfe befassten Gericht die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Aufbringung der Kosten den Gläubigern zuzumuten ist. Ihre Sache ist es, die wirtschaftlich Beteiligten zur Stellungnahme und zum Aufbringen der Kosten zu veranlassen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass den wirtschaftlich Beteiligten die erforderlichen Mittel fehlen, trägt sie (vgl. BGH ZIP 98, 789 ff. = MDR 737 f; ZIP 99, 494 = MDR 702 sowie Zöller-Philippi ZPO, 25. Aufl., § 116 Rdnr. 5 ff. m. w. N.).

Zwar ist mit der Antragstellerin davon auszugehen, das weder den Arbeitnehmern noch den Trägern der Sozialverwaltung zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen (vgl. Zöller-Philippi, a. a. O., § 116 Rdnr. 8). Den Gläubigern öffentliche Abgaben ist es aber zuzumuten, die Prozesskosten aufzubringen (vgl. BGH a. a. O., sowie Zöller-Philippi a. a. O., § 116 Rdnr. 9). Aus der von der Antragstellerin eingereichten Eröffnungsbilanz per 8.11.2004 ergeben sich als Passiva unter Pos.-Nr. 102 Steuerverbindlichkeiten in Höhe von 69.118,21 €. Schon allein diesen Gläubigern ist es möglich und zumutbar, die Bezahlung der Prozesskosten insgesamt aufzubringen, wobei die Höhe der Steuerverbindlichkeiten die Prozesskosten für eine beabsichtigte Klage mit einem Streitwert von insgesamt 252.402,40 € um ein vielfaches übersteigen. Gleiches gilt für die unter Pos.-Nr. 103 ausgewiesenen Kreditinstitute, deren Forderungen mit 317.508,83 € aufgeführt sind sowie die unter Pos.-Nr. 101 bezeichneten Gläubiger, deren Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung mit weiteren 53.159,58 € angegeben sind und erst recht für die Gesamtheit der genannten Gläubiger. Es handelt sich hierbei auch nicht etwa ausschließlich um Gläubiger mit Minimalforderungen oder um solche, die mit nur einer ganz geringen Quote rechnen können. Dies ergibt sich einerseits aus der in der Eröffnungsbilanz ausgewiesenen Aktiva, wobei allein auf Grundstücke und Gebäude unter Pos.-Nr. A 102 175.000 € entfallen, und zwar zuzüglich der in den Pos.-Nr. A 104 bis 107 der Höhe nach ausgewiesenen Werte des weiteren Anlagevermögens sowie der unter Pos.-Nr. A 200 aufgeführten erheblichen Werte des Umlaufvermögens. Wegen der Angaben im Einzelnen wird ergänzend auf die Eröffnungsbilanz (Bl. 7 ff.) verwiesen. Andererseits folgt diese aus den Anträgen der beabsichtigten Klage, mit der eine Zahlung von insgesamt 252.402,40 € nebst Zinsen begehrt werden soll, so dass sich die Befriedigungsaussichten der genannten Gläubiger deutlich verbessern, falls die Antragstellerin obsiegt.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Es bestand keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil die hierfür in § 574 ZPO bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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