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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 11.02.2004
Aktenzeichen: 3 U 104/03
Rechtsgebiete: BGB, ZVG


Vorschriften:

BGB § 535 Abs. 1 Satz 3
BGB § 545 Satz 1
BGB § 546a Abs. 1
BGB § 546a Abs. 2
BGB § 568 S. 1 a.F.
BGB § 988
BGB § 1124
BGB § 1124 Abs. 2
ZVG § 22 Abs. 2
ZVG § 152 Abs. 2
ZVG § 155 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 104/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht ... sowie der Richter am Oberlandesgericht ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. März 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin - 1 O 415/02 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger, der mit Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 05. November 2001 - ... L .../01 (Kopie GA I 6 f.) zum Zwangsverwalter des Anwesens R... Straße ... in ... W..., eingetragen im Grundbuch von W... auf Blatt ..., bestellt wurde, nimmt die Beklagte, die das Areal aufgrund eines am 02. Juli 2001 mit Rechtsanwalt ... M... als Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin - der ... H... GmbH - abgeschlossenen Unternehmenskaufvertrages (Kopie GA I 10 f.) in Besitz und Gebrauch hat, auf Zahlung eines Nutzungsentgelts für Dezember 2001 bis einschließlich Januar 2003 in Anspruch (14 m. x € 4.814,00 p.m. = € 67.396,00). Für die Zeit danach begehrt der Kläger die Feststellung, dass ihm die Beklagte ein monatliches Nutzungsentgelt in Höhe von € 4.818,00 schuldet.

Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der bisherigen Prozessgeschichte wird zunächst auf die angefochtene Entscheidung verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Eingangsinstanz hat der Klage in vollem Umfange stattgegeben. Das landgerichtliche Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, ist der Beklagten am 15. Mai 2003 zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zugestellt worden. Sie hat am 11. Juni 2003 mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel - nach antragsgemäßer Fristverlängerung bis zum 22. Juli 2003 - durch einen am 18. Juli 2003 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet.

Die Beklagte ficht das erstinstanzliche Urteil - unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens - vollumfänglich an. Sie meint, das Landgericht sei aufgrund fehlerhafter Auslegung des Kaufvertrages und der Zusatzvereinbarung vom 02. Juli 2001 (Kopie GA I 42 f.) zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Nutzungsentgelt geschuldet werde. Im Einzelnen trägt sie dazu insbesondere Folgendes vor:

Auf § 988 BGB könne der klägerische Anspruch nicht gestützt werden. Sie - die Beklagte - habe den Besitz an dem streitgegenständlichen Grundstück ganz offensichtlich nicht unentgeltlich erlangt. Im Kaufpreis sei - wie schon in der Klageerwiderung vorgetragen (GA I 38, 40) - ein anteiliges Nutzungsentgelt in Höhe von DM 240.000,00 für Juli 2001 bis einschließlich Juni 2003 enthalten. Mit der Formulierung, wonach die Überlassung unentgeltlich erfolge, habe nur sichergestellt werden sollen, dass sie - die Beklagte - nicht noch ein weiteres Nutzungsentgelt entrichten müsse. Die Zusatzvereinbarung vom 02. Juli 2001, wonach der Insolvenzverwalter dieses gegebenenfalls zurückerstatten müsse, bestätige, dass das Nutzungsentgelt in die Kaufpreisbemessung eingeflossen sei; anders lasse sich die Vereinbarung nicht erklären. Die Frage der Einbeziehung des Nutzungsentgelts habe man bei Abschluss des Kaufvertrages offen angesprochen und dann wie dargelegt geregelt. Der Kläger müsse sich mit seinem Forderungen an den Insolvenzverwalter wenden. Er sei - analog § 152 Abs. 2 ZVG - in den bestehenden Überlassungsvertrag eingetreten.

§ 1124 BGB komme im Streitfall schon deshalb nicht zur Anwendung, weil es keineswegs um Miet- oder Pachtzinszahlungen, sondern um Leistungen aufgrund eines mit dem Insolvenzverwalter abgeschlossenen Kaufvertrages gehe. Ihr - der Beklagten - gegenüber sei zudem die Beschlagnahme nicht wirksam geworden; sie habe kein Zahlungsverbot nach § 22 Abs. 2 ZVG zugestellt bekommen. Im Übrigen seien die Zahlungen an den Insolvenzverwalter vereinbarungsgemäß in Raten geleistet worden; dies habe geschehen müssen, weil sonst die gesamte Restschuld aus dem Kaufvertrag sofort fällig geworden wäre.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenfällig zurückzuweisen.

Er verteidigt - sein erstinstanzliches Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das angefochtene Urteil. Ergänzend führt er insbesondere Folgendes aus:

Die Beklagte habe keinen hinreichenden Berufungsgrund vorgebracht. Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung, die sich an dem eindeutigen Wortlaut des Vertrages orientiere, sei nicht unvertretbar. Die Partner des Kaufvertrages hätten die Überlassung ausdrücklich als unentgeltlich gewollt; im Gegensatz dazu seien die einzelnen Positionen des Anlagevermögens in der Urkunde explizit aufgeschlüsselt. Die Zusatzvereinbarung sei nur für den Fall geschlossen worden, dass die Unentgeltlichkeitsabrede im Verhältnis zu Dritten keine Wirksamkeit entfalten könne. Die Beklagte habe danach die Möglichkeit, bei dem Insolvenzverwalter Rückgriff zu nehmen. Vom Wortlaut der Kaufvertragsurkunde abweichende Regelungen seien nicht getroffen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, auf die Terminsprotokolle beider Instanzen und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

A. Die Berufung der Beklagten ist zulässig; das Rechtsmittel wurde von ihr insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst bleibt es jedoch erfolglos. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger kann von der Beklagten für das Anwesen R... Straße ... in ... W... - betreffend den Zeitraum von Dezember 2001 bis einschließlich Januar 2003 - ein Nutzungsentgelt in Höhe von insgesamt € 67.396,00 (14 m. x € 4.814,00 p.m.) verlangen; für die Zeit danach schuldet sie ihm ein Entgelt von € 4.818,00 pro Monat. Der Anspruch besteht - wie im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert wurde - unabhängig davon, ob die Überlassung des Areals im Rahmen des Unternehmenskaufvertrages vom 02. Juli 2001 (Kopie GA I 10 ff.) entgeltlich erfolgte oder nicht. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Für die Zeit ab dem 01. Juli 2003 hat der Kläger schon nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten - sowohl aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§ 987 Abs. 1 i.V.m. § 990 Abs. 1 Satz 2 BGB analog) als auch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 818 Abs. 1 i.V.m. § 812 Abs. 1 BGB) - einen Anspruch auf Herausgabe der gezogenen Früchte und Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB). Aus seiner Aufgabe, für eine ordnungsmäßige Nutzung des Grundstücks zu sorgen und eine Schmälerung der nach § 155 Abs. 2 ZVG zu verteilenden Überschüsse zu vermeiden, folgt die Befugnis des Zwangsverwalters, neben den Miet- und Pachtzinsen alle Ansprüche geltend zu machen, die sich aus einer rechtsgrundlosen Benutzung des zwangsverwalteten Objekts oder aus der Verletzung von Besitzrechten ergeben (arg. § 1126 Satz 1 i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB; vgl. BGHZ 109, 171, 173 f.; BGH, Urt. v. 14. 05.1992 - IX ZR 241/91, WM 1992, 1506 = NJW 1992, 2487; ferner Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 2. Aufl., ZwVerwO § 3 Rdn. 5; Stöber, ZVG, 17. Aufl., § 152 Rdn. 3.11 und 11.2 lit. a).

a) Das Recht zum Besitz, das die Beklagte aus § 10 des Kaufvertrages (Kopie GA I 10, 16) - auch im Verhältnis zum Kläger - für sich herleitet, endete spätestens mit dem Ablauf des 30. Juni 2003. Dies war der Beklagten von Anfang an bekannt; schon deshalb scheidet Gutgläubigkeit aus. Der Endtermin ist in der Kaufvertragsurkunde zwischen dem Insolvenzverwalter der .... H... GmbH - Rechtsanwalt ... M... - und der Beklagten ausdrücklich vereinbart worden; Letztere hat sich darin zudem verpflichtet, das Grundstück nach Ablauf des vertraglich bestimmten Nutzungszeitraums - von ihren Sachen geräumt - herauszugeben (§ 10 Satz 2 und 3 Kaufvertrag). Ob in Fällen der streitgegenständlichen Art § 545 Satz 1 BGB (§ 568 S. 1 BGB a.F.) einschlägig ist, kann hier offen bleiben; der Kläger hat einer stillschweigenden Verlängerung der Nutzungsvereinbarung jedenfalls mit Erhebung der vorliegenden Klage hinreichend deutlich widersprochen; die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs wurde von ihm - wie er wiederholt anwaltlich erklären ließ (GA I 3 und GA I 48) - lediglich deshalb zurückgestellt, weil ihm die Beklagte vorgerichtlich signalisiert habe, ab Juli 2003 möglicherweise einen Mietvertrag abschließen zu wollen.

b) Dass unter diesen Umständen keine Vorenthaltung des Grundstücks im Sinne des § 546a Abs. 1 BGB (§ 557 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.) gegeben ist, erweist sich als unschädlich. Denn die herrschende Auffassung, die der Senat teilt, nimmt - vor allem unter Hinweis auf § 546a Abs. 2 BGB (§ 557 Satz 2 BGB a.F.) - an, dass konkurrierende Ansprüche, insbesondere solche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis und aus ungerechtfertigter Bereicherung, jedenfalls außerhalb des Wohnraummietrechts keineswegs ausgeschlossen sind (vgl. BGHZ 44, 241; 68, 307, 309; BGH, Urt. v. 28.06.1967 - VIII ZR 59/65, NJW 1968, 197 = MDR 1967, 1002; Urt. v. 06.11.1968 - V ZR 85/65, WM 1968, 1370 = LM BGB § 987 Nr. 10; Urt. v. 23. 01.1974 - VIII ZR 219/72, NJW 1974, 556 = MDR 1974, 484; Urt. v. 15. 12.1999 - XII ZR 154/97, NZM 2000, 183 = NJW-RR 2000, 382; ferner Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, BGB § 557 Rdn. 50; Gather in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., BGB § 546a Rdn. 9; Jauernig/Teichmann, BGB, 10. Aufl., § 546a Rdn. 1; Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 546a Rdn. 20; Rolfs in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., BGB § 546 Rdn. 34; Scheuer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. V Rdn. 124 ff. und 127 ff.; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rdn. 1135 und 1140; a.M. Palandt/Bassenge aaO, Vorb v § 987 Rdn. 12).

c) Mit Einwendungen gegen die Höhe des vom Kläger verlangten Nutzungsentgelts ist die Beklagte im zweiten Rechtszug ebenfalls ausgeschlossen. Das Landgericht hat dieses Verteidigungsmittel - jedenfalls im Ergebnis - zutreffend als verspätet zurückgewiesen, weil es bereits in der Klageerwiderung hätte vorgebracht werden können und müssen (§ 531 Abs. 2 i.V. m. § 296 Abs. 1 und § 276 Abs. Satz 2 ZPO). Die Berufungsbegründung der Beklagten enthält insoweit - zu Recht - auch keine Verfahrensrügen.

2. Für den Zeitraum vom 01. Dezember 2001 bis zum 30. Juni 2003 schuldet die Beklagte dem Kläger ebenfalls ein Nutzungsentgelt von € 4.814,00 pro Monat. Auf die Frage, ob ihr das streitgegenständliche Betriebsgrundstück im Rahmen des Unternehmenskaufvertrages vom 02. Juli 2001 (Kopie GA I 10 ff.) wirklich unentgeltlich zum Gebrauch überlassen worden ist, kommt es im Ergebnis nicht an.

a) Stellt man mit der Eingangsinstanz maßgeblich darauf ab, dass die Partner des Kaufvertrages - nach dessen eindeutigem Wortlaut - die Unentgeltlichkeit ausdrücklich gewollt haben, so ist der Lösungsweg des Landgerichts völlig zutreffend.

aa) Nach der ganz herrschenden Meinung, die der Senat teilt, tritt der Zwangsverwalter kraft Gesetzes nur in bestehende und bereits in Vollzug gesetzte Miet- und Pachtverträge ein, nicht aber in sonstige Vertragsverhältnisse, die der Schuldner vor der Beschlagnahme begründet hat (vgl. Böttcher, ZVG, 3. Aufl., § 152 Rdn. 40 und 50 f.; Jaeckel-Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 152 Rdn. 3; Muth in Reinhardt/Müller/Dassler, ZVG, § 152 Rdn. 33; Steiner, ZVG, 5. Aufl., § 152 Anm. 3 lit. a und b). Diese Ansicht kann sich zunächst auf den klaren Wortlaut des § 152 Abs. 2 ZVG stützen. Sie entspricht zudem der besonderen rechtlichen Stellung des Zwangsverwalters; er ist nicht allgemeiner Rechtsnachfolger des Schuldners. Ferner korrespondiert allein diese Auffassung mit dem Sinn und Zweck der Zwangsverwaltung, die dazu dient, dem betreibenden Gläubiger aus Miet- oder Pachtzinsen die Befriedigung seiner grundpfandrechtlich gesicherten Ansprüche zu ermöglichen; das wäre ausgeschlossen, wenn der Zwangsverwalter etwa an einen längerfristigen Leihvertrag gebunden bliebe, mit dem der Schuldner einem Dritten den Gebrauch des Grundstücks noch vor Anordnung der Zwangsverwaltung gestattet hat. Eine analoge Anwendung von § 152 Abs. 2 ZVG auf unentgeltiche Nutzungsvereinbarungen scheidet deshalb aus.

bb) Ein Miet- oder Pachtvertrag im klassischen Sinne ist hier bereits nach den eigenen Darlegungen der Beklagten nicht geschlossen worden; sie beruft sich vielmehr auf Klauseln in einem Unternehmenskaufvertrag, mit denen die zeitweilige Überlassung des W... er Betriebsgrundstücks der Gemeinschuldnerin an die Beklagte geregelt wird. Ob die Nutzung danach entgeltlich erfolgt, darf nicht rein objektiv, sondern muss in aller erster Linie nach dem Willen der Vertragspartner bestimmt werden; maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob sie eine im Austauschverhältnis stehende Leistung vereinbart und diese als Gegenwert für die Gebrauchsüberlassung angesehen haben (vgl. dazu BGH, Urt. v. 09.10.1991 - XII ZR 122/90, WM 1992, 156 = NJW 1992, 496; Reinstorf in Bub/Treier aaO, Kap. I Rdn. 33 f.; Rittner, Der Gewerberaum-Mietvertrag, 3. Aufl., Rdn. 3 a.E.; jeweils m.w.N.). Das erscheint hier mit Blick auf die Abrede, wonach die Beklagte die laufenden Betriebskosten des Anwesens zu tragen hat, sehr fraglich. Denn die Tragung der Erhaltungskosten - das Gesetz nennt aufgrund seines historischen Ursprungs beispielhaft die Fütterungskosten eines Tieres - durch den Nutzer entspricht dem gesetzlichen Leitbild der Leihe (§ 601 BGB). Für den Mietvertrag gilt indes - nach wie vor (§ 535 Abs. 1 Satz 3 BGB = § 546 BGB a.F.) - der Grundsatz, dass die auf der Sache ruhenden Lasten vom Vermieter zu tragen sind. So hat das Oberlandesgericht Dresden erst jüngst ausgesprochen, dass von Entgeltlichkeit noch keine Rede sein kann, wenn der Nutzer lediglich die Kosten trägt, die den Gebrauch der Sache erst ermöglichen (Beschl. v. 07.11. 2002 - 4 W 1324/02, ZMR 2003, 250). Aus der Zusatzvereinbarung vom 02. Juli 2001 (Kopie GA I 42 f.), deren rechtswirksames Zustandekommen der Kläger mit Nichtwissen bestritten hat (GA I 47, 48), ist - anders als die Beklagte meint - ebenfalls nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass die Partner des Kaufvertrages eigentlich gar keine unentgeltliche Nutzungsüberlassung gewollt haben. Denn eine solche Rückgriffsabrede ergibt gerade dann Sinn, wenn die Unentgeltlichkeitsvereinbarung gegenüber Dritten, die - wie der explizit genannte Zwangsverwalter - später die Verfügungsbefugnis über das Anwesen erlangen, keine rechtlichen Wirkungen zu entfalten vermag. Dass bei Unterzeichnung des Kaufvertrages zwischen dem Insolvenzverwalter und dem anwaltlichen Vertreter der Beklagten Einigkeit darüber bestanden habe, dass statt Unentgeltlichkeit in Wirklichkeit Entgeltlichkeit gemeint sei, ist von der Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz dargetan und unter Beweis gestellt worden (GA I 114, 116 f.). Diese Verteidigungsmittel können bei der Auslegung nach neuem Novenrecht nicht mehr berücksichtigt werden (arg. § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Kläger hat das neue Vorbringen in der Berufungserwiderung ausdrücklich bestritten (GA I 124, 125).

b) Unterstellt man hingegen den gesamten Sachvortrag der Beklagten gedanklich als wahr und sieht die Nutzungsüberlassung als entgeltlich an, weil sie von den ursprünglichen Vertragspartnern eigentlich so gewollt war, ändert sich am Prozessergebnis nichts. Denn der Zwangsverwalter darf, wenn er die auf das Betriebsgrundstück bezogenen Vereinbarungen im Unternehmenskaufvertrag gegen sich gelten lassen muss, nicht leer ausgehen. Es wäre mit dem Sinn und Zweck der Zwangsverwaltung unvereinbar, wenn ein grundpfandrechtlich gesicherter Gläubiger tatenlos mit Ansehen müsste, wie der Nutzungswert des beliehenen Grundstücks, der ihm - wirtschaftlich betrachtet - als Vollstreckungsobjekt dient, vom Insolvenzverwalter dem Kaufpreis des Unternehmens der Gemeinschuldnerin zugeschlagen und mit diesem "veräußert" wird. Dies ähnelt einer Vorausverfügung über den Miet- oder Pachtzins, die gegenüber einem Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger nur eingeschränkt wirksam ist (§ 1124 Abs. 2 i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB). Eines Rückgriffs auf die entsprechenden Regelungen des bürgerlichen Rechts bedarf es jedoch in Fällen der streitgegenständlichen Art nicht. Denn in miet- oder pachtrechtliche Bestimmungen eines Unternehmenskaufsvertrages hinsichtlich des Betriebsgrundstücks - also in Absprachen über dessen entgeltliche Gebrauchsüberlassung - tritt der Zwangsverwalter gemäß § 152 Abs. 2 ZVG ein; andernfalls hätte der Erwerber ihm gegenüber auch kein Recht zum Besitz der Immobilie. Lässt sich - wie hier nach den Darlegungen der Beklagten - das Nutzungsentgelt aus dem Kaufpreis "aussondern", also der Miet- oder Pachtzinsanteil daran eindeutig bestimmen, so gebührt dieser dem Zwangsverwalter. Im Streitfall verlangt der Kläger weniger als er danach zu bekommen hätte (€ 4.814,00 < € 5.112,92 = DM 10.000,00). Spätestens seit dem 28. November 2001 konnte die Beklagte - wie ebenfalls im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden ist - den Nutzungsentgeltanteil auch nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung an den Insolvenzverwalter zahlen; sie selbst hat schon in erster Instanz ein - mit Eingangsvermerk vom 21. Dezember 2001 versehenes - Schreiben eines Bevollmächtigten des Verwalters vom 19. Dezember 2001 in Kopie eingereicht, wonach der Beschluss des Amtsgerichts bei einem Besuch am 28. November 2001 an die Beklagte übergeben worden ist (GA I 61). Damit hatte sie Kenntnis von der Beschlagnahme; der gesonderten Zustellung eines Zahlungsverbotes an die Beklagte als Drittschuldnerin bedurfte es nicht (§ 22 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. § 146 Abs. 1 ZVG; vgl. dazu Stöber aaO, § 151 Rdn. 3.1). Aus der nachfolgenden Tilgungsrechnung lässt sich entnehmen, dass die Beklagte - selbst bei Außerachtlassung der Verzinsungpflicht für die jeweilige Restschuld - während der gesamten Laufzeit der Nutzungsüberlassungsklausel Ratenzahlungen in auskömmlicher Höhe erbringen musste. Die das Zwangsverwaltungsverfahren betreibende Grundpfandgläubigerin wird, anders als die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einwenden ließ, durch eine Aufteilung der Raten nicht ungerechtfertigt bevorzugt; ihre Besserstellung ergibt sich daraus, dass ihre Forderungen dinglich gesichert sind. Der Einwand, dass der Insolvenzverwalter die Gesamtforderung sofort fällig stellen würde, wenn er die monatlichen Zahlungen nicht in voller Höhe erhält, greift ebenfalls nicht durch; die Beklagte müsste es dann gegebenfalls auf einen Rechtssteit mit dem Verkäufer ankommen lassen.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach muss die Beklagte die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels tragen, weil sie es eingelegt hat.

C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es nach neuem Recht, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden beziehungsweise des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages angegeben wird (vgl. dazu Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/6036, S. 115, 125). Art und Umfang der Sicherheitsleistung sind von Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO - unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken - bestimmt worden.

D. Die Revision ist nicht zuzulassen. Es fehlt an den Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Dass die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis durch die mietrechtliche Regelung des § 546a Abs. 1 BGB (§ 557 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.) nicht ausgeschlossen wird, ist zwischenzeitlich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (vgl. BGH NJW 1968, 197 = MDR 1967, 1002; NZM 2000, 183 = NJW-RR 2000, 382; noch offengelassen für die Zeit vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit in BGH NJW 1974, 556 = MDR 1974, 484). Darüber hinaus ist in der Judikatur des Bundesgerichtshofes seit langem anerkannt, dass bereicherungsrechtliche Ansprüche nicht verdrängt werden (vgl. BGHZ 44, 241; 68, 307, 309).

E. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt gemäß § 3 1. Halbs. und § 9 Satz 1 ZPO i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG

1. für die Anfechtung des Zahlungsausspruchs € 67.396,00 2. für die Anfechtung des Feststellungsausspruchs € 202.188,00 zusammen € 269.584,00

Ende der Entscheidung

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