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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 30.09.2009
Aktenzeichen: 3 U 190/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 423
BGB § 426 Abs. 1
BGB § 426 Abs. 1 Satz 2
BGB § 769
BGB § 776
ZPO § 68
ZPO § 74 Abs. 3
ZPO § 138
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 10. November 2008 - 5 O 40/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten zweiter Instanz durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen einen Anspruch der Klägerin auf hälftige Freistellung von einer Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der M... Bank KGaA (nachfolgend M... Bank).

Die Hauptschuld, auf die sich der streitgegenständliche Ausgleich zwischen Mitbürgen bezieht, resultiert aus einer Geschäftsverbindung zwischen der M... Bank und der - inzwischen insolventen - F... Immobilien AG (nachfolgend F...). Die Klägerin war Aktionärin der F... zu 33,33 % und Mitglied des Aufsichtsrats; der Beklagte war ebenfalls Aktionär zu 33,33 % und geschäftsführender Vorstandsvorsitzender der F....

Die Klägerin, der Beklagte und ein dritter an der F... Beteiligter - der Aufsichtsratsvorsitzende S... - übernahmen durch jeweils eigene Bürgschaftsurkunden gegenüber der M... Bank Höchstbetragsbürgschaften über 500.000,00 DM bezogen auf einen Kredit der F... in Höhe von 1 Mio DM. Im vorliegenden Verfahren ist unstreitig, dass dies im Ausgangspunkt zu einer gesamtschuldnerischen Übernahme der Bürgschaft (§ 769 BGB) geführt hat und dass der Innenausgleich zwischen der Klägerin und dem Beklagten grundsätzlich anhand einer Quote von 50 % zu erfolgen hat, weil der Anteil des dritten Bürgen (des Aufsichtsratsvorsitzenden S...) wegen dessen Insolvenz nach Maßgabe des § 426 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu erlangen ist.

Die M... Bank hatte die Prozessparteien des vorliegenden Verfahrens in zwei früheren getrennten Prozessen jeweils auf Zahlung aus der übernommenen Bürgschaft in Anspruch genommen.

Die hiesige Klägerin ist vom Landgericht Potsdam in einem dieser Verfahren zur Zahlung von 239.835,65 € an die M... Bank verurteilt worden (Aktenzeichen 8 O 178/05). In dem anschließenden Berufungsverfahren hat die Klägerin nach der mündlichen Verhandlung dem hiesigen Beklagten den Streit verkündet; die Zustellung der Streitverkündung erfolgte am 08.09.2006; durch Urteil vom 13.09.2006 hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (Aktenzeichen 3 U 35/06) die Berufung der hiesigen Klägerin gegen ihre Verurteilung zurückgewiesen.

Die von der M... Bank gegen den Beklagten gerichtete Klage ist vom Landgericht Potsdam mit der Begründung abgewiesen worden, die Bank habe die streitgegenständliche Kreditsumme nicht ausreichend dargelegt (Aktenzeichen 8 O 179/05). In dem anschließenden Berufungsverfahren hat das Brandenburgische Oberlandesgericht die Berufung der M... Bank zurückgewiesen (Aktenzeichen 4 U 208/05). Zur Begründung hat es ausgeführt, die Saldenentwicklung in dem Kontokorrentverhältnis zwischen der M... Bank und der F... sei erstinstanzlich nicht ausreichend dargelegt gewesen. Auf die Frage, ob ein einfaches Bestreiten des (dortigen und hiesigen) Beklagten als Vorstandsvorsitzendem der F... zulässig sei, komme es nicht an, weil der Vortrag der M... Bank nicht einlassungsfähig gewesen sei. Die in der Berufungsinstanz vorgetragene Saldenentwicklung und die dazu eingereichte Kontoverdichtung seien nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

Im hier vorliegenden Verfahren hat die Klägerin bezüglich des gegen sie mit 239.835,65 € titulierten Zahlungsanspruchs der M... Bank von dem Beklagten Freistellung in Höhe des hälftigen Betrages - nämlich in Höhe von 119.917,82 € - verlangt.

Der Beklagte hat dagegen eingewandt, es fehle bereits an einer schlüssig dargelegten Hauptschuld, auf die sich eine Freistellungspflicht beziehen könnte. Die Valutierung des Kredits gegenüber der F... werde hinsichtlich der (zweiten) Teilzahlung von 566.800,00 DM bestritten. Soweit die M... Bank ohne ausdrückliche Anforderung diese zweite Teilzahlung ausgelöst habe, umfasse die Bürgschaft eine solche ggf. rechtsgrundlos begründete Hauptverbindlichkeit nicht.

Die im Verfahren gegenüber der M... Bank erfolgte Verurteilung der Klägerin gehe auf mangelhafte Prozessführung im Vorprozess zurück. Im Übrigen habe die Klägerin mit der M... Bank einen Vergleich geschlossen; sie werde seither von der Bank nicht mehr in Anspruch genommen.

Die M... Bank habe auch pflichtwidrig die zweite Teilzahlung von 566.800,00 DM an die F... veranlasst, ohne die vertraglich geschuldete Bestellung einer (weiteren) Grundschuld abzuwarten. Die Bank sei insoweit auch zum Schutz der Interessen der Bürgen verpflichtet gewesen und habe durch die Verletzung dieser Pflicht eine etwaige Forderung nach §§ 776, 242 BGB eingebüßt. Außerdem habe sie durch die pflichtwidrige Vereitelung der Entstehung einer (zusätzlichen) Sicherheit den andernfalls möglichen Rückgriff des Bürgen vereitelt und sei schadensersatzpflichtig.

Dieser der M... Bank gegenüber bestehende Schadensersatzanspruch werde hilfsweise gegenüber dem Freistellungsanspruch der Klägerin aufgerechnet. Die Zulässigkeit dieser Aufrechnung ergebe sich im Verhältnis der hier streitenden Parteien daraus, dass die Klägerin die Abtretung des gegen den Beklagten verfolgten Freistellungsanspruchs an die M... Bank beabsichtige, die von der Klägerin beanspruchte Freistellung werde sich dann in einen Zahlungsanspruch der M... Bank gegen den Beklagten wandeln.

Außerdem sei der von der Klägerin verfolgte Anspruch verjährt.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß zur Freistellung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die erforderliche Inanspruchnahme der Klägerin von Seiten der M... Bank liege angesichts des mit einer entsprechenden Titulierung beendeten Vorprozesses vor. Die vollständige Valutierung des Kredits in Höhe von 1 Mio DM habe zwar nicht durch die dazu vernommenen Zeugen P... und St... bewiesen werden können, wohl aber durch die von der Klägerin vorgelegten Überweisungsbestätigungen und die nachgewiesenen Gutschriften über die beiden ausgezahlten Teilbeträge von 433.200,00 DM und 566.800,00 DM auf dem Kreditkonto 200022640, für die auch in beiden Fällen als Verwendungszweck die Valutierung des streitgegenständlichen Kredits angegeben sei.

Die Annahme einer vollständigen Valutierung des Kredits werde zudem durch die Geschäftsabschlüsse der F... für 1999 und 2003 gestützt. Ersterer weise die Kreditverbindlichkeit gegenüber der M... Bank in Höhe von 1 Mio DM aus, letzterer eine insoweit noch offene Kreditverbindlichkeit in Höhe des Saldos von 239.898,15 €.

Soweit der Beklagte behauptet habe, zwischen der Bank und der Klägerin sei ein Vergleich geschlossen worden, wonach die Klägerin seitens der Bank nicht in Anspruch genommen werde, sei er beweisfällig geblieben.

Dem Freistellungsanspruch zwischen den Mitbürgen stehe auch kein zwischenzeitlicher Fortfall der Hauptforderung entgegen. Der vom Beklagten gegen die M... Bank gerichtete Einwand gemäß §§ 776, 242 BGB verfange nicht; die Valutierung des Kredites ohne das Abwarten der vollständigen Erbringung vereinbarter Sicherheiten stehe der von § 776 BGB geforderten Aufgabe eines - bereits bestehenden - Sicherungsrechts nicht gleich. Die hilfsweise vom Beklagten erklärte Aufrechnung habe bereits wegen Fehlens der Aufrechnungslage keinen Erfolg; im Übrigen liege auch eine anspruchsbegründende Verletzung der Pflichten der M... Bank nicht vor.

Nach der Verjährung einer Forderung des Gesamtschuldnerausgleichs beginne nicht mit der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses, sondern mit der Fälligkeit des Hauptanspruchs. Die Kreditkündigung vom 30.11.2004 sei die Verjährung durch Erhebung der Klage im März 2007 jedenfalls rechtzeitig unterbrochen worden.

Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, es liege keine tatsächliche Inanspruchnahme der Klägerin durch die M... Bank vor. Starke Indizien und der Sachvortrag der Klägerin aus dem Prozess gegen die M... Bank sprächen für die Existenz einer Vereinbarung, derzufolge die Klägerin nicht von der M... Bank in Anspruch genommen werden solle. Soweit die Klägerin dies in Abrede stelle, sei das wegen Widersprüchlichkeit des Vorbringens und nach § 138 ZPO unbeachtlich.

Hinsichtlich der Valutierung der zweiten Teilzahlung über 566.800,00 DM ist der Beklagte der Ansicht, die Kredithöhe sei zuvor durch einen handschriftlichen Zusatz auf der Anlage K 11 abgeändert worden, wonach zunächst nur 433.200,00 DM zur Auszahlung gelangen sollten. Die über diesen ersten Teilbetrag hinausgehende zweite Rate sei ohne entsprechende Abforderung der F... ausgezahlt worden und deshalb nicht als Valutierung des Darlehens zu werten; es handele sich allenfalls um eine rechtsgrundlose Zahlung an die insolvente F..., deren Absicherung von den übernommenen Bürgschaften nicht umfasst sei.

Der Verzicht auf eine als Kreditsicherheit mit der F... vereinbarte Grundschuld sei analog §§ 776, 242 BGB wie eine Aufgabe der Sicherheit zu behandeln; die Bank müsse in derart extremen Fällen auch die Interessen der Bürgen wahren. Die Verletzung dieser Pflicht führe dazu, dass der Bürge freiwerde, so dass insoweit auch der Gesamtschuldnerausgleich entfalle.

Die im Verhältnis zur Klägerin erfolgende Aufrechnung wegen des Schadensersatzanspruchs, der dem Beklagten gegenüber der M... Bank zustehe, müsse zugelassen werden, um einen Regresskreisel zu vermeiden. Ohne Zulassung dieser Aufrechnung im hiesigen Streitverhältnis müsse der Beklagte bis zur Abtretung des Freistellungsanspruchs an die M... Bank warten, um dann ihr gegenüber die Aufrechnung zu erklären. Dies sei nicht angemessen, da der Beklagte bei (rechtzeitiger) Streitverkündung seitens der Klägerin im Vorprozess bereits dort die Forderung der M... Bank zum Erlöschen gebracht haben würde.

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 10.11.2008 - 5 O 40/07 - die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihrer erstinstanzlich vertretenen Standpunkte.

Für die Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen und für weitere Einzelheiten der Prozessgeschichte verweist der Senat auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf den weiteren Inhalt der Prozessakten und der zu Informationszwecken beigezogenen Akten der Vorprozesse (Brandenburgisches Oberlandesgericht 3 U 35/06 und 4 U 208/05).

II.

Die statthafte Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg, weil die vom Beklagten vorgebrachten Einwände gegen die Feststellungen und Annahmen des angefochtenen Urteils nicht dessen Abänderung rechtfertigen.

1.

Für das Verhältnis der Parteien dieses Rechtsstreits hat das Landgericht im Ausgangspunkt überzeugend ausgeführt, dass nach Maßgabe der §§ 769, 426 Abs. 1 BGB grundsätzlich die Voraussetzungen für einen Gesamtschuldnerausgleich vorliegen. Die Entstehung einer gemeinschaftlichen Verbürgung gegenüber der M... Bank und des daraus sich zwischen den beteiligten Mitbürgen entwickelnden Innenverhältnisses greift der Beklagte in der Berufungsbegründung auch nicht an.

2.

Die Einwände, die der Beklagte gegen das Bestehen bzw. gegen die schlüssige Darlegung einer der Bürgschaft zugrundeliegenden Hauptverbindlichkeit richtet, sind nicht begründet. Zwar kann das Bestehen einer Hauptverbindlichkeit zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nicht schon im Hinblick auf die jeweils gegen die M... Bank geführten früheren Prozesse als feststehend behandelt werden; das Landgericht ist aber anhand des Sachvortrags im vorliegenden Verfahren überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass der M... Bank gegen die Klägerin in der gegen sie titulierten Höhe ein Zahlungsanspruch aus der Bürgschaft zusteht. Die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zu Grund und Höhe dieser im Verhältnis zur M... Bank begründeten Hauptverbindlichkeit sind nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere für die Ausführungen zur Valutierung der beiden Teilbeträge des Darlehens und zur dann folgenden Kreditentwicklung mit dem Endsaldo von 239.835,65 € zulasten der Schuldnerin.

a) Das Bestehen des titulierten Zahlungsanspruchs der M... Bank gegen die Klägerin bedurfte allerdings gesonderter Feststellung zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtstreits. Die Voraussetzungen des § 68 ZPO, unter denen die im Verfahren 3 U 35/06 des Brandenburgischen Oberlandesgerichts getroffenen Feststellungen zwischen der Klägerin und der M... Bank nun auch im Verhältnis zum Beklagten hätten als feststehend zugrunde gelegt werden müssen, liegen nicht vor.

Die Klägerin hat zwar im Vorprozess dem Beklagten den Streit verkündet; der Schriftsatz ist aber erst am 07.09.2006 bei dem Gericht des Vorprozesses eingegangen und am Folgetag dem Beklagten zugestellt worden; die Wirkungen des § 68 ZPO konnten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr eintreten. Die Streitverkündung ist zwar grundsätzlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens möglich, rechtliche Wirkungen entfaltet sie aber nach Maßgabe der §§ 74 Abs. 3, 68 ZPO nur insoweit, als nach dem Zeitpunkt, zu dem der Beitritt möglich war, dem Streithelfer noch eine erfolgversprechende Einflussnahme auf den Prozess möglich war. Daran fehlt es, wenn die Streitverkündung erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung und vor dem Erlass eines Urteils erfolgt, das unanfechtbar oder jedenfalls nicht mit einem aussichtsreichen Rechtsmittel durch einen Streithelfer anfechtbar ist (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann; Rz. 9 zu § 68 ZPO).

So liegt es hier. Zwischen der Zustellung der Streitverkündung beim Beklagten und dem Erlass des Urteils im Vorprozess lagen lediglich 6 Tage; in dieser Zeit war dem Beklagten eine aussichtsreiche Einflussnahme auf den Vorprozess nicht möglich. Die Streitverkündung ist damit im Vorprozess zwar erfolgt, aber wirkungslos geblieben.

b) Im vorliegenden Verfahren hat der Beklagte sich zu zahlreichen Einzelheiten betreffend die Vereinbarung und Abwicklung des zwischen der M... Bank und der F... bestehenden Darlehensverhältnisses nur mit einfachem Bestreiten eingelassen. Dieses prozessuale Vorgehen steht in Konflikt zu dem Umstand, dass der Beklagte an den maßgeblichen Rechtsverhältnissen und geschäftlichen Veranlassungen nicht unbeteiligt war, sondern er persönlich als rechtsgeschäftlicher Vertreter der F... agierte. Für den konkret handelnden Vertreter, der zugleich in rechtlicher Hinsicht als Vorstandvorsitzender und Geschäftsführer für die F... legitimiert war, waren die vom Beklagten in Abrede gestellten Vorgänge der Vereinbarung, der Valutierung und der Verwendung der Kreditmittel sämtlich Gegenstand der eigenen Wahrnehmung. Das einfache Bestreiten der von der Klägerin vorgetragenen Zusammenhänge dürfte deshalb nach Maßgabe des § 138 Abs. 4 ZPO als unbeachtlich zu behandeln sein.

Diese Frage bedarf aber nach Grund und Reichweite der etwaigen Unzulässigkeit des Bestreitens keiner abschließenden Entscheidung, weil das Landgericht den im Falle zulässigen Bestreitens erforderlichen Beweis jedenfalls mit Recht als geführt angesehen hat.

c) Soweit der Beklagte die vollständige Valutierung des von der M... Bank gegenüber der F... eingeräumten Kredits bestritten hat, ist das Landgericht mit Recht zu der Feststellung gelangt, dass die Auszahlung des Darlehens - insbesondere auch die Auszahlung der zweiten Rate - und die Saldenentwicklung schlüssig vorgetragen und im Ergebnis als nachgewiesen anzusehen ist.

Die Aufforderung der F... vom 20.12.1999 zur Valutierung des vollständigen Darlehens in Höhe von 1 Mio DM hat der Beklagte persönlich unterzeichnet. Die erste Zahlung erfolgte 7 Tage später, also am 27.12.1999; die zweite Rate wurde am 29.12.1999 - also gerade einmal weitere 2 Tage später - an die F... ausgezahlt. Zu beiden Zahlungen hat die Klägerin die jeweils beteiligte Kontoverbindung und den dort verbuchten Verwendungszweck substantiiert vorgetragen und durch entsprechend aussagekräftige Kontounterlagen belegt (GA 285 f., 322).

Die Rechtsauffassung des Beklagten, das gesamte Kreditverhältnis sei bereits vor der Auszahlung der zweiten Rate inhaltlich umgewandelt und auf die Summe der zuerst ausgezahlten Rate von 433.200,00 DM beschränkt worden, findet im Sachvortrag und in den zur Akte vorliegenden Unterlagen keine Stütze. Insbesondere aus dem vom Beklagten angeführten handschriftlichen Vermerk auf der Anlage K 11 (GA 143) lässt sich eine derartige Änderung des Vertragsinhalts nicht herleiten.

Bereits der Wortlaut dieses Vermerks ergibt nicht, dass der ursprüngliche Darlehenbetrag von 1 Mio DM auf den Betrag der ersten Rate von 433.200,00 DM reduziert und ein weitergehendes Darlehen also nicht (mehr) geschuldet sein sollte. In Bezug auf eine bestimmte - am 27.12.1999 noch offene - Fragestellung zu einem Finanzierungsdetail hält der handschriftliche Vermerk lediglich fest, es werde "...erst valutiert, sobald die Angelegenheit ... geklärt ist". Es ergibt sich daraus weder, dass die M... Bank als Darlehensgeberin den Darlehensvertrag mit Auszahlung der ersten Rate als von ihrer Seite vollständig erfüllt ansah, noch dass die F... als Darlehensgläubigerin sich anstelle der Gesamtabforderung von 1 Mio DM nunmehr mit einem Kredit von weniger als der Hälfte bescheiden wollte. Der Vermerk behandelt stattdessen das Kreditverhältnis als ein solches über 1 Mio DM, von denen aber erst eine Teilrate ausgezahlt ist, und der Rest später ausgezahlt werden soll. Eine rechtsverbindliche Reduzierung des Darlehensbetrages wird daraus nicht erkennbar.

Auch der Beklagte trägt nicht konkret vor, wer mit wem wann etwas davon Abweichendes vereinbart haben soll. Entgegen der vom Beklagten in zweiter Instanz geäußerten Einschätzung enthalten auch die Angaben des in erster Instanz am 25.06.2008 vernommenen Zeugen P... keinen Hinweis darauf, dass es im Wege einer Vertragsänderung zu einem Verzicht auf den Betrag der zweiten Kreditrate gekommen sein könnte. Der Zeuge hat zwar ebenfalls die zunächst aufgetretenen Schwierigkeiten bezüglich der Auszahlung des über die 433.200,00 DM hinausgehenden Betrages geschildert, und er konnte auch angeben, anlässlich dieser Schwierigkeiten mit dem Beklagten in Kontakt getreten zu sein. Nach Darstellung des Zeugen hat aber gerade der Beklagte, der ja auch für die Darlehensnehmerin F... vertretungsberechtigt war, in keiner Weise erkennen lassen, etwa den Darlehenbetrag reduzieren zu wollen. Stattdessen hat der Zeuge in Bezug auf den Beklagten angegeben, dieser "...war der Auffassung, dass wir die Million benötigen...", und der Beklagte "...wollte sich dann selbst um die Auszahlung des restlichen Betrages kümmern..." (GA 299).

Diese Angaben stehen der Darstellung des Beklagten, es sei zu einer rechtswirksamen Reduzierung des Darlehensbetrages gekommen, deutlich entgegen.

3.

Auch die Einwände, die der Beklagte für den Fall des Bestehens einer Hauptverbindlichkeit gegen das Freistellungsbegehren richtet, sind nicht begründet.

Der Anspruch der Klägerin auf Freistellung oder sog. Schuldbefreiung stellt eine anerkannte Form des aus § 426 Abs. 1 BGB resultierenden Ausgleichsanspruchs dar, solange der ausgleichsberechtigte Mitschuldner selbst noch nicht an den Gläubiger geleistet hat. Die gleichrangige Verpflichtung aus § 426 Abs. 1 BGB hat in dieser Phase die Konsequenz, dass jeder Gesamtschuldner von dem Mithaftenden verlangen kann, an der gesamtschuldnerisch geschuldeten Leistung mitzuwirken, und den jeweils Anderen anteilig von der Schuld zu befreien (BGHZ 47, 166; BGH NJW 1995, 652).

a) Der in diesem Zusammenhang formulierte Einwand des Beklagten, die Klägerin werde von der M... Bank nicht in Anspruch genommen und könne deshalb auch keine Schuldbefreiung verlangen, erschließt sich angesichts des im Vorprozess erwirkten Titels der M... Bank gegen die Klägerin über einen Betrag von 239.835,65 € nicht. Zwar mag es im Einzelfall erwägenswert sein, dass ein Freistellungsanspruch von dem einen gegen einen anderen Gesamtschuldner nicht prozessual verfolgt werden kann, wenn unumstößlich feststeht, dass der auf Freistellung klagende Gesamtschuldner auf Ausgleich der Hauptschuld definitiv nicht in Anspruch genommen wird. Droht eine Inanspruchnahme von Seiten des Gläubigers dem Gesamtschuldner zweifelsfrei und dauerhaft nicht, so mögen gegen eine von ihm erhobene Klage Zweifel am Bestehen des erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses möglich sein. Von einer solchen Konstellation kann vorliegend aber keine Rede sein.

Die M... Bank hat alles getan, um den gegen die Klägerin erhobenen Anspruch prozessual durchzusetzen; sie hat damit dauerhaft die Voraussetzungen geschaffen, ihr Zahlungsbegehren gegen die Klägerin über einen langen Zeitraum hinweg und unter Einsatz von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen realisieren zu können. Der aus diesem Anlass von der Klägerin gegen den Beklagten verfolgte Anspruch auf Mitwirkung an der Erbringung der gemeinsam geschuldeten und vom Gläubiger eingeforderten Leistung hängt nicht davon ab, ob, wie und mit welchem Erfolg der Gläubiger gerade konkret gegen welchen Gesamtschuldner Vollstreckungsmaßnahmen ergreift.

Eine nachdrücklichere Rechtsverfolgung, als die durch zwei Instanzen erstrittene Titulierung der Ansprüche gegen die Klägerin ist als Grundlage eines von ihr formulierten Freistellungsbegehrens gegen den Beklagten nicht zu fordern.

b) Auch die vom Beklagten angestellten Vermutungen, ob und auf Grundlage welcher Vereinbarungen die Bank derzeit nicht oder nur begrenzt gegen die Klägerin vorgeht, rechtfertigen keine andere Betrachtung.

Die Behauptung, es sei insoweit zwischen der M... Bank und der Klägerin ein Vergleich geschlossen worden, steht dem Klagebegehren schon deshalb nicht entgegen, weil der Beklagte nichts dazu vorträgt, inwieweit einer etwaigen Vereinbarung ein endgültiger Verzicht auf eine Teilforderung gegenüber der Klägerin zu entnehmen sein sollte, und woraus sich die nach § 423 BGB erforderliche Gesamtwirkung einer solchen Vereinbarung zugunsten (auch) des Beklagten ableiten lassen sollte.

Wirkung zugunsten des Beklagten hätte eine zwischen der Bank und der Klägerin getroffene Abrede nur dann, wenn diese Folge von dem ggf. durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Beteiligten gedeckt wäre.

Für die Annahme, es habe im Interesse der Klägerin und der M... Bank gelegen, mit einer - etwa getroffenen - internen Regelung auch den Beklagten zu entlasten, ist nichts ersichtlich und auch nichts vom Beklagten vorgetragen worden. Selbst wenn sich also z.B. die Klägerin mit der M... Bank auf einen zeitlich befristeten Vollstreckungsverzicht oder bestimmte Rückführungskonditionen verständigt hätte, so bliebe eine solche Vereinbarung mangels eines anderen unmissverständlich von den Beteiligten zum Ausdruck gebrachten Willens im Außenverhältnis zwischen der M... Bank und dem Beklagten ebenso ohne Auswirkungen, wie im hier streitgegenständlichen Verhältnis der Gesamtschuldner untereinander. Der Beklagte hätte konkrete Umstände für die Annahme eines abweichenden Parteiwillens darzulegen. Ohne solche besonderen Umstände spräche auch bei Existenz der vom Beklagten vermuteten Vereinbarung nichts dafür, dass die Klägerin nur deshalb von ihrem Mitbürgen nicht mehr die Mitwirkung am Ausgleich der gemeinsamen Schulden verlangen darf, weil sie selbst sich für den Ausgleich der Schuld auf eine bestimmte Vorgehensweise mit dem Gläubiger verständigt hat.

Es kommt danach nicht mehr entscheidend darauf an, dass auch die inhaltliche Herleitung der vom Beklagten angestellten Vermutungen nicht überzeugt. Der vom Beklagten zitierte Vortrag der Klägerin im Vorprozess hatte zu keinem Zeitpunkt den Abschluss einer Vereinbarung zwischen der M... Bank und der Klägerin zum Gegenstand. Die Klägerin hat lediglich die Rechtsmeinung vertreten, ein bestimmtes Grundstücksgeschäft über 480.000,00 DM sei als ein Vergleich des seinerzeit von ihr gewünschtes Inhalts zu bewerten. Dieser rechtlichen Einordnung ist der Senat schon in den Vorprozess zwischen der Klägerin und der M... Bank (3 U 35/06) im Urteil vom 13.09.2006 nicht gefolgt.

Ein rechtserheblicher Einwand gegen die Klageforderung erschließt sich mir aus diesen Zusammenhängen nicht.

4.

Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch gegenüber dem Freistellungsanspruch der Klägerin hat das Landgericht mit Recht als unzulässig behandelt. Der Anspruch auf Schuldbefreiung - wie die Klägerin ihn gegen den Beklagten verfolgt - ist bereits grundsätzlich nicht gleichartig gegenüber dem vom Beklagten angeführten Zahlungsanspruch, so dass keine Möglichkeit der Aufrechnung besteht (vgl. Palandt/Grüneberg; Rz. 10 zu § 387 BGB m.w.N.).

Es kann bereits aus diesem Grund dahinstehen, welche rechtlichen Kategorien das Vorbringen des Beklagten zu einem vermeintlichen "Regresskreisel" betreffen soll. Auf die "Zulassung einer Aufrechnung" des Beklagten im Verhältnis zur Klägerin mit einem aus dem Verhältnis zur M... Bank hergeleiteten Schadenersatzanspruch kommt es schon wegen der Ungleichartigkeit der Ansprüche nicht an.

Im Übrigen wäre für den Senat auch keine Rechtspflicht der Klägerin erkennbar, dem Beklagten im Vorprozess so rechtzeitig den Streit zu verkünden, dass der Beklagte dort durch Geltendmachung der Aufrechnung den Anspruch der M... Bank bereits im Ansatz hätte bekämpfen können. Es steht nach geltendem Prozessrecht jeder Partei frei, den Adressaten und den Zeitpunkt einer etwaigen Streitverkündung zu bestimmen. Der Beklagte war auch auf eine Einbeziehung in den Vorprozess nicht angewiesen, sondern hätte seine vermeintlichen Aufrechnungsbefugnisse - auch außerhalb eines Prozessverfahrens - unmittelbar in seinem eigenen Rechtsverhältnis zur M... Bank geltend machen und einer Klärung zuführen können. Der Erfolg eines Schadensersatzbegehrens in diesem Verhältnis erscheint allerdings zweifelhaft, weil es die vom Beklagten postulierte allgemeine Sorgfaltspflicht des Gläubigers einer Forderung gegenüber dem sichernden Bürgen nicht gibt (vgl. BGH NJW 1994, 2146 ff.; Palandt/Sprau; Rz. 1 zu § 776 BGB).

Schließlich ist auch im Zusammenhang mit den ursprünglich neben den Bürgschaften vorgesehenen Sicherheiten, bezüglich derer der Beklagte heute verschiedene Pflichtverletzungen und Unregelmäßigkeiten erkennen will, daran zu erinnern, dass er selbst es seinerzeit war, der für die F... die Bestellung der später nicht zustande gekommenen Grundschuld zugesagt hatte. Wenn der Beklagte dann für die von ihm vertretene F... den vollen Kreditbetrag abfordert und letztlich erhält, ohne seine eigene Zusage zur Bestellung der zusätzlichen Sicherheit eingehalten zu haben, so hat die damit verbundenen Folgen er selbst zu verantworten, nicht die M... Bank.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Berufungsurteil beruht im Kern auf einer Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Eine Abweichung in der Rechtsanwendung gegenüber Entscheidungen des Bundesgerichtshofes oder gegenüber anderen Oberlandesgerichten ist nicht ersichtlich.

Der Gebührenstreitwert für die zweite Instanz beträgt 119.917,82 €.

Ende der Entscheidung

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