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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 3 U 200/05
Rechtsgebiete: BGB, II. BV, ZPO


Vorschriften:

BGB § 258 Satz 1
BGB § 538
BGB § 546 Abs. 1
II. BV § 28 Abs. 4
ZPO § 139 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 200/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 13.12.2006

verkündet am 13.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Bunge, der Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und des Richters am Oberlandesgericht Jalaß

auf die mündliche Verhandlung vom 08. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Oktober 2005 verkündet Urteil des Landgerichts Cottbus - 72 O 24/05 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV. Die Revision wird in Umfange von € 10.150,00 betreffend die Position fiktive Kosten für die Reinigung des Teppichbodens im Verkaufsbereich zugelassen.

Gründe:

I.

Die Prozessparteien streiten darum, ob die Beklagte der Klägerin aus einem - mit Ablauf des 31. August 2004 beendeten - Mietvertrag vom 12./29. April 1994 (Kopie Anlage K2 = GA 72 OH 2/04 Bd. I S. 15 ff.), durch den Erstere von Letzterer eine rund 4.000 m² große Gewerbeeinheit im C... Einkaufszentrum "L..." zum Betrieb eines Oberbekleidungsgeschäfts überlassen worden war, noch Zahlungen zu erbringen hat, weil Reinigungs- und Reparaturarbeiten an dem textilen Bodenbelag, der sich im Mietobjekt befand, nicht ausgeführt wurden. Das Prozessergebnis der Eingangsinstanz gibt nachfolgende Tabelle wieder; im zweiten Rechtszug geht es noch um die Einzelpositionen mit der lfd. Nr. 1, 4 und 5, hinsichtlich derer die Klage vom Landgericht abgewiesen worden ist:

 lfd. Nr.PositionKlageforderung in €zuerkannt in €abgewiesen in €
(1)Bohrlöcher in der Näherei149,600,00149,60
(2)"abgestolperte Kanten" (abgelöster Bodenbelag, insbesondere im Übergangsbereich zu Keramikfliesen und an Elektrantendeckeln)1.237,601.237,600,00
(3)Verfleckungen in der Näherei280,00280,000,00
(4)Reinigungskosten im Verkaufsbereich10.150,000,0010.150,00
(5)anteilige Anwaltskosten109,400,00109,40
zusammen11.926,601.517,6010.409,00

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die landgerichtliche Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das angefochtene Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe verwiesen wird, ist der Klägerin am 24. Oktober 2005 - zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - zugestellt worden. Sie hat am 01. November 2005 mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel - nach antragsgemäßer Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 20. Januar 2006 - durch einen am 29. Dezember 2005 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begründet.

Die Klägerin ficht das landgerichtliche Urteil - ihr bisheriges Vorbringen wiederholend und vertiefend - in vollem Umfange ihrer Beschwer an. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

Aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergebe sich kein nachvollziehbares Argument dafür, die Beseitigung der Mangelstelle Nr. 1 (Bohrlöcher in der Näherei) anders zu behandeln als die Instandsetzung der Mangelstellen Nr. 2, der "abgestolperten Kanten". Die Rechtsansicht, wegen der kompletten Entfernung des Teppichbodens sei der Wiederherstellungsanspruch ersatzlos weggefallen, werde von der Eingangsinstanz nicht begründet; die Rechtsmeinung als solche sei auch nicht geeignet, eine Begründung zu ersetzen. Die Erwägung, eine anderslautende Regelung könne nicht Gegenstand einer vernünftigen Parteivereinbarung gewesen sein, lasse verfahrensfehlerhaft die offensichtlichen Gründe für eine andere Interpretation außer Betracht. Ob der Schaden am Teppichboden schon vor der Räumung erkennbar war, könne keine Rolle spielen. Mit dem Durchbohren habe die Beklagte den Bodenbelag beschädigt und müsse ihn wieder instandsetzen. Dieser sei nach den vertraglichen Abreden in einem Zustand zu erhalten gewesen, der es ihr - der Klägerin - ermöglicht hätte, das Objekt mit dem Teppichboden ohne weiteres neu zu vermieten; dass der Nachmieter einen neuen Belag gewünscht habe, sei reine Geschmackssache gewesen. Die vom Mieter übernommene Wiederherstellungs- und Instandsetzungspflicht bestehe unabhängig davon, wann die Einbauten entfernt werden und was nachfolgend mit dem Teppichboden geschehe.

Die Auffassung des Landgerichts, der Mieter sei zur Sauberhaltung des Teppichbodens nicht verpflichtet, treffe offensichtlich nicht zu. Richtig sei vielmehr die herrschende Meinung, wonach die Reinigung des Teppichbodens inzwischen zu den Schönheitsreparaturen gehöre. Deren Nichtdurchführung begründe einen Schadensersatzanspruch des Vermieters, der unabhängig vom weiteren Schicksal des Bodenbelags jedenfalls in Gestalt der fiktiven Reinigungskosten fortbestehe. Dass der Mieter das Objekt zu reinigen habe, sei für alle Kommentatoren und in der Rechtsprechung so klar, dass es von niemandem ausdrücklich erwähnt werde. Dies ergebe sich daraus, dass der Mieter die Räume nur vertragsgemäß nutzen dürfe; andernfalls verletzt er seine Erhaltungspflicht. Im Streitfall habe die Beklagte die laufende Reinigung nicht hinreichend gründlich durchgeführt, weshalb gemäß § 25 Nr. 1 des Mietvertrages eine Endreinigung - also eine Grundreinigung aus Anlass der Rückgabe des Mietobjekts - erforderlich gewesen sei. Ein Ersatzanspruch würde sich unabhängig davon schon wegen der vertragswidrigen Durchführung der Unterhaltsreinigung ergeben. Unter einer ordnungsgemäßen Reinigung im Sinne des Vertrages sei die Herbeiführung eines Zustandes zu verstehen, der - abgesehen vom üblichen Verschleiß - die Weitergabe des Objekts mit dem Teppichboden an den Nachmieter ermöglicht, ohne dass dieser Mängelrügen erheben könnte. Im Übrigen sei ein ungereinigter textiler Bodenbelag bei wertender Betrachtung ebenso schadhaft wie ein Teppichboden mit Löchern, Rissen und starken Verfleckungen.

In Verzug befinde sich die Beklagte spätestens seit Zugang des Schreibens der R...-Zentral AG K... vom 10. August 2004 (Kopie Anlage BB1 = GA I 147 f.), die als Konzernobergesellschaft für die Beklagte jedwede weiteren Zahlungen abgelehnt habe.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und

a) die Beklagte zur Zahlung von weiteren € 10.409,00 zu verurteilen nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a.

aa) aus € 11.817,20 ab 01.09.2004 und bb) aus € 109,40 ab Rechtshängigkeit;

b) die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens (72 OH 2/04 - LG Cottbus) der Klägerin zu 87 % und der Beklagten zu 13 % aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt - ihr erstinstanzliches Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das angefochtene Urteil, soweit es ihr günstig ist und von der Klägerin angefochten wird; im Übrigen nimmt sie es hin. Die Beklagte trägt insbesondere Folgendes vor:

Die Klägerin unterscheide nicht hinreichend zwischen den Begriffen Schaden und Abnutzung; zudem missverstehe sie die Vertragsklauseln zu Schönheitsreparaturen und Reinigungspflicht. Bei den Bohrlöchern handele es sich um eine vertragsgemäße Abnutzung der Mietsache, für die sie - die Beklagte - nicht einzustehen habe. Sowohl nach § 13 Nr. 3 des Mietvertrages als auch gemäß dem vereinbarten Mietzweck sei es gestattet gewesen, die Räume mit Betriebsvorrichtungen und sonstigen Einbauten auszustatten. Der Betrieb eines Textil-Einzelhandels-Fachgeschäfts erfordere ausreichend große Regale, die mit dem Boden verschraubt werden müssten, um nicht umzufallen. Spuren des vertragsgemäßen Gebrauchs könnten kein Schaden in Rechtssinne sein. Selbst wenn die in § 13 Nr. 4 des Mietvertrages enthaltene Regelung § 538 BGB verdrängen würde, kämen die Grundsätze, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Nichtdurchführung von auf den Mieter abgewälzten Schönheitsreparaturen und zur Nichterfüllung von vertraglich übernommenen Instandsetzungs- und Reparaturpflichten entwickelt wurden, hier keineswegs zur Anwendung. Denn eine Pflicht zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes könne nicht in synallagmatischer Verbindung zur Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters stehen: Es sei völlig ungewiss, ob der Mieter überhaupt Einbauten vornehme; die dadurch entstandenen Spuren müsse er allenfalls bei Beendigung des Mietverhältnisses beseitigen.

Zur Reinigung des textilen Bodenbelags sei sie, die Beklagte, ebenfalls nicht verpflichtet gewesen. Ob die Teppichbodenreinigung zu den Schönheitsreparaturen zähle, was die wohl überwiegende Auffassung verneine, könne im Ergebnis dahinstehen. Denn der Sachverständige Dipl.-Ing. E.... B... sei in seinem Ergänzungsgutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass im Streitfall keine Schönheitsreparaturen fällig gewesen seien. Der vorhandene Bodenbelag hätte ohne weiteres noch mehrere Jahre lang genutzt werden können. Eine ordnungsgemäße Reinigung der Räume zum Mietende im Sinne von § 25 Nr. 1 des Mietvertrages habe stattgefunden. Denn dafür genüge es, wenn der Mieter den sich allmählich ansammelnden Schmutz beseitige. Mit dem Gutachten seien jedoch die Kosten für eine Fleckenbeseitigung und Sprühextraktion ermittelt worden. Eine Endrenovierungspflicht ergebe sich für den Mieter aus dem Mietvertrag nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen. Am 15. November 2006 ist ein Anwaltsschriftsatz der Klägerin vom 13. November 2006 eingegangen, mit dem sie - vorsorglich - explizit um die Zulassung der Revision bittet.

II.

A. Das Rechtsmittel der Klägerin ist zulässig; es wurde von ihr insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst bleibt die Berufung allerdings erfolglos. Der Senat hat ausschließlich darüber zu befinden, ob die Klage in dem noch streitgegenständlichen Umfange vom Landgericht zu Recht abgewiesen wurde. Das ist zu bejahen. Denn der Klägerin stehen entgegen ihrer Auffassung gegen die Beklagte aus dem - mit Ablauf des 31. August 2004 beendeten - Mietvertrag vom 12./29. April 1994 über die rund 4.000 m² große Gewerbeeinheit im C... Einkaufszentrum "L...", die der Beklagten von der Klägerin zum Betrieb eines Oberbekleidungsgeschäfts überlassen worden war, keine weiteren Zahlungsansprüche zu wegen nicht ausgeführter Reinigungs- und Reparaturarbeiten am textilen Bodenbelag. Daher ist auch die im angefochtenen Urteil für das selbstständige Beweisverfahren (72 OH 2/04 - LG Cottbus) ausgewiesene Kostenquote richtig. Die Erstattung anteiliger Anwaltskosten als Verzugschaden kann die Klägerin von der Beklagten ebenfalls nicht verlangen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug, denen er grundsätzlich beitritt und die den Angriffen der Berufung standhalten. Ergänzend sei lediglich Folgendes ausgeführt:

1. Für die im Bereich der ehemaligen Näherei im Teppichboden verbliebenen Bohrlöcher besteht kein Anspruch auf Ersatz in Geld (€ 149,60). Denn die Pflicht des Mieters zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nach Wegnahme von Einbauten bei Beendigung des Mietverhältnisses ist keine - kraft Rechtsgeschäfts - vom Vermieter übernommene synallagmatische Instandsetzungspflicht; einen unabhängig davon auszugleichenden wirtschaftlichen Nachteil hat die Klägerin nicht erlitten, weil der Teppichboden von ihr auf Wunsch des nachfolgenden Nutzers vor der Weitervermietung vollständig erneuert worden ist.

a) Zu Unrecht meint die Klägerin, die Beseitigung der Bohrlöcher für die Regale (Fotos in GA 72 OH 2/04 Bd. I S. 183 f.) und die Instandsetzung der so genannten abgestolperten Kanten, d.h. der abgelösten Bodenbeläge, insbesondere im Übergangsbereich zu Keramikfliesen und an Elektrantendeckeln, müssten rechtlich gleich behandelt werden. Dass der Mieter das Objekt spätestens vor der Rückgabe auf seine Kosten in den vorherigen Zustand zurückzuversetzen hat, wenn er - am Mietende oder auch früher - seine Einbauten entfernt, ergibt sich nicht erst aus besonderen rechtsgeschäftlichen Abreden der Parteien, wie sie hier in § 13 Nr. 4 Satz 1 des Mietvertrages enthalten sind, sondern folgt unabhängig davon bereits aus § 258 Satz 1 und § 546 Abs. 1 BGB. Die Wiederherstellungspflicht trifft originär jeden Wegnahmeberechtigten. Es handelt sich also keineswegs um einen Teil der Instandsetzungspflichten des Vermieters, die vertraglich auf den Mieter abgewälzt wurden und deren Erfüllung als (weitere) Gegenleistung für die Überlassung der Räume anzusehen ist. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass ein Synallagma insoweit schon deshalb nicht bestehen kann, weil bei Abschluss des Mietvertrages regelmäßig völlig ungewiss ist, ob der Mieter überhaupt Einrichtungen anbringt, die Eingriffe in die Bausubstanz des Objekts erfordern, und weil die Beseitigung der damit verbundenen Spuren im Allgemeinen erst am Ende der Mietzeit praktisch wird.

b) Veränderungen in den Räumen, die dem Mieter - entweder kraft spezieller Parteiabreden oder bereits nach dem im Vertrag vereinbarten Gebrauchszweck - gestattet sind, können im juristischen Sinne nicht als Schaden qualifiziert werden. Denn es handelt sich dann keineswegs um unfreiwillige Vermögenseinbußen des Vermieters (vgl. dazu Köbler, Juristisches Wörterbuch, 10. Aufl., Stichwort "Schaden"). Dass derjenige, der - wie hier die Beklagte - in einem Einkaufszentrum umfangreiche Gewerbeflächen zum Betrieb eines "Textil-Einzelhandels-Fachgeschäfts mit Vollsortiment für die gesamte Familie einschließlich Schuh- und Sportsortiment" angemietet hat, große Regale aufstellen darf, die im Boden verankert werden müssen, um nicht umzufallen, kann keinem ernsthaften Zweifel unterliegen. Würde man indes der Auffassung der Klägerin beitreten, käme man zu dem paradoxen Ergebnis, dass der Mieter zwar kraft seiner Gebrauchsbefugnis die zur Nutzung erforderlichen Einrichtungen anbringen dürfte, sie aber sogleich wieder zu entfernen hätte, um seiner Instandsetzungspflicht nachzukommen. Dann wären wesentliche Rechte des Mieters, die sich regelmäßig schon aus der Natur des abgeschlossenen Rechtsgeschäfts ergeben, derart eingeschränkt, dass sich der Zweck eines Miet- oder Pachtvertrages im Allgemeinen kaum erreichen ließe.

c) Die Interessen des Vermieters sind - nicht zuletzt mit Blick auf eine nahtlose Neuvermietung - durch die originäre Wiederherstellungspflicht des Mieters in aller Regel hinreichend gewahrt, so dass - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch die Vertragsauslegung durch das Landgericht nicht zu beanstanden ist. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich die Vorinstanz ohne weitere Begründung anschließen durfte, ist - im Wege der Vertragsauslegung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte - grundsätzlich davon auszugehen, dass dem Vermieter kein Wiederherstellungsanspruch zusteht, wenn er den wiederhergestellten Zustand alsbald beseitigen müsste, um von ihm geplante Umbauarbeiten durchführen zu können; ein Ausgleichsanspruch in Geld existiert dann ebenfalls nicht, weil es nicht um die Erfüllung von Verpflichtungen geht, die als Gegenleistung für die Gewährung des Mietgebrauchs anzusehen sind (vgl. BGHZ 96, 141). Der Streitfall lässt insoweit keine Besonderheiten erkennen, die eine abweichende Interpretation erfordern. Vielmehr wäre der Klägerin hier schon mangels Kausalität durch die Nichterfüllung der Wiederherstellungspflicht seitens der Beklagten kein ausgleichsfähiger wirtschaftlicher Nachteil entstanden. Denn sie hat den in den Mieträumen befindlichen textilen Bodenbelag, wie sie in der Berufungsbegründung selbst einräumt (GA I 137, 140), allein deshalb erneuern lassen, weil er dem Nachmieter der Beklagten nicht gefiel.

2. Fiktive Kosten für die Reinigung des Teppichbodens im Verkaufsbereich sind ebenfalls nicht erstattungsfähig (€ 10.150,00). Insoweit gelten im Wesentlichen die gleichen rechtlichen Erwägungen, die bereits oben im Abschnitt II A 1 ausgeführt worden sind. Die klägerischen Berufungsangriffe beruhen zum Teil auf einem Missverständnis der Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils. Auf keinen Fall steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch in der eingeklagten Höhe zu.

a) Ob der Mieter zur fortwährenden und sorgfältigen Reinigung der Mietsache verpflichtet ist, hat die Vorinstanz ausdrücklich offen gelassen und für die weitere Prüfung sogar als zutreffend unterstellt; von ihr wurde ferner bejaht, dass die Beklagte gegen ihre Pflicht zur Rückgabe der Mieträume in ordnungsgemäß gereinigtem Zustand gemäß § 25 Abs. 1 des Mietvertrages verstoßen hat (LGU 7 f.). Ob Letzterem beigetreten werden kann, mag dahinstehen. Soweit es um den Begriff der ordnungsgemäßen Reinigung geht, tendiert der Senat allerdings - mit der Beklagten (GA I 47, 49; 160, 164 f.), die sich dabei auf Gather (in Schmidt-Futterer/Blank, Miete, 8. Aufl., § 546 Rdn. 102) beruft - zu der Auslegung, dass hierfür die Beseitigung des sich allmählich ansammelnden Schmutzes genügt; ein übereinstimmendes Begriffsverständnis der Prozessparteien bei Vertragsabschluss, das stets Vorrang hat (vgl. dazu Palandt/ Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 133 Rdn. 8, m.w.N.), wurde nicht dargetan. Jedenfalls - und darin stimmt der Senat der Eingangsinstanz in vollem Umfange zu - handelt es sich auch insoweit nicht um eine originäre Pflicht des Vermieters, die kraft Rechtsgeschäfts auf den Mieter abgewälzt wurde und bei deren Nichterfüllung sich die Frage nach einem Ausgleich in Geld stellt, um die im Vertrag selbst angelegte Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zu wahren. Die Reinigungspflicht ist vielmehr regelmäßig Ausfluss der originären Obhutspflicht des Mieters (vgl. dazu Kraemer in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. III Rdn. 942 und 1085).

b) Auch mit dem Mieter übertragenen Schönheitsreparaturen hat die Reinigung textiler Bodenbeläge - entgegen der Ansicht der Klägerin - nichts gemein. Der gegenteiligen Auffassung, die zunehmend - allerdings in der Regel ohne nähere Begründung - in der Literatur vertreten wird (vgl. Ehlert in Bamberger/Roth, BeckOK BGB, § 535 Rdn. 191; Fritz, Gewerberaummietrecht, 4. Aufl., Rdn. 220; Kraemer, NZM 2003, 417, 418; Langenberg in Schmidt-Futterer/Blank aaO, BGB § 538 Rdn. 71; MünchKommBGB/Schilling, 4. Aufl., § 535 Rdn. 115; Sternel, NZM 1998, 833, 842), kann nicht gefolgt werden. Auf die Verkehrsauffassung abzustellen, auf die sich einige Schriftsteller zu berufen scheinen, hilft in diesem Zusammenhang aus mehreren Gründen nicht weiter: Erstens hat der Verordnungsgeber, dem die rechtliche Diskussion gewiss nicht entgangen ist, trotz wiederholter Novellierung der Zweiten Berechnungsverordnung die in deren § 28 Abs. 4 enthaltene - abschließende - Aufzählung der Schönheitsreparaturen nicht geändert; diese beinhaltet keinerlei Reinigungsarbeiten. Zweitens sind - wie das Landgericht zureffend ausgeführt hat (LGU 7) - Reinigen und Reparieren nach herkömmlichem Begriffsverständnis zwei völlig unterschiedliche Tätigkeiten. Drittens - und dies sieht der Senat als ein sehr starkes Argument an - würde es, worauf die Vorinstanz ebenfalls zu Recht hinweist (LGU 7 f.), zu völlig lebensfremden Ergebnissen führen, wenn man die Reinigung des Teppichbodens den Schönheitsreparaturen zuordnet: Dann hätte in Fällen, in denen diese nicht oder nicht wirksam auf den Mieter abgewälzt wurden, der Vermieter - ohne gesonderte Berechnung - auch für die laufende Reinigung zu sorgen. Würde diese dagegen vom Mieter übernommen, so müsste sich dies am Markt erkennbar auf die Höhe des zu zahlenden Nutzungsentgelts auswirken. Dafür fehlt indes jeder Anhaltspunkt.

c) Die Endreinigungspflicht gemäß § 25 Nr. 1 des Mietvertrages ist hinsichtlich des Teppichboden spätestens dann in Wegfall geraten, als sich die Klägerin dafür entschieden hatte, diesen - allein aufgrund der geschmacklichen Vorstellungen des Nachmieters - auszutauschen, und das auch tatsächlich geschehen ist. Es ergibt keinen Sinn, einen textilen Bodenbelag, der ohnehin weggeworfen wird, zuvor noch mit großem Aufwand zu säubern. Ein Anspruch auf Ausgleich in Geld ist ebenfalls nicht entstanden. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kann er nicht hergeleitet werden, weil es weder um die Erfüllung von Instandsetzungs- oder Instandhaltungspflichten noch um die Vornahme von Schönheitsreparaturen geht. Unabhängig davon ist der Klägerin kein ausgleichspflichtiger Schaden entstanden. Durch die bloße Nichtreinigung wird ein Teppichboden keineswegs ohne weiteres schadhaft; insbesondere kommt es dadurch - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht zu Substanzeinbußen, die - auch nur im Rahmen einer wertenden Betrachtung - mit Löchern, Rissen und starken Verfleckungen gleichgesetzt werden können. Im Übrigen würde es auch hier an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Mieters und dem wirtschaftlichen Nachteil des Vermieters fehlen. Denn die Klägerin hat, wie sie selbst vorträgt, den Bodenbelag nicht wegen seines Zustandes erneuern lassen, sondern ist damit lediglich auf die Wünsche des Nachmieters eingegangen.

d) Selbst wenn man die Reinigung des Teppichbodens mit der inzwischen wohl überwiegenden Meinung in der Literatur, der sich der Senat - wie oben bereits ausgeführt wurde - nicht anzuschließen vermag, generell als Bestandteil der Schönheitsreparaturen ansähe, würde dies nicht zu einem Zahlungsanspruch in der hier geltend gemachten Höhe führen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. E... B... hat in seinem - mit dem 04. März 2005 datierten - schriftlichen Ergänzungsgutachten explizit ausgeführt, dass mit Blick auf die Verkaufsflächen, von den "abgestolperten Kanten" abgesehen, Schönheitsreparaturen nicht erforderlich waren (GA 72 OH 2/04 Bd. II S. 281, 289 f.). Dem liegt ein Begriffverständnis zu Grunde, wonach solche erst dann durchzuführen sind, wenn der Teppichboden massive, deutlich sichtbare, nicht wasserlösliche Verfleckungen aufweist. Demzufolge hat der Gutachter den Aufwand für eine Fleckenbeseitigung einschließlich Sprühextraktion - ausgehend von den auf die Entfernung der Verfleckungen im Bereich der ehemaligen Näherei entfallenden Kosten - fiktiv auf die Restfläche hochgerechnet (GA 72 OH 2/04 Bd. II S. 281, 295 f.). Entsprechende Verunreinigungen sind diesbezüglich jedoch nicht festgestellt worden. Vielmehr ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bodenbelag bei Besichtigung nach rund zehnjähriger Nutzung noch immer eine in jedem Falle befriedigende Beschaffenheit mit geringster Abnutzung im Sinne der Textiltechnologie aufwies (GA 72 OH 2/04 Bd. I S. 127, 157). Somit könnte es hier höchstens um die Beseitigung des sich allmählich ansammelnden Schmutzes gehen; diese lässt sich jedoch in keinem Falle unter den Begriff der Schönheitsreparaturen fassen (a.A. offenbar LG Görlitz, Urt. v. 09.08.2000 - 2 S 4/00, WuM 2000, 570 [LS]). Der Mieter braucht auch nicht etwa die - ebenfalls in § 28 Abs. 4 II. BV erwähnten - Heizkörper, Türen oder Fenster neu zu streichen, wenn er eventuelle Verschmutzungen ohne weiteres mit dem Wischlappen beseitigen kann.

3. Die Liquidationsfähigkeit von anteiligen Anwaltskosten als Verzugsschaden hat die Vorinstanz ebenfalls zu Recht verneint. Ein Hinweis des Landgerichts, den die Klägerin vermisst, war insoweit gemäß § 139 Abs. 2 ZPO bereits deshalb nicht erforderlich, weil es sich lediglich um eine Nebenforderung handelt. Dazu zählen nach der wohl herrschenden Meinung (vgl. hierzu Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 139 Rdn. 24; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 139 Rdn. 8; jeweils m.w.N.), die der Senat teilt, neben den in § 4 Abs. 1 2. Halbs. ZPO genannten Ansprüchen sogar geringfügige Teile der Hauptforderung. In der Sache selbst hilft der Klägerin das erst in zweiter Instanz in Kopie eingereichte Schreiben der R...-Zentral AG K... vom 10. August 2004 (GA I 147 f.) nicht weiter: Die Beklagte war zuvor offenbar weiterhin aufgefordert worden, im Kern nahezu die gesamten Kosten für die vollständige Erneuerung des Teppichbodens zu übernehmen. Noch im Antrag auf Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens vom 12. August 2004 (GA 72 OH 2/04 Bd. I S. 1, 4) ging die Klägerin davon aus, dass dem so sei und ein Betrag von rund € 83.763,60 inklusive Mehrwertsteuer in Streit stehe. Eine deutliche Zuvielforderung darf der Schuldner jedoch folgenlos zurückweisen, und zwar insbesondere dann, wenn er die wirklich geschuldete Leistung nicht zuverlässig feststellen kann (zur Zuviel-Mahnung vgl. Palandt/Heinrichs aaO, § 286 Rdn. 20, m.w.N.).

B. Der nicht nachgelassene Anwaltsschriftsatz der Klägerin vom 13. November 2006 gibt dem Senat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der bereits zuvor geschlossenen mündlichen Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO. Er enthält weder neues Tatsachenvorbringen noch weist er auf entscheidungsrelevante rechtliche Gesichtpunkte hin, die bislang nicht hinreichend beachtet worden sind. Über die Zulassung der Revision hat das Berufungsgericht stets von Amts wegen zu entscheiden (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen die mündliche Verhandlung vom Gericht nach § 156 Abs. 2 ZPO zwingend wieder zu eröffnen ist, liegen im Streitfall nicht vor.

C. Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, weil es von ihr eingelegt wurde.

D. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

E. Die Revision wird vom Senat nur hinsichtlich der - an sich teilurteilsfähigen - Position fiktive Kosten für die Reinigung des Teppichbodens im Verkaufsbereich (€ 10.150,00) zugelassen.

Insoweit hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG. Für die Zahlungspflicht des Beklagten kommt es in diesem Punkt darauf an, ob - und gegebenenfalls inwiefern - die Reinigung des Teppichbodens zu den Schönheitsreparaturen zählt. Selbst wenn der Klägerin nicht der volle Betrag zusteht, den sie diesbezüglich geltend macht, könnte sich bei einer abweichenden rechtlichen Beurteilung - nach entsprechenden gerichtlichen Hinweisen, die derzeit nicht veranlasst sind, und weiterer Sachaufklärung - ergeben, dass die Beklagte für die Säuberung des textilen Bodenbelags noch eine geringere Summe zu zahlen hat. Ob die Reinigung des Teppichbodens, wie die - oben im Abschnitt II A 2 b) zitierte - inzwischen wohl weit überwiegende Auffassung im Schrifttum meint, heute an die Stelle des - in § 28 Abs. 4 II. BV erwähnten - Streichens der Fußböden getreten ist, erscheint fraglich und ist über den Einzelfall hinaus von erheblicher Bedeutung. Die Rechtsprechung hatte sich bislang hauptsächlich damit zu befassen, ob die Erneuerung textiler oder sonstiger Bodenbeläge zu den vom Mieter vertraglich übernommenen Schönheitsreparaturen gehört; das wird mittlerweile fast einhellig verneint (vgl. OLG Braunschweig, Urt. v. 30. 01.1997 - 1 U 35/96, OLG-Rp Braunschweig 1997, 85; OLG Celle, Urt. v. 20.11.1996 - 2 U 273/95, NZM 1998, 158 = OLG-Rp 1997, 138; OLG Hamm, Beschl. v. 22.03.1991 - 30 REMiet 3/90, ZMR 1991, 219 = NJW-RR 1991, 844; OLG Stuttgart, Urt. v. 06.03.1995 - 5 U 204/94, NJW-RR 1995, 1101; AG Freiburg, Urt. v. 03.02.1989 - 4 C 5555/88, WuM 1989, 233). Hinsichtlich des Reinigens von Teppichböden sind - soweit ersichtlich ist - bisher nur wenige gerichtliche Entscheidungen veröffentlich worden, aus denen sich kein einheitliches Bild ergibt (vgl. einerseits LG Görlitz, Urt. v. 09.08.2000 - 2 S 4/00, WuM 2000, 570 [LS] und andererseits AG Braunschweig, Urt. v. 01.04.1986 - 115 C 741/86, WuM 1986, 310). Auch mit Hilfe der Entscheidung des BGH, Urt. v. 28.06.2006 - VIII ZR 124/05 (WuM 2006, 513 = NZM 2006, 691), betreffend die Verunreinigung einer Wohnung durch Tabakkonsum des Mieters, lässt sich die hier maßgebliche Frage nicht sicher beantworten.

F. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt € 10.409,00 (§ 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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