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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.08.2006
Aktenzeichen: 3 U 30/05
Rechtsgebiete: GO BB, BGB, ZPO


Vorschriften:

GO BB § 67 Abs. 2
GO BB § 67 Abs. 3
GO BB § 74
GO BB § 123
BGB § 166
BGB § 314 Abs. 3
ZPO § 156 Abs. 1
ZPO § 156 Abs. 2
ZPO § 580
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 30/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.08.2006

verkündet am 16.08.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Bunge, der Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und des Richters am Oberlandesgericht Jalaß, auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 03. Februar 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 17 O 301/04 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 6.000,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Prozessparteien streiten - im Rahmen von Klage und Widerklage - um den Fortbestand eines von ihnen am 01. Juni 2000 abgeschlossenen Pachtvertrages (Kopie Anlage K1 = GA I 5 ff.), geändert durch Vereinbarung vom 08. Januar 2003 (Kopie Anlage K2 = GA I 13), betreffend die Sportanlage "O...-Stadion", belegen auf dem Gemeindegebiet der Beklagten. Der Kläger verlangt von der Beklagten - für das zweite Halbjahr 2004 € 7.500,00 (= 2 x € 3.750,00 = € 15.000,00 / 2) - die Zahlung des ihm in § 8 Abs. 3 des Vertrages versprochenen Betriebskostenzuschusses und möchte außerdem festgestellt haben, dass das Pachtverhältnis durch die für die Beklagte mit Schreiben vom 11. Juni 2004 und 05. August 2004 (Kopie GA I 97 f.) ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigungen nicht beendet wurde. Die Beklagte nimmt den Kläger auf Räumung in Anspruch. Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Zwischen den Prozessparteien besteht - wie die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz ergeben hat (GA II 307, 308) - Einigkeit darüber, dass die auf dem Sportplatz errichtete Flutlichtanlage nicht mobil beschaffen, sondern mit dem Grund und Boden fest verbunden ist. Ferner haben sich beide Seiten übereinstimmend dahin erklärt, dass unter dem Begriff "beräumen" gemäß Nr. 3 des Tenors der angefochtenen Entscheidung (LGU 2) nichts anderes gemeint sei als mit dem allgemeinen Begriff "räumen" (GA II 307, 308).

Die Zivilkammer hat auf die Klage - unter deren Abweisung im Übrigen - festgestellt, dass die mit Schreiben vom 11. Juni 2004 erklärte Kündigung rechtsunwirksam ist, und der Widerklage stattgegeben. Das angefochtene Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, ist dem Kläger am 07. Februar 2005 - zu Händen seiner erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - zugestellt worden. Er hat am 17. Februar 2005 mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel im selben Schriftsatz begründet.

Der Kläger ficht das Urteil des Landgerichts - im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholend und vertiefend - in vollem Umfange seiner Beschwer an. Er trägt dazu insbesondere Folgendes vor:

Die Anzeige der Bauvorhaben auf dem Sportplatzgelände sei dem Amtsdirektor jedenfalls über die ehrenamtliche Bürgermeisterin, den Bauausschuss und das Gemeindeparlament bekannt geworden; in den zuletzt genannten Gremien habe er - der Kläger - zusammen mit seinem Architekten die Pläne vorgestellt. Bei Unterzeichnung des Pachtvertrages anlässlich des Stadionfestes 2000 sei vom damaligen Amtsdirektor erklärt worden, damit könne der Verein über den Sportplatz verfügen und es könne endlich auch investiert werden. Noch im Jahre 2002 seien von ihm, dem Kläger, die Bauanträge beim Amt O... vorgelegt worden, das sie mit einer städtebaulich positiven und befürwortenden Stellungnahme an die zuständige Behörde weitergeleitet habe. Auch die Baugenehmigungen und die Förderbewilligungen seien ihm über die Beklagte zugegangen. Dann könne diese nicht zwei Jahre später wegen der neuen Flutlichtanlage und der baulichen Gebäudeveränderungen eine Abmahnung schicken und danach fristlos kündigen. Eine Kündigung sei nur im Wiederholungsfalle möglich; hier werde jedoch nicht einmal in der Abmahnung das zu beanstandende Verhalten gerügt, das allein in der Anzeige des Bauvorhabens bei der falschen Stelle bestehen könne. Abmahnung und Kündigung seien verfristet; die Überlegungsfrist - die regelmäßig weniger als zwei Monate betrage - habe für die Beklagte schon im Jahre 2002 begonnen, als sie sich aktiv und fördernd an der Durchführung der beiden Baumaßnahmen beteiligte. Jedenfalls sei ein eventuelles Kündigungsrecht der Beklagten verwirkt. Die Flutlichtanlage könne auch im Vorbeifahren von jedermann deutlich wahrgenommen werden; es hätten zahlreiche Veranstaltungen stattgefunden, über die in der Presse ausführlich berichtet worden sei. In Wirklichkeit hätten Haushaltsprobleme die Beklagte zu den Kündigungen motiviert. Es sei treuwidrig, wenn sie den Abriss der gesamten mit öffentlichen Mitteln geförderten Anlage verlange.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern und

a) die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 7.500,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 3.750,00 ab 15. August 2004 und 15. November 2004 zu zahlen;

b) festzustellen, dass der Pachtvertrag vom 01. Juni 2000 über die Sportanlage "Odertal-Stadion" zwischen den Prozessparteien unverändert fortbesteht;

c) die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt - im Kern ihr erstinstanzliches Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das angefochtene Urteil, soweit es ihr günstig ist; im Übrigen nimmt sie es hin. Sie trägt insbesondere Folgendes vor:

Der Kläger habe, wie er selbst einräume, bewusst darauf verzichtet, sie - die Beklagte - zu informieren, weil er der Auffassung gewesen sei, das Baugenehmigungsverfahren genüge. Dies treffe jedoch, wie schon aus dem eindeutigen Wortlaut der pachtvertraglichen Regelungen folge, nicht zu. Die schriftlichen Erklärungen der damaligen ehrenamtlichen Bürgermeisterin, denen keine inhaltlichen Informationen über die beabsichtigten baulichen Veränderungen zugrunde gelegen hätten, seien vom Kläger selbst für nicht ausreichend erachtet worden. In der Stadtverordnetenversammlung und in deren Ausschüssen habe man das Bauvorhaben nicht behandelt. Aus dem Pachtvertrag ergäben sich für den Kläger umfangreiche Rechte, aber kaum Pflichten; deshalb müsse deren ordnungsgemäße Erfüllung um so höher eingestuft werden. Durch bauliche Veränderungen wie eine aufwändige Flutlichtanlage kämen auf sie - die Beklagte - zusätzliche Unterhaltungsaufwendungen und damit weitere finanzielle Belastungen zu. Die Frist, die dem Kläger mit der Abmahnung vom 28. Juni 2004 (Kopie Anlage K8 = GA I 77 f.) gesetzt worden sei, habe er ungenutzt verstreichen lassen. Auf eine - aus seiner Sicht - späte Rüge der Vertragsverletzungen könne sich der Kläger nicht berufen, weil sein Vertragsverstoß darauf abgezielt habe, sie - die Beklagte - uninformiert zu lassen. Deshalb könne auch der Verwirkungseinwand nicht durchgreifen. Im Übrigen stütze sie - die Beklagte - sich auch weiterhin auf die Kündigungserklärung vom 11. Juni 2004.

Die Parteien haben am 23. November 2005 im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz vor dem Senat einen Prozessvergleich geschlossen, der von der Beklagten bis zum 31. Januar 2006 widerrufen werden konnte, falls er von der Kommunalaufsichtsbehörde nicht genehmigt wird (GA II 307, 308 f.). Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 31. Januar 2006, am selben Tage bei Gericht eingegangen (GA II 318 ff.), hat die Beklagte den Widerruf des Vergleichs erklärt. Dazu wurde von ihr in Ablichtung ein Schreiben des Landrates des Landkreises B... vom 12. Januar 2006 eingereicht, unterzeichnet vom Dezernenten für Öffentliche Ordnung und Finanzen, worin dem Amtsdirektor mitgeteilt wird, dass für eine förmliche Entscheidung über die rechtsaufsichtliche Genehmigung eine kommunalrechtliche Grundlage fehle, und Letzterer dringend aufgefordert wird, den Vergleich zu widerrufen, weil dieser unter Berücksichtigung der in § 74 GO BB geregelten allgemeinen Haushaltsgrundsätze rechtswidrig sei (GA II 320 f.). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen. Nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2006 haben beide Parteien weitere Anwaltsschriftsätze eingereicht (GA II 379 ff.)

II.

A. Das Rechtsmittel des Klägers ist zulässig; es wurde von ihm insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst bleibt die Berufung allerdings erfolglos. Der Senat kommt, wenn auch zum Teil aus anderen rechtlichen Gründen als das Landgericht zu dem Ergebnis, dass der streitgegenständliche Pachtvertrag über die Sportanlage "O...-Stadion" durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 05. August 2004 (Kopie Anlage K17 = GA I 76 f.) mit sofortiger Wirkung beendet wurde. Als Zivilgericht hat der Senat ausschließlich die privatrechtliche Seite des Streitfalles zu entscheiden; ob der Widerruf des Prozessvergleichs vom 23. November 2005 (GA II 307, 308 f.) nach allgemeinen Haushaltsgrundsätzen gemäß § 74 GO BB geboten war und ob die Rechtsverfolgung durch die Beklagte soziale Aspekte angemessen berücksichtigt, unterliegt nicht seiner Beurteilung. Auf ein bestehendes Kündigungsrecht darf sich die Beklagte - ohne gegen Treu und Glauben zu verstoßen (§ 242 BGB) - berufen, selbst wenn sie bei einer besseren Haushaltslage davon möglicherweise keinen Gebrauch gemacht hätte.

Infolge der Beendigung des Pachtverhältnisses steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Zahlungsanspruch mehr zu und Letztere kann von Ersterem die Räumung und Herausgabe des Pachtobjektes verlangen (§ 546 Abs. 1 i.V.m. § 581 Abs. 2 BGB). Dass dem Kläger mit Nr. 3 des Tenors der angefochtenen Entscheidung nicht aufgegeben ist, die Flutlichtanlage zu entfernen, Gebäude abzureißen oder bauliche Veränderungen daran rückgängig zu machen, hat bereits das Landgericht klargestellt (LGU 13 f.). Aus einem auf Räumung und Herausgabe lautenden Titel kann nur dann zugleich die Beseitigung von Bauwerken und baulichen Anlagen sowie die Rückgängigmachung von Veränderungen daran vollstreckt werden, wenn sich, woran es hier fehlt, eine entsprechende Doppelverpflichtung dem Vollstreckungstitel - zumindest im Wege der Auslegung - zweifelsfrei entnehmen lässt (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 19.03.2004 - IX a ZB 328/03, WM 2004, 1197 = DGVZ 2004, 88; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 885 Rdn. 15 und § 887 Rdn. 3 Stichwort "Beseitigung eines Bauwerks"). Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Die Beklagte hat den im Termin der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2005 vor dem Senat abgeschlossenen Vergleich der Prozessparteien wirksam widerrufen. Form und Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts sind gewahrt. Der vereinbarte Widerrufsgrund liegt ebenfalls vor. Denn der Vergleich ist von der Kommunalaufsichtsbehörde nicht genehmigt worden. Es fehlt bereits an einem förmlichen Genehmigungsbescheid. Zwar haben die Parteien nicht geregelt, was gelten soll, wenn es nach Auffassung der zuständigen Behörde keine Rechtsgrundlage dafür gibt, etwa weil der Vergleich als solcher kommunalrechtlich nicht genehmigungsbedürftig ist. Einer ergänzenden Auslegung ihrer Vereinbarung bedarf es hier aber nicht. Denn der Landrat hat in seinem Schreiben an den Amtsdirektor vom 12. Januar 2006 (Kopie GA II 320 f.) keinen Zweifel daran gelassen, dass er den Prozessvergleich für rechtswidrig hält, weil ein Verstoß gegen in der Gemeindeordnung verankerte haushaltsrechtliche Grundsätze vorliege. Für den Fall, dass der Vergleich Bestandskraft erlangen sollte, würde die zuständige Behörde - darauf deutet beispielsweise die Bezugnahme auf das Unterrichtungsrecht gemäß § 123 GO BB hin - Maßnahmen der Kommunalaufsicht prüfen. Angesichts dessen ist das endgültige Wirksamwerden des Prozessvergleichs nicht allein aus formellen Gründen gescheitert. Die Parteien wollten mit dem aufgenommenen Vorbehalt ermöglichen, dass sich der Amtsdirektor bei der Kommunalaufsicht rückversichern kann. Der Widerruf steht deshalb nicht nur formell, sondern auch inhaltlich im Einklang mit den Regelungen, die von den Parteien getroffen worden sind.

2. Die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 05. August 2004 (Kopie Anlage K17 = GA I 76 f.) hat nach § 5 Abs. 1 lit. c) des Pachtvertrages zur Beendigung des streitgegenständlichen Vertragsverhältnisses geführt.

a) Im Berufungsrechtszug unterliegt nur noch diese zweite Kündigungserklärung der gerichtlichen Prüfung. Dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 11. Juni 2004 ausgesprochene Kündigung nicht wirksam geworden ist, hat das Landgericht in Nr. 1 des Tenors seiner Entscheidung (LGU 2) verbindlich festgestellt. Von der Beklagten wird das erstinstanzliche Urteil nicht angefochten. Sie hätte zumindest Anschlussberufung einlegen müssen, wenn sie eine Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zu ihren Gunsten erreichen wollte. Das ist nicht geschehen. Ihr anwaltlicher Schriftsatz vom 29. April 2005 (GA II 270 ff.) enthält - wie sich bereits aus dem einleitenden Satz ergibt - lediglich eine Begründung des Antrages auf Zurückweisung der gegnerischen Berufung. Zwar heißt es darin dann am Ende unter Nr. 6 (GA II 270, 284), die Beklagte stütze sich weiterhin auf die Kündigung vom 11. Juni 2004 und nehme dazu auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Daraus wird aber - obgleich an eine Anschlussberufung keine hohen Anforderungen zu stellen sind - nicht deutlich, dass die Beklagte selbst eine Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils vornehmen möchte. Sie meint offenbar vielmehr, sich auch auf die erste Kündigungserklärung beziehen zu können, um die Entscheidung des Landgerichts gegen die Angriffe des Klägers zu verteidigen. Das trifft jedoch nicht zu. Denn insoweit ist die Beklagte in der Eingangsinstanz unterlegen. Sie hätte sich, wenn sie Anschlussberufung einlegen wollte, mit der für sie ungünstigen Argumentation der Zivilkammer auseinandersetzen müssen. Daran fehlt es.

b) Der Kläger hat schuldhaft gegen Pflichten aus dem Pachtvertrag verstoßen, in dem er - ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Beklagten als Verpächterin - bauliche Veränderungen am Pachtobjekt in Gestalt der Errichtung einer Flutlichtanlage und der Erneuerung eines Funktionsgebäudes vornahm und diese trotz schriftlicher Abmahnung nicht beseitigte.

aa) Gemäß § 7 Abs. 1 des Pachtvertrages sind bauliche Veränderungen - unbeschadet sonstiger Genehmigungen wie etwa solcher nach öffentlichem Baurecht - nur mit schriftlicher Einwilligung gestattet. Über die schriftliche Erklärung eines in privatrechtlichen Angelegenheiten für die Beklagte Zeichnungsbefugten, mit den beabsichtigten Baumaßnahmen einverstanden zu sein, verfügt der Kläger nicht. Gesetzlicher Vertreter von amtsangehörigen Gemeinden wie der Beklagten ist nach dem brandenburgischem Kommunalrecht grundsätzlich allein der jeweilige Amtsdirektor (§ 67 Abs. 1 GO BB; § 9 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 3 1. Halbs. AmtsO BB; vgl. dazu LVerfG BB, Urt. v. 20.01.2000 - 53/98 3/99, LKV 2000, 199 = DVBl 2000, 981; FG BB, Urt. v. 22.07.1998 - 1 K 759/96, EFG 1998, 1440 = LKV 1999, 288; VG Potsdam, Beschl. v. 25.08.1997 - 2 L 910/97, VwRR MO 1998, 118; ferner OLG Brandenburg, Urt. v. 13.08.1997 - 3 U 77/97, LKV 1998, 327). Selbst bei Verpflichtungserklärungen außerhalb von Geschäften der laufenden Verwaltung, die nach § 67 Abs. 2 und 3 GO BB der Mitzeichnung des ehrenamtlichen Bürgermeisters bedürfen und um die es im Streitfall nicht geht, ist die Mitwirkung des Amtsdirektors unentbehrlich. Wer an seiner Stelle im sachlichen Geltungsbereich des Bürgerlichen Rechts, in dem sich der Streitfall bewegt, wirksam tätig werden will, bedarf einer rechtsgeschäftlichen Vollmacht (§§ 164 ff. BGB). Für eine entsprechende Bevollmächtigung der damaligen ehrenamtlichen Bürgermeisterin der Beklagten oder des Bauamtsleiters des Amtes O... ist im Streitfall nichts ersichtlich. Die Wahrnehmung von privaten Rechten des Amtes und der ihm angehörenden Gemeinden fällt üblicherweise in den Geschäftsbereich Haushalt und Finanzen und nicht in den des Bauamtes. Soweit von Letzterem zu den Bauunterlagen eine städtebauliche Stellungnahme abgegeben wurde, handelt es sich zudem um ein Tätigwerden als Hoheitsträger im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Baugenehmigungsverfahrens, das - wie § 7 Abs. 1 des Pachtvertrages ausdrücklich klarstellt - die vertraglich erforderliche Zustimmung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Verpächterin nicht ersetzt.

bb) Zureffend hat das Landgericht die baulichen Veränderungen der Pachtsache ohne Einwilligung als schwerwiegend genug angesehen, um eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen (LGU 10 f.). Umstände, wonach der Kläger einen materiell-rechtlichen Anspruch gegen die Beklagte auf Zustimmung zur Errichtung der Flutlichtanlage und zur Erneuerung des Funktionsgebäudes gehabt hätte, sind von ihm weder dargetan worden noch sonst ersichtlich. Der Pachtvertrag selbst sieht einen solchen Anspruch nicht vor. Insbesondere dann, wenn sich die Beklagte in einer schwierigen Haushaltslage befand, musste sie sich auch nicht - durch feste Verbindung mit dem Grund und Boden - bauliche Anlagen zueignen lassen, für die sie im Außenverhältnis haftbar ist und für deren bauliche Unterhaltung sie gegebenenfalls nach § 8 des Pachtvertrages sogar im Innenverhältnis zu sorgen hatte. Zu Unrecht meint der Kläger, seine Pflichtverletzung bestehe allenfalls darin, die Bauvorhaben an der falschen Stelle angemeldet zu haben, so dass eine außerordentliche fristlose Kündigung lediglich dann in Betracht komme, wenn er erneut bauliche Veränderungen vornähme, ohne vorher die Zustimmung nach § 7 Abs. 1 des Pachtvertrags einzuholen. Vertragswidrig sind erst recht die unerlaubten baulichen Veränderungen an sich. Mit ihnen wurde ein pflichtwidriger Dauerzustand geschaffen, der - ebenso wie wiederholte Einzelverstöße - unter § 5 Abs. 1 lit. c) des Pachtvertrages fällt. Der Abmahnung steht dann der erfolglose Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist gleich (arg. § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB). Im Streitfall ist der Kläger von der Beklagten, vertreten durch den Amtsdirektor, durch Schreiben vom 28. Juni 2004 (Kopie Anlage K8 = GA I 77 f.) aufgefordert worden, die baulichen Veränderungen zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Ob dafür eine Frist bis zum 13. Juli 2004 angemessen war, kann dahinstehen. Denn die außerordentliche Kündigung ist erst am 05. August 2004 erklärt worden, so dass dem Kläger in jedem Falle genügend Zeit verblieb. Er hat gegenüber der Beklagten auch nicht zu erkennen gegeben, dass er bereit sei, ihren Forderungen nachzukommen, dafür aber noch mehr Zeit benötige.

cc) Der Kläger hat schuldhaft gehandelt. Hierfür reicht leichte Fahrlässigkeit aus. Die vertraglichen Regelungen sind - auch für juristische Laien - eindeutig: Aus § 7 Abs. 1 des Pachtvertrages ergibt sich zweifelsfrei, dass die vorherige schriftliche Zustimmung der Beklagten als Verpächterin durch sonstige Genehmigungen, insbesondere eine Baugenehmigung, nicht ersetzt wird. § 16 Abs. 2 des Pachtvertrages verpflichtet den Pächter, sich in allen vertraglichen Angelegenheiten ausschließlich an die Amtsverwaltung zu wenden; wie sich dort die Vertretungsverhältnisse gestalten, offenbart das Rubrum der Vertragsurkunde (Kopie Anlage K1 = GA I 5 ff.). Es oblag den gesetzlichen Vertretern des Klägers, einer juristischen Person des Privatrechts, die vertraglichen Bestimmungen sorgfältig zu lesen und bei Zweifeln rechtzeitig juristischen Rat - beispielsweise bei einem Rechtsanwalt - einzuholen.

c) Die Kündigungserklärung der Beklagten ist weder verfristet noch das Kündigungsrecht verwirkt oder dessen Ausübung sonst treuwidrig.

aa) Der Senat vermag zwar nicht der Auffassung des Landgerichts beizutreten, eine hinreichende zeitliche Nähe zwischen der Kenntniserlangung von den zur Kündigung berechtigenden Tatsachen und der Kündigungserklärung könne in Ausnahmefällen wie hier noch bei Zeiträumen von einem Jahr und länger bejaht werden. Obgleich sich für die angemessene Frist im Sinne von § 314 Abs. 3 BGB, die auch im Bereich des Miet- und Pachtrechts zu wahren ist, aufgrund der Vielgestaltigkeit der einzelnen Arten von Dauerschuldverhältnissen keine einheitlichen Fristen bestimmen lassen, darf ein Zeitraum von zwei Monaten regelmäßig nicht überschritten werden (vgl. dazu Palandt/ Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 314 Rdn. 10). Darauf kommt es im Streitfall aber nicht entscheidend an. Mit Vornahme der vertragswidrigen baulichen Veränderungen hat der Kläger - wie bereits oben erörtert - einen pflichtwidrigen Dauerzustand geschaffen. Unter solchen Umständen beginnt die Frist für die Ausübung des Kündigungsrechts gemäß § 314 Abs. 3 BGB nicht vor der Beendigung diese Zustandes (vgl. hierzu Palandt/Weidenkaff, BGB, 64. Aufl., § 626 Rdn. 27 i.V.m. Palandt/Heinrichs aaO, § 314 Rdn. 10 a.E.). Denn bei andauernden Pflichtverletzungen besteht auch der Kündigungsgrund als solcher fort.

bb) Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Wissenszurechnung in privatrechtlichen Angelegenheiten auch auf Seiten der Beklagten nur über § 166 BGB möglich ist. Demzufolge kommt es auf die Kenntniserlangung durch den Amtsdirektor als gesetzlichen Vertreter oder durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter von ihm an. Keineswegs können insoweit Amtsdirektor und Amt - wie offenbar der Kläger meint - gleichgesetzt werden. Zudem muss zwischen der hoheitlichen Tätigkeit der Beklagten und des Amtes in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben einerseits und ihrer privatrechtlichen Stellung als Eigentümer und Verpächter beziehungsweise als dessen gesetzlicher Vertreter andererseits unterschieden werden. Dies ist sachgerecht und entspricht ihrer rechtlichen Doppelfunktion. Andernfalls könnte sich beispielsweise kein Bediensteter des Bauamtes aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu Bauanträgen erklären, ohne damit rechnen zu müssen, für das Amt oder ihm angehörende Gebietskörperschaften zugleich privatrechtliche Erklärungen abzugeben, in Empfang zu nehmen oder auch nur seinem Dienstherrn im Bereich des Privatrechts zurechenbares Wissen zu erlangen. Kenntnis kann nur dann relevant sein, wenn sie von der zuständigen Stelle erlangt wird.

cc) Ob der Abriss der Flutlichtanlage und die Rückgängigmachung der baulichen Veränderungen am Funktionsgebäude wirtschaftlich und haushaltsrechtlich sinnvoll erscheinen, spielt für die privatrechtliche Beurteilung des Streitfalles, die der Senat als Zivilgericht hier allein vorzunehmen hat, keine maßgebliche Rolle. Danach ist die Beklagte - wie jeder andere Grundstückseigentümer und Verpächter - berechtigt, sich gegen ungenehmigte Veränderungen des ihr gehörenden Pachtobjekts zu wehren. Aus dem Handeln von Personen, die zur gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertretung der Beklagten nicht befugt sind oder die allein mit öffentlichrechtlichen Fragen der Bauvorhaben befasst waren, können - anders als möglicherweise der Kläger meint - auch keine Schlüsse gezogen werden, die eine Verwirkung von Rechten zu begründen vermögen. Unabhängig davon hat der Kläger nicht vorgetragen, welche Dispositionen er im Vertrauen auf die Beständigkeit seiner Investitionen vorgenommen hat. Wenn der gesetzliche Vertreter der Beklagten einen vorhandenen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung nutzt, um damit zugleich die Erreichung eines anderen Ziels - etwa der haushaltrechtlichen Konsolidierung der Gemeinde - zu fördern, dann ist dagegen privatrechtlich nichts einzuwenden.

B. Das nicht nachgelassene Vorbringen in den anwaltlichen Schriftsätzen des Klägers vom 17. Juli 2006 (GA II 382 ff.) und vom 25. Juli 2006 (GA II 392 ff.) gibt dem Senat zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO keinen Anlass. Die Voraussetzungen, unter denen sie nach § 156 Abs. 2 ZPO zwingend wieder zu eröffnen ist, liegen nicht vor. Insbesondere hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, die einen Wiederaufnahmegrund bilden (§ 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Eine Restitutionsklage gemäß § 580 ZPO findet nur dann statt, wenn die jeweilige Entscheidung auf einem der in dieser Vorschrift genannten Gründe beruht; deshalb muss stets eine Kausalitätsprüfung vorgenommen werden (vgl. Zöller/Greger aaO, § 580 Rdn. 5, m.w.N.). Auf die Frage, ob das Bauamt des Amtes O...die Bauunterlagen für die Errichtung der Flutlichtanlage sowie für Umbau und Modernisierung des vorhandenen Funktionsgebäudes aus städtebaulicher Sicht geprüft und befürwortet hat, kommt es jedoch - wie bereits oben ausgeführt worden ist - für die Entscheidung des Streitfalles nicht an. Eine privatrechtliche Zustimmung zu baulichen Veränderungen im Sinne von § 7 Abs. 1 des Pachtvertrages, die für die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Grundstückseigentümerin und Verpächterin nur durch den Amtsdirektor oder durch dessen rechtsgeschäftlichen Vertreter abgegeben werden konnte, ist auch den nachträglich in Ablichtung eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen.

C. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren findet ihre Grundlage in § 97 Abs. 1

ZPO; danach fallen die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels dem Kläger zur Last, weil er es eingelegt hat. Für die Eingangsinstanz war die Kostenentscheidung als Folge der Abänderung des Gebührenstreitwertes neu zu fassen; sie beruht auf § 92 Abs. 1 und § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO.

D. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 und § 711 Satz 1 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

E. Die Revision wird vom Senat - unbeschränkt - zugelassen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Für ihre Entscheidung kommt es darauf an, wann die Frist gemäß § 314 Abs. 3 BGB für den Kündigungsberechtigten zu laufen beginnt, wenn der andere Vertragsteil einen pflichtwidrigen Dauerzustand geschaffen hat. Der Senat folgt der Meinung, wonach in solchen Fällen der Zeitpunkt der Beendigung des Zustandes maßgeblich ist.

Diese Auffassung wurde allerdings - soweit ersichtlich - zu § 626 BGB entwickelt, der eine starre Frist von lediglich zwei Wochen für die Ausübung des Kündigungsrechts vorsieht. Ob deren Dauer Einfluss auf den Zeitpunkt des Beginns hat und ob möglicherweise der Typ des jeweiligen Dauerschuldverhältnisses in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt, wovon der Senat nicht ausgeht, ist ungeklärt. Die Frage stellt sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen, insbesondere nachdem seit Inkrafttreten der Schuldrechtsnovelle im Gesetz selbst ausdrücklich geregelt ist, dass der Kündigungsberechtigte von seiner Befugnis, das Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung zu beenden, innerhalb angemessener Frist Gebrauch machen muss.

F. Den Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug hat der Senat bereits mit Beschluss vom 23. November 2005 festegesetzt (GA II 316).

G. Der Senat macht von der Befugnis gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG Gebrauch, den vom Landgericht festgesetzten Gebührenstreitwert (LGU 14) von Amts wegen abzuändern und setzt den Gebührenstreitwert für die Eingangsinstanz auf insgesamt € 16.000,00 fest. Davon entfallen bis zu € 1.000,00 auf das Feststellungsbegehren und den Räumungsanspruch, die denselben Gegenstand betreffen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann der vertraglich vereinbarte Miet- oder Pachtzins bei der Streitwertbemessung auch dann nicht durch einen geschätzten Jahresumsatz ersetzt werden, wenn nur ein symbolisches Nutzungsentgelt vereinbart wurde (zu § 8 ZPO vgl. BGH, Urt. v. 28.09.1994 - XII ZR 50/94, NJW 1994, 3292 = ZMR 1995, 17; Urt. v. 20.12.1995 - XII ZR 244/94, WM 1996, 1064 = NJWE-MietR 1996, 54).

Ende der Entscheidung

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