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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.05.2002
Aktenzeichen: 2 U 41/01
Rechtsgebiete: VermG. BbgGO, InVorG, BGB, GG, VwVfG, VwGO, ZPO


Vorschriften:

VermG § 1
VermG § 1 Abs. 6
VermG § 2
VermG § 3 Abs. 1
VermG § 3 a
VermG § 3 a Abs. 7
VermG § 3 a Abs. 3
VermG § 3 a Abs. 3 Sätze 1 - 3 a. F.
VermG § 3 a Abs. 3 Satz 6 a. F.
VermG § 3 a Abs. 5 Satz 2
VermG § 3 a Abs. 7 Satz 1
BbgGO § 61 Abs. 1 S. 2
InVorG § 16
InVorG § 16 Abs. 1
InVorG § 16 Abs. 1 Satz 3
InVorG § 28 Abs. 1
InVorG § 10
BGB § 2365
BGB § 313 Satz 2
BGB § 387
BGB § 839
BGB § 892 Abs. 1 Satz 1
BGB § 2032
BGB § 2039
BGB § 2040 Abs. 2
GG Art. 34
VwVfG § 41 Abs. 1
VwVfG § 43 Abs. 1
VwVfG § 28
VwGO § 80 Abs. 5
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 41/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 21. Mai 2002

verkündet am 21. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 2002 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Farke, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Clavée

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. Mai 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Az.: 11 O 441/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen nehmen als Erben des ursprünglich Berechtigten die Beklagte auf Zahlung des Verkehrswertes eines von der Beklagten verkauften Grundstücks in Anspruch.

Ursprünglicher Eigentümer des mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten, 930 m² großen Grundstücks G Straße in S eingetragen im Grundbuch von S Gemarkung S Bl., Flur, Flurstücke und war Herr L L. Dieser verstarb 1954. Er hinterließ einen am 21. September 1916 in S geborenen Sohn namens H L und eine am 6. Dezember 1919 ebenfalls in S geborene Tochter namens M L Die Erbfolge nach L bzw. H L ist zwischen den Parteien umstritten.

L L, der jüdischer Herkunft war, mußte das Grundstück im Dezember 1938 im Wege eines Zwangsverkaufs an einen Herrn W F verkaufen, der am 18. August 1939 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Durch Beschluß der deutschen Wirtschaftskommission vom 21. September 1948 ging das Grundstück in das Eigentum des Volkes über. Rechtsträger wurde der Rat der Stadt S.

Unter dem 30. November 1990 meldete ein Rechtsanwalt Sch im Namen des Herrn H L vermögensrechtliche Ansprüche für ehemals jüdisches Eigentum an. In dem Schreiben führte er u. a. aus: "Diese Vermögensgegenstände sind dem jüdischen Eigentümer während der NS-Zeit entzogen worden. Er ist am 05.10.1954 in den USA verstorben. Erben sind seine beiden Kinder, H L und M L R. Der Erbnachweis wird auf Verlangen geführt werden." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens (Bl. 19) verwiesen. Der Landkreis S teilte der Beklagten als Verfügungsberechtigter mit Schreiben vom 26.03.1991 unter Beifügung einer Abschrift des Anmeldungsschreibens mit, daß ein Rückübertragungsanspruch angemeldet worden sei (Bl. 20).

Unter dem 23. April 1991 unterbreitete die "R W T GmbH" (im folgenden: R GmbH) der Beklagten ein "Nutzungskonzept für G Straße in S", auf dessen Inhalt (Bl. 21) verwiesen wird. Daraufhin veräußerte die Beklagte das Grundstück ohne Anhörung der Klägerinnen zu einem Preis von 396.000,00 DM an die R GmbH. In dem notariellen Kaufvertrag vom 25. April 1991 (UR Nr. des Notars Fr in B) verpflichtete sich die Käuferin unter § 2 Abs. 2 dazu, "unverzüglich nach Übergang von Nutzen und Lasten und nach Vorliegen der Baugenehmigung .... mit den von ihr beabsichtigten Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten zu beginnen." Der Beklagten als Verkäuferin wurde für den Fall der Nichterfüllung dieser Bestimmung ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag eingeräumt, das "mit dem Beginn der Arbeiten in einer Gewerbeeinheit" erlöschen sollte (§ 4 Abs. 2 des Vertrags). Am 31. Mai 1991 erließ die Beklagte eine "Bescheinigung gemäß Punkt 4. § 3 a Abs. 1 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen", auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 40). Auch dieser Bescheid wurde den Klägerinnen nicht bekanntgegeben.

Am 17. Dezember 1993 verkaufte die am 15. Oktober 1992 im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene R GmbH das Grundstück zu einem Preis von 1.375.000,00 DM weiter an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus Herrn R Sp (gleichzeitig Geschäftsführer der R GmbH) und Herrn W G. Diese übernahmen in § 6 des Kaufvertrages die Investitionsverpflichtung gegenüber der Beklagten im Innenverhältnis gegenüber der R GmbH. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages (Bl. 42 bis 60) Bezug genommen. Am 16. April 1996 wurden Herr R Sp, Herr W G und die zwischenzeitlich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts beigetretene R G und V GmbH in B in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Mit Bescheid vom 13. Mai 1998, der bestandskräftig geworden ist, lehnte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen des Kreises M O den Antrag der Klägerinnen auf Rückübertragung des Grundstücks G Straße in S nach Feststellung der Voraussetzungen des Entziehungstatbestandes des § 1 Abs. 6 VermG ab, da das Grundstück für investive Zwecke veräußert worden sei. Gleichzeitig stellte es den Anspruch der Klägerinnen auf Erlösauskehr gegen die Beklagte fest. Diese zahlte an die Klägerinnen in der Folge 396.000,00 DM.

Die Klägerinnen haben unter Vorlegung von Erbscheinen nach L L und Ha H L (Bl. 244 f.), auf deren Inhalt verwiesen wird, behauptet, die Klägerin zu 2) sei als Tochter des Herrn L L, die Klägerin zu 1) als Witwe des am 29. März 1993 verstorbenen Ha H London, des Sohnes des Herrn L L, dessen Erbinnen.

Die Klägerinnen haben behauptet, die Beklagte habe das Grundstück am 25. April 1991 weit unter dem tatsächlichen Verkehrswert verkauft. Dieser habe damals bereits deutlich über 396.000,00 DM gelegen und sei stetig gestiegen. Die R GmbH habe mit den zugesagten Investitionen bis zur Weiterveräußerung noch nicht begonnen gehabt.

Sie haben die Ansicht vertreten, der Kaufvertrag vom 25. April 1991 sei wegen Verstoßes gegen § 3 a Abs. 7 VermG nichtig, ebenso der Investitionsbescheid vom 31. Mai 1991. Sie haben gemeint, die Beklagte sei zur Auskehr eines Betrages in Höhe des Erlöses aus dem zweiten Kaufvertrag vom 17. Dezember 1993, jedenfalls aber zur Zahlung des Unterschiedsbetrages zum Verkehrswert nach den Ausgleichsvorschriften des Investitionsvorranggesetzes verpflichtet. Von dem Verkehrswert seien Abzüge wegen etwaiger Investitionen der R GmbH bzw. der späteren Erwerberin nicht zu machen. Weiter haben die Klägerinnen die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte jedenfalls auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung. Sie haben dazu behauptet, bei ihrer ordnungsgemäßen Beteiligung am Investitionsvorrangverfahren hätten sie ein mindestens gleichwertiges Investitionskonzept wie die R GmbH vorlegen können. Sie hätten dadurch den Verlust ihres Grundstückes abwenden können.

Nachdem die Klägerinnen ursprünglich den Antrag angekündigt hatten, die Beklagte zur Zahlung von 184.000,00 DM nebst Zinsen zu verurteilen, haben sie ihre Klage im Hinblick auf das Ergebnis des von dem Landgericht eingeholten Verkehrswertgutachtens sowie die Kosten eines vorprozessual eingeholten Parteigutachtens in Höhe von 9.633,12 DM und die Kosten des gerichtlichen Gutachtens, auf das sie einen Vorschuß in Höhe von 3.000,00 DM geleistet hatten, erweitert.

Die Klägerinnen haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.992.000,00 DM zuzüglich 9.633,12 DM nebst jeweils 8 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zuzüglich 3.000,00 DM nebst 8 % Zinsen ab dem 15. Januar 2001 zu zahlen sowie der Beklagten die weiteren Kosten des Gutachters K für sein Gutachten vom 13. September 2000 aufzugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Kaufpreis von 396.000,00 DM habe dem Verkehrswert des Grundstücks entsprochen. Der höhere Kaufpreis, den die R GmbH erzielt habe, rühre aus zwischenzeitlich getätigten Investitionen her. Sie hat die Ansicht vertreten, bei der Verkehrswertermittlung hätten die Investitionen außer Betracht zu bleiben.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme I. Instanz wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen K vom 13. September 2000 Bezug genommen. Mit Urteil vom 30. Mai 2001, der Beklagten zugestellt am 6. Juni 2001, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerinnen 2.001.633,12 DM nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, den Klägerinnen stünde ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung der Beklagten aufgrund der Nichtbeteiligung am Investitionsvorrangverfahren zu. Da ein Verlust des Restitutionsanspruches erst mit Eintragung der Sp & G Gesellschaft bürgerlichen Rechts am 16. April 1996 eingetreten sei, bestehe der Schaden in Höhe des Verkehrswertes, den das Grundstück an diesem Tag gehabt habe. Auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens hat das Landgericht den Verkehrswert am 16. April 1996 mit insgesamt 2.388.000,00 DM bewertet. Es hat weiter ausgeführt, Abzüge wegen getätigter Investitionen seien nicht vorzunehmen. Außerdem hätte die Beklagte auch die vorgerichtlichen Gutachterkosten zu erstatten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 6. Juli 2001 eingegangenen Berufung, die sie mit einem 6. September 2001 eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem die Berufungsbegründungsfrist zuvor bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Sie bestreitet die Vollmacht der Prozeßvertreter der Klägerinnen I. und II. Instanz. Außerdem bestreitet sie die Erbfolge der Klägerinnen nach L L. Sie äußert Zweifel an der Identität des Ehemannes der Klägerin mit dem Sohn des Herrn L L.

Weiter behauptet die Beklagte, das Grundstück am 25. April 1991 nicht unter dem Verkehrswert veräußert zu haben. Sie habe den Verkehrswert selbst ermittelt, und zwar orientiert an den Richtlinien des Ministeriums für Wirtschaft der DDR vom 31. Juli 1990. Außerdem ist sie der Ansicht, die Nichtanhörung der Klägerinnen und die Nichtbeteiligung am Verfahren nach § 3 a VermG sei nicht rechtswidrig gewesen. Eine Anmeldung von Ansprüchen der Klägerin zu 2) sei ohnehin nicht erfolgt, jedenfalls der Beklagten nicht bekannt gewesen. Außerdem meint die Beklagte, auch bei ordnungsgemäßer Beteiligung der Klägerinnen wäre eine Veräußerung an die R GmbH nicht ausgeschlossen gewesen. Sie behauptet, die Klägerinnen hätten weder ein Nutzungskonzept vortragen können, noch hätten sie Investitionen vorgenommen. Demgegenüber sei die R als solventer Investor bekannt gewesen, der Erfahrungen mit der Sanierung gehabt habe.

Weiter ist die Beklagte der Ansicht, der Kaufvertrag vom 25. April 1991 sei nicht fehlerhaft, da die Regelungen den Voraussetzungen des Vermögensgesetzes entsprächen. Schließlich behauptet die Beklagte, der Wert des Grundstücks sei - wenn überhaupt - nur durch Investitionen gesteigert worden, die zwischen dem 25. April 1991 und dem Jahr 1995/1996 durch die Investoren ausgeführt worden seien. Dieser Wert müsse bei der Ermittlung des Verkehrswertes jedenfalls in Abzug gebracht werden.

Hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung von Gutachterkosten bestreitet die Beklagte nunmehr deren Zahlung durch die Klägerinnen und meint, die Kosten seien ohnehin übersetzt.

Mit Schriftsatz vom 8. April 2002 hat die Beklagte darüber hinaus hilfsweise die Aufrechnung mit einer ihr abgetretenen Forderung gegen die Klägerin zu 1) in Höhe von 2.384,44 € zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 7. Dezember 2001 erklärt. Auf den Abtretungsvertrag vom 5./7. März 2002 und den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Frankfurt (Oder) zum Aktenzeichen (Bl. 418 - 420) wird Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. Mai 2001 abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch die Klägerinnen wiederholen und vertiefen in der Berufungsinstanz ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie bestreiten ihrerseits die Vollmacht des Beklagtenvertreters II. Instanz. Hinsichtlich der bestrittenen Erbfolge berufen sich die Klägerinnen auf die vorgelegten Erbscheine.

Die Klägerinnen behaupten weiterhin, der vom Landgericht ermittelte Verkehrswert sei zutreffend ermittelt; er beruhe jedoch nicht auf werterhöhenden Investitionen. Sie behaupten, diese seien jedenfalls nicht vor dem Stichtag 16. April 1996 durchgeführt worden. Eine Wertermittlung vor dem Verkauf 1990 durch die Beklagte sei, wenn überhaupt, so anhand ungeeigneter Richtlinien vorgenommen worden.

Die Klägerinnen behaupten weiter, sie wären bereit und in der Lage gewesen, auf dem Grundstück Investitionen vorzunehmen. Das von der R GmbH vorgelegte Konzept hätten sie mit einem eigenen Konzept jedenfalls übertreffen können. Sie meinen, der Kaufvertrag vom 25. April 1991 sei nichtig. Bei dessen Abschluß habe der damals für die Stadt handelnde Herr W auch vorsätzlich gehandelt. Hinsichtlich der Gutachterkosten behaupten die Klägerinnen, sie hätten die Rechnung des Gutachters bezahlt, die auch nicht überhöht sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; insbesondere fehlt es nicht an einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der Prozeßvertreter der Beklagten. Eine durch den stellvertretenden Bürgermeister der Beklagten "in Vertretung" unterzeichnete Vollmacht ist am 16. April 2002 zu den Akten gereicht worden (Bl. 427). Gemäß § 61 Abs. 1 S. 2 BbgGO ist der Bürgermeister rechtlicher Vertreter der Gemeinde und vertritt diese im Außenverhältnis. Der Bürgermeister ist ordnungsgemäß durch seinen Stellvertreter vertreten worden, was die Klägerinnen nicht mehr in Abrede gestellt haben. Daß die schriftliche Vollmacht erst vom 8.April 2002 datiert, ist unschädlich, da jedenfalls stillschweigend die bisherige Prozeßvertretung durch den Vertreter der Beklagten gebilligt worden ist. Die somit zulässige Berufung ist jedoch unbegründet.

Die Rüge der mangelnden Vollmacht der Prozeßvertreter der Klägerinnen greift nicht durch. Die zweitinstanzlichen Vertreter der Klägerinnen sind durch deren außergerichtlichen Vertreter, Herrn Rechtsanwalt P, ordnungsgemäß bevollmächtigt worden. Dies ergibt sich aus der mit der Berufungserwiderung vom 16. Oktober 2001 im Original vorgelegten Urkunde (Bl. 379), die Rechtsanwalt P am 1. Juli 2001 "für L/R" unterzeichnet hat. Rechtsanwalt P ist seinerseits durch die Klägerinnen zu deren Vertretung bevollmächtigt worden, und zwar durch schriftliche Vollmachtsurkunden der Klägerin zu 1) vom 9. April 1999 (Bl. 425 f. GA) und der Klägerin zu 2) vom 24. Januar 1999 (? - schlecht leserlich, Bl. 423 f.). Beide Urkunden sind im Senatstermin vom 16. April 2002 im Original vorgelegt worden und decken inhaltlich das vorgenommene Rechtsgeschäft ab. Darauf, ob auch der erstinstanzliche Prozeßvertreter der Klägerinnen ordnungsgemäß bevollmächtigt war, was die Beklagte ebenfalls bestreitet, kommt es nicht an, da jedenfalls die erstinstanzliche Prozeßführung konkludent sowohl durch Rechtsanwalt P als allgemeinem Vertreter der Klägerinnen als auch durch deren zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte genehmigt worden ist. Demnach unterliegt auch das erstinstanzliche Verfahren keinem prozessualen Mangel, der zum Erfolg der Berufung führen könnte.

Den Klägerinnen steht der geltend gemachte Anspruch in voller Höhe zu. Soweit die Klägerinnen Zahlung des Verkehrswerts des Grundstücks G Straße in S begehren, ergibt sich ein entsprechender Anspruch bereits aus § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG (in der Fassung vom 4. August 1997). Diese Vorschrift ist anwendbar, auch wenn hier die Veräußerung durch die Beklagte aufgrund der sogenannten "Supervorfahrtsregelung" des § 3 a VermG in der Fassung vom 18. April 1991 erfolgt ist. § 28 Abs. 1 InVorG stellt ausdrücklich Entscheidungen nach § 3 a des VermG a. F. den Investitionsvorrangbescheiden nach dem InVorG gleich (vgl. nur Rodenbach, Kommentar zum Investitionsvorranggesetz, § 28 Rz. 3 ff).

Der Anspruch nach § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG steht dem Berechtigten nach Feststellung seiner Berechtigung durch das zuständige Amt zur Regelung offener Vermögensfragen zu. Die Legaldefinition des Berechtigten ergibt sich aus § 2 VermG, auf den das InVorG Bezug nimmt. Die Berechtigung der Klägerinnen ist durch bestandskräftig gewordenen Bescheid des ARoV S (damals noch als Dienststelle des Landkreises M O gemäß § 28 Abs. 1 VermG in der Fassung vom 18. April 1991) vom 13. Mai 1998 festgestellt worden. Die Berechtigung der Klägerinnen, die namentlich in dem Bescheid benannt sind, steht damit für den Anspruch aus § 16 InVorG bindend fest, ohne daß es insoweit auf die Erbenstellung der Klägerinnen nach L L ankommt. Das Bestreiten dieser Erbenstellung durch die Beklagte ist insoweit unerheblich. Etwaige Einwände hätte die Beklagte im Feststellungsverfahren vor dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen geltend machen müssen. Im Verfahren nach dem InVorG ist sie mit diesen Einwänden ausgeschlossen. Im übrigen ist die Berechtigung der Klägerinnen durch die vorgelegten Erbscheine nach L L und Ha H L (Bl. 244 f.) nachgewiesen. Den Erbscheinen kommt eine Vermutungswirkung gemäß § 2365 BGB zu. Die in der Urkunde angegebenen Erben gelten als Erben. Zwar hat der Erbschein keine Vermutungswirkung dahingehend, daß derjenige, der ihn in Händen hält, auch der darin angegebene Erbe ist, insoweit bestreitet die Beklagte die Identität der Klägerinnen mit den in der Urkunde bezeichneten Personen jedoch nicht. Deshalb streitet die Vermutungswirkung der Erbscheine für sie. Die Vermutung ist zwar widerlegbar, aber ihrer Darlegungs- und Beweislast kann die Beklagte mit ihrem Vortrag zu dem möglichen Erben aus Australien nicht genügen. Wie sich aus dem Erbschein nach L L ergibt, ist er u. a. durch seinen Sohn Ha H L, wohnhaft in den USA, beerbt worden. Bezüglich dieses Ha H L enthält der Erbschein die Angabe, daß er am 21. September 1916 in Deutschland geboren wurde und zuletzt in den USA wohnhaft gewesen ist. Die Tatsache, daß der Sohn des Herrn L L zunächst lediglich den Vornamen "H" trug, ist angesichts der im übrigen übereinstimmenden Daten nicht geeignet, Zweifel an der Erbfolge nach L L zu erwecken. So ist es nicht ungewöhnlich, daß ein Deutscher, der noch dazu durch die nationalsozialistische Verfolgung aus Deutschland vertrieben worden ist, seinem in den USA nicht gebräuchlichen Vornamen H einen weiteren Vornamen hinzufügt. Daß ein angeblich in Australien lebender Mann gegenüber dem damaligen Bürgermeister der Beklagten den Eindruck erweckt haben soll, er sei der Sohn des L L, genügt jedenfalls nicht den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung, die die Vermutungswirkung der Erbscheine entkräften könnte.

Der Beklagten als ehemaliger Verfügungsberechtigten über das Grundstück ist die Restitution an die Klägerinnen unmöglich geworden. Die Unmöglichkeit ist jedoch nicht bereits durch die Veräußerung an die R GmbH eingetreten. Der Kaufvertrag vom 25. April 1991 war nämlich nichtig. Er verstößt gegen § 3 a Abs. 7 VermG a. F.. Die Ausführungen des Landgerichts hierzu auf Seite 8 des angefochtenen Urteils sind in vollem Umfang zutreffend, der Senat nimmt auf sie Bezug. Auch der Vortrag der Beklagten in II. Instanz hierzu rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Regelungen in § 2 Abs. 2 und 4 Abs. 2 des Kaufvertrages genügen nicht den Anforderungen des VermG. Eine Verpflichtung, den Vermögenswert zurückzuübertragen, falls die für die ersten zwei Jahre zugesagten Maßnahmen nicht durchgeführt werden oder hiervon wesentlich abgewichen wird, enthalten die genannten vertraglichen Regelungen nicht. Sie gehen auch nicht etwa über die Anforderungen des VermG hinaus, wie die Beklagte meint. Zum einen ist in § 2 Abs. 2 des Kaufvertrages nicht einmal durch eine Bezugnahme näher konkretisiert, welche Maßnahmen überhaupt durchgeführt werden sollen. Außerdem ist nur die Verpflichtung zum "Beginn" mit Investitionen benannt, während dem Sinne nach § 3 a Abs. 7 VermG die vollständige Ausführung meint. Nur dies kann dem Zweck der sogenannten "Supervorfahrtsregelung" entsprechen, da hiermit eine zügige Durchführung von Investitionen sichergestellt werden sollte. Das Absehen von der an sich gebotenen Restitution war nach dem Sinn und Zweck des VermG und des InVorG nur gerechtfertigt, wenn zum Zweck einer zügigen Entwicklung im damaligen Beitrittsgebiet investive Maßnahmen schnellstmöglich durchgeführt werden konnten. Mit diesem Ziel der gesetzlichen Regelungen ist die inhaltliche Ausgestaltung des Kaufvertrages nicht vereinbar. Wie sich aus § 3 a Abs. 7 Satz 1 VermG ausdrücklich ergibt, ist die Erfüllung der in diesem Absatz genannten inhaltlichen Voraussetzungen Wirksamkeitserfordernis für den Kaufvertrag. Dieses lag hier jedoch nicht vor. Außerdem ist der Kaufvertrag auch nicht zu einem investiven Zweck erfolgt, wie ihn § 3 Abs. 1 VermG fordert. Hierzu ist im Kaufvertrag keinerlei Regelung enthalten, während die "Bescheinigung" über den Investitionszweck erst am 31. Mai 1991 ergangen ist. Diese wurde überdies den Klägerinnen nicht zugestellt, mithin im Verhältnis zu ihnen nicht wirksam (dazu ausführlich weiter unten). Die Ansicht der Beklagten, wonach der grundbuchliche Vollzug des Vertrages eine Heilung herbeigeführt habe, trifft nicht zu. § 313 Satz 2 BGB sieht lediglich eine Heilung von Formverstößen vor. Die inhaltliche Unwirksamkeit eines Kaufvertrages über ein Grundstück ist nicht heilbar. Folglich hat die Eintragung der R GmbH im Grundbuch zwar einen Eigentumsübergang bewirkt, wegen des fehlenden Rechtsgrundes bestand jedoch zunächst ein Rückforderungsanspruch der Beklagten, so daß eine Restitution noch hätte durchgeführt werden können. Die Sp & G GbR hat jedoch mit Eintragung am 16. April 1996 gemäß § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB vom eingetragenen Eigentümer gutgläubig das Grundstückseigentum erworben. Da auf Erwerberseite mit Herrn G jedenfalls eine Person beteiligt war, für deren Bösgläubigkeit im Hinblick auf den Eigentumserwerb der R GmbH nichts ersichtlich ist, konnten sämtliche Mitglieder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wirksam gutgläubig das Grundstückseigentum erwerben. Ein Anspruch der Beklagten gegen die jetzigen Eigentümer auf Rückübereignung besteht nicht, so daß seit der Eintragung der Sp & G GbR die Restitution des Grundstücks an die Berechtigten der Beklagten unmöglich geworden ist, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat.

Der Senat verkennt nicht, daß § 16 Abs. 1 InVorG seinem Wortlaut nach daran anknüpft, daß dem Verfügungsberechtigten "infolge seiner Veräußerung" die Rückübertragung des Vermögenswertes nicht möglich ist. Wie dargelegt, beruht hier die Unmöglichkeit der Restitution nicht unmittelbar auf der Veräußerung durch die Beklagte, sondern nur mittelbar auf dieser, unmittelbar jedoch auf dem gutgläubigen Erwerb des Grundstücks durch Dritte. Gleichwohl ist § 16 InVorG auch auf diesen Fall anwendbar. Zum einen kann auch hier die Veräußerung durch die Beklagte nicht hinweggedacht werden, ohne daß die Unmöglichkeit der Restitution entfiele, so daß eine Kausalität der Handlung der Beklagten für den Vermögensverlust der Klägerinnen gegeben ist. Außerdem gebietet auch der Zweck der Regelung ihre Anwendung auf Fälle wie den vorliegenden. Wenn das InVorG schon bei einem Vermögensverlust infolge eines rechtmäßigen Verfahrens des Verfügungsberechtigten dem ursprünglich Berechtigten einen Anspruch auf Erlösauskehr bzw. Wertersatz zugesteht, so muß dies nach Auffassung des Senats für einen Rechtsverlust infolge eines unrechtmäßigen Verfahrens der Verfügungsberechtigten erst recht gelten. Anderenfalls könnte der Restitutionsberechtigte nur unter den besonderen Voraussetzungen der Amts- bzw. Staatshaftung Schadensersatz erlangen. Im Rahmen eines Anspruchs aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG müßte zusätzlich ein Verschulden des Verfügungsberechtigten nachgewiesen werden. Eine derartige Benachteiligung des Restitutionsberechtigten aufgrund eines nicht ordnungsgemäßen Verhaltens des Verfügungsberechtigten widerspricht dem Sinn und Zweck der Regelung des § 16 InVorG.

Da die Beklagte den Erlös bereits an die Klägerinnen ausgekehrt hat, besteht ein weitergehender Anspruch auf Zahlung in Höhe des Verkehrswertes nur, wenn der Erlass den Verkehrswert unterschritten hat. Dies ist der Fall, wie das Landgericht ebenfalls zu Recht festgestellt hat.

Maßgeblicher Stichtag ist der Zeitpunkt der Eintragung der Sp & G GbR, nämlich der 16. April 1996. Insoweit regelt zwar § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG, daß es maßgeblich auf den Zeitpunkt ankomme, in dem der Investitionsvorrangbescheid vollziehbar wird. Im Zusammenhang damit steht § 10 InVorG, wonach der Bescheid nicht vor Ablauf von 2 Wochen ab seiner Bekanntgabe vollzogen werden darf. Im vorliegenden Fall ist jedoch eine Bekanntgabe der dem Investitionsvorrangbescheid gleichstehenden "Bescheinigung" vom 31. Mai 1991 allenfalls an den Investor erfolgt, nicht jedoch an den damals noch lebenden Ha H L oder an die Klägerin zu 2). Der Bescheid hätte den Berechtigten jedoch mitgeteilt werden müssen. Gemäß § 3 a Abs. 3 Satz 6 VermG war dem Berechtigten die Entscheidung zuzustellen. Mit "Entscheidung" ist die Absicht über die Veräußerung gemeint, wie sich aus § 3 a Abs. 3 Satz 1 VermG ergibt. Der Bescheid vom 31. Mai 1991 hätte somit an "bekannte Berechtigte" zugestellt werden müssen. Das war jedenfalls der Anmelder von Ansprüchen, Herr Ha L, da für diesen ausdrücklich Restitutionsansprüche geltend gemacht worden waren, was der Beklagten durch den Landkreis S unter dem 26. März 1991 mitgeteilt worden war. Da für ihn zudem ein B Rechtsanwalt Ansprüche angemeldet hatte, wäre es der Beklagten unschwer möglich gewesen, Herrn Ha L den Bescheid zuzustellen. Auf die unterlassene Bekanntgabe an diesen Berechtigten kann sich dessen Erbin, die Klägerin zu 1), ohne weiteres berufen. Aber auch die Klägerin zu 2) war "bekannte Berechtigte" im Sinne des § 3 a Abs. 3 Satz 1 VermG. Ob sie selbst ihre Ansprüche mit dem Schreiben des Rechtsanwalts Sch vom 30. November 1990 bereits ordnungsgemäß angemeldet hatte, kann zwar fraglich sein. In der Anmeldung wird im ersten Satz nur erwähnt, daß der Rechtsanwalt sich für Herrn Ha L bestellt. Die Vollmacht, auf die Bezug genommen wird, ist nicht vorgelegt worden, so daß daraus keine Schlüsse gezogen werden können. Jedenfalls wird in dem Schreiben aber im letzten Absatz mitgeteilt, daß u. a. das streitgegenständliche Grundstück dem jüdischen Eigentümer während der NS-Zeit entzogen worden sei. Dieser sei verstorben und Erben seien seine beiden Kinder, Ha L und M L R. Da sich aufgrund dieser mitgeteilten Tatsachen, die der Beklagten bekanntgemacht worden sind, die Berechtigung auch der Klägerin zu 2) gemäß § 2 VermG feststellen ließ, mußte auch dieser der Bescheid über die Veräußerung zugestellt werden. Als Verfügungsberechtigte über das Grundstück mußte die Beklagte davon ausgehen, daß die ihr benannte Miterbin des früher eingetragenen Eigentümers Rechte an dem Grundstück haben konnte. Dies allein rechtfertigt bereits ihre Einbeziehung in das Verfahren, das zum Verlust ihrer möglichen Rechte führen sollte.

Soweit die Beklagte meint, es hätte ohnehin keine Unterrichtungspflicht bestanden, weil das VermG in § 1 Abs. 6 erst später um dessen Satz 2 ergänzt worden sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Auch in der 1991 geltenden Fassung war in § 1 Abs. 6 VermG geregelt, daß das Gesetz entsprechend auf vermögensrechtliche Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden ist, die in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen verloren haben. Jüdische Eigentümer, die aufgrund der Verfolgungen während der Nazizeit ihr Eigentum verloren hatten, bzw. deren Erben waren mithin von Anfang an Berechtigte im Sinne des VermG. Zwar mag es zutreffen, daß vereinzelt die Ansicht vertreten wurde, Ansprüche Verfolgter der NS-Zeit schieden aus, wenn anschließend das enteignete Objekt nochmals Gegenstand einer Enteignung auf besatzungsrechtlicher Grundlage war (so KG, VIZ 92, 65 ff). Die Beklagte hatte jedoch, gerade bei umstrittener Rechtslage, nach allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts die Anmelder von Ansprüchen zu beteiligen, zumal bis zu einem bestandskräftigen Abschluß des Verfahrens vor den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen ohnehin nicht feststand, wer tatsächlich Rechte an dem Grundstück mit Erfolg geltend machen konnte. Bis dahin jedenfalls mußten im Verfahren nach dem InVorG bzw. nach § 3 a VermG alle diejenigen beteiligt werden, zu deren möglichen Rechtsverlust das Investitionsverfahren führen konnte.

Nach allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts erlangt ein Verwaltungsakt gemäß § 41 Abs. 1 VwVfG Wirksamkeit erst mit der Bekanntgabe an mindestens einen Betroffenen. Gegenüber weiteren Adressaten erlangt der Verwaltungsakt erst mit Zustellung an diese bzw. mit deren Kenntnisnahme Wirksamkeit, § 43 Abs. 1 VwVfG. Die Klägerinnen haben erst mit Zustellung des Bescheids vom 13. Mai 1998 Kenntnis vom Inhalt des Bescheides der Beklagten vom 31. Mai 1991 erlangt. Nach dem Eingangsstempel des Rechtsanwalts der Klägerinnen war dies am 18. Mai 1998. Etwas anderes ist auch von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Gleichwohl ist hier für den Stichtag der Verkehrswertermittlung nicht auf den 18. Mai 1998 abzustellen. Nach dem Sinn und Zweck des § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG kann es ausnahmsweise auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme nicht ankommen, sondern auf einen früheren Zeitpunkt. Der Anspruch auf Erlös und die Differenz zum etwa unterschrittenen Verkehrswert ist das Surrogat für eine unmöglich gewordene Restitution des Grundstücks. Im Normalfall tritt die Unmöglichkeit mit dem investiven schuldrechtlichen Vertrag ein, der aufgrund eines wirksamen Investitionsvorrangbescheides geschlossen wird (allgemeine Ansicht, vgl.: Rodenbach, a.a.O., § 16 Rz. 4, 11; Rädler/Raupach/Betzzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 16 InVorG Rz. 27 f.; Jesch/Ley, InVorG, § 16 Rz. 3 ff.). Wenn - wie hier - der dem Investitionsvorrangbescheid gleichstehende Bescheid nach § 3 a VermG a. F. den Anmeldern nicht zugestellt wird, also nicht vollziehbar wird, wirkt der investive Vertrag (hier der Kaufvertrag mit der R GmbH) nicht als Unmöglichkeitsgrund für die Restitution. Trotz des investiven Vertrages und des folgenden Bescheids war die Restitution an die Berechtigten, wie oben dargestellt, bis zum gutgläubigen Erwerb durch die Sp & G GbR noch möglich. Deshalb geht der Senat davon aus, daß entgegen der ausdrücklichen Regelung über den Bewertungsstichtag, jedoch im Einklang mit der Zielsetzung des InVorG auf denjenigen Zeitpunkt abgestellt werden muß, zu dem die Restitution unmöglich geworden ist. Entsprechende Überlegungen werden auch vielfach vertreten für die vergleichbare Situation, daß ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt wird. Rädler/Drygalski etwa vertreten für diesen Fall, daß Bewertungsstichtag der Zeitpunkt des Untergangs des vermögensrechtlichen Rückgabeanspruchs sein muß, wenn trotz der an sich angeordneten Vollziehbarkeit des Bescheides aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Verfahrens es weiterhin möglich bleibt, den Gegenstand zu restituieren ([§ 16 Rz. 46; vgl. auch Jesch, § 16 Rz. 16]). Es kommt deshalb auf denjenigen Verkehrswert an, den das Grundstück am 16. April 1996 hatte.

Diesen Verkehrswert hat der Sachverständige K. in seinem vom Landgericht eingeholten Gutachten vom 13. September 2000 für das Flurstück mit 2.300.000,00 DM und für das Flurstück mit weiteren 88.000,00 DM ermittelt. Der Senat folgt dem schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten des Sachverständigen, der auch die zutreffenden Methoden seiner Wertermittlung zugrundegelegt hat. Gegen die eigentliche Wertermittlung durch den Sachverständigen ist auch durch die Parteien weder in I. noch in II. Instanz etwas eingewendet worden. Die Parteien streiten allein über die Frage, ob durch die Erwerber getätigte Investitionen zu bewerten sind und wann diese gegebenenfalls getätigt wurden. Daß der Sachverständige den tatsächlichen Bauzustand zum Stichtag richtig zugrundegelegt hat, wird nicht in Abrede gestellt. Da die Gebäude wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind (§ 94 BGB) hat der Sachverständige im Ausgangspunkt auch zutreffend deren Zustand mit zur Wertermittlung herangezogen. Zum Verkehrswert eines Grundstücks zu einem bestimmten Stichtag gehört grundsätzlich auch die Bewertung der aufstehenden Baulichkeiten, soweit diese nicht ausnahmsweise kein Bestandteil des Grundstückes sind, was hier jedoch nicht der Fall ist. Es kann sich demnach nur die Frage stellen, ob hier von diesem Grundsatz eine Ausnahme dahin zu machen ist, daß der Wert der etwa von den Erwerbern getätigten Investitionen vom ermittelten Verkehrswert in Abzug zu bringen ist. Ein derartiger Abzug ist jedoch nicht vorzunehmen, weshalb es auf den Streit zwischen den Parteien über Zeitpunkt, Art und Auswirkung etwa durchgeführter Baumaßnahmen etc. durch die R GmbH bzw. die Sp & G GbR nicht ankommt. Denn es ist jedenfalls unstreitig, daß keine Investitionen einbezogen worden sind, die nach dem maßgeblichen Stichtag getätigt worden sein sollen. Die speziellen Vorschriften, die den durch den Berechtigten zu leistenden Wertausgleich regeln (etwa § 7 VermG), sind nicht einschlägig, wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Nach Auffassung des Senats ist es auch nach Sinn und Zweck der Vorschriften des VermG und des InVorG aufgrund der Interessenlage der Parteien nicht geboten, hier einen Abzug etwa durch Dritte erbrachter Wertsteigerungen vorzunehmen. Daß eine solche Abwägung im Rahmen des § 16 InVorG geboten sein kann, ergibt sich auch aus Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (NJW 2000, 437; BGHZ 142, 111 ff.). Auch er wendet die Vorschriften nicht nur schematisch an, sondern prüft, was die jeweilige Interessenlage gebietet (vgl. dazu auch Rädler, § 16 Rz. 26 ff.). Dabei ergibt sich aus der erstgenannten Entscheidung folgendes: Handelt ein Investor bereits vor Wirksamkeit des Investitionsvorrangbescheides, so grundsätzlich auf eigenes Risiko. Wird aber der Bescheid dann später erlassen, werden die von ihm im Vorgriff getätigten Maßnahmen gebilligt, nachträglich in den Schutzbereich des Investitionsvorrangbescheides einbezogen und demzufolge die Investitionen ausnahmsweise nicht in die Berechnung des Wertes einbezogen, der dem Berechtigten zum Ausgleich zu bringen ist. Tragende Grundlage dafür ist letztlich die Überlegung, daß der Investor nach einem wirksamen Bescheid auch gegenüber dem Berechtigten über das Grundstück verfügungsberechtigt ist. Das bloß vorgreifliche Handeln, das nachträglich aufgrund eines wirksamen Investitionsverfahrens gebilligt wird, soll entsprechend dem Ziel des InVorG, schnelle Investitionen zu ermöglichen, der dem Bescheid nachfolgenden Investition gleichgestellt werden. Der Berechtigten ist in diesem Fall eben nicht schutzwürdiger als der Investor, weil der Investitionsvorrangbescheid - wenn auch zeitlich nach der Investition - wirksam gegenüber dem Berechtigten ergeht. Vorliegend ist es jedoch anders: Der Bescheid nach § 3 a VermG ist den Berechtigten gegenüber eben nicht wirksam geworden, bevor das Grundstück unwiderbringlich an einen Dritten veräußert worden ist. Die R GmbH handelte ohne Berechtigung durch einen in einem wirksamen Verfahren zustandegekommenen Investitionsvorrangbescheid oder diesem gleichstehende Maßnahmen. Auch die Sp & G GbR handelte jedenfalls vor Erwerb des Eigentums durch Eintragung im Grundbuch auf eigenes Risiko, da sie auf fremden Grund und Boden Investitionen vornahm. Demnach sind bei wertender Betrachtung hier allein die Klägerinnen und nicht die Investoren als schutzwürdig anzusehen. Im übrigen kann es darauf, ob die Investoren möglicherweise gutgläubig gewesen sind, nicht entscheidend ankommen. Maßgeblich ist allein das Verhältnis zwischen Klägerinnen und Beklagter. Die Beklagte hat die Klägerinnen an dem Verfahren nicht beteiligt, so daß die Klägerinnen ihre Rechte nicht wahren konnten. Auf diesem fehlerhaften Verhalten der Beklagten beruht der Ersatzanspruch der Klägerinnen; der Beklagten gegenüber sind allein die Klägerinnen schutzwürdig. Den Investoren wird durch diese Bewertung im übrigen nichts genommen, da ihnen bei Gutgläubigkeit ihre etwa getätigten Aufwendungen verbleiben. Bei Bösgläubigkeit haben sie sich mit der Beklagten auseinanderzusetzen. Es muß daher im vorliegenden Fall bei dem allgemeinen Grundsatz bleiben, daß der objektive Verkehrswert des Grundstücks zum maßgeblichen Stichtag festzustellen ist, mithin ungemindert durch Investitionen Dritter. Deshalb steht den Klägerinnen ein Anspruch auf den Verkehrswert in Höhe von insgesamt 2.388.000,00 DM zu, wovon der den Klägerinnen bereits ausgekehrte Erlös in Höhe von 396.000,00 DM in Abzug zu bringen ist. Es verbleibt demnach ein noch zu zahlender Restbetrag in Höhe von 1.992.000,00 DM, der 1.018.493,43 € entspricht.

Ein Anspruch auf den Verkehrswert in derselben Höhe steht den Klägerinnen auch aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zu, § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG.

Der Beigeordnete der Beklagten W handelte beim Vertragsschluß mit der R GmbH und der Vertreter des Bürgermeisters der Beklagten bei Erlaß der Bescheinigung vom 31. Mai 1991 als Beamter im Sinne des Amtshaftungsrechtes. Die Pflicht zur Unterrichtung der Anmelder nach § 3 a Abs. 3 Sätze 1 bis 3 und 6 VermG a. F. traf ebenfalls die Beamten der Beklagten als der Verfügungsberechtigten. Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, wurden alle gemäß § 3 a Abs. 3 VermG i.V.m. §§ 28, 41 Abs. 1 VwVfG bestehenden Unterrichtungs- und Berücksichtigungspflichten verletzt. Die Klägerin zu 1) kann diese gegenüber dem Anmelder, Herrn Ha L, festzustellende Pflichtverletzung als dessen Witwe und Erbin der Beklagten gegenüber geltend machen. Die Klägerin zu 2) war ebenfalls bekannte Berechtigte, da sie in dem Anmeldungsschreiben als Erbin nach L L benannt worden war. Ob über diese Amtspflichtverletzungen hinaus auch in dem Verkauf des Grundstücks unter Verkehrswert eine weitere Pflichtverletzung lag, kann offenbleiben, da schon die in der Nichtberücksichtigung liegende Pflichtverletzung den Anspruch bereits begründet. (Aus der früheren Fassung von § 3 a Abs. 5 Satz 2 VermG ergibt sich jedenfalls nicht, daß ein Verkauf unterhalb des Verkehrswertes zulässig ist. Danach bestand zwar ein Ersatzanspruch damals nur, wenn der Verkehrswert nicht unwesentlich unterschritten wurde. Aus dieser Regelung kann jedoch nicht darauf geschlossen werden, daß grundsätzlich ein Unterschreiten des Verkehrswertes beim Verkauf zulässig gewesen wäre. Das Nichtbestehen eines Ersatzanspruches besagt noch nicht, daß das Handeln des Verfügungsberechtigten in diesem Fall ohne weiteres zu billigen ist. Die zwischen den Parteien streitige Frage jedoch, welchen Wert das Grundstück im Verkaufszeitpunkt an die R GmbH tatsächlich gehabt hat, braucht nicht durch Einholung eines weiteren Gutachtens geklärt zu werden).

Die Pflicht, die Anmelder am Verfahren nach § 3 a VermG zu beteiligen, besteht allein in deren Interesse. Die Anmelder sind deshalb in den Schutzbereich dieser Verpflichtung einbezogen. Die Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt, wobei offenbleiben kann, ob ein Vorsatz vorgelegen hat. Ihr Verhalten war jedenfalls fahrlässig, da der Beklagten die Anmeldung von Ansprüchen bekannt war und sie ohne weiteres die Klägerinnen im Verfahren hätte beteiligen können. Auch wenn die Beklagte aufgrund der früheren Fassung des § 1 Abs. 6 VermG angenommen haben sollte, die Ansprüche der Klägerinnen seien möglicherweise durch die dem Zwangsverkauf nachfolgende Enteignung des Käufers von 1938 ausgeschlossen, so hätte sie doch erkennen können, daß die Klägerinnen bzw. Herr Ha L durch die Anmeldung ihrer Ansprüche im Restitutionsverfahren als möglicherweise betroffene Beteiligte des Investitionsvorrangverfahrens waren und als solche hätten beteiligt werden müssen. Darauf, ob der 1. Beigeordnete der Beklagten, Herr W, möglicherweise vorsätzlich gehandelt hat und ob die Beklagte dies außerprozessual eingeräumt haben könnte, kommt es deshalb nicht an, weil eine anderweitige Ersatzmöglichkeit für die Klägerinnen ohnehin nicht ersichtlich ist, so daß es für die Rechtsfolge des Schadensersatzanspruches unerheblich ist, welche Verschuldensform bei der Beklagten vorgelegen hat.

Durch das Verhalten der Beklagten ist den Klägerinnen ein Schaden entstanden, und zwar die Nichtrestitution des Grundstücks. Insoweit wird Bezug genommen auf die obigen Ausführungen sowie auf die zutreffenden Darlegungen des Landgerichts. Durch die Nichtbeteiligung der Klägerinnen hat die Beklagte ursächlich dazu beigetragen, daß die Sp & G GbR das Grundstück gutgläubig erwerben konnte, und damit den Restitutionsanspruch der Klägerinnen vereitelt. Es trifft auch nicht zu, daß bei Einbeziehung der Klägerinnen es ebenfalls zu einem Verkauf an die R GmbH gekommen wäre. Insoweit ist das Berufungsvorbringen der Beklagten erfolglos. Das angemeldete "Konzept" der R GmbH war praktisch inhaltsleer wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat. Das sogenannte Nutzungskonzept vom 23. April 1991 enthält nicht mehr als eine äußerst knappe Beschreibung des damaligen Zustandes, der sich in nur drei kurzen Sätzen erschöpft. Das "Konzept" über die künftige Nutzung ist ebenfalls vage und pauschal gehalten. Es wird lediglich die Vergrößerung der Schaufenster, der Einbau einer Zentralheizung und die Erneuerung der Elektro-, Wasser- und Abwasserleitungen sowie die Notwendigkeit des Einbaus von Bädern und der Erneuerung der Fenster erwähnt. Über das allgemein Notwendige bei der Renovierung Jahrzehnte alter, weitgehend vernachlässigter Häuser geht dies nicht hinaus. Die Aussage, es könnten "9 neue Arbeitsplätze geschaffen werden" erscheint völlig aus der Luft gegriffen. Es ist nicht ersichtlich, worauf sich diese Aussage bezieht. Schließlich wird noch ein Investitionsvolumen von ca. 1,8 Mio benannt, ohne daß irgendeine Aufschlüsselung erfolgt wäre. Es handelt sich damit nicht um ein Konzept und schon gar nicht um ein konkret auf das Objekt G Straße in S zugeschnittenes Vorhaben. Im Grunde erschöpft sich das Schreiben vom 23. April 1991 in dem Hinweis, "es werde wohl etwas investiert werden müssen". Es wäre für die Anmelder ein leichtes gewesen, ein jedenfalls gleichwertiges "Konzept" vorzulegen. Derart magere Angaben wie die R GmbH konnte jeder Dritte selbst ohne Hinzuziehung von Fachleuten machen. Bei Gleichwertigkeit der vorliegenden Konzepte hätte der Berechtigte nach Sinn und Zweck des VermG den Vorzug erhalten müssen. Es trifft nicht zu, daß die Beklagte in diesem Fall ohne weiteres mit der R GmbH hätte abschließen dürfen. Zwar ist erst im InVorG in der Fassung vom 4. August 1997 in § 7 Abs. 1 Satz 3 ausdrücklich geregelt, daß der Anmelder in der Regel den Vorzug genießt, wenn annähernd gleiche investive Maßnahmen zugesagt werden. Dies ist jedoch unerheblich, da sich dasselbe schon aus Sinn und Zweck des Gesetzes ergibt, das einen Ausgleich zwischen schnellstmöglicher Investition und den Interessen des Berechtigten schaffen sollte. Die Beklagte hätte bei Vorliegen mehrerer Investitionskonzepte eine Ermessensentscheidung treffen müssen. Bei Vorliegen in etwa gleichwertiger Konzepte wäre das Ermessen nach dem Sinn des § 1 VermG nur dann ordnungsgemäß ausgeübt worden, wenn die ältere Berechtigung der Klägerinnen zum Zuge gekommen wäre. Es liegt den Zwecken des InVorG fern, bereits durch die Verfolgung des Naziregimes Enteignete gleichsam nochmals zu enteignen. Die Beklagte hätte jedenfalls in Betracht ziehen müssen, daß es sich bei den Anmeldern um die direkten Nachkommen des ursprünglich Berechtigten L L handelte. Es ist auch zu vermuten, daß die Anmelder, die ihr Interesse an der Restitution des Grundstücks durch die Anmeldung ihrer Rechte dokumentiert haben, auch eine entsprechende Investition vorgenommen hätten. Die Beweislast für das Gegenteil obliegt jedenfalls der Beklagten, zumal allein die Beklagte durch die Nichtbeteiligung der Klägerinnen deren Möglichkeit vereitelt hat, zum damaligen Zeitpunkt ihrerseits ein Konzept vorzulegen. Die Behauptung der Beklagten, wegen des Alters der Berechtigten wäre eine Investition nicht erfolgt, entbehrt jeder Grundlage. Gleiches gilt für die Behauptung, die Klägerinnen nähmen offensichtlich schon erhebliche Kredite in Anspruch und hätten deshalb nicht investieren können. Weder gibt es einen allgemeinen Erfahrungsgrundsatz, daß ältere Menschen nicht investieren, noch besagt die Inanspruchnahme von Kredit, daß keine weitergehende Kreditwürdigkeit besteht. Die Beklagte hat den Berechtigten die Möglichkeit genommen, sich mit der Frage von Investitionen überhaupt auseinanderzusetzen. Deshalb kann es nunmehr auch nicht Sache der Klägerinnen sein, nachträglich ein fertiges Konzept vorzulegen, zumal das einzige vorliegende Investorenkonzept dieser Bezeichnung nicht wirklich würdig ist. Der Beklagten muß es unter diesen Umständen verwehrt sein, sich auf ein einfaches Bestreiten zurückzuziehen. Insgesamt hat die Beklagte damit nicht ausreichend dargelegt, daß eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung zugunsten der R GmbH hätte ausgehen können oder gar müssen. Es kann deshalb im vorliegenden Rechtsstreit festgestellt werden, daß bei ordnungsgemäßem Handeln der Beklagten eine Restitution an die Klägerinnen hätte erfolgen können. Sie sind deshalb für den Verlust des Restitutionsrechts zu entschädigen.

Hinsichtlich der Schadenshöhe gilt das oben Ausgeführte entsprechend. Wie schon das Landgericht richtig dargelegt hat, kommt es auf den Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Vereitelung der Restitution an, d. h. auf die Eintragung der Sp & G GbR im Grundbuch am 16. April 1996. Auch hinsichtlich der Einbeziehung des Werts eventueller Investitionen durch die R GmbH bzw. die Sp & G GbR gelten dieselben Erwägungen wie zum Anspruch nach § 16 Abs. 1 Satz 3 InVorG. Die Interessenlage der Beteiligten ist dieselbe, da auch im Rahmen des Amtshaftungsanspruches wegen des Verlustes des Restitutionsanspruches Schadensersatz zu leisten ist. Auch nach § 839 BGB sind die Klägerinnen so zu stellen, wie sie bei einer erfolgten Restitution gestanden hätten. Die Klägerinnen haben demnach Anspruch auf die Differenz zwischen Erlös und Verkehrswert in Höhe von 1.018.493,43 €.

Außerdem können die Klägerinnen weiteren Schadensersatz wegen verauslagter Gutachterkosten geltend machen. Das Gutachten war notwendig, um den Anspruch gegen die Beklagte durchzusetzen. Die Zahlung ist durch Kontoauszug vom 14. Oktober 1999 (Bl. 375) belegt. Hinsichtlich der Höhe der Kosten haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2001 (S. 9) substantiiert vorgetragen, ohne daß die Beklagte hierauf erwidert hätte. Selbst wenn die Kosten höher als üblich gewesen sein sollten, so wäre es jedenfalls Sache der Beklagten gewesen, den Klägerinnen hier ein Auswahlverschulden nachzuweisen. Dafür fehlt es jedoch an Vortrag. Den Klägerinnen stehen deshalb weitere 9.633,12 DM, mithin insgesamt 2.001.633,12 DM = 1.023.418,63 € zu.

Der Antrag der Klägerinnen, der auf Leistung "an die Klägerinnen" gerichtet ist, ist nicht zu beanstanden. Soweit die Beklagte einwendet, die Klägerinnen seien nicht Gesamtgläubiger, ist dies unzutreffend. Die Klägerinnen sind jeweils zur Hälfte Erbinnen nach L L. Daß eine Auseinandersetzung bereits stattgefunden hat, ist weder ersichtlich, noch vorgetragen worden. Deshalb steht der Anspruch den Klägerinnen als Miterbinnen zur gesamten Hand zu, §§ 2032, 2039 BGB.

Aus diesem Grund ist auch die hilfsweise erklärte Aufrechnung der Beklagten unzulässig. Der Beklagten steht - aus abgetretenem Recht - ein titulierter Anspruch nur gegen die Klägerin zu 1) zu. Die Aufrechnung setzt gemäß § 387 BGB die Gegenseitigkeit der Forderung voraus. Diese ist jedoch nicht gegeben, wenn gegen eine zum Nachlaß gehörende Forderung mit einer Forderung aufgerechnet werden soll, die dem Schuldner nur gegenüber einzelnen Miterben zusteht, § 2040 Abs. 2 BGB.

Im Hinblick auf den geltend gemachten Zinsanspruch der Klägerinnen, der ihnen mit dem angefochtenen Urteil in voller Höhe zuerkannt worden ist, hat die Beklagte ihre Berufung nicht begründet. Sie hatte zwar in I. Instanz die Behauptung der Klägerinnen, Kredit in entsprechender Höhe zu einem Zinssatz von mindestens 8 % in Anspruch zu nehmen, bestritten, hat dieses Bestreiten jedoch in II. Instanz nicht aufrechterhalten, sich vielmehr die Ausführungen der Klägerinnen zu eigen gemacht (S. 15 d. Berufungsbegründung, Bl. 314). Jedenfalls fehlt es insoweit an einer Berufungsbegründung, so daß der Zinsausspruch des angefochtenen Urteils nicht zu überprüfen war.

Der Inhalt des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 16. Mai 2002 gab keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da die angesprochenen Rechtsfragen bereits Gegenstand der Erörterung im Senatstermin vom 16. April 2002 waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Beklagten: 1.023.418,63 €.

Ende der Entscheidung

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