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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.03.2003
Aktenzeichen: 3 U 247/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, UWG


Vorschriften:

ZPO § 313a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 325 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 542 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 727 Abs. 1
ZPO § 750 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 886
ZPO § 940a
BGB § 242
BGB § 535 Abs. 1 Satz 1
BGB § 581 Abs. 1 Satz 1
BGB § 854 Abs. 1
BGB § 858 Abs. 2 Satz 1
BGB § 859
BGB § 861 Abs. 1
BGB § 861 Abs. 2
BGB § 863
BGB § 868
BGB § 885 Abs. 1 Satz 2
BGB § 899 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1615o Abs. 3
UWG § 25
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 247/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Verkündet am 05.03.2003

In dem Berufungsverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht ..., des Richters am Oberlandesgericht ... und des Richters am Landgericht ...

auf die mündliche Verhandlung vom 05. März 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 21. August 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 18 O 444/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Von der Niederschrift tatsächlicher Feststellungen wird gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 540 Abs. 2 und § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

A. Im Berufungsverfahren findet die Zivilprozessordnung in ihrer Neufassung durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreformgesetz - ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) - mit nachfolgend in Kraft getretenen Änderungen - Anwendung; die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil verkündet wurde, ist nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen worden (arg. e c. § 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO; vgl. dazu Schumann/Kramer, Die Berufung in Zivilsachen, 6. Aufl., Rdn. 715 und 719). Das Rechtsmittel der Verfügungsklägerin - im Folgenden als Klägerin bezeichnet - ist nach neuem Recht zulässig; es wurde von ihr insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO n.F.).

B. In der Sache selbst bleibt die Berufung jedoch erfolglos. Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung zu Recht die am 24. Juli 2002 von der Beschwerdekammer unter dem Aktenzeichen 6a T 89/02 im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückgewiesen. Der Senat gelangt ebenfalls - wenn auch zum Teil aus anderen rechtlichen Erwägungen als die Vorinstanz - zu dem Ergebnis, dass die Klägerin von der Verfügungsbeklagten (nachfolgend als Beklagte bezeichnet) die Wiedereinräumung des Besitzes an den zum Flugplatz ... gehörenden Flurstücken nebst Gebäuden, belegen in den Gemarkungen ... und ..., durch einstweilige Verfügung nicht verlangen kann. Hinsichtlich eventueller petitorischer Ansprüche fehlt es an einem Verfügungsgrund. Die Geltendmachung eines possessorischen Besitzschutzanspruchs gemäß § 861 Abs. 1 BGB ist der Klägerin jedenfalls nach Treu und Glauben verwehrt (§ 242 BGB). Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Das Rechtsschutzbegehren der Klägerin scheitert nicht bereits in Ermangelung eines Verfügungsgrundes. Das Amtsgericht Bad Freienwalde ist in seinem Beschluss vom 30. Mai 2002 - 20 C 232/02 (GA I 109 ff.) zwar zutreffend davon ausgegangen, dass einstweiliger Rechtsschutz regelmäßig nur gewährt werden kann, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit der Angelegenheit glaubhaft gemacht wurde. Dabei ist aber - entsprechend den in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen - zu differenzieren:

a) Für einen konkreten Verfügungsgrund ist im Streitfall nichts ersichtlich, soweit sich die Klägerin auf ein schuldvertragliches - insbesondere aus § 535 Abs. 1 Satz 1 oder aus § 581 Abs. 1 Satz 1 BGB folgendes - Recht zum Besitz des Flugplatzgeländes beruft. Zur Darlegung eines solchen Grundes, speziell einer akuten Gefährdung ihrer Rechtsposition, reicht es nicht aus, dass die Klägerin auf einen noch nicht bezifferbaren großen wirtschaftlichen Schaden verweist, der sich für sie ergeben soll, weil Untermietzinsforderungen ausfallen und Regressansprüche angekündigt wurden. Darauf hat bereits das Amtsgericht Bad Freienwalde in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 20. Juni 2002 - 20 C 232/02 (GA I 116 f.) zutreffend aufmerksam gemacht. Auch für eine erhebliche Existenzbedrohung, die anderweitig nicht abgewendet werden kann, gibt der Vortrag der Klägerin keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen ist vom Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bereits durch Beschluss vom 01. Juli 1999 - 102 IN 1739/99 (Kopie GA I 304) - zurückgewiesen worden, weil eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse nicht vorhanden war. Aufgrund der Genehmigung für die Anlage und den Betrieb des Sonderlandeplatzes W... vom 30. Mai 1995 konnte und durfte die Klägerin selbst - unabhängig davon, ob sie wirtschaftlich hierzu überhaupt in der Lage war - keinen Flugbetrieb mehr durchführen, nachdem das Brandenburgische Landesamt für Verkehr und Straßenbau die Halterschaft durch Bescheid vom 01. April 1999 (Kopie GA I 236 ff.) antragsgemäß auf die Flugplatz W... GmbH übertragen hatte. Der Widerruf der Genehmigung, der im Juni 2002 erfolgte (Kopie GA I 122 ff.), ist zudem nicht allein auf die fehlende Verfügungsbefugnis der Flugplatz W... GmbH, sondern zugleich auf Verstöße gegen Auflagen und Rechtsvorschriften gestützt worden.

b) Ein Verfügungsgrund kann hier allerdings - worauf die Beschwerdekammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) in ihrem Beschluss vom 24. Juli 2002 - 6a T 89/02 (GA I 133 ff.) zu Recht hingewiesen hat - nicht verneint werden, wenn man einen Verfügungsanspruch nach § 861 Abs. 1 BGB als gegeben ansieht. Denn in bestimmten Ausnahmefällen folgt die Dringlichkeit des Rechtsschutzbegehrens aus der Natur der Sache selbst. Hierzu zählen neben den im Gesetz ausdrücklich geregelten Fällen - wie etwa § 885 Abs. 1 Satz 2, § 899 Abs. 2 Satz 2 und § 1615o Abs. 3 BGB sowie § 25 UWG - die in der Rechtsprechung und im Schrifttum allgemein anerkannten. Nach der ganz herrschenden Meinung, die der Senat teilt, ist insbesondere possessorischer Besitzschutz im Wege der einstweiligen Verfügung zu gewähren, ohne dass der Antragsteller die Eilbedürftigkeit seines Anliegens näher vortragen und glaubhaft machen muss (vgl. dazu Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 861 Rdn. 18; Staudinger/Bund, BGB, Neubearbeitung 2000, § 861 Rdn. 18; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 940 Rdn. 8 Stichwort "Herausgabe und Sequestration, Räumung und Besitzschutz"; ferner Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 940 Rdn. 12). Dafür spricht nicht nur § 940a ZPO, der bei verbotener Eigenmacht ausdrücklich erlaubt, sogar die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung anzuordnen. Ein weiteres wesentliches Argument ergibt sich aus § 859 BGB, der dem Besitzer gestattet, sich verbotener Eigenmacht notfalls im Wege der Selbsthilfe zu erwehren. Sieht der Gesetzgeber eine unerlaubte Besitzentziehung oder -störung als derart schwerwiegend an, dass der Besitzer - im Rahmen der Verhältnismäßigkeit - ohne weiteres zur Anwendung von Gewalt berechtigt ist, so darf ihm keinerlei Nachteil entstehen, wenn er sich gleichwohl mit der Bitte um vorläufigen Rechtsschutz an die Gerichte wendet.

2. Einen Verfügungsanspruch, dessen Darlegung und Glaubhaftmachung stets unverzichtbar ist, kann die Klägerin gegenüber der Beklagten jedoch nicht mit Erfolg durchsetzen.

a) Als Anspruchsgrundlage bleibt hier im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - wie bereits oben ausgeführt wurde - allein § 861 Abs. 1 BGB zu prüfen. Ob es sich bei der zivilprozessordnungswidrigen Pfändung und Wegnahme von Sachen oder - wie im Streitfall -Räumung von Immobilien durch den Gerichtsvollzieher gegenüber einem widersprechenden Dritten um verbotene Eigenmacht handelt, die sich der vollstreckende Gläubiger zurechnen lassen muss und gegen die nicht nur mit den Rechtsbehelfen der Zwangsvollstreckung vorgegangen, sondern auch im Wege der einstweiligen Verfügung possessorischer Besitzschutz erlangt werden kann, ist in Rechtsprechung und Schrifttum nicht unumstritten (vgl. Palandt/Bassenge aaO, § 858 Rdn. 6, m.w.N.). Für die hier zu treffende Entscheidung kann diese Frage offen bleiben, weil - selbst wenn man sie bejaht - der Antrag der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis keinen Erfolg hat. Der Senat teilt allerdings die Auffassung, dass die Gerichtsvollzieherin aufgrund eines Räumungsurteils, das gegen die Flugplatz W... GmbH erstritten worden ist, nicht gegen die hiesige Klägerin vorgehen durfte (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO; § 75 Nr. 1 lit. b GVGA). Da possessorischer Besitzschutz allein wegen der Entziehung des unmittelbaren Besitzes durch verbotene Eigenmacht gewährt wird, spielt es grundsätzlich keine entscheidende Rolle, ob die Klägerin auch ein Recht zum Besitz der Immobilie hat. Deshalb braucht im Streitfall insbesondere nicht der Frage nachgegangen zu werden, was aus den Nutzungsverträgen vom 28.09./01.10.1993 (Kopie GA I 9 ff.) und vom 01.07./15.09.1995 (Kopie GA I 279 ff.) geworden ist, die die Klägerin mit der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das B... ..., als damaliger Eigentümerin des Grundstücks abgeschlossen hat. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Klägerin vor ihrer Zwangsräumung durch die Gerichtsvollzieherin wirklich den unmittelbaren Besitz an dem Flugplatzareal hatte.

b) Auch der Senat kommt unter Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass die Klägerin den unmittelbaren Besitz in kollusivem Zusammenwirken mit der Flugplatz W... GmbH erlangt hat, um die Zwangsvollstreckung aus dem Räumungsurteil zu vereiteln. Deshalb ist es gerechtfertigt, ihr nach Treu und Glauben die Berufung auf eventuell bestehende possessorische Besitzschutzansprüche zu versagen.

aa) Ob eine tatsächliche Sachherrschaft im Sinne des § 854 Abs. 1 BGB besteht, hängt im Wesentlichen von der Verkehrsanschauung ab, also von der zusammenfassenden Wertung aller Umstände des jeweiligen Falles entsprechend den Anschauungen des täglichen Lebens (vgl. BGHZ 101, 186, 188; ferner Jauernig, BGB, 10. Aufl., § 854 Rdn. 2; Palandt/ Bassenge aaO, § 854 Rdn. 3). Mitbesitz liegt vor, wenn mehrere Personen eine Sache in der Weise besitzen (und nicht nur mitbenutzen), dass jeder die ganze Sache oder denselben Bestandteil besitzt und dabei durch den gleichstufigen Besitz des anderen beschränkt ist (vgl. Palandt/Bassenge aaO, § 866 Rdn. 1; ferner Jauernig aaO, § 866 Rdn. 1; Staudinger/ Bund aaO, § 866 Rdn. 3 f.). Im Streitfall lassen sich diese Voraussetzungen - anders als die Klägerin meint - keineswegs zu ihren Gunsten für einen durchgehenden Zeitraum ab 1993 feststellen.

(1) Unmittelbaren Mitbesitz hatte die Klägerin, wenn überhaupt, schon nach ihrem eigenen Vorbringen jedenfalls nicht an dem gesamten Gelände.

Die 308 ha große Fläche, die ihr selbst mit Vertrag vom 28.09./01.10.1993 (Kopie GA I 9 ff.) durch das B... ... überlassen wurde, hat die Klägerin - ausweislich des entsprechenden Unterpachtvertrages vom 04. August 1998 (Kopie GA I 188 f.) - in vollem Umfange der Flugplatz W... GmbH zur Verfügung gestellt. Hierdurch ist sie mittelbare Besitzerin im Sinne des § 868 BGB geworden. Dasselbe gilt, soweit sie weitere Flächen des Flugplatzgeländes (berechtigt oder unbefugt) an andere Personen vermietet oder verpachtet hat. Der Sonderlandeplatz W... wurde nachfolgend - spätestens seit der antragsgemäßen Änderung der luftfahrtrechtlichen Genehmigung durch das Brandenburgische Landesamt für Verkehr und Straßenbau (Kopie GA I 236 ) - allein von der Flugplatz W... GmbH betrieben. Es ist zwar zutreffend, dass die Ausübung der tatsächlichen Gewalt - wie die Klägerin einwendet - auch durch einen entsprechenden Gebrauch der jeweiligen Sache zum Ausdruck gebracht werden kann; das Aufstellen von Hinweisschildern ist nicht zwingend erforderlich. Nach außen erkennbar zur Durchführung des Flugbetriebs genutzt wurde das Gelände aber unstreitig allein von der Flugplatz W... GmbH. Die Klägerin war hierzu offensichtlich schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht (mehr) in der Lage; nach den Ermittlungen des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg verfügte sie - wie bereits oben erwähnt - im Juli 1999 nicht einmal über eine den Kosten des Insolvenzverfahrens entsprechende Masse (Beschl. v. 01.07.1999 - 102 IN 1739/99 [Kopie GA I 304]).

Mitbesitz am Gesamtareal könnte nach der Verkehrsanschauung nur dann angenommen werden, wenn die Klägerin - zusammen mit der Flugplatz W... GmbH - gegenüber dem Publikum als (weitere) Betreiberin des Sonderlandeplatzes in Erscheinung getreten wäre. Das behauptet sie jedoch - wie bereits erörtert - selbst nicht. Wenn es im Bürogebäude zwei - mit einem Schild gekennzeichnete - separate Zimmer gegeben hat, in denen sich Geschäftsunterlagen (insbesondere ein Archiv) und Büromöbel befanden, so hatte die Klägerin allenfalls daran Alleinbesitz. Sofern ihr Liquidator weiterhin über Schlüssel für das Bürogebäude und das aus Sicherheitsgründen eingezäunte Flugfeld verfügte, um dort regelmäßig Kontrollen vorzunehmen, erscheint es bereits aus Rechtsgründen fraglich, ob deswegen - neben dem mittelbaren Besitz - zugleich unmittelbarer Mitbesitz bestanden hat. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die wohl herrschende Meinung für den Regelfall annimmt, dass Mitbesitz begründet wird, wenn ein Zweitschlüssel zurückbleibt (vgl. BGH, Urt. v. 10.01.1979 - VIII ZR 302/77, MDR 1979, 665 = NJW 1979, 714; ferner Palandt/Bassenge aaO, § 854 Rdn. 5). Im Streitfall ergibt sich jedoch die Besonderheit, dass - wie der entsprechende Handelsregisterauszug belegt (Kopie GA I 17, 19) - zwischen dem Liquidator der Klägerin und dem Geschäftsführer der Flugplatz W... GmbH bis zum 25. September 2001, also mehr als einen Monat nach der Bestätigung des Räumungsurteils durch den Senat, Personenidentität gegeben war. Über die Frage nach der Schlüsselinhaberschaft können die Besitzverhältnisse zudem nur geklärt werden, soweit es sich um verschlossene Bereiche handelt. Die Klägerin legt indes großen Wert darauf, dass das Gelände im Umfange von etwa 300 ha aus (nicht umzäunten) Wald- und Wiesenflächen bestanden hat (GA II 361). Eine entsprechende Abgrenzung lässt sich nach ihren Darlegungen nicht vornehmen.

(2) Zu Recht hat das Landgericht ferner angenommen, dass die Stellung der Klägerin als Mitbesitzerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden ist.

Den eidesstattlichen Versicherungen von P... U... und K... W... steht die Versicherung von D... V... gegenüber. Danach war bei mehreren Begehungen des Objekts vor dem Räumungstermin kein Hinweis auf die Klägerin zu finden. Verschiedene Gläubiger hätten, so heißt es darin sinngemäß weiter, erfolglos versucht, ihre Titel in ... zustellen zu lassen und dort daraus zu vollstrecken. Für den Einwand der Beklagten, dass die Klägerin auf dem Gelände keinerlei Aktivitäten mehr entfaltet habe, spricht ferner deren Schreiben vom 01. Oktober 2001 an das B... ...; darin gibt der Liquidator "..., B..." als Sitz der Gesellschaft an (Kopie GA I 85). Auch gegenüber dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg konnte die Klägerin offenbar glaubhaft machen, dass sich der Mittelpunkt ihrer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit in B... befindet; andernfalls hätte der Insolvenzantrag beim Amtsgericht Frankfurt (Oder) gestellt werden müssen (arg. § 3 Abs. 1 InsO).

Soweit von P... U..., der bis zum 25. September 2001 Liquidator der Klägerin und zugleich Geschäftsführer der Flugplatz W... GmbH war, am 08. August 2002 (GA I 234) eidesstattlich versichert wurde, er habe über Schlüssel für das Bürogebäude und das aus Sicherheitsgründen eingezäunte Flugfeld verfügt, um dort regelmäßig Kontrollen vorzunehmen, ist nicht erkennbar, wie er nach außen deutlich gemacht hat, für welche Gesellschaft er dabei jeweils tätig wurde.

Auf eine Position als Mitbesitzerin hat sich die Klägerin zudem ersichtlich erstmals im vorliegenden Rechtsstreit berufen. Unter dem 08. Dezember 2001 wurde von P... U... in einem anderen Rechtsstreit an Eides Statt versichert, die Flugplatz W... GmbH betreibe und entwickele seit dem 04. August 1998 die Liegenschaft "Flugplatz ...", übe ihre Geschäftstätigkeit dort aus und sei deren Besitzerin (Kopie GA I 190). Dem - offensichtlich automatisch erstellten - Mahnschreiben der Bundeskasse K... vom 30. Dezember 2000 (Kopie GA I 278) kann nichts Gegenteiliges entnommen werden; es ist an eine ... Postfachadresse der Klägerin gerichtet. Laut Protokoll vom 24. Mai 2002 (Kopie GA I 98 f.) hat die Klägerin schließlich von der Flugplatz W... GmbH eine weitaus größere Fläche zurückerhalten als verpachtet wurde; ein Hinweis auf die angebliche Position der Klägerin als Mitbesitzerin findet sich auch in dieser Urkunde nicht.

bb) Die Ausführungen des Landgerichts zur Fehlerhaftigkeit des Besitzes der Klägerin gegenüber der Beklagten und der Bundesrepublik Deutschland begegnen zwar durchgreifenden Bedenken (LGU 16). Fehlerhaft ist nach der gesetzlichen Definition in § 858 Abs. 2 Satz 1 BGB (nur) der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz. Da vor der Zwangsräumung weder die Beklagte noch die Bundesrepublik Deutschland unmittelbare Besitzerinnen des Areals gewesen sind und die Flugplatz W... GmbH freiwillig zur Herausgabe an die Klägerin bereit war, liegen die Voraussetzungen des § 861 Abs. 2 BGB nicht vor. Das offensichtlich unredliche Verhalten, zur Vollstreckungsvereitelung wenige Tage vor dem zweiten Räumungstermin eine Besitzübertragung vorzunehmen, kann aber im Rahmen von § 242 BGB gewürdigt werden. Obwohl § 863 BGB den Einwand petitorischer Ansprüche generell ausschließt, um den Besitzschutz effektiv zu gestalten, steht auch er unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben; seine immanenten Schranken sind dann überschritten, wenn dem Anspruchsgegner die Wiedereinräumung des Besitzes nicht zugemutet werden kann oder sich eine Kollision mit einem höherwertigen Rechtsgut ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.1978 -V ZR 73/77, MDR 1978, 1011 = NJW 1978, 2157; ferner Palandt/Bassenge aaO, § 863 Rdn. 2; Staudinger/Bund aaO, § 863 Rdn. 4). Die Rechtsprechung hat dies bislang insbesondere bejaht, wenn nach einer Wiedergewährung des Zutritts zu Wohnraum Gewalttätigkeiten zu befürchten waren. Unzumutbar ist aber - wie die Zivilkammer weiter angenommen hat - auch die Erfüllung von Besitzschutzansprüchen, die sich wie hier infolge von Handlungen ergeben, die offensichtlich zur Vereitelung einer Räumungsvollstreckung vorgenommen worden sind. Die Zivilprozessordnung hält mit der Titelumschreibung nach § 727 Abs. 1 i.V.m. § 325 Abs. 1 ZPO und mit der Pfändung und Überweisung des Herausgabeanspruchs gemäß § 886 ZPO Instrumentarien bereit, mit denen unlauterem Handeln des Räumungsschuldners entgegengewirkt werden kann. Wo diese nicht ausreichen, um dem Gläubiger effektiven Rechtsschutz zu gewähren, kann in Fällen der vorliegenden Art ausnahmsweise ergänzend auf die Grundsätze von Treu und Glauben zurückgegriffen werden. Die wahren Absichten der "Rückgabe" an die Klägerin hat die Flugplatz W... GmbH, worauf die Vorinstanz zu Recht hinweist (LGU 16), unter Beweisantritt in der Sache 18 O 7/02 (GA II 374) dargetan. Auch aus der hiesigen Antragsschrift vom 27. Mai 2002 ergibt sich, dass die Besitzübergabe an die Klägerin in Vorbereitung der bereits angekündigten Räumungsvollstreckung stattgefunden hat (GA I 5). Bestand der Unterpachtvertrag vom 04. August 1998 - wie die Klägerin vorträgt -fort, konnte die Flugplatz W... GmbH auch nicht wählen, an wen sie das Areal zurückgibt (vgl. dazu Palandt/Weidenkaff aaO, § 546 Rdn. 21). Titelgläubigerin war - nach Umschreibung - die Beklagte.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach fallen die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels der Klägerin zur Last, weil sie es eingelegt hat.

D. Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils und einer Entscheidung über die Zulassung der Revision bedurfte es nicht. Denn gegen Urteile, mit denen über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, findet gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO kein Rechtsmittel statt. Sie werden mit ihrer Verkündung rechtskräftig (arg. § 705 Satz 1 ZPO; vgl. Zöller/Stöber aaO, § 705 Rdn. 7).

Ende der Entscheidung

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