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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.03.2003
Aktenzeichen: 4 U 107/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 179
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 139 Abs. 5
ZPO § 296 a
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 107/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.3.2003

verkündet am 19.3.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 4 Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2003 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten zu 2. wird das am 11. Juli 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - Az.: 2 O 556/00 - teilweise abgeändert.

Die Klage gegen den Beklagten zu 2. wird abgewiesen.

Die Kostenentscheidung erster Instanz wird wie folgt gefasst:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 3. zu 1/3.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 2. trägt die Klägerin. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 3. 4/9.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten zu 2. durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte zu 2. zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt in zweiter Instanz von dem Beklagten zu 2 Zahlung von Werklohn Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Nachdem die Klägerin die Klage gegen den Beklagten zu 1. zurückgenommen hatte, hat das Landgericht den Beklagten zu 2. nach Beweisaufnahme als Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 3., der am Berufungsverfahren nicht beteiligt ist, zur Zahlung von 44.756,68 € nebst Zinsen verurteilt. Gegen diese Verurteilung richtet sich die Berufung des Beklagten zu 2., der seine Rügen der fehlenden Aktiv- und Passivlegitimation aufrechterhalt und die Höhe des Werklohns bestreitet. Insoweit sei die von der Klägerin erstellte Rechnung, insbesondere im Hinblick auf die Stundenlohnarbeiten und die Erstellung des Mauerwerks, inhaltlich falsch und nicht belegt. Die diesbezügliche Beweisaufnahme durch das Landgericht (Zeuge W...) sei unergiebig gewesen.

Der Beklagte zu 2. beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 14. Januar 2003 (Bl 450 ff. d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Die Klägerin hat in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27. Februar 2003, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt.

II.

Die Berufung ist zulässig; insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache führt das Rechtsmittel zur Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung, soweit das Landgericht den Beklagten zu 2. neben dem Beklagten zu 3. - dessen Zahlungspflicht vom Landgericht rechtskräftig festgestellt worden ist -verurteilt hat. Die Klage gegen den Beklagten zu 2. ist unbegründet.

1.

Ohne Erfolg zweifelt die Berufung allerdings das Bestehen der Klägerin, ihre Aktivlegitimation oder ihre gesetzliche Vertretung an. Der Senat folgt insoweit in vollem Umfang den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (S. 6, 7 des Urteilsumdrucks). Soweit die Berufung geltend macht, es bestehe eine Ungewissheit, ob nicht eine weitere Firma mit der Bezeichnung "F... Q" aktiv legitimiert sei, folgt der Senat dem nicht. In Betracht zu ziehen wäre allenfalls die Firma "F.. Q III" (Anlage K 13 A; Bl. 220 d.A.); doch ist diese schon nach ihrer Firma als auch nach ihrer Anschrift offensichtlich nicht mit der Klägerin identisch.

Mit der Berufung wird weiter ausgeführt, dass die Vertretungsverhältnisse der Klägerin unklar seien. Insoweit ist zwar zutreffend, dass ausweislich des Handelsregisterauszugs vom 07. Mai 2001 (Bl. 260 d.A.) allein Herr H... W... zur Geschäftsführung berechtigt sein soll, wahrend die Klägerin unter Vorlage der notariellen Urkunde über die Gesellschafterversammlung vom 17. November 1997 (Bl. 228 d.A.) zunächst behauptet hat, auch Herr L... M... sei zum Geschäftsführer bestellt worden. Sofern dies der Fall sein sollte, wären sowohl der Vertragsschluss als auch die Prozessführung, die dann zunächst mangels hinreichender Vertretung der Klägerin unwirksam gewesen wären, durch die Genehmigungserklärung des Herrn M... vom 19. September 2000 (Bl. 140 d.A.) wirksam geworden (§ 177 Abs. 1 BGB).

2.

Mit Recht hat das Landgericht weiterhin die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 2. sei passiv legitimiert. Diesbezüglich hat der Beklagte zu 2 sein Vorbringen im Senatstermin vom 26. Februar 2003 dahin klargestellt, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts existent gewesen sei, an der er indes - ungeachtet der Tatsache, dass die Gesellschaft auch seinen Namen führt - nicht beteiligt gewesen sei. Geht man von diesem Vorbringen aus, so ergibt sich die Haftung des Beklagten zu 2. aus dem Umstand, dass er nach außen hin schon ausweislich des Vertrages eine Gesellschaft - bestehend aus ihm und den Herren B... und P... - vertreten hat, die zu keinem Zeitpunkt existiert hat. Die Nennung des Namens des Beklagten zu 2. konnte von der Klägerin nur dahin verstanden werden, dass auch er selbst an der GbR beteiligt war. Der Umstand, dass der Beklagte zu 2., wie mit der Berufung geltend gemacht wird, nur aus Vereinfachungsgründen seinen Namen hergegeben hat, ist schon nach seinem eigenen Vortrag anlässlich des Vertragsschlusses nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen. Die Unterzeichnung mit dem Zusatz "i.A.", die im Geschäftsverkehr oft unspezifisch gebraucht wird, konnte die Klägerin nicht dahin verstehen, dass der Beklagte zu 2. sich nicht selbst vertreten wollte. Die vom Beklagten zu 2. im Schreiben vom 09. November 1997 - nach Beendigung der klägerischen Tätigkeiten - vorgenommene Klarstellung ist für die Haftungsfrage schon wegen des Zeitablaufs nicht relevant. Hat der Beklagte demgemäß einen Personenzusammenschluss vertreten, der nicht bestand, so ergibt sich seine Haftung aus der entsprechenden Anwendung des § 179 BGB (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, 62. Aufl., § 179 RN 3 mit weiteren Nachweisen).

3.

Die Werklohnforderung gegen den Beklagten zu 2. wäre auch nicht verjährt; auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die marginalen Abweichungen in der Firmenbezeichnung der Klägerin sind aus der maßgeblichen Sicht des Beklagten zu 2. nicht geeignet, Zweifel daran zu wecken, dass die "richtige", aktiv legitimierte Partei den Mahnbescheid beantragt hat. So hat die Klägerin die vom Vertrag abweichende Anschrift im Mahnbescheid damit erklärt, dass die Gesellschaft vorübergehend eine weitere Adresse unterhielt. Den Zusatz "e obras publicas" hat die Gesellschaft, wie die Klägerin nachvollziehbar ausgeführt und belegt hat, nicht immer geführt. Ebenso wenig schädlich ist die aufgrund der nicht eindeutigen Lesbarkeit des Antrags erfolgte Zustellung an den Beklagten zu 2. als Herrn "O...". Bei der Auslegung des Mahnbescheidsantrag ist nämlich darauf abzustellen, ob die im Antrag genannten Gesamtumstände aus der Sicht des Antragsgegners zur Identifizierung des Antragstellers ausreichen (vgl. hierzu BGH DB 1978, 2409; BGH NJW 1977, 1686).

Die Klägerin hat im Mahnbescheidsantrag die Rechnungsnummer mit dem hier streitigen Bauvorhaben ebenso aufgeführt wie Herrn W... als Geschäftsführer. Es war für den Beklagten zu 2. daher erkennbar, dass die Klägerin, mit der der Vertrag abgeschlossen worden war, auch diejenige war, die den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt hat, zumal - wie ausgeführt - eine andere Gesellschaft ersichtlich nicht in Betracht kam.

4.

Der Anspruch der Klägerin ist jedoch der Höhe nach nicht in hinreichender Form dargetan, sodass die Klage der Abweisung unterliegt.

Diesbezüglich hat der Senat seiner Entscheidung auch den nicht nachgelassenen erstinstanzlichen Schriftsatz des Beklagten zu 2. vom 05. Juli 2002 zu Grunde zu legen. Der in diesem Schriftsatz enthaltene Sachvortrag ist - obwohl in erster Instanz nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben - gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 zu berücksichtigen. Der Beklagte zu 2. durfte nämlich ohne Nachlässigkeit darauf vertrauen, dass er den klägerischen Werklohnanspruch der Höhe nach hinreichend bestritten hat; andernfalls wäre es für ihn nicht erklärlich gewesen, dass das Landgericht die Beweisaufnahme auch auf die Frage der vollständigen Durchführung der Arbeiten und Ableistung der Stunden erstreckt hat. Gleichzeitig liegen die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vor. Das Landgericht, welches das Bestreiten des Anspruchs der Höhe nach für nicht substantiiert gehalten hat, hätte nach Durchführung der Beweisaufnahme auf den Gesichtspunkt hinweisen müssen, dass "die Beklagten hierzu konkreten Gegenvortrag" hätten bringen müssen. Vor diesem Hintergrund hätte die mündliche Verhandlung - erst Recht nach dem Eingang des oben genannten Schriftsatzes - zwingend wiedereröffnet werden müssen (§ 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

Die Klägerin hat allerdings den Beweis nicht erbracht, die abgerechneten Arbeiten in einem nachprüfbaren Umfang erbracht zu haben. Die insoweit in der Rechnung (Anlage K 4; Bl. 65 d.A.) und der Massenermittlung/Stundenlohnarbeiten (Anlage K 5; Bl. 66 ff. d.A.) genannten Rapporte sind bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht eingereicht worden. Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, wäre dies zur hinreichenden Darlegung des Anspruchs jedoch erforderlich gewesen, hat doch der Beklagte zu 2. im Schriftsatz vom 05. Juli 2002 auf unerklärte Diskrepanzen zwischen den Rechnungen vom 02. September 1997 und der vom 25. Oktober 1997 hingewiesen. Ohne nähere Erläuterung, wie es zu den nicht unerheblichen Differenzen gekommen ist, und Vorlage der Stundenlohnzettel ist eine nähere Überprüfung durch den Senat nicht angezeigt.

Der Inhalt des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerin vom 27. Februar 2003 hat gemäß § 296 a ZPO unberücksichtigt zu bleiben; er gibt auch keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§§ 139 Abs. 5, 156 Abs. 2 ZPO), zumal die Klägerin keinen Antrag gemäß § 139 Abs. 5 ZPO gestellt hat. Im Übrigen wäre der Inhalt des Schriftsatzes auch nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung der Fragen im Zusammenhang mit der Höhe des Werklohns zu führen. Die Erläuterungen in dem genannten Schriftsatz beinhalten neue und unerklärte Widersprüche: Während die Klägerin in der Anspruchsbegründung ausgeführt hat, die Abrissarbeiten seien Ende September 1997 abgeschlossen gewesen und ihre Mitarbeiter hätten sich auf die Maurerarbeiten konzentriert, ergibt sich aus den vorgelegten Bau-Tagesberichten, dass bereits seit dem 04. September 1997 entweder keine Arbeit vorhanden war - gleichwohl wird insoweit ein Stundenentgelt verlangt - oder dass andere Arbeiten durchgeführt worden sein sollen, die bislang nicht vorgetragen waren ("Dach überarbeiten"). Der insbesondere in Bezug auf die Wartezeiten im Widerspruch zu den bisherigen Ausführungen stehende Sachvortrag wäre auch in zweiter Instanz nicht mehr zu berücksichtigen (§ 53 I Abs. 2, 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

Nachdem der Zeuge W... in erster Instanz zu dem Umfang der Stundenlohnarbeiten ebenso wenig Ausführen machen konnte wie zu den Mengen und Massen des Mauerwerks, ist die Klägerin für die Umstände, die die Höhe des Werklohns begründen, beweisfällig geblieben.

5.

Auch aus dem Schreiben des Beklagten zu 2. vom 20. Januar 1998 (Bl. 70 d. A.) folgt im Ergebnis nicht anderes. Der Beklagte zu 2 hat sich in diesem Schreiben nicht zu einer Zahlung verpflichtet, sondern nimmt auf einen Vorschlag von Seiten der Klägerin Bezug, der später offenbar nicht umgesetzt worden ist. Ein Anerkenntnis des Beklagten zu 2. ist hierin ebenso wenig zu erblicken wie ein Ausschluss von Einwendungen in Bezug auf die Höhe der Werklohnforderung.

6.

Demgemäß kann die Klägerin ein Entgelt aus den Positionen 1, 4.1 und 4.2 der klagegegenständlichen Rechnung (Bl. 65 d. A.) nicht verlangen, die übrigen Positionen sind durch die Abschlagszahlung von 35.000,00 DM jedenfalls abgegolten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 10 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Anordnung einer Abwendungsbefugnis hat ihre Grundlage in § 711 ZPO.

Streitwert für die Berufungsinstanz 44 756,68 €.

Ende der Entscheidung

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