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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.07.2006
Aktenzeichen: 3 W 39/06
Rechtsgebiete: VerbrKrG, HWiG, BGB, ZPO


Vorschriften:

VerbrKrG § 12
VerbrKrG § 6 Abs. 2 Satz 1
VerbrKrG § 9 Abs. 1
VerbrKrG § 6 Abs. 2 Satz 2
VerbrKrG § 4 Abs. 1 Satz 5 Ziffer b
VerbrKrG § 6 Abs. 1
VerbrKrG § 6 Abs. 2
HWiG § 1 Abs. 1 Nr. 1
HWiG § 3
HWiG § 1 Abs. 2
BGB § 490 Abs. 3
BGB § 314 Abs. 1
BGB § 314 Abs. 3
BGB § 498 Abs. 1 Satz 1
BGB § 273 Abs. 1
BGB § 494 Abs. 2 Satz 4
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

3 W 39/06

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge und die Richter am Oberlandesgericht Jalaß und Hüsgen am 05. Juli 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 20.06.2006 - 8 O 269/06 - aufgehoben.

Der Beschwerdegegnerin wird zur Vermeidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren Vorstandsmitgliedern, verboten, die Kapitallebensversicherung des Antragstellers bei der N...versicherung AG mit der Nr. 130465163012 zu kündigen. Das Verbot gilt längstens bis 30.06.2007.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung gegenüber der Antragsgegnerin das Verbot, eine ihr zur Sicherheit abgetretene Lebensversicherung zu kündigen und zu verwerten.

Der Kläger, ein damals 31jähriger Fliesenleger, unterzeichnete am 26.11.1996 eine Beitrittserklärung in die "H... Immobilien-Fonds Wohnanlage B... GbR". Die Erklärung war gerichtet auf den Erwerb zweier Anteile für insgesamt 68.010,00 DM durch Bankfinanzierung. Zugleich bevollmächtigte er den Dipl.-Kaufmann M... H... gemäß der Anlage V des Beteiligungsprospektes (vgl. Bl. 25 d. GA) u.a. zu weiteren Beitrittsabwicklungen. Der Antragsteller unterzeichnete ohne eigene Datumsangabe (vgl. Bl. 22 d. GA) einen auf den 06.12.1996 datierten Abtretungsvertrag über eine Lebensversicherung gleichen Datums. Diese sicherte Forderungen der Antragsgegnerin aus einem Darlehn ebenfalls vom 06.12.1996, das die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin unter einem Konto mit der Endziffer 281 verwaltete. Weiter unterzeichnete der Antragsteller eine auf den 11.12.1996 datierte Anlage zum Kreditvertrag vom 06.12.1996 sowie unter dem 15.12.1996 einen Darlehensvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin vom 06.12.1996 mit der Endziffer 281 (vgl. Bl. 17 d. GA). Darlehensvertrag, seiner Anlage sowie Abtretungsvereinbarung waren nach dem Aktenbild miteinander veröst.

Das Darlehen führte einen Nennbetrag von 34.005,00 DM auf. Die Verzinsung war bis zum 30.12.2006 mit jährlich 9,45 % fest vereinbart, der Gesamtbetrag mit 67.543,11 DM angegeben (vgl. Bl. 17, 19 d. GA). Die Tilgung war ausgesetzt gegen Abtretung der Rechte und Ansprüche aus einer neu abgeschlossenen Lebensversicherung bei der N...versicherungs AG. Nach dem Lebensversicherungsvertrag begann die Abrufphase mit Ablauf der Beitragszahlung am 01.12.2016; das versicherte Kapital betrug vor Beginn der Abrufphase mindestens 33.600,00 DM (vgl. Bl. 23 d. GA). Das Recht des Kreditgebers zur vorzeitigen Fälligstellung des Kredites wegen Zahlungsverzugs richtete sich nach § 12 VerbrKrG (vgl. Bl. 19 d. GA). Das Darlehen wurde ausschließlich zum Erwerb des geschlossenen Immobilienfonds der H... Immobilienfonds Wohnanlagen B... GbR zur Verfügung gestellt. Als Sicherheiten wurden vereinbart die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus dem erworbenen Fondsanteil sowie die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus der abgeschlossenen Lebensversicherung (vgl. Bl. 17 d. GA).

Mit Anwaltsschreiben vom 23.06.2004 erbat der Antragsteller unter Hinweis auf einen unzutreffenden Gesamtbetrag die Neuabrechnung des Darlehens auf der Basis des gesetzlichen Zinssatzes (vgl. Bl. 27 d. GA). Mit Anwaltsschreiben vom 02.12.2004 (vgl. Bl. 30 d. GA) widerrief der Antragsteller seine Vertragsabschlusserklärungen zum Kreditvertrag vom 15.12.1996 unter Hinweis auf eine Haustürsituation bei Vertragsabschluss. Nach Verhandlungen in der Folgezeit kündigte die Klägerin das ihrer Meinung nach fortbestehende Kreditverhältnis unter Hinweis Nr. 26 Abs. 2 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen außerordentlich (vgl. Bl. 32 d. GA) mit Fristsetzung zum Kontoausgleich bis zum 23.06.2006 und der Ankündigung, bei Nichteinhaltung des Termins die Lebensversicherung zu kündigen und mit ihrer Forderung zu verrechnen.

Auf ein Telefaxschreiben der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 12.06.2006, mit Fristsetzung zur Unterlassungserklärung bis zum 13.06.2006, 14:00 Uhr, reagierte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13.06.2006 (vgl. Bl. 36 d. GA), in dem sie sich zu einer abschließenden Erklärung außerstande sah und die Prozessbevollmächtigten aufforderte, ihr den Fortbestand einer Vollmacht aus dem Jahre 2004 darzulegen.

Der Antragsteller hat behauptet, der Vermittler Erich sei am 26.11.1996 ohne vorherige Aufforderung in der Wohnung des Antragstellers erschienen, habe ein erstes Gespräch über die Beteiligung geführt, und in dessen Verlauf alle Formulare zur Vorbereitung der Finanzierung neben der Beitrittserklärung vorgelegt, mit dem Antragsteller gemeinsam ausgefüllt, diesen unterschreiben lassen, und sie sodann bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin, zu der der Antragsteller keinen Kontakt gehabt habe, weitergeleitet. Der Vermittler habe ihm wenig später den fertigen Darlehensvertrag überreicht, mit ihm, dem Antragsteller, bis dahin unbekannten Konditionen. Da er den Beitritt zum Fonds bereits erklärt hatte, habe er den Darlehensvertrag gleichfalls unterschrieben.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag des Antragstellers vom 19.06.2006 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Ein Widerruf nach § 1 Abs. 1 Ziffer 1 HWiG scheitere an der fehlenden Feststellbarkeit einer Haustürsituation in Bezug auf den streitgegenständlichen Kreditvertrag. Dieser sei erst am 15.12.1996 und damit später als drei Wochen nach dem behaupteten Erstkontakt unterzeichnet worden.

Einwendungsbegründende Falschangaben des Vermittlers seien dem erstinstanzlichen Antragstellervorbringen nicht zu entnehmen.

Die Nichtangabe der Lebensversicherungsprämien erweise sich als unschädlich. Die damit verbundene Formnichtigkeit nach dem VerbrKrG sei durch Valutierung gemäß dessen § 6 Abs. 2 Satz 1 geheilt. Ihre Nichtberücksichtigung bei der Ermittlung des Gesamtbetrages mache diesen allenfalls unrichtig, führe indessen nicht zu dessen Fehlen. Ein Neuberechnungsanspruch des Antragstellers sei daher nicht feststellbar. Die Kündigung vom 18.05.2006 sei wegen der vorangegangenen Zahlungseinstellung jedenfalls aus wichtigem Grund gemäß § 490 Abs. 3, 314 Abs. 1 BGB berechtigt.

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer. Der Vermittler habe dem Antragsteller, nach dessen Beschwerdevorbringen, den Fonds als jederzeit veräußerbar und sich aus den Steuervorteilen und Ausschüttungen selbst tragend dargestellt, ohne auf Fondsrisiken hinzuweisen.

Tatsächlich sei der Fonds nicht veräußerbar und seit Januar 2001 ohne Ausschüttungen. Seit dieser Zeit müsse er Darlehenszinsen und Kapitallebensversicherungsprämien aus eigenem Vermögen zahlen seien und die Fondsobjekte seien nicht mehr vermietbar.

Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss und bestreitet eine Haustürsituation mit Nichtwissen.

II.

Die nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg. Der Antrag des Antragstellers ist begründet, da Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund (§§ 916, 917, 936 ZPO) glaubhaft gemacht sind.

1. Der Antragsteller hat einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Unterlassung der von ihr angekündigten Kündigung und Verwertung der streitgegenständlichen Lebensversicherung.

Die Kündigungs- und Verwertungsvoraussetzungen zu Gunsten der Antragsgegnerin (vgl. Ziffer 4 des Abtretungsvertrages vom 06.12.1996, Bl. 21 d. GA) lassen sich nicht feststellen.

a) Der der Abtretung zugrunde gelegte Darlehensvertrag vom 06./15.12.1996 ist nicht wirksam (§§ 1 Abs. 1; 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG). Mangels ordnungsgemäßer Belehrung oder Nachbelehrung hat das Widerrufsrecht fortbestanden und der Antragsteller hat es durch Anwaltsschreiben vom 02.12.2004 (Bl. 30 d. GA) rechtzeitig ausgeübt; abgesehen davon sind die sich aus § 3 HWiG ergebenden Rechtsfolgen des Widerrufs auch ohne gesonderte Geltendmachung zu prüfen (BGH, Urteil vom 21.01.2003 - XI ZR 125/02 = NJW 2003, 1390).

(1) Unter Zugrundelegung seiner eidesstattlichen Versicherung vom 22.06.2006 ist der Antragsteller hinreichend wahrscheinlich durch eine mündliche Verhandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des hier noch anzuwendenden HWiG im Bereich seiner Privatwohnung zum Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages bestimmt worden. Nach der eidesstattlichen Versicherung erschien der Vermittler am 26.11.19996 in der Wohnung des Antragstellers und erörterte mit ihm mündlich dessen Beitritt in die H... Immobilienfonds Wohnanlagen B... GbR sowie die Bankfinanzierung des Erwerbes zweier Anteile. Dieses Vorbringen findet eine hinreichende Stütze in der urkundlich dokumentierten Beitrittserklärung vom 26.11.1996, die den Anteilserwerb durch Bankfinanzierung ausdrücklich aufführt (vgl. Bl. 24 d. GA). Desgleichen hat der Antragsteller geschehenstypisch unter demselben Datum eine weitere Vollmacht zur Abwicklung des Erwerbs am Immobilienfonds erteilt, zu dessen alleinigen Zweck die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin sodann unter dem 06.12.1996 den streitgegenständlichen Darlehensvertrag vorbereitete. Der Antragsteller hatte zur Antragsgegnerin unstreitig keinen direkten Kontakt. Angesichts dieses in sich stimmigen und urkundlich dokumentierten Antragstellervorbringens ist ein mündliches Gespräch des Antragstellers gegenüber der mit Nichtwissen bestreitenden Antragsgegnerin hinreichend wahrscheinlich.

Die Ausnahmevoraussetzungen für einen Wegfall des Widerrufsrechts nach § 1 Abs. 2 HWiG hat die dafür darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin nicht behauptet.

(2) Der Antragsteller ist durch die danach zugrunde zu legenden mündlichen Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung zu seiner Darlehensabschlusserklärung bestimmt worden, d.h. die hier zugrunde zu legende Haustürsituation ist für die Darlehensabschlusserklärung des Antragstellers ursächlich gewesen. Dabei genügt es nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Kunde in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war (BGH Urteil vom 26.10.1993 - XI ZR 42/93 = BGHZ 123, 380; BGH Urteil vom 09.05.2006 - XI ZR 119/05, JURIS). Die Beeinträchtigung des Antragstellers in seiner Entschließungsfreiheit am 15.12.1996 den Darlehensvertrag zum Erwerb der Anteile der Gesellschaft zu schließen liegt auf der Hand. Er war der Gesellschaft bereits mit der Erklärung vom 26.11.1996 beigetreten; sein Beitritt war bindend, gerichtet auf den durch Bankfinanzierung zu kreditierenden Erwerb zweier Gesellschaftsanteile und hat damit den durch das Darlehn zu deckenden Finanzierungsbedarf des Antragstellers evident verursacht, wie das Landgericht verkannt hat.

b) Abgesehen von den nicht feststellbaren Kündigungs- und Verwertungsvoraussetzungen hat der Antragsteller, worauf der Senat ergänzend hinweist, ohnehin einen Anspruch auf Rückabtretung der Rechte aus der Lebensversicherung. Möglicherweise sicherungsfähige Rückforderungsansprüche der Antragsgegnerin entfallen, da bei einem verbundenem Geschäft, von dem das Landgericht hier zutreffend und im Beschwerdeverfahren auch unbeanstandet ausgegangen ist, der Bankkunde dem Rückforderungsverlangen des Kreditinstituts aus § 3 HWiG die Unwirksamkeit des Erwerbsgeschäfts nach § 9 Abs. 1 VerbrKrG entgegenhalten kann.

c) Die Kündigung der Klägerin vom 08.06.2006 geht nach den obigen Ausführungen bereits wegen Fehlen eines kündbaren Kreditvertrages ins Leere.

Davon abgesehen lässt sich die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung, die die Antragsgegnerin auf Nr. 26 Abs. 2 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen gestützt hat, entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht aus den §§ 490 Abs. 3, 314 Abs. 1 BGB herleiten. Wie das Landgericht übersehen hat, kann der Berechtigte nach § 314 Abs. 3 BGB sein Sonderkündigungsrecht nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigten, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Von der vom Landgericht als Sonderkündigungsgrund herangezogenen Einstellung der Zinszahlungen durch den Antragssteller hatte die Antragsgegnerin bereits seit Jahren Kenntnis.

Die Voraussetzungen einer Verzugskündigung, für die der Vertrag die Anwendbarkeit des § 12 VerbrKrG ausdrücklich vorsah, wären selbst bei dessen Fortbestehen nicht feststellbar. Davon abgesehen, dass die Voraussetzungen des nunmehr anzuwendenden § 498 Abs. 1 Satz 1 BGB ersichtlich nicht eingehalten sind, würde es selbst bei einem wirksamen Kreditverhältnis an einem Verzug (§ 286 BGB) des Antragstellers mit vertraglich geschuldeten Darlehenszinsen fehlen. Hat ein Bankkunde gegenüber der Bank einen Anspruch auf Neuberechnung der Leistungsraten, so steht ihm, wenn die Bank die Neuberechnung verweigert, gegenüber weiteren Raten ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB zu (BGH Urteil vom 18.12.2001 - XI ZR 156/01 = BGHZ 149, 302, 311).

Hier ergibt sich der Neuberechnungsanspruch des Antragstellers aus § 494 Abs. 2 Satz 4 BGB (§ 6 Abs. 2 Satz 4 Verbraucherkreditgesetz). Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG in der 1996 maßgeblichen Fassung ermäßigte sich der im Kreditvertrag zugrunde gelegte Zinssatz, wenn die Angabe des Gesamtbetrages nach § 4 Abs. 1 Satz 5 Ziffer b fehlte. Die danach erforderliche Gesamtbetragsangabe ist nicht nur unvollständig, sondern fehlt, wie der BGH wiederholt entschieden hat (vgl. Urteil vom 25.04.2006 - XI ZR 193/04 = NJW 2006, 1788; Urteil vom 09.05.2006 - XI ZR 119/05, JURIS), wenn bei Kreditverträgen mit einer längeren Laufzeit als der zunächst vereinbarten Zinsbindungsfrist der Vertrag nur den für die Zeit der Zinsfestschreibung zu erbringenden Teilbetrag ausweist. Das ist hier nach dem schlüssigen, rechnerisch ohne Weiteres nachvollziehbaren Antragstellervorbringen der Fall. Rechnet man bei einem Kapital von 34.005,00 DM mit einem Zinssatz von 9,45 % jährlich und einer Laufzeit von 10 Jahren, so ergibt sich ein Gesamtbetrag in hinreichender Nähe zu dem vertraglich genannten Rechenergebnis. Rechnet man dasselbe Kapital mit unverändertem Zinsanteil auf eine vertraglich vereinbarte Laufzeit von 20 Jahren, läge das Ergebnis bei deutlich über 98.000,00 DM. Weist der formularmäßige Darlehensvertrag damit lediglich den für die Zeit der Zinsfestschreibung berechneten Teilbetrag aus, so liegt darin nicht nur eine unrichtige Gesamtbetragsangabe, die nach der Rechtsprechung des BGH im Hinblick auf den Schutzzwecknorm keine Sanktionen im Sinne des § 6 Abs. 1 und 2 VerbrKrG auslöst. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Antragsgegnerin zwar den auf die Gesamtlaufzeit des Vertrages bezogenen Betrag angeben wollte, dieser aber z.B. wegen eines Additionsfehlers oder wegen irrtümlicher Nichtberücksichtigung einer wesentlichen Kostenposition falsch berechnet wurde. Bezieht sich der angegebene Betrag indes - wie hier - nur auf die vertraglich festgelegte Zinsbindungsfrist, so wird damit bewusst ausschließlich die entsprechende Teilbelastung des Darlehensnehmers und damit etwas anderes, als der Gesamtbetrag angegeben (vgl. BGH Urteil vom 09.05.2006 - XI ZR 119/05, JURIS).

d) Ferner hat der Antragsteller unabhängig von einer Unwirksamkeit des Kreditvertrages nach dem HWiG einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsabschluss gegen die Antragsgegnerin auf Rückerstattung von Zins- und Tilgungsleistungen abzüglich der nach dem Prinzip der Vorteilsausgleichung anzurechnenden Fondsausschüttung und etwaiger Steuerersparnisse. Ist ein Darlehensnehmer durch falsche Angaben zum Erwerb einer Fondsbeteiligung beworben worden, kann er den daraus folgenden Anspruch aus Verschulden bei Vertragsabschluss gegen den Vermittler ebenfalls gegen die Kredit gebende Bank geltend machen, wenn es sich um ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG handelt (BGH Urteil vom 25.04.2006 - VI ZR 106/05 = WM 2006, 1066).

Diesen Anspruch hat das Landgericht rechtsfehlerhaft ungeprüft gelassen. Schon nach dem erstinstanzlichen Antragstellervorbringen hat der Vermittler falsche Angaben über die Fondsbeteiligung gemacht und den Antragsteller dadurch zu deren Erwerb bewogen. Vom Vorliegen eines verbundenen Geschäftes ist das Landgericht zutreffend ausgegangen, wogegen auch die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren nichts einwendet. Auch die übrigen Voraussetzungen für ein der Antragsgegnerin zuzurechnendes Verschulden bei Vertragsabschluss liegen vor. Nach der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers vom 22.06.2006 hat der Vermittler am 26.11.1996 erklärt, die Fondsanteile seien jederzeit veräußerbar und die Finanzierung würde sich aus den Steuervorteilen und Ausschüttungen tragen. Nach dem unstreitigen Beschwerdevorbringen sind die Fondsanteile nicht veräußerbar und ebenso wenig trägt sich die Finanzierung aus Steuervorteilen und Ausschüttungen. Die derzeit fehlende Vermietbarkeit Fondsobjekte ist gleichfalls unstreitig.

2. Der Verfügungsgrund ergibt sich aus der Verwertungsankündigung der Antragsgegnerin vom 08.06.2006. Diese wird entsprechend ihrem Schreiben bei Nichtzahlung von 19.869,83 € bis zum 23.06.2006 die streitgegenständliche Lebensversicherung kündigen und mit ihrer behaupteten Forderung verrechnen. Zu einer Klarstellung mit der gebotenen Deutlichkeit, dies vorerst zu unterlassen, sah sich die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 03. Juni 2006 außerstande, zumal sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Erlöschen eine ihr bereits nachgewiesenen Vollmacht sogar die Kommunikationsbefugnis der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners grundlegend in Frage gestellt hat.

Dem Antragsteller drohen die mit der vorzeitigen Kündung eines bereits jahrelang bestehenden Vertragsverhältnis über eine Kapitallebensversicherung regelmäßig verbundenen erheblichen Nachteile, wie etwa der Verlust des Versicherungsschutzes, die altersbedingten Neuabschlusserschwernisse sowie die Kapitalertragssteuerpflicht eines ohnehin gegenüber dem vertraglichen Auszahlungsanspruch regelmäßig deutlich geschmälerten Rückkaufwertes.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Gebührenstreitwert wird - insoweit in Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung vom 20.06.2006 - auf 8.600,00 € festgesetzt. Der Senat geht zunächst von der vertraglich vereinbarten Versicherungssumme von 33.600,00 DM aus; im Hinblick auf den drohenden endgültigen Rechtsverlust hält er eine Anhebung des Regelstreitwertes von ein 1/3 auf 1/2 für angemessen.



Ende der Entscheidung

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