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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 17.07.2007
Aktenzeichen: 2 U 26/06
Rechtsgebiete: BbgBauO, BGB, GG, StHG, ZPO, OBG NRW, BbgBO, BauGB


Vorschriften:

BbgBauO § 74 Abs. 1 a. F.
BGB § 252
BGB § 839
BGB § 839 Abs. 1
GG Art. 34
StHG § 1
StHG § 1 Abs. 1
StHG § 1 Abs. 4
StHG § 3 Abs. 1
StHG § 3 Abs. 2
StHG § 3 Abs. 3
StHG § 4 Abs. 1
StHG § 4 Abs. 2 Satz 1
StHG § 4 Abs. 3
StHG § 5 Abs. 1
StHG § 5 Abs. 2
StHG § 5 Abs. 3 Satz 2
StHG § 5 Abs. 4
StHG § 6
StHG § 6a Satz 1
ZPO § 287 Abs. 1
ZPO § 304
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4
ZPO § 543 Abs. 2
OBG NRW § 38 Abs. 1
OBG NRW § 39 Abs. 1 lit. b
OBG NRW § 39 Abs. 1 Satz 2
OBG NRW § 40
BbgBO § 63 Abs. 3
BbgBO § 64 Abs. 1 Satz 1
BbgBO § 64 Abs. 2
BbgBO § 74 Abs. 1
BauGB § 33 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 26/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 17.07.2007

verkündet am 17.07.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2007 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Farke und die Richter am Oberlandesgericht Welten und Deller

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 15. März 2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 11 O 471/04, teilweise abgeändert und festgestellt, dass der Beklagte zu 2) dem Kläger den Schaden zu ersetzen hat, der ihm aus dem Bescheid des Beklagten zu 1) vom 18. August 1998 seit dem 16. September 1998 entstanden ist. Hinsichtlich des Beklagten zu 1) wird die Berufung zurückgewiesen.

Im Übrigen wird das Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit - auch zur Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens - zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger und dem Beklagten zu 2) wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Ersatz der ihm entstandenen Schäden im Zusammenhang mit dem am 1. April 1998 begonnenen und erst mit Bescheid vom 16. November 2001 abgeschlossenen Baugenehmigungsverfahren, das eine zwischenzeitlich in F... errichtete und von dem Kläger seit dem 1. Oktober 2004 betriebene Feuerbestattungsanlage betraf.

Der Kläger hat, nachdem ihm bereits unter dem 25. September 1997 ein Bauvorbescheid erteilt worden war, unter dem 1. April 1998 bei dem Beklagten zu 1) die Erteilung einer Baugenehmigung für eine auf dem Gelände des Gewerbegebiets "Technologie- und Gewerbepark E..." im Gemeindegebiet F... (vormals: L...) belegene Feuerbestattungsanlage beantragt. Diesen Antrag hat der Beklagte zu 1) - in Übereinstimmung mit einer entsprechenden Weisung des zuständigen Ministeriums des Beklagten zu 2), Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr (im folgenden: Ministerium für Stadtentwicklung; heute: MIR), aus dem Monat Juli 1998 - mit Bescheid vom 18. August 1998 abgelehnt und zugleich den Bauvorbescheid unter Anordnung des Sofortvollzuges zurückgenommen. Nach Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes durch den Kläger hat der Beklagte zu 1) mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1999 den Ausgangsbescheid aufgehoben, soweit der Bauvorbescheid zurückgenommen worden war, die Ablehnung des Bauantrages jedoch bestätigt und dies damit begründet, dass "die Errichtung und der Betrieb einer Feuerbestattungsanlage durch eine Privatperson (...) nach den im Land Brandenburg derzeit geltenden Vorschriften nicht zulässig (sei)", dem Bauvorhaben mithin kommunal- und bestattungsrechtliche, also öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne von § 74 Abs. 1 BbgBauO (a. F.) entgegenstünden. Nachdem der Beklagte zu 2) seine Weisung gegenüber dem Beklagten zu 1) am 31. Mai 2001 zurückgenommen hatte, erteilte dieser unter dem 16. November 2001 die Baugenehmigung. Der Kläger betreibt die von ihm errichtete Feuerbestattungsanlage seit dem 1. Oktober 2004.

Der Kläger knüpft seine auf § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG und daneben auf § 1 StHG gestützten Ersatzansprüche bezüglich des Beklagten zu 1) an die zögerliche Bescheidung seines Bauantrages, die rechtswidrige Ablehnung des Baugenehmigungsantrages (in Verbindung mit der rechtswidrigen Rücknahme des Bauvorbescheides), die zögerliche und zudem rechtswidrige Bescheidung seines dagegen gerichteten Widerspruchs, die zögerliche Erteilung der Baugenehmigung nach Rücknahme der Weisung und eine Verletzung der Remonstrationspflicht. Dem Beklagten zu 2) lastet der Kläger die Erteilung bzw. Aufrechterhaltung der -seiner Ansicht nach rechtswidrigen - Weisung zur ablehnenden Bescheidung des Bauantrages an.

Der Kläger behauptet, bei rechtmäßigem Verhalten der Baubehörden hätte die Feuerbestattungsanlage schon zum 1. April 1999 in Betrieb gehen können. Durch die Verzögerungen in der Realisierung des Bauvorhabens sei ihm ein Schaden in Höhe von (mindestens) 1.778.015,47 € als entgangener Gewinn entstanden. Er hält unter näherer Darlegung einen noch nicht abschließend bezifferbaren höheren Schaden für denkbar und hat deshalb neben dem Leistungsantrag auch einen Feststellungsantrag gestellt. Grundlage seiner Schadensberechnung sind die von ihm erwarteten Umsätze aus Einäscherungen vom 1. April 1999 bis zum 1. Oktober 2004.

Die Beklagten treten den Klageansprüchen jeweils dem Grunde und der Höhe nach entgegen. Der Beklagte zu 1) betont hierbei insbesondere, dass er aufgrund der Weisung durch den Beklagten zu 2) an einer früheren positiven Bescheidung des Bauantrages gehindert gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

In seinem Urteil hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, einer Haftung des Beklagten zu 1) stehe im Zeitraum vom 3. Juli 1998 bis zum 31. Mai 2001 die von dem Beklagten zu 2) erteilte Weisung entgegen, den Bauantrag nicht bzw. im Ergebnis der dortigen Prüfung negativ zu bescheiden. Diese Weisung sei ungeachtet der zwischenzeitlichen verwaltungsgerichtlichen Eilentscheidungen für den Beklagten zu 1) bindend gewesen. Auch ein Verstoß gegen die Remonstrationspflicht sei dem Beklagten zu 1) nicht anzulasten. In der Zeit nach Aufhebung der Weisung habe der Beklagte zu 1) eine Amtspflicht nicht verletzt, weil der Baugenehmigungserteilung die fehlende Betriebsordnung entgegengestanden habe. Im Übrigen sei bei einer insoweit allenfalls zu konstatierenden Verzögerung von 4 1/2 Monaten ein darauf beruhender Schaden weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Etwaige Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu 2) sowohl aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG als auch aus § 1 StHG seien jedenfalls verjährt. Der Kläger habe seit dem Sommer 1998 von der Weisung des Ministeriums für Stadtentwicklung gewusst, stets aber nur die Bescheide des Beklagten zu 1) angegriffen und das Land erst im Jahre 2004 gerichtlich in Anspruch genommen. Dem Schreiben vom 3. September 1998 an den Beklagten zu 1) könne eine verjährungsunterbrechende Wirkung gemäß § 4 Abs. 3 StHG nicht beigemessen werden, weil dieses allein Pflichtverletzungen des Beklagten zu 1) zum Inhalt habe. Im Übrigen sei entgangener Gewinn nach dem StHG auch nicht ersatzfähig. Tatsächlich sei die Weisung an den Beklagten zu 1) auch nicht rechtswidrig gewesen. Dem Bauvorhaben hätten zunächst bauplanungsrechtliche Umstände entgegengestanden; darüber hinaus seien die hier zwischen den Beteiligten umstrittenen Fragen des Kommunal- und Bestattungsrechts ungeklärt und das Vorhaben wegen der nicht vorhandenen Betriebsordnung nicht genehmigungsfähig gewesen.

Gegen das ihm am 20. März 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 19. April 2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Begründungsfrist mit einem am 20. Juni 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter. Er ist auch weiterhin der Auffassung, dass sich der Beklagte zu 1) angesichts dessen einvernehmlichen Zusammenwirkens mit dem Beklagten zu 2) nicht mit dem Hinweis auf eine Weisung von der Haftung "freisprechen" könne. Jedenfalls im Rahmen der Haftung nach dem StHG sei die Existenz einer Weisung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Handelns ohne Bedeutung. Zudem habe die Weisung vom 3. Juli 1998 im Ergebnis der gemeinsamen Besprechung der Beklagten vom 23./30. Juli 1998 ihre bindende Wirkung verloren. Überdies habe sich der Beklagte zu 1) ohnehin nicht an die Weisung gehalten, da er dem Kläger Genehmigungen für sein Vorhaben an einem anderen Platz angeboten und - ohne Änderung der Weisungslage - die Rücknahme des Bauvorbescheids aufgehoben habe. Soweit das Landgericht mit dem Hinweis auf die fehlende Betriebsordnung eine rechtswidrige Verzögerung der Baugenehmigung verneint habe, sei dies für die Entscheidungsreife unerheblich, da die Betriebsordnung baurechtlich keine Bedeutung habe. Zudem habe das Landgericht rechtlich fehlerhaft die Auffassung vertreten, das StHG gewähre keinen Anspruch auf den Ersatz entgangenen Gewinns. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei auch eine Haftung des Beklagten zu 1) aus § 839 BGB zu bejahen und Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) weder verjährt noch unbegründet.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 15. März 2006, Az.: 11 O 471/04, abzuändern und

a) die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger 1.778.015,47 EUR zu zahlen,

b) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger den weiteren Schaden zu ersetzen haben, der ihm aus dem Bescheid des Beklagten zu 1) vom 18. August 1998 und der verzögerten Bearbeitung des Bauantrags des Klägers vom 1. April 1998 seit dem 4. September 1998 entstanden ist.

2. hilfsweise:

das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückzuverweisen.

Zugleich regt er in verfahrensrechtlicher Hinsicht an, über die Haftung dem Grunde nach gemäß § 304 ZPO durch Grundurteil zu entscheiden.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, halten die Begründung des Landgerichts für fehlerfrei und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Der Beklagte zu 1) verneint insbesondere im Hinblick auf die von dem zuständigen Ministerium für Stadtentwicklung erteilten Weisungen seine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit, während der Beklagte zu 2) daran festhält, dass seine Weisungen rechtmäßig gewesen seien und ihn zudem wegen seiner vertretbaren Rechtsauffassungen kein Verschulden treffe. Beide Beklagten vertreten nunmehr auch die Auffassung, dass der Vorbescheid aufgrund einer erheblichen Abweichung der Vorbescheidsplanung von der Baugenehmigungsplanung - sie behaupten eine Überschreitung der Grundfläche um mehr als 30 % - ohnehin keine Bindungswirkung für das Baugenehmigungsverfahren begründen konnte und der Kläger zudem - jedenfalls vor dem 16. November 2001, möglicherweise auch noch danach - keinen sonstigen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Feuerbestattungsanlage gehabt habe.

II.

A)

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO). Mit der Berufung wird eine Verletzung des materiellen Rechts gerügt (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO).

B)

Die Berufung des Klägers hat hinsichtlich des Beklagten zu 2) teilweise Erfolg und führt neben der Feststellung einer Haftung des Beklagten zu 2) ab dem 16. September 1998 dem Grunde nach zur Zurückverweisung an das Landgericht; hinsichtlich des Beklagten zu 1) ist die Berufung unbegründet.

I.)

Das Landgericht hat die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1) ein Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG oder aus § 1 StHG oder aus § 38 Abs. 1 OBG - den einzigen in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlagen - nicht (auch nicht teilweise) zu.

1) Für eine Haftung nach § 1 Abs. 1 StHG fehlt es bereits an einer dem Beklagten zu 1) zurechenbaren Amtspflichtverletzung.

a) Das Landgericht hat zutreffend eine Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 1) bei der Bearbeitung des Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Zeitraum zwischen der Antragstellung (1. April 1998) und der ersten Weisung des Ministeriums für Stadtentwicklung (3. Juli 1998) mit dem Hinweis abgelehnt, dass in diesem Zeitraum noch keine Entscheidungsreife gegeben war. Diese habe nach dem Vorbringen des Klägers frühestens am 6. August 1998 vorgelegen. Gegen diese Feststellungen des Landgerichts wendet sich der Kläger mit der Berufung nicht. Seine in der Berufung weiterverfolgten Anträge beziehen sich vielmehr allein auf einen seit dem 4. September 1998 entstandenen Schadensersatzanspruch.

b) Für die Zeit ab dem 3. Juli 1998 sind jedoch Amtspflichtverletzungen des Beklagten zu 1) durch die Weisungen des Beklagten zu 2) vom 3. Juli 1998 und 30. Juli 1998 ausgeschlossen. Als Amtsträger ist der Beklagte zu 1) an Weisungen seines Vorgesetzten - hier des Beklagten zu 2) als oberster Bauaufsichtsbehörde bei der Erfüllung seiner baurechtlichen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung - auch für den Fall gebunden, dass die Verwirklichung der Weisung eine Außenpflicht des Staates verletzt.

aa) Entgegen der in der Berufungsbegründung von dem Kläger vertretenen Auffassung, die Weisung vom 3. Juli 1998, an den Kläger keine Baugenehmigung zu erteilen, habe im Ergebnis der gemeinsamen Besprechung der Beklagten vom 23./30. Juli 1998 für den Beklagten zu

1) ihre bindende Wirkung verloren und sei nunmehr durch eine einvernehmliche Willensbildung ersetzt worden, sodass sich der Beklagte zu 1) angesichts seines einvernehmlichen Zusammenwirkens mit dem Ministerium für Stadtentwicklung nicht mit dem Hinweis auf eine Weisung von seiner Haftung "freisprechen" könne, ist bereits anhand der Formulierung des letzten Absatzes des Ergebnisprotokolls vom 30. Juli 1998 festzustellen, dass der Beklagte zu

2) dem Beklagten zu 1) weiterhin im Rahmen des ihm zustehenden Aufsichtsrechts eindeutig die Weisung erteilt hat, den Bauantrag zu versagen und den Vorbescheid zurückzunehmen. Die Einzelfallweisung geht im vorliegenden Fall sogar so weit, dass der Beklagte zu 2) bestimmt hat, die Rücknahmeverfügung "für sofort vollziehbar zu erklären" und dies zweckmäßigerweise in einem gemeinsamen "gleichen Bescheid" mit der Versagung des Bauantrags umzusetzen. Unabhängig davon, in welch freundlicher Atmosphäre die Besprechung am 23. Juli 1998 verlaufen sein mag, bestand damit für den Beklagten zu 1) als untere Bauaufsichtsbehörde bei der Bescheidung des Bauantrags kein eigener Entscheidungsspielraum mehr. Der damals einschlägige § 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BbgBO 1994 hatte das Baugenehmigungsverfahren als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung ausgestaltet und in § 63 Abs. 3 BbgBO zugleich das zuständige Ministerium zur obersten Bauaufsichtsbehörde bestimmt. Den Ausführungen des Landgerichts auf Seite 14 des angegriffenen Urteils tritt der Senat daher bei.

bb) Für den Zeitraum, in dem der Beklagte zu 1) durch die Weisungen des Beklagten zu 2) in seinem Verwaltungshandeln gegenüber dem Kläger gebunden war, scheidet eine durch ihn zu verantwortende, haftungsrelevante Pflichtverletzung nach dem Staatshaftungsgesetz aus.

(1) In der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Amtshaftung nach § 839 BGB, zu dem Entschädigungsanspruch nach §§ 39 Abs. 1 lit. b, 40 OBG NRW und dem Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs ist es für Handlungen der Unteren Bauaufsichtsbehörden allgemein anerkannt, dass in den Fällen, in denen ein Beamter eine ihn bindende, aber rechtswidrige Weisung der übergeordneten Behörde zum Nachteil des Bürgers ausführt, die Verantwortlichkeit hierfür nicht seine Anstellungskörperschaft trifft. Vielmehr haftet dann der Dienstherr des anweisenden Beamten, denn dieser Beamte übernimmt mit der Anweisung auch die beamtenrechtliche Verantwortung für die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns. Auch wenn die Weisung den Unrechtstatbestand der Amtspflichtverletzung nicht beseitigt, so verschiebt sie jedenfalls die Passivlegitimation auf die Anstellungskörperschaft des anweisenden Beamten (vgl. für viele BGH, Urteil vom 7. Februar 1985, VersR 1985, 588 ff. m. w. N.; auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. Juli 2002, Az.: 18 U 227/01, BADK-Informationen 2004, 147 ff.).

(2) Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung auch für den Fall der Haftung nach dem in Brandenburg als Landesrecht nahezu unverändert fort geltenden Staatshaftungsgesetz der DDR an. Mit der in § 1 Abs. 1 StHG vorgesehenen Haftungsregel hat unter anderem der verschuldensunabhängige Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs eine gesetzliche Normierung gefunden. Die Haftungsfreistellung der Anstellungskörperschaft des bei der Wahrnehmung einer Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung angewiesenen Beamten führt aufgrund des notwendigen Wechsels in der Passivlegitimation auch im Bereich des Staatshaftungsgesetzes zu keinen wahrnehmbaren Rechtsnachteilen für den von dem rechtswidrigen staatlichen Handeln betroffenen Bürger: Nach dem "Ausscheiden" der nach außen handelnden Behörde bleibt ihm immer noch die jedenfalls gleichwertige Möglichkeit zur Anspruchsdurchsetzung gegen die "weisende" Behörde als eigentliche Verursacherin des fehlerhaften staatlichen Handelns. Deren unmittelbare Inanspruchnahme - wenn ihre Weisung im Zuge der Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs bekannt geworden ist - hat zudem in tatsächlicher Hinsicht den Vorteil, dass in dem Haftungsprozess kein "Stellvertreterkrieg" gegen den Anweisungsempfänger, sondern eine unmittelbare Auseinandersetzung mit der für das staatliche Handeln verantwortlichen Stelle geführt werden kann. Durch den Wechsel in der Passivlegitimation wird zudem vermieden, dass im Bereich des StHG nicht nur eine verschuldensunabhängige, sondern auch - bereits im Tatbestand - eine nahezu handlungsunabhängige Haftung entstehen würde.

In diese Argumentation fügen sich nahtlos die bisher im Rahmen des § 839 BGB ergangenen Entscheidungen des BGH ein, nach denen das Vorliegen der Weisung einer aufsichtführenden Behörde bewirkt, dass ein Teil der Zuständigkeit und der Amtspflichten auf die anweisende Behörde übergeht und es zugleich bei der nach außen handelnden Behörde "an einer objektiv amtspflichtwidrigen Handlung" fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1976, Rn. 26; auch BGH, Urteil vom 18. Oktober 1990, Rn. 13). Mithin schließt der BGH in derartigen Konstellationen nicht erst das Verschulden der Bediensteten aus, sondern verneint bereits die Pflichtwidrigkeit des behördlichen Handelns. Es ist keine inhaltliche Rechtfertigung dafür ersichtlich, den bisherigen Gleichlauf der Bundes- und Landesnormen des Amts- bzw. Staatshaftungsrechts bei der Passivlegitimation in den bauaufsichtsrechtlichen "Weisungsfällen" aufzugeben und hierdurch dem betroffenen Bürger, die Inanspruchnahme zweier Behörden nahe zu legen.

(3) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dieser Rechtsauffassung des Senats auch nicht die Entscheidung des BGH vom 19. Januar 2006 (Az.: III ZR 82/05 = BGHZ 166, 22 ff.) entgegen. Soweit aus diesem Urteil gefolgert wird, im Rahmen der Haftung nach dem StHG sei - anders als bei einer Haftung nach § 839 BGB - die Existenz einer Weisung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Handelns ohne Bedeutung, wird übersehen, dass der 3. Zivilsenat des BGH in dem entschiedenen Fall unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung zu § 39 Abs. 1 lit. b OBG NRW lediglich vor dem Hintergrund unwirksamer Verbandssatzungen - mithin in einer strukturell in Ermangelung der Weisung einer Aufsichtsbehörde nicht vergleichbaren Konstellation - ausgeführt hat, dass es für die Haftung nach dem StHG nicht auf das Handlungsunrecht der Mitarbeiter der Behörde, sondern auf das Ergebnis, nämlich den Erlass eines objektiv als rechtswidrig zu beurteilenden Verwaltungsakt ankommt.

Hieraus lässt sich für den vorliegenden Fall nicht begründen, dass der Beklagte zu 1) ohne Rücksicht auf etwaige Weisungen durch den Beklagten zu 2) haften müsse, wenn der von ihm erlassene, die Baugenehmigung versagende Bescheid vom 18. August 1998 rechtswidrig gewesen ist. Eine (rein) ergebnisorientierte Haftungsbegründung, die eine Außenhaftung der angewiesenen Behörde bejaht, verkennt nicht nur die staatshaftungsrechtliche Systematik bei der Passivlegitimation sondern auch den Wortlaut des § 1 Abs. 1 StHG, der durch die Verwendung des Verbs "zufügen" zumindest ein eigenes, der Behörde zurechenbares und von einem eigenen Handlungsspielraum getragenes Tun vorsieht. Aufgrund der beamtenrechtlichen Bindungen fehlt es hieran jedoch, wenn für den eine Genehmigung versagenden Beamten zugleich eine den Inhalt der Entscheidung abschließende bestimmende ministerielle Weisung besteht. Grundlegend anders als in dem vom BGH im Jahr 2006 entschiedenen Fall der nichtigen Beitragssatzung, bei dem außer der agierenden Behörde keine andere "handelnde" Behörde - gleichsam im Hintergrund - in das für den Bürger belastende Verwaltungshandeln eingebunden war, steht dem Bürger in den "Weisungsfällen" immer zugleich eine andere Körperschaft zur Verfügung, die er für ein rechtswidriges Handeln in die Haftung nehmen kann.

cc) Eine weisungsunabhängige Haftung des Beklagten zu 1) ergibt sich nicht aus der Überlegung, dass er sich ohnehin nicht an die Weisungen des Ministeriums für Stadtentwicklung habe halten wollen, da er dem Kläger Genehmigungen für sein Vorhaben an einem anderen Platz angeboten und zudem - ohne Änderung der Weisungslage - die Rücknahme des Bauvorbescheids aufgehoben habe.

(1) Soweit der Kläger auf das von ihm bereits für das Jahr 1998 behauptete Angebot eines anderen Grundstücks für seine Feuerbestattungsanlage durch den Beklagten zu 1) abstellt, hat das Landgericht auf der Seite 17 des angegriffenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass sich aus diesem Vorbringen des Klägers keineswegs eine vorbehaltlose Zusage zur Erteilung einer Baugenehmigung für einen beliebigen anderen Standort ergeben habe. Eine derartige Zusage liegt insbesondere angesichts des Umstandes fern, dass jedenfalls aus Sicht des Ministeriums für Stadtentwicklung die bestattungs- und kommunalrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung eines privat betriebenen Krematoriums keineswegs als geklärt angesehen werden konnten. Im Übrigen bleibt unklar, in welchem kausalen Zusammenhang das zwischen den Parteien streitige Angebot mit dem in diesem Prozess streitgegenständlichen Schaden stehen soll.

(2) Auch die Erteilung des für den Kläger (teilweise) günstigen Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 1999 begründet keine haftungsrelevante Pflichtverletzung des Beklagten zu 1). Zwar hat er nach den für den Kläger günstigen Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. Januar 1999 (Az.: 7 L 747/98) und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 8. Juni 1999 (Az.: 3 B 27/99) die am 18. August 1998 von ihm weisungsgemäß angeordnete Rücknahme des Bauvorbescheids wieder zurückgenommen. Aus dieser Maßnahme sind dem Kläger jedoch keine (gesonderten) wirtschaftlichen Nachteile entstanden, da der Beklagte zu 1) zugleich den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung entsprechend der Weisung des Ministeriums für Stadtentwicklung vom Juli 1998 weiterhin abgelehnt hat. Ob die teilweise Abhilfe in dem Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1999 im Innenverhältnis des Beklagten zu 1) zu dem Beklagten zu 2) berechtigt war oder tatsächlich - wie von dem Kläger behauptet - weisungswidrig erfolgt ist, kann daher dahingestellt bleiben.

dd) Eine Haftung des Beklagten zu 1) besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der verzögerten Erteilung der Baugenehmigung für die Feuerbestattungsanlage für die Zeit nach dem 31. Mai 2001, mithin nach dem Zugang des Schreibens des Staatssekretärs des Ministeriums für Stadtentwicklung vom 28. Mai 2001, in dem die "Weisung der obersten Bauaufsichtsbehörde vom 30. Juli 1998" aufgehoben wird. Zwar hat der Beklagte zu 1) die Genehmigung sodann nicht innerhalb der Monatsfrist, mithin bis zum Ablauf des 30. Juni 2001 erteilt, sondern für die Erteilung der Genehmigung weitere 4 1/2 Monate Zeit benötigt. Die Beantwortung der in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Frage, ob die Antragsunterlagen erst mit der Vorlage einer Betriebsordnung der Feuerbestattungsanlage vollständig geworden sind - das Landgericht hält die Betriebsordnung unter Hinweis auf § 10 Abs. 2 der damals noch als Landesrecht fort geltenden 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofswesen vom 17. April 1980 für erforderlich - kann dahingestellt bleiben, da - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - der Kläger nicht im Ansatz schlüssig dargetan hat, dass diese Verzögerung im Jahr 2001 überhaupt noch für die verspätete Inbetriebnahme der Feuerbestattungsanlage kausal geworden ist. Da der Baubeginn nach der von dem Kläger vorgetragenen Neuordnung seiner Finanzierung erst im März 2004 - also fast 2 1/2 Jahre nach der Erteilung der Baugenehmigung durch den Beklagten zu 1) - erfolgt ist, liegt es in tatsächlicher Hinsicht fern, dass eine möglicherweise dem Beklagten zu 1) anzulastende (geringe) Verzögerung im Jahr 2001 messbare Auswirkungen auf die Umsetzung des Bauvorhabens gezeitigt haben könnte. Auch in der Berufungsbegründung ist dem Kläger hierfür keine schlüssige Darlegung der Kausalität gelungen, worauf er von dem Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden ist.

ee) Eine Haftung des Beklagten zu 1) ergibt sich schließlich auch nicht aus einer Verletzung der beamtenrechtlichen Remonstrationspflicht. Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, ist von dem Kläger nicht dargelegt, dass der Beklagte zu 1) überhaupt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erteilten Weisung hatte oder sich ihm solche Zweifel aufdrängen mussten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine ggf. unterlassene Remonstration des Beklagten zu 1) ursächlich für die weitere Verzögerung des Genehmigungsverfahrens gewesen sein könnte, Vielmehr spricht das Verhalten des Ministeriums für Stadtentwicklung - nicht nur gegenüber dem Beklagten zu 1) sondern auch gegenüber dem Ministerium des Innern - deutlich dafür, dass in dem Fall des Klägers eine gerichtliche Klärung der im Land Brandenburg erstmals aufgeworfenen Rechtsfragen herbeigeführt werden sollte. Eine Remonstration dürfte daher in jedem Fall fruchtlos geblieben sein.

2) Eine Haftung des Beklagten zu 1) nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG und nach § 38 Abs. 1 OBG scheitert gleichfalls daran, dass dem Beklagten zu 1) aufgrund der erteilten Weisung kein rechtswidriges Handeln vorgeworfen werden kann.

II.)

Der Beklagte zu 2) hat dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm aus dem Bescheid des Beklagten zu 1) vom 18. August 1998 seit dem 16. September 1998 entstanden ist. Die Berufung führt - neben dieser Feststellung der Eintrittspflicht des Beklagten zu 2) für den Schaden des Klägers dem Grunde nach - im Übrigen hinsichtlich des Beklagten zu 2) auf Antrag des Klägers zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO.

1) Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 2) dem Grunde nach ein Anspruch aus § 1 Abs. 1 StHG zu.

a) Die Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu 2) nach dem Staatshaftungsgesetz sind nicht verjährt.

aa) Soweit das Landgericht als Ansatzpunkt für den Verjährungsbeginn gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 StHG die Kenntnis des Klägers von der Weisung durch das Ministerium für Stadtentwicklung annimmt, übersieht es, dass eine Weisung als verwaltungsinterne Maßnahme ohne Außenwirkung keinen Regelungscharakter aufweist und - um für den Bürger belastend und damit angreifbar zu werden - stets der Umsetzung in einen Bescheid bedarf (vgl. für alle: VGH Kassel, Beschluss vom 19. August 1988, Rn. 50). Wenn mithin der zutreffende Ansatzpunkt die Kenntnis des von dem Beklagten zu 1) auf Weisung erlassenen Ablehnungsbescheides vom 18. August 1998 ist, musste es zur Unterbrechung der laufenden Verjährung in jedem Fall genügen, dass der Kläger zunächst Primärrechtsschutz gegen den belastenden Bescheid vom 18. August 1998 gesucht hat. Dies gilt umso mehr, da dem Kläger kein anderer verwaltungsrechtlicher Rechtsschutz gegen die verwaltungsinterne Weisung ohne unmittelbare Außenwirkung zur Verfügung stand. Den einzig möglichen Rechtsschutz hat der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten zu 1) vom 18. August 1998 auch ergriffen: Sein rechtzeitiger Widerspruch vom 24. August 1998 führte im Ergebnis des Vorverfahrens zu dem teilweise abhelfenden Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1999. Das anschließende Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) ist erst nach der zwischenzeitlichen Erteilung der Baugenehmigung durch Beschluss vom 15. Februar 2002 beendet worden. Erst danach konnte der Lauf der Verjährungsfrist (erneut oder erstmals) beginnen.

bb) Für Ansprüche aus dem Staatshaftungsgesetz des Landes Brandenburg ist auch angesichts der kurzen Verjährungsfrist nach dem Abschluss des Gerichtsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) keine Verjährung eingetreten. Die Anmeldung der Ansprüche des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 2) in seinem Schadensersatzantrag vom 8. November 2002 erfolgte rechtzeitig innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist des § 4 Abs. 1 StHG. Gemäß § 4 Abs. 3 StHG gelten nicht nur für die Verjährung die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts; vielmehr genügt für die Unterbrechung der Verjährung bereits die Stellung eines Antrags auf Schadensersatz gemäß § 5 Abs. 1 StHG. Entgegen seiner Verpflichtung aus § 5 Abs. 3 Satz 2 StHG hat der Beklagte zu 2) jedoch bis heute eine förmliche Entscheidung über den Antrag des Klägers nicht getroffen. Die Parteien tragen vielmehr übereinstimmend vor, dass bis zur Klageeinreichung am 19. November 2004 kein weiterer Schriftwechsel zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) erfolgt ist. Dieses "Schweigen" des Beklagten zu 2) bewirkt angesichts der in §§ 5 Abs. 4, 6a Satz 1 StHG geregelten Bescheidungspflicht, dass die Unterbrechungswirkung der Schadensanmeldung vom 8. November 2002 vor Klageerhebung nicht beendet worden ist. Auch nach der Aufhebung des ursprünglich in § 6 StHG geregelten und seit dem 15. September 1990 funktionslos gewordenen Beschwerdeverfahrens (vgl. hierzu im Einzelnen: BGH, Urteil vom 14. Juli 1994, BGHZ 127, 57 ff., Rn. 33) besteht die Pflicht der "staatlichen Einrichtungen" zur Erteilung eines Bescheids mit Rechtsmittelbelehrung fort, sodass erst mit dessen Bekanntgabe die verjährungsunterbrechende Wirkung eines Antrags nach § 5 Abs. 1 StHG entfallen kann.

cc) Auf die von dem Landgericht verneinte Frage, ob bereits das von dem Kläger an den Beklagten zu 1) gerichtete Anspruchsschreiben vom 3. September 1998 auch gegenüber dem Beklagten zu 2) eine verjährungsunterbrechende Wirkung aufgewiesen und für den Beklagten zu 1) überdies eine Weiterleitungspflicht nach § 5 Abs. 2 StHG bestanden hat, kommt es für die Klärung der von dem Beklagten zu 2) erhobenen Verjährungseinrede daher nicht an.

b) Die auf der Weisung des Beklagten zu 2) beruhende Versagung der von dem Kläger beantragten Baugenehmigung für eine Feuerbestattungsanlage war seit dem 16. September 1998 objektiv rechtswidrig.

aa) Für die Rechtswidrigkeit des behördlichen Handelns genügt es im Rahmen der verschuldensunabhängigen Haftung nach dem Staatshaftungsgesetz, dass die von der Behörde getroffene Regelung mit der objektiven Rechtslage nicht übereinstimmt und damit sachlich falsch ist. Werden die von dem Bundesgerichtshof zu § 39 Abs. 1 lit. b OBG NRW entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze auf die hier in Rede stehende Haftung nach dem Staatshaftungsgesetz übertragen, so bedeutet dies, dass es nicht auf das Handlungsunrecht des betreffenden Mitarbeiters des Beklagten zu 2), sondern auf das von ihm bewirkte Ergebnis, nämlich den Erlass eines objektiv als rechtswidrig zu beurteilenden Verwaltungsakts ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2006, Az.: III ZR 82/05 = BGHZ 166, 22 ff.).

bb) Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die erste Weisung des Beklagten zu 2) vom 3. Juli 1998 nicht zu beanstanden, da mit ihr nur unter Inkaufnahme einer Verzögerung des Genehmigungsverfahrens um einige Wochen abgesichert werden sollte, dass vor einer abschließenden rechtlichen Prüfung durch das als Oberste Bauaufsichtsbehörde zuständige Ministerium für Stadtentwicklung kein Bescheid ergeht. Ein solcher Prüfungszeitraum ist dem Beklagten zu 2) bei dem nicht alltäglichen Vorhaben zur Errichtung einer privaten Feuerbestattungsanlage ohne weiteres zuzugestehen. Dies gilt umso mehr angesichts des frühen Verfahrensstadiums, in dem sich die Bearbeitung des Antrags vom 1. April 1998 noch befand. Nach den unstreitigen Angaben der Parteien war im Juli 1998 noch keine Entscheidungsreife über den Bauantrag hergestellt, sodass die erste Weisung des Beklagten zu 2) nicht einmal zu einer greifbaren Verzögerung des Genehmigungsverfahrens geführt haben kann.

cc) Durch die zweite - nach Abschluss der inhaltlichen Prüfung - erteilte Weisung vom 30. Juli 1998, die der Beklagte zu 2) ungeachtet aller in der Zwischenzeit ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen fast drei Jahre lang aufrechterhalten hat, wurde allerdings die Erteilung der Baugenehmigung an den Kläger objektiv fehlerhaft verhindert. Der Kläger hatte auch vor Inkrafttreten des Brandenburgischen Bestattungsgesetzes vom 7. November 2001 einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung. Der Erteilung standen seit dem 16. September 1998 weder baurechtliche noch kommunal- oder bestattungsrechtliche Vorschriften entgegen.

(1) Zu den baurechtlichen Fragen dieses Falles hat bereits das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) in seinem Beschluss vom 28. Januar 1999 (Az.: 7 L 747/98) - bestätigt durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 8. Juni 1999 (Az.: 3 B 27/99) - zutreffend festgestellt, dass das Vorhaben des Klägers gemäß § 33 Abs. 1 BauGB im Hinblick auf den unter dem 16. September 1998 erfolgten Beschluss der Gemeinde F... zur Aufstellung und öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanes Nr. 24 "TEG - Gemarkung L..." aufgrund der hierdurch eingetretenen formellen und materiellen Planreife mit sofortiger Wirkung genehmigungsfähig war. Zur Vermeidung von Wiederholungen macht sich der Senat die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) in der genannten Entscheidung auf den Seiten 13 bis 26 des Beschlussabdruckes (Anlage K 18) mit der Maßgabe zu Eigen, dass der dortige Erkenntnisstand auch für die richterliche Überzeugungsbildung in diesem Hauptsacheverfahren genügt.

(2) Auch kommunal- oder bestattungsrechtliche Vorschriften standen der Erteilung der Baugenehmigung am 16. September 1998 nicht entgegen. Eine Feuerbestattungsanlage, die der Kläger als Privater im Rahmen eines Dienstleistungskonzessionsvertrages mit der Gemeinde F... betreiben wollte, war bereits vor der Novellierung des brandenburgischen Bestattungsrechts zulässig und auch insoweit im Sinne des § 74 Abs. 1 BbgBO genehmigungsfähig, ohne dass zuvor durch die Gemeinde F... weitere satzungsrechtliche Voraussetzungen hätten geschaffen werden müssen. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) in seinem Beschluss vom 22. Februar 2001 (Az.: 1 L 1250/99) zutreffend festgestellt, dass die Errichtung und der Betrieb einer Feuerbestattungsanlage gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG eine kommunale Aufgabe ist. Aus der noch geltenden Verordnung über das Bestattungs- und Friedhofswesen vom 17. April 1980 (BestattungsVO; GBl. DDR I Seite 159) ließ sich zum damaligen Zeitpunkt keine eindeutige Regelung der Zuständigkeit entnehmen. Da zudem der brandenburgische Landesgesetzgeber im Jahr 1998 noch kein eigenständiges Bestattungsgesetz erlassen hatte, stimmt der Senat mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass es sich bei dem Betrieb einer Feuerbestattungsanlage nach dem Grundsatz der Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises um keine übergemeindliche Angelegenheit gehandelt hat. Vielmehr war auch die Gemeinde F... ohne weiteres dazu befugt, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht bereits durch Gesetz anderen Trägern übertragen waren, ohne einen besondere Ermächtigung anzunehmen. Diese Selbstverwaltungsaufgabe durfte von der Gemeinde auch so wahrgenommen werden, dass sie die Errichtung und den Betrieb einer Feuerbestattungsanlage durch einen privaten Dritten vorsah, wie das Ministerium des Innern des beklagten Landes im Übrigen bereits in einem Erlass an die Stadt Wittenberge vom 10. Januar 1997 (Anlage K 6) und in einer Stellungnahme gegenüber dem Beklagten zu 1) vom 31. März 1998 (Anlage K 7) festgestellt hat.

(3) Angesichts dieser Rechtslage überzeugen die das Verwaltungshandeln des Beklagten zu 2) rechtfertigenden Hilfserwägungen des Landgerichts nicht. Allein der Hinweis auf die Unwirksamkeit des ursprünglichen Bebauungsplans für den Technologie- und Gewerbepark E... genügt zur Begründung des fehlenden Baurechts des Klägers im Hinblick auf sein Baurecht nach § 33 Abs. 1 BauGB nicht. Zudem hat der Kläger durch den Widerspruchsbescheid des Beklagten zu 1) ab dem 21. Oktober 1999 - rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung - einen bestandskräftigen Bauvorbescheid für eine Feuerbestattungsanlage an dem vorgesehenen Standort erhalten. Die im Berufungsverfahren erstmals erhobenen Angriffe der Beklagten gegen die Wirkungen des Bauvorbescheids wegen angeblicher Änderung des Projektumfangs überzeugen den Senat nicht, da - selbst bei unterstellter Richtigkeit dieses neuen und damit im Berufungsverfahren nur eingeschränkt zulässigen Vorbringens - hierdurch die Grundaussage des Vorbescheides nicht entscheidend erschüttert wird. Sollte tatsächlich im Baugenehmigungsverfahren von dem Kläger mit seinem Antrag vom 1. April 1998 eine "zu große" Planung vorgelegt worden sein, wäre es beiden Beklagten unbenommen gewesen, ihn zu einer "kleineren" Planung aufzufordern und diese sodann zu genehmigen.

Soweit das Landgericht schließlich darauf abhebt, bei dem Antrag des Klägers habe es sich um den ersten seiner Art gehandelt, sodass auch im Hinblick auf die im Land Brandenburg noch fort geltenden Bestattungsvorschriften der DDR bei dem Beklagten zu 2) rechtliche Unsicherheit geherrscht habe, kommt es auf diese subjektiven Momente bei einer Haftung nach dem Staatshaftungsgesetz nicht an, da der Beklagte zu 2) zu einem objektiv rechtmäßigen Handeln verpflichtet war und sich - soweit erforderlich - ohne weiteres Rechtsrat einholen konnte.

c) Die fehlerhafte Weisung des Beklagten zu 2) vom 30. Juli 1998 hat durch den Bescheid des Beklagten zu 1) vom 18. August 1998 Außenwirkung gegenüber dem Kläger entfaltet und hat - wie soeben dargestellt - seit dem 16. September 1998 dazu geführt, dass dem Kläger - trotz des Vorliegens aller Genehmigungsvoraussetzungen - eine Baugenehmigung für die Feuerbestattungsanlage bis zum 16. November 2001 rechtswidrig verweigert worden ist. Aufgrund der erteilten Weisung ist diese Verzögerung im Genehmigungsverfahren von 3 Jahren und 2 Monaten haftungsrechtlich insgesamt dem Beklagten zu 2) im Rahmen des § 1 Abs. 1 StHG zuzurechnen, wobei er aufgrund der von ihm zunächst alleinverantwortlich gesetzten Verzögerungsursache auch die schleppende Erteilung der Genehmigung nach der Aufhebung der Weisung als kausale und zurechenbare Verlängerung des von ihm geschaffenen rechtswidrigen Zustandes zu vertreten hat.

d) Ob und inwieweit den mit der Sache befassten Mitarbeitern des Beklagten zu 2) ein Verschulden angelastet werden kann, ist für die Haftung nach § 1 Abs. 1 StHG ohne Bedeutung.

e) Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Anspruch des Klägers wegen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 3 Abs. 3 StHG ausgeschlossen oder beschränkt sein könnte.

2) Somit kann dahinstehen, ob dem Kläger gegen den Beklagten zu 2) auch ein gleichfalls verschuldensunabhängiger Anspruch aus § 38 Abs. 1 OBG zusteht, da ihm diese Anspruchsgrundlage - insbesondere im Hinblick auf den von ihm vorrangig verlangten Ersatz des entgangenen Gewinns - keinen weitergehenden Schadensersatz ermöglicht.

3) Gleiches gilt für eine mögliche Haftung des Beklagten zu 2) nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG, wobei im Rahmen dieser Norm - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - bei der Frage des Verschuldens zu beachten wäre, dass in dem damals zu entscheidenden Antragsverfahren durch die Beamten des Beklagten zu 2) durchaus Besonderheiten zu beachten waren. Ein krasses, auf der Hand liegendes Fehlverhalten kann der Senat dabei im Ergebnis nicht feststellen. Immerhin genügt ein Amtswalter seinen Amtspflichten, wenn er aufgrund sorgfältiger Ermittlung der Sach- und Rechtslage zu einem vertretbaren Ergebnis gelangt. Dafür, dass vorliegend gänzlich unvertretbare Entscheidungen gefällt worden sein könnten, trägt letztlich auch der Kläger nichts Ausreichendes vor.

4) Die zwischen den Parteien streitige Schadenshöhe ist im Ergebnis des Berufungsverfahrens noch nicht entscheidungsreif, sodass auf den Antrag des Klägers gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung über den Betrag des von dem Beklagten zu 2) zu leistenden Schadensersatzes an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

Das Landgericht wird bei der Entscheidung über die Höhe des Schadensersatzes unter anderem Folgendes zu berücksichtigen haben:

a) Bei der Haftung nach § 1 Abs. 1 StHG ist auch entgangener Gewinn als Schadensposition zu ersetzen.

Der Schadensbegriff des Staatshaftungsgesetzes wird in § 1 Abs. 4 StHG dahin konkretisiert, dass von dem ersatzpflichtigen "staatlichen Organ" auch Vermögensschäden zu ersetzen sind. Da sich im Übrigen gemäß § 3 Abs. 1, Abs. 2 StHG der Umfang des in Geld zu leistenden Schadensersatzes nach den zivilrechtlichen Vorschriften bestimmt, ist auch die Anwendung des § 252 BGB zum Ersatz des entgangenen Gewinns rechtlich geboten. Gegen die anderslautende landgerichtliche Auffassung, spricht bereits der eindeutige Wortlaut der Norm, der von dem allgemeinen Schadensbegriff ausgeht und damit auch Vermögensschäden umfasst. Zugleich enthält das Staatshaftungsgesetz des Landes Brandenburg - anders als § 39 Abs. 1 Satz 2 OBG - auch keine inhaltliche Beschränkung bei der Geltendmachung entgangenen Gewinns. Der Senat sieht daher keine tragfähige Begründung für die von dem Landgericht auf den Seiten 24 bis 25 des angegriffenen Urteils erfolgte restriktive, gleichsam "sozialistische" Auslegung der Haftungsnorm. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Landesgesetzgeber bereits verschiedentlich das Staatshaftungsgesetz geändert hat, ohne hierbei den Haftungsumfang zu beschränken. Einen möglicherweise rechtpolitisch wünschenswerten "Gleichklang" des Staatshaftungsgesetzes mit dem Haftungsumfang nach dem OBG müsste der Landesgesetzgeber selbst herstellen; einer Fortentwicklung durch Richterrecht entzieht sich dies.

b) Zur Höhe des entgangenen Gewinns hat der Kläger aus Sicht des Senats noch nicht ausreichend vorgetragen.

Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ist bei der Darlegung des entgangenen Gewinns aus selbständiger Tätigkeit grundsätzlich auf die anhand des Betriebsergebnisses festzustellende Gewinnminderung abzustellen (vgl. Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage 2007, § 252 Rn. 16 m. w. N.). Bei der (schätzenden) Ermittlung des Schadens ist daher von dem Betriebsergebnis in den letzten Jahren vor dem schädigenden Ereignis auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2001, NJW 2001, 1640 ff., Rn. 14 m. w. N.). Da im vorliegenden Fall der Kläger mit seiner selbständigen Tätigkeit vor dem Schadensereignis noch gar nicht begonnen hatte, wird er - um dem Landgericht gleichwohl eine ausreichende Grundlage für die richterliche Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO zu bieten - auf seine Betriebsergebnisse seit der Eröffnung des Betriebes am 1. Oktober 2004 abstellen müssen. Seine bisherige Schadensberechung, in der die tatsächlich von ihm in den letzten Jahren erzielten Gewinne nicht mitgeteilt werden, dürfte daher allenfalls begrenzt schlüssig sein.

C)

Die Kostenentscheidung ist der noch zu treffenden Entscheidung des Landgerichts vorzubehalten. Da aus diesem Urteil insoweit vollstreckt werden kann, als erst dessen Vorlage das Vollstreckungsorgan nötigt, eine etwa eingeleitete Vollstreckung aus dem aufgehobenen Urteil einzustellen, ist es für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 538 Rn. 59 m.w.N.).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Entscheidung dieses Einzelfalls hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 1.928.015,47 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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