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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: 3 U 137/08
Rechtsgebiete: DV, VerbrKrG, BGB, HWiG


Vorschriften:

DV § 5
VerbrKrG § 7 Abs. 2
VerbrKrG § 9 Abs. 3
VerbrKrG § 9 Abs. 3 Satz 1
BGB § 123 Abs. 2
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1
HWiG § 1
HWiG § 5 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 20.08.2008 - 8 O 3/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor ihrer Vollstreckung in Höhe von 120% des von ihr vollstreckten Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger erbittet hinsichtlich eines Vertrages über ein Darlehen, das ihm die Beklagte zur Finanzierung einer Lebensversicherung gewährt hat, die Feststellung des Nichtbestehens, die Rückgewähr von Bürgschaften sowie hilfsweise die Feststellung des Nichtbestehens von Ansprüchen der Beklagten auf Ausgleich oder Besicherung von Unterdeckungen.

Der Kläger erwarb 2001 die Police einer britischen Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 10 Jahren. Als Prämie war eine Einmalzahlung vereinbart, die die Lebensversicherung für die Dauer der Vertragslaufzeit in Aktien anlegte. Zur Finanzierung dieser Einmalzahlung gewährte die Beklagte dem Kläger gemäß Vertrag vom 13./28.06.2001 (vgl. K7, 27 GA) einen Kredit über 808.000,00 DM - davon 800.000 DM zur Einzahlung auf einem C...-Euro-Pool - für 10 Jahre zu einem Zinssatz von 1,5% jährlich über dem für Interbanken 60 Monate mit einer Zinsbindung von 5 Jahren (DV). Die Rückzahlung des Kapitals und die Zahlung aller Zinsen sollen am Ende der Kreditlaufzeit erfolgen. Als Sicherheiten ließ sich die Beklagte entsprechend Nr. 6 DV alle Rechte und Ansprüche des Klägers aus dem bei der C... neu abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag über 800.000,00 DM abtreten und verlangte darüber hinaus eine Bankbürgschaft über 160.000,00 DM (vgl. K7, 27, 28 GA). Nr. 5 Darlehensvertrag enthält unter dem Titel "Kreditlaufzeit/Kreditbeurteilung" eine Formel zur Berechnung von Forderungen der Beklagten zum Ausgleich etwaiger Unterdeckungen.

Nachdem sich der Wert der Lebensversicherungspolice wegen ungünstigen Aktienkursverläufen deutlich schlechter als erwartet entwickelt hatte, stellte der Kläger, wie von der Beklagten mit Schreiben vom 21.06. und 30.07.2002 gefordert, eine weitere selbstschuldnerische Bürgschaft über 45.766,00 €. Diese ließ er mit Anwaltsschreiben vom 21.01.2003 (B8, 126 GA) unter Androhung der Rückabwicklung des Vertrages und deren gerichtlicher Durchsetzung zurückfordern. Im Zuge weiterer - auf beiden Seiten anwaltlich geführter - Verhandlungen bot die Beklagte an, abweichend von Nr. 5 DV die Erfordernisse von Sicherheitsleistungen individuell nach Maßgabe periodischer Selbstauskünfte des Klägers zu beurteilen (vgl. Anwaltsschreiben der Beklagten vom 07.02.2003, B9, 129 GA). Daraufhin ließ der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 13.06.2003 (B5, 77 GA) die geforderte Selbstauskunft überreichen, davon ausgehend, nunmehr alle Forderungen und Bedingungen der Beklagten zur Absicherung erfüllt zu haben. Mit Schreiben vom 25.06.2003 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger (vgl. B6, 78 GA) im Hinblick auf die jüngste Selbstauskunft von der Nachforderung weiterer Sicherheiten abzusehen und künftig periodisch um neue Selbstauskünfte auf den Kläger zuzukommen.

Gemäß Schreiben seines nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 20.12.2007 (K10, 34 GA) hat der Kläger seine Annahmeerklärung zum Kreditvertrag vom 28.06.2001 widerrufen.

Er hat die Ansicht vertreten, ein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz stünde ihm zu und hierzu behauptet, am 09. und 11.05. sowie am 28.06.2001 hierzu von den Zeugen F... und B... überraschend in seiner Privatwohnung angesprochen worden zu sein. Er hat geltend gemacht, die Finanzierung der als Einmalzahlung ausgestalteten Lebensversicherungsprämie durch die Beklagte und der Lebensversicherungsvertrag stellten ein verbundenes Geschäft dar. Weiterhin hätten die Vermittler, die Zeugen F... und B... die Kapitalanlage als "Selbstläufer" dargestellt und deren Risiken und namentlich seine mit ihr verbundene Nachschusspflicht verschwiegen. Hilfsweise hat er die Unwirksamkeit der Nachschussregelung in § 5 DV geltend gemacht und auch im Übrigen die Voraussetzungen einer Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten zum Ausgleich von Unterdeckungen in Abrede gestellt.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Kläger müsse sich an der Einigung der Parteien aus 2003 festhalten lassen (vgl. 69 GA) und hat, neben dem Bestreiten der Voraussetzungen des HWiG, eines verbundenen Geschäfts und einer Täuschung, Verwirkung und Verjährung eingewandt.

Demgegenüber hatte der Kläger geltend gemacht, sein damaliger Anwalt sei im Jahre 2003 nur zur Abwehr von Nachschussforderungen mandatiert gewesen. Die Verjährungseinrede scheitere an zwischenzeitlichen Verhandlungen zwischen den Parteien.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Haustürwiderruf ließen sich nicht feststellen, da zwischen dem behaupteten ersten Hausbesuch am 09.05.2001 und der Vertragsunterzeichnung durch den Kläger am 28.06.2001 bei einem Zeitraum von 7 Wochen eine Kausalität nicht mehr feststellbar sei, zumal der Kläger das von der Beklagten unterzeichnete Vertragsangebot bereits kurz nach dem 13.06.2001 erhalten habe. Einwendungen nach § 9 Abs. 3 Satz 1 VerbrKrG scheiterten - auch wenn von einem verbundenen Geschäft auszugehen sei - an fehlenden Täuschungserklärungen der Zeugen F... und B.... Die Renditeangaben der Vermittler für die Vergangenheit seien zutreffend. Ihre Einstufung als "Selbstläufer" sei eine lediglich werbende Anpreisung. Hinsichtlich der Nachschussverpflichtung sei der Kläger im Hinblick auf Ziff. 5 DV nicht belehrungsbedürftig gewesen. Die besonderen Risiken der Anlage seien in den allgemeinen Informationen zur Versicherungspolice ausreichend dargestellt. Auch der Hilfsantrag des Klägers scheitere, da Nr. 5 DV gem. §§ 133, 157 BGB so auszulegen sei, dass klägergünstig die bereits gestellte Bankbürgschaft mit zu berücksichtigen sei. Davon abgesehen gebe Nr. 13 Abs. 2 der AGB-Banken der Beklagten ohnedies einen Anspruch auf Sicherheiten.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge uneingeschränkt weiter. Das Landgericht habe bei der Beurteilung der Kausalität der Haustürsituation den Besuch vom 28.06.2001 übergangen.

Auch seien die Angaben der Vermittler über die in der Vergangenheit erzielten Renditen unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse so nicht zutreffend. Weiterhin habe das Landgericht auch die übrigen Bekundungen der Vermittler falsch qualifiziert. Die Auslegung der allgemeinen Geschäftsbedingungen sei methodenwidrig.

Er beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass die Beklagte aus dem Kreditvertrag vom 13.06./28.06.2001 keine Ansprüche gegenüber dem Kläger hat;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die Bankbürgschaft der Sparkasse ... über 160.000 DM, sowie über 45.766 € zurückzugewähren;

3. hilfsweise, für den Fall der Abweisung des Antrages zu 1 festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, Zahlungen zum Ausgleich einer Unterdeckung oder Sicherheiten hinsichtlich des Kreditvertrages zu stellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der zweitinstanzlich behaupteten Unrichtigkeit der Angaben über frühere Renditen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf sein Terminsprotokoll vom 01.07.2009 sowie auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der Kreditvertrag vom 13.03./28.06.2001 besteht fort und der Beklagten stehen die Bürgschaften des Klägers zur Sicherung ihres Anspruchs auf Ausgleich einer etwaigen Unterdeckung bei Vertragsende zu.

1. Hierüber haben sich die Parteien 2003 durch einen Vergleichsvertrag (§ 779 BGB) geeinigt.

Die Verhandlungen der Parteien aus dem Jahre 2003 sind erfolgreich zu Ende geführt und das Verhandlungsergebnis stellt einen Vergleich (§ 779 BGB) dar, wonach der Kläger den Kreditvertrag fortbestehen lässt und die Beklagte von den Nachforderungen von Sicherheiten nach Maßgabe der Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers absieht (§§ 133, 157 BGB). Vergleichsgegenständlich sind die mit Anwaltsschreiben vom 21.01.2003 (B8, 126 GA) angesprochenen Punkte gewesen. Der Kläger hat mit diesem Anwaltsschreiben nicht nur die Nachforderungspraxis der Beklagten beanstandet; er hat vielmehr die Rückabwicklung des gesamten Darlehensverhältnisses nebst deren gerichtlicher Geltendmachung in Aussicht gestellt (vgl. 128 GA). Damit ist aus Sicht der Beklagten nicht nur die am 16./28.06.2001 vereinbarte Nachschussverpflichtung des Klägers ernsthaft in den Streit gezogen worden; vielmehr ist der Bestand des gesamten Kreditvertrages in Frage gestellt gewesen, nicht zuletzt im Hinblick auf seine Widerrufbarkeit nach § 1 HWiG.

Der BGH hatte bereits in seiner Entscheidung vom 09.04.2002 (BGHZ 150, 248, 253 ff.) § 5 Abs. 2 HWiG in Umsetzung des Urteils des EuGH vom 13.12.2001 dahingehend ausgelegt, dass das Widerrufsrecht nach dem HWiG nicht durch das Widerrufsrecht des § 7 Abs. 2 VerbrKrG ausgeschlossen oder eingeschränkt wird. Diese Entscheidung hatte erhebliches Aufsehen erregt und ein entsprechender Kenntnisstand war deshalb bei dem Rechtsanwalt des Klägers vorauszusetzen. Überdies lag die Unwirksamkeit der hiesigen Widerrufsbelehrung nach § 7 Abs. 2 VerbrKrG (vgl. Bl. 30 GA) damit auch auf der Hand, denn sie enthielt den unzulässigen und unrichtigen Zusatz, dass der Widerruf nicht als erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen hat und es nicht binnen zweier Wochen nach der Erklärung des Widerrufs bzw. nach Darlehensauszahlung zurückzahlt. Gerade dies hatte der BGH ebenfalls bereits aktuell entschieden (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, tz. 26 = WM 2003, 61).

Sein damaliger Rechtsanwalt war entgegen der Ansicht des Klägers jedenfalls nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht auch entsprechend bevollmächtigt, da die Kündigungsandrohung Gegenstand der anwaltlichen Korrespondenz war und die anwaltliche Korrespondenz allgemein bekannt dem Mandanten zur Kenntnis gebracht wird.

Die Folgekorrespondenz vom 07.02. (B9, 129 GA), 13.06. (B5, 77 GA) und 25.06.2003 (B6, 78 GA) belegt bereits für sich und jedenfalls in Verbindung mit der anschließenden jahrelangen Vertragshandhabung hinreichend Angebot und Annahme.

Die fehlende Unterschrift auf dem nach Klägervorbringen am 30.06.2006 übersandten Entwurf einer Nachtragsvereinbarung (vgl. K11, 36 GA) ist unerheblich. Der Vergleich ist nicht formbedürftig und das Bemühen um einen schriftlichen Nachtrag ändert den bestehenden Vertragsinhalt nicht.

2. Überdies verhielte sich der Kläger, falls man entgegen der Ansicht des Senats einen Vergleichsabschluss verneinen wollte, in hohem Maße treuwidrig (§ 242 BGB), nämlich widersprüchlich, wenn er anwaltlich beraten bei problemlos erkennbarer und höchstrichterlich bereits entschiedener Widerrufbarkeit am Darlehensvertrag, dessen Rückabwicklung er sogar ausdrücklich angedroht hatte, festhält, um mit der Valuta sodann und nunmehr in voller Kenntnis des gehebelten Risikos, das sich bereits verwirklicht und zu Nachschussforderungen geführt hatte, weiter auf Aktiengewinne zu spekulieren, die ihm im Falle ihres Eintrittes zufließen, die er aber im Übrigen, bei verlustreicher Anlageentwicklung, durch Widerruf des Kreditverhältnisses auf die Beklagte abwälzte. Von einem redlichen Teilnehmer am Rechtsverkehr ist zu erwarten, dass er sich bei dieser Sachlage zu dem Vertrag, dessen Rückabwicklung er angedroht hat, und der zugleich die Grundlage einer Aktienspekulation mit erheblichen, ebenfalls bekannten und zum Teil schon eingetretenen Risiken bildet, entweder bekennt und die damit verbundenen Risiken und Chancen selbst trägt, oder sich - wie angedroht - von ihm lossagt und dem anderen Teil im Wege der Rückabwicklung die Disposition über die Vermögenswerte (zurück-)überträgt.

3. Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte, die sich bei einem verbundenen Geschäft das täuschende Verhalten des Vermittlers - hier etwa über das mit der Umschreibung der Anlage als "Selbstläufer" unvereinbare Bestehen von Nachschusspflichten - einschließlich des darin liegenden vorsätzlichen Verschuldens bei Vertragsschluss zurechnen lassen muss (vergleiche BGH WM 2006, 1066, 1070 f.), wären überdies verjährt (§ 214 BGB).

a) Die Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre und begann nach der Ultimo-Verjährung des § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31.12.2002. Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 21.06. und 30.07.2002 die Nachschusspflicht geltend gemacht (vgl. B8, 126 GA), so dass die angeblich beratungsgegenständlichen Täuschungen bereits im Jahre 2002 offen zu Tage gelegen hätten, jedenfalls ohne grobe Nachlässigkeit hätten erkannt werden müssen, ebenso wie die sich aufdrängenden Indizien für die Verbundenheit beider Geschäfte. Der Kläger wusste, dass er den Darlehensvertrag nicht auf eigene Initiative geschlossen hatte, sondern aufgrund der des Vermittlers, zur Finanzierung des zugleich vermittelten Versicherungsvertrages. Wie er selbst ausgeführt hat, bestand eine Zweckbindung des Darlehens zur Finanzierung der Versicherungsprämie, wobei ihm die freie Verfügbarkeit über die Darlehensvaluta genommen war, da diese vereinbarungsgemäß auf ein Konto des C...-Pools auszuzahlen war. Der zeitgleiche Abschluss beider Verträge lag offen zu Tage, ebenso wie die Einschaltung derselben Vertriebsorganisationen durch Versicherung und Kreditgeber, da sich die Beklagte hier derjenigen Daten bedient hat, die die Vermittler beim Kläger als Kreditnehmer im Hinblick auf den späteren Kreditvertrag erhoben hatten.

b) Dass der Kläger sich erstmals im Jahre 2003 anwaltlich beraten ließ, ist unerheblich. Maßgebend ist nicht die zutreffende rechtliche Subsumtion des Anspruchsinhabers, sondern dessen Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage, § 199, Rn. 26 m.w.N.).

c) Der Verjährungsbeginn war auch nicht ausnahmsweise wegen Rechtsunkenntnis hinausgeschoben, weil die Rechtslage so unübersichtlich oder zweifelhaft gewesen wäre, dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht einzuschätzen vermocht (vgl. hierzu BGHZ 6, 195, 202; BGH, Urt. v. 29. April 1982 - III ZR 163/80, VersR 1982, 898, 899; v. 15. Oktober 1992, aaO; v. 24. Februar 1994 - III ZR 76/92, NJW 1994, 3162, 3164) und es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (vgl. BGHZ 122, 317, 325 f; BGH, Urteil vom 25.02.1999 - XI ZR 30/98, juris Tz. 19 am Ende = NJW 1999, 2041) gefehlt hätte.

Es gehörte bereits seit geraumer Zeit zum gesicherten Bestand höchstrichterlicher Rechtsprechung im Bankrecht, dass bei einer arglistigen Täuschung durch einen gemeinschaftlichen Vertreter, etwa eines Verkäufers und des Kreditgebers, der die Verhandlungen mit dem Kunden über den Kauf und dessen Finanzierung durch einen Kredit führt, der Verkäufer und sein Verhandlungsvertreter bei einer Anfechtung des Darlehensvertrags nicht Dritte iS des § 123 Abs 2 BGB sind, wenn Kaufvertrag und Darlehensvertrag in der Sicht des Käufers/ Darlehensnehmers ein einheitliches Vertragswerk bilden (BGH, Urteil vom 06.07.1978 - III ZR 63/76 = NJW 1978, 2144; Urteil vom 08.02.1979 - III ZR 2/77 = NJW 1979, 1593). Im Bereich der Arglistanfechtung entsprach es weiterhin seit jeher gefestigter Rechtsauffassung, dass eine arglistige Täuschung in der Regel zugleich eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsabschluß begründet, mit der Folge, dass dann, wenn die Arglist zugleich einen zum Schadensersatz verpflichtenden Tatbestand erfüllte, in einem wie im anderen Fall ein Schadensersatzanspruch zum Beispiel auf Schuldbefreiung erwachsen konnte (BGH, Urteil vom 11.05.1979 - V ZR 75/78, juris Tz. 11 ff. m.w.N. = NJW 1979, 1983).

Der Schadensersatzanspruch gegen einen Kreditgeber wegen Verschuldens bei der Vertragsanbahnung iVm einer arglistigen Täuschung lag nach diesen Grundsätzen innerhalb des Anwendungsbereichs des § 9 Abs. 3 VerbrKrG außerordentlich nahe, die Rechtsprechung hierzu war bank- und allgemeinrechtlich bereits seit langer Zeit im wesentlichen konsolidiert und konnte von einem rechtskundigen Dritten auch nicht mehr ernsthaft in Zweifel gezogen werden.

d) Eine im Ergebnis erhebliche Hemmung durch Verhandlungen (§ 203 BGB) lässt sich nicht feststellen. Zu berücksichtigen sind die Vergleichskorrespondenz der Parteien zwischen dem 21.01.2003 (vgl. B8, 126 GA) und dem 25.06.2003 (vgl. B6, 78 GA), mithin 155 Tage, sowie eine frühestens am 01.08.2005 beginnende Verhandlung (vgl. BK6, 466 GA), die nach dem Klägervortrag am 31.10.2006 endete (vgl. 456 GA), mithin 456 Tage. Addiert man die Summe von 611 Tagen zum regulären Verjährungsende am 31.12.2005, so errechnet sich ein neues Verjährungsende am 03.09.2007. Die Klage wurde demgegenüber erst am 21.12.2007 eingereicht.

4. Der im Ergebnis zulässige Hilfsantrag - auch die hilfsantragsgegenständliche Nachschusspflicht stellt keine bloße Vorfrage oder kein bloßes Element des Darlehensvertrages, sondern ein darin konstituiertes und insoweit feststellungsfähiges Recht/ eine feststellungsfähige Pflicht dar (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 256 Rn. 3 m.w.N.) - bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Beklagte ist grundsätzlich - nur darauf kommt es im Rahmen des Hilfsantrages an, zumal aktuell keine Nachschüsse gefordert werden - nach Maßgabe der Einkommens- und Vermögenssituation des Klägers zum Ausgleich von Unterdeckungen zu Nachschussforderungen berechtigt, da der Vergleich dies vorsieht. Anders machen insbesondere die periodischen Selbstauskünfte des Klägers keinen Sinn.

Ob die Auslegung der ursprünglich vereinbarten Nr. 5 DV durch das Landgericht tragfähig wäre, erscheint fraglich, bedarf hier aber im Hinblick auf dessen individualvertragliche Abbedingung durch den Vergleich keiner näheren Untersuchung.

5. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch nicht entschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen. Die Feststellungen des Senats beruhen auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 440.000,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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