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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.11.2009
Aktenzeichen: 3 U 104/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 767 Abs. 1
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
ZPO § 795
BGB § 315
BGB § 316
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung seiner weitergehenden Berufung wird in Abänderung des Urteils des LG Potsdam vom 09.05.2008 - 12 O 193/06 - die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notars ... mit dem Amtssitz in B... vom 21.04.1995 - UR-Nr. 113/1995 - hinsichtlich eines 15.000 € übersteigenden Betrages für unzulässig erklärt, davon i.H. v. 460.799,50 € endgültig und im Übrigen derzeit.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 57 % und die Beklagte 43 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der berufungsführende Kläger wendet sich gegen die Vollstreckbarkeit einer notariellen Urkunde.

In dieser (Urk.-Nr. 113/1995 des Notars ... in B... vom 21.04.1995 = Bl. 204 GA) übernahm er gegenüber der We... Bank AG (fortan auch: We...) die persönliche Haftung für den Eingang eines Grundschuldkapitals über 985.000 DM und Nebenleistungen, das ab Datum der Beurkundung mit 15 % jährlich verzinste. Hinsichtlich dieser Haftungen unterwarf sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen. Nach einer Sicherungszweckvereinbarung in einem Darlehen vom 18.04.1995 der We... an den Kläger (vgl. B1 BA, S. 4) dienten alle vom Kläger gestellten Sicherheiten diesem Darlehen und allen weiteren Darlehen der We... an den Kläger für weitere Objekte.

Gemäß Kreditvertrag vom 18.04.1995 gewährte die We... dem Kläger ein Annuitätendarlehen über 985.000 DM mit einer Anfangstilgung von 1 % jährlich, einem anfänglichen eff. Zinssatz von 7,733 % jährlich und einer Zinsbindung bis zum 30.04.2000.

Gemäß Nachtragsangebot der We... vom 10.03.2000 (vgl. 219 GA) vereinbarten die Kreditvertragsparteien eine Fortführung des Darlehens mit einer Restsumme von noch 943.475,46 DM zu einem anfänglich eff. Jahreszins von 6,242 % und einer Tilgung von 1 % jährlich berechnet vom Restdarlehen mit einer Zinsbindung für weitere 5 Jahre.

Rechtsnachfolgerin der We... wurde durch Verschmelzung die H... Bank Aktiengesellschaft (fortan auch: H...). Diese führte den Kredit aufgeteilt in zwei Teilkredite unter den Konten 74479100 und 74479186 weiter und übertrug diese so fortgeführten Kreditverhältnisse durch Umwandlung im Wege der Ausgliederung auf die I... GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin. Mit Schreiben vom 02.02.2007 bestätigte diese, die oben genannten Darlehensforderungen nebst Buchgrundschuld über 985.000 DM aufgrund Vertrages vom 30.11.2004 der Beklagten abgetreten zu haben.

Im Jahre 2005 unterblieb eine einvernehmliche Zinsanpassung. Der Kläger zahlte die bisherige monatliche Rate in Höhe von 2.834,05 € bis August, sodann eine monatliche Rate in Höhe von 2.210,96 € und leistete seine Zahlungen wegen Zweifel an der Gläubigerstellung der Beklagten ab Mai 2005 auf ein Anderkonto seines damaligen Rechtsanwalts.

Am 22.12.2005 ordnete das Amtsgericht Potsdam - 35 IN 1438/05 - auf einen Eigenantrag das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG an, hinsichtlich derer der Kläger, Kommanditist und Gesellschafter der Komplementärin ist. Mit Schreiben vom 30.12.2005 (vgl. 412 GA) erklärte die von der Beklagten mit der Verwaltung ihrer Forderungen beauftragte Hu... GmbH (fortan auch: Hu...) gegenüber der Ehefrau des Klägers, die insoweit Gespräche über den Kredit geführt hatte, Bezug nehmend auf die Darlehen und auf einen fehlenden Geldeingang in Höhe von 20.180,04 €: "..., sollten wir bis Freitag, den 13.01.2006 keinen Eingang der rückständigen Raten feststellen können, sehen wir uns gezwungen, die Darlehen zu kündigen und die gestellten Sicherheiten zwangsweise zu verwerten."

Sodann überwies der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers am 05.01.2006 den angemahnten Betrag von 20.180,04 € (vgl. 7 GA). Ab Januar 2006 leistete der Kläger monatliche Raten in Höhe von 2.210,96 € direkt an die Beklagte. Mit Schreiben vom 03.02.2006 kündigte die Hu... das unter den vorgenannten Konten fortgeführte Darlehensverhältnis außerordentlich. Zur Begründung gab sie an, die Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens durch das Amtsgericht Potsdam am 22.12.2005 stelle eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Klägers dar. Den Darlehensstand bezifferte sie mit insgesamt 449.316,26 € für das Kapital und 3.130,58 € für rückständige Zahlungen (vgl. Anl. K1, 9 GA). Mit Schreiben vom 09.02.2006 (vgl. Anl. K2, 15 GA) widersprach der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers der Kündigung.

Ab Juli 2006 ließ die Beklagte das Grundstück, das mit der Grundschuld belastet war, für deren Bedienung der Kläger in der streitgegenständlichen Unterwerfungsurkunde die persönliche Haftung übernommen hatte, zwangsverwalten. Im Jahre 2006 veräußerte der Kläger das Grundstück freihändig an seine Ehefrau, wobei die Beklagte die Grundschuld freigab und den Verkaufserlös in Höhe von 430.000 € am 17.01.2007 auf die gekündigten Teildarlehen erhielt und verrechnete.

Der Kläger hat die Kündigung seines Darlehens über vormals 985.000 DM für unwirksam erachtet. Zudem hat er sich gegen die Höhe der geltend gemachten Rückzahlungsforderung gewandt und eine fehlende Abrechnung des Darlehensverhältnisses beanstandet.

Die Beklagte hat die Kündigung für wirksam erachtet, ihre Rückzahlungsforderung unter Hinweis auf eine Forderungsberechnung vom 16.05.2007 (vgl. B15, Bl. 278 GA) mit 42.823 € per 31.08.2007 beziffert (vgl. 347 GA) und überdies geltend gemacht, das Schuldversprechen sichere weitere Darlehensrückzahlungsansprüche, die fällig seien.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Landgericht nach Beweisaufnahme die Vollstreckbarkeit des Titels in Höhe von 460.799,50 € für unzulässig erklärt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Beklagte habe eine fällige Darlehensrestforderung von 42.823 €.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren weiter. Das Landgericht habe die Kündigung vom 03.02.2006 rechtsfehlerhaft als wirksam erachtet, die in den Entscheidungsgründen als vollstreckbar bezeichnete Restsumme von 42.823 € nicht nachvollziehbar hergeleitet, zumal die Hu... selbst mit Schreiben vom 22.10.2008 die Restforderung nur noch mit 37.111,16 € beziffert habe (vgl. Bl. 624 GA).

Er beantragt,

1. festzustellen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars ... in B... vom 21.04.1995, UR-Nr. 113/1995, auch in weiterer Höhe, nämlich in Höhe von 42.823 €, nicht zulässig sei;

2. die Beklagte zur Zahlung von Anwaltsgebühren in Höhe von 4363,22 € nebst Zinsen ab Klageerhebung zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Vollstreckung legt sie zweitinstanzlich ausschließlich den ihrer Ansicht nach noch offenen Rückzahlungsanspruch aus dem gekündigten, vorbezeichneten Darlehn zu Grunde. Die daraus folgenden fälligen Ansprüche beziffert sie zuletzt mit einer Hauptforderung von 26.368,17 € und Kosten von 7.500 € (vgl. 730 GA).

Der Senat hat das angefochtene Urteil im Termin am 29.04.2009 im Wesentlichen dahin berichtigt, dass die Zwangsvollstreckung hinsichtlich eines 42.823 € übersteigenden Teiles unzulässig ist, davon in Höhe von 460.799,50 € endgültig, und im Übrigen derzeit. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist er auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze, sowie auf seine Terminsprotokolle vom 29.04. und 28.10.2009 nebst Hinweis vom 06.05.2009.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat nur in tenoriertem Umfang Erfolg.

1.

Die Zwangsvollstreckung ist nur hinsichtlich eines die im Tenor genannte Summe übersteigenden Betrages wie geschehen für unzulässig zu erklären, §§ 767 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 5, 795 ZPO. Nach der Sicherungsabrede im Ursprungsdarlehen vom 18.04.1995 dürfen der Vollstreckung aus dem Schuldversprechen (§ 780 BGB) vom 21.04.1995 in der streitgegenständlichen Urkunde gleichen Datums Darlehnsrückzahlungsansprüche nur in fälliger Höhe zugrunde gelegt werden (§§ 133, 157 BGB). Fällige Darlehensrückzahlungsansprüche in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe aufgrund des Ursprungsdarlehns vom 18.04.1995 lassen sich nicht feststellen. Die Beklagte verrechnet die Zahlungseingänge des Klägers u.a. mit Verzugsposten fehlerhaft auf der Grundlage eines am 03.02.2006 gekündigten Darlehens mit Schlusssalden von 322.693,04 € und 129.792,80 € (vgl. K1, 9 GA) und legt überdies ihrer Berechnung zu Unrecht einen Vertragszins in Höhe von 6,05% jährlich ab dem 01.04.2005 zugrunde (vgl. B20, 723 GA; B21, 727 GA).

a) Die Abrechnung des Darlehens auf der Basis fälliger Schlusssalden über insgesamt 452.446,84 € am 03.02.2006 (vgl. K1, 9 GA) ist mangels wirksamer Kündigung unzutreffend.

aa) Dass das Darlehensverhältnis nach Auslaufen der zweiten Zinsbindung am 15.04.2005 (vgl. Nachtrag vom 10.03.2000, 219 GA) über dieses Datum hinaus fortbestand, ist zwischen den Parteien unstreitig. Sie sind nach insoweit übereinstimmenden Vorbringen auch ohne ausdrückliche Vereinbarung der nunmehr geltenden Zinskonditionen vom Fortbestand des Kreditvertrages ausgegangen. Anders machten im Übrigen auch die Kündigungskorrespondenz der Beklagten und ihre Abrechnungen auf der Grundlage zunächst fortgeltender Vertragszinsen keinen Sinn.

bb) Die Kündigung des danach fortbestehenden Kreditvertrages durch die Hu... vom 03.02.2006 greift nicht durch.

(1) Schon die Voraussetzungen der von der Hu... herangezogenen Vermögensverschlechterung des Klägers (§ 490 I BGB) sind nicht feststellbar, weil sich die von der Beklagten neben einer Vermögensverschlechterung darzulegenden und zu beweisenden Voraussetzungen einer Gefährdung der Rückerstattung des Darlehens nicht ausmachen lassen. Bei einer Gefährdung der Rückerstattung des Darlehens muss die Gefahr für die Zeit der Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs und darin bestehen, dass der Anspruch nicht oder nur zum Teil erfüllt wird, sofern die bestellten Sicherheiten voraussichtlich nicht ausreichen. Hierfür ist auf eine Prognose abzustellen. Bei Grundpfandrechten sind die voraussichtliche Wertentwicklung des Grundstücks und der Rang zu berücksichtigen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 490, Rn. 6). Ein Kündigungsrecht scheidet daher trotz Vermögensverschlechterung aus, wenn die Sicherheiten ausreichen. Bei Sicherheiten durch einen Dritten kommt es auf dessen Vermögensverhältnisse an; bei Grundpfandrechten ist der Wertverlust des Grundstücks maßgebend (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 490, Rn. 7 m.w.N.).

Eine tragfähige Prognose unter Einbeziehung dieser Gesichtspunkte - Grundschuld, Mithaftungserklärung der Ehefrau und Abtretungen der Mieten - hat die Beklagte auch nach Hinweis des Senates nicht hinreichend dargetan.

Dafür, dass für das sichernde Grundstück ein Veräußerungserlös von weniger als 420.000 € anzusetzen gewesen wäre, hat die insoweit darlegungsbelastete Beklagte nichts Greifbares ausgeführt. Wieso das nach der Anlage B 11 (AB) dem Schreiben vom 06.12.2005 beigefügte Kaufangebot über 420.000,00 € für das Grundstück, das immerhin mit 480.50,00 € bewertet worden war, wogegen die Beklagte auch keine Einwendungen erhebt, wirtschaftlich nicht belastbar gewesen wäre, erschließt sich dem Senat vor dem Hintergrund des damit dokumentierten Marktinteresses nicht. Tatsächlich ist das Grundstück in der Folgezeit sogar für 430.000,00 € veräußert worden. Davon abgesehen hätte selbst ein etwaiger Mindererlös bei einer Grundstücksveräußerung bei unterbliebener Bewertung der weiteren Sicherheiten ohnehin noch keinen tragfähigen Rückschluss auf eine Gefährdung der Rückerstattung erlaubt.

Schon dafür, dass die Mithaftungserklärung der Ehefrau nicht mindestens 32.446,84 € wert gewesen wäre, und damit ein etwaig verbleibendes Rückzahlungsrisiko abgedeckt hätte, hat die Beklagte keinen nachvollziehbaren Vortrag gehalten. Ihr Vorbringen, das Einkommen der Ehefrau sei durch das Insolvenzverfahren über die L... GmbH & Co. KG beeinträchtigt gewesen, erfolgt ersichtlich ins Blaue hinein. Der Kläger hat auf Seite 362 GA unwidersprochen vorgetragen, seine Ehefrau sei lediglich für die sechs Monate Januar bis Juni 2005 als Vertretung für eine in Mutterschaftsurlaub befindliche Arbeitskraft angestellt gewesen. Die Insolvenzeröffnung im Dezember 2005 ist insoweit unerheblich.

Ihr Einkommen, das der Ursprungsdarlehensgeberin unter Zugrundelegung banküblicher Sicherungspraxis, also regelmäßig aufgrund entsprechender Selbstauskunft, als Hintergrund für die beträchtliche Mithaftungsübernahme der Ehefrau gedient hatte, bezieht diese ersichtlich aus ganz anderen Quellen, nämlich - wie der Kläger substanziiert vorgetragen hat - u.a. aus ihrer inzwischen 22 Jahre währenden Inhaberschaft mehrerer ganz offensichtlich florierender Firmen. Die entsprechenden Einkommensnachweise (28 GA) für das Jahr 2004 sind Aktenbestandteil und im Termin am 29.04.2009 mit Einverständnis des Klägers in den Prozess eingeführt und dort erörtert worden, wie sich im Übrigen auch aus dem Hinweisbeschluss des Senats vom 06.05.2009 ergibt. Die Auffassung der Beklagten, sie hätte vor Ausspruch ihrer auf Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs gestützte Kündigung des Privatdarlehens deswegen von einer Auskunft über die Vermögensverhältnisse der hierfür mithaftende Ehefrau absehen können, weil seit Mitte des Jahres über die Rückführung der Kredite der KG verhandelt worden sei, vermag der Senat so nicht nachzuvollziehen.

Zum Wert der abgetretenen Mietforderungen, die das Rückführungsrisiko zudem kontinuierlich senkten, hat die Beklagte jede Angabe unterlassen.

(2) Überdies ist die Kündigung des Privatdarlehens am 03.02.2006 auch unvereinbar mit dem Schreiben der Hu... vom 30.12.2005 (412 GA). Die insoweit wirksam vertretene Beklagte hat mit diesem Schreiben gegenüber dem Kläger auf ihr Recht zur außerordentlichen Kündigung jedenfalls bis zum 13.01.2005 verzichtet, indem sie den Kläger aufgefordert hat, einen Zahlungsrückstand von 20.180,04 € bis spätestens zu dem genannten Datum zum Ausgleich zu bringen, verbunden mit der Ankündigung, das Darlehen fristlos zu kündigen, sollte der Betrag nicht zum genannten Termin ausgeglichen sein. Die Beklagte hat so den Ausspruch der Kündigung konditional verknüpft mit einem fehlenden Zahlungsausgleich bis zum 13.01.2006. Diese konditionalen und temporalen Bestimmungen wären sinnentleert, wenn die Klägerin ihr Recht zur fristlosen Kündigung von einem fehlenden Ausgleich bis zum 13.1.2006 unberührt hätte lassen wollen.

Diese nach grammatikalischen Regeln naheliegende Deutung des Schreibens der Bevollmächtigten der Beklagten vom 31.12.2005 als zeitlich bis zum Ablauf des 13.01.2006 befristeter Verzicht auf die Ausübung des Rechts zur fristlosen Kündigung lag überdies auch aus Sicht des Klägers im klar erkennbaren Interesse der Beklagten: diese wollte ihm offensichtlich einen besonderen Anreiz zu einer alsbaldigen Zahlung bieten.

Bei dieser Sachlage durfte der Kläger den zeitlich befristeten Kündigungsverzicht dahin auffassen (§§ 133, 157 BGB), dass er alle der Beklagten am 30.12.2005 bekannten Kündigungsgründe erfasst hat. Die Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen der L... GmbH & Co KG aufgrund deren Eigenantrags war der Beklagten am 30.12.2005 bekannt, da die Hu... der KG am 27.12.1996 mit dieser Begründung fünf Darlehenverträge gekündigt hatte (vgl. B17, 351 GA).

Der Kläger hat entsprechend dem Schreiben der Hu... vom 30.12.2005 rechtzeitig gezahlt und eine sodann gegenüber dem 30.12.2005 verschlechterte Vermögenslage hat die Beklagte nicht dargetan.

Demgegenüber erscheint das Argument der Beklagten, Adressat ihres Schreibens sei nicht der Kläger als Kreditnehmer gewesen, sondern dessen Ehefrau, nicht stichhaltig. Das Schreiben betraf die vom Kläger geschuldeten monatlichen Kapitaldienstraten und seine Ehefrau war insoweit jedenfalls Empfangsbotin.

Als gleichfalls unzutreffend erweist sich die Auffassung der Beklagten, ein befristeter Kündigungsverzicht habe zu Gunsten einer Stundung als Auslegungsalternative auszuscheiden, weil der Kläger mit Schreiben vom 06.12.2005 verbindlich zugesagt habe, die hinterlegten Beträge an die Beklagte zu bezahlen. In seinem Schreiben vom 06.05.2005 hatte der Kläger lediglich mitgeteilt, eine Auszahlungsanweisung an seinen bisherigen Anwalt erteilt zu haben, zu welchem er allerdings offensichtlich das Vertrauen verloren hatte, da er die Hu... in diesem Brief zugleich bat, seinem damaligen Anwalt weitere Auskünfte, insbesondere über das Treffen zwischen ihm und der Hu... vom 01.12.2005 zu verheimlichen. Gerade weil die im Schreiben vom 06.12.2005 genannte Anweisung offensichtlich fruchtlos geblieben war, bestand - für den Kläger erkennbar - aus Sicht der Beklagten deren gesteigertes Interesse, ihn nochmals und eben zur Vermeidung einer Kreditkündigung zur alsbaldigen Zahlung besonders anzuhalten. Im Hinblick hierauf wäre eine bloße Stundung aus der dem Kläger erkennbaren Sicht der Beklagten geradezu kontraproduktiv gewesen.

cc) Eine Prozesskündigung kommt - worauf der Senat der Vollständigkeit halber hinweist -nicht in Betracht. Eine ausdrückliche Kündigungserklärung hat die Beklagte im Laufe des Prozesses nicht abgegeben und die Voraussetzungen einer stillschweigenden Kündigung liegen nicht vor. Dass die Beklagte den Kreditvertrag unabhängig von der Wirksamkeit ihrer Kündigung vom 03.06.2006 beendet sehen wollte, lässt sich nicht feststellen. Vielmehr erschiene der damit verbundene Wegfall des von ihr beanspruchten Vertragszinses von 6,05 % zugunsten eines deutlich niedrigeren Verzugszinses kaufmännisch fernliegend.

b) In der Sache hat die Beklagte ihre Forderung allerdings zu Unrecht auf der Grundlage dieses zunächst geltenden Vertragszinses hergeleitet. Der von ihr beanspruchte Vertragszins von 6,05 % hält einer Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB im Ergebnis nicht stand.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 30.05.2005 ausdrücklich ein vertragliches Zinsbestimmungsrecht nach § 316 BGB für sich in Anspruch genommen (vgl. B8). Dieses unterfällt der Billigkeitskontrolle des § 315 BGB. Innerhalb des damit eröffneten Billigkeitsermessens ist das bisher bestehende Preisgefüge zu beachten, um nicht den Vertrag in einen anderen mit einem ganz anderen Interessenausgleich zu verwandeln (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2008 - VIII ZR 138/07 = BGHZ 178, 362), und ohne Hinzutreten besonderer Umstände darf deshalb auch ein Kreditgeber anlässlich einer Zinsanpassung nach § 315 BGB nicht in das bisher bestehende Grundgefüge der Kreditkonditionen eingreifen (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.1990 - XI ZR 340/89 = WM 1991, 179).

Nach dem bis zur Zinsanpassung bestehenden Grundgefüge der Kreditkonditionen haben die Kreditvertragparteien, wie im Termin am 28.10.2009 erörtert, offensichtlich eine weitestgehende Annäherung des Vertragszinses für das Baufinanzierungsdarlehen vom 18.04.1995 an den Durchschnittszinssatz für laufzeitgleiche Hypothekarkredite auf Wohnungsgrundstücken für angemessen erachtet. Der Vertragszins für das Darlehen vom 18.04.1995 betrug 7,733 %, der für einen entsprechenden Hypothekarkredit lag im April 1995 bei 7,82 % (vgl. Zeitreihe SU0043: Sollzinsen Banken / Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke zu Festzinsen auf 5 Jahre, Effektivzins, Durchschnittssatz, auf http://www.bundesbank.de). Der mit Nachtrag vom 10.03.2000 (vgl. 219 GA) neu festgesetzte Zins für die weiteren 5 Jahre betrug 6,242 %, der Durchschnittszinssatz für einen entsprechenden Hypothekarkredite auf Wohnungsgrundstücken lag im Februar bei 6,28 % und im März bei 6,19 % (vgl. Zeitreihe SU0043: Sollzinsen Banken/Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke zu Festzinsen auf 5 Jahre, Effektivzins, Durchschnittssatz, auf http://www.bundesbank.de). Demgegenüber überstieg der von der Beklagten unter Bezug auf ihr Schreiben vom 30.05.2005 festgesetzte Vertragszins von 6,05 % mit einjähriger Zinsbindung den mit den zuvor herangezogenen Hypothekarkrediten am ehesten vergleichbaren Zinssatz für neuvereinbarte Wohnungsbaukredite an priv. Haushalte, variabel od. anfängl. Zinsbindung bis 1 Jahr, der im April 2005 bei 4,28 % und im Mai bei 4,33 % lag, um mehr als 1,7 % (vgl. Zeitreihe SUD116: Effektivzinssätze Banken DE/Neugeschäft/Wohnungsbaukredite an priv. Haushalte, variabel od. anfängl. Zinsbindung bis 1 Jahr, auf http://www.bundesbank.de).

Berücksichtigungsfähige Ermessenstatsachen, die eine solche Abweichung vom bisherigen Grundgefüge der Kreditkonditionen trügen, lassen sich nicht feststellen. Das Schreiben der Hu... vom 30.05.2005 spricht insoweit lediglich von "aktuellen Marktkonditionen und ... Berücksichtigung der Sicherheitskonstellation". Am 30.05.2005 bekannte Anhaltspunkte für eine Erhöhung des bisherigen Risikozuschlages bezüglich des Darlehens, dessen Annuitäten seit zehn Jahren ordnungsgemäß bedient worden waren, oder greifbare Anhaltspunkte für Entwertungen der zugehörigen Kreditsicherheiten oder auch nur für ungünstigere Bewertungen, als sie die Kreditgeberin 1995 oder 2000 vorgenommen hat, hat die für die Billigkeit ihrer Zinsbestimmung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 06.03.1986 - III ZR 195/84, juris-Tz. 45 = BGHZ 97, 212) nicht erwiderungsfähig ausgeführt.

2.

Im Übrigen bleibt die Berufung erfolglos.

a) Wie im letzten Termin gleichfalls erörtert, stehen auch bei ungekündigtem Darlehen fällige Zahlungsansprüche der Beklagten in beträchtlicher Höhe fest.

Im hiesigen Verfahren ist von einem ungetilgten Valutarest von mindestens 15.000 € auszugehen. Seine in der Anlage zu seinem Schriftsatz vom 06.09.2007 behaupteten Zahlungen auf die Annuitäten für Juli bis Dezember 2006 in Höhe von insgesamt 13.265,76 € sind unbelegt - die Zahlung vom 07.09.2006 über 669,93 € erfolgte nicht an die Beklagte, sondern an seinen Prozessbevollmächtigten (vgl. G7) -, sind von der Beklagten bestritten und der Kläger ist insoweit beweisfällig geblieben. Im Übrigen geht der Klägervertreter selbst von einem Restvalutenstand von 15.000 € aus (vgl. 364 GA).

Dieser Rest ist fällig. Teilt man die vom Kläger angesetzte für beide Darlehensteile einheitliche Monatsrate von 2.210,96 € entsprechend den zugrundeliegenden Ausgangsbeträgen von 325.181,64 und 129.667,51€ (vgl. Schreiben der H... vom 02.05.2005, Anlage zum SS vom 06.09.2007, vor den Jahresnachweisen) auf, so entfällt auf den niedriger valutierenden Darlehensteil unter dem Konto 74479186 eine monatliche Rate von 881,63 €. Unter deren Geltung hätte der Valutarest in weniger als 18 Monaten nach dem 17.01.2007 zurückgeführt werden müssen. Ein etwaiges Zurückbehaltungsrecht des Klägers ist spätestens mit den Abrechnungen der Beklagten B20 (vgl. 723ff GA) und B21 (vgl. 727ff GA) entfallen, die jedenfalls in Verbindung mit den Erläuterungen in ihrem Schriftsatz vom 06.07.2009 (vgl. 720 ff GA) hinreichend spezifiziert sind.

b) Ein Anspruch des Klägers auf Ausgleich vorprozessual geleisteter Anwaltskosten kommt nicht in Betracht. Dass der Kläger eine entsprechende Honorarnote seines Rechtsanwalts beglichen hätte, trägt er schon selbst nicht vor. Im übrigen hätte sogar ein - hier nicht einmal geltend gemachter - Freistellungsanspruch auszuscheiden, da er seinen Schadensersatzanspruch unwiderruflich an seine Anwälte abgetreten hat, wie sich aus deren von ihm selbst mehrfach vorgelegtem Schreiben vom 09.02.2006 klar ergibt (vgl. K2, 18 GA).

Der Schriftsatz des Klägers vom 11.11.2009 gab zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keinen Anlass.

3.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Hinsichtlich der Unterliegensquote stellt der Senat wie auch beim Gebührenstreitwert auf die von der Beklagten der Vollstreckung zugrunde gelegte, durch den Titel gesicherte und im Prozess umstrittene Hauptforderung ab.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch nicht entschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen. Die Feststellungen des Senates beruhen auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Der Gebührenstreitwert wird auf bis zu 30.000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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