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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.03.2008
Aktenzeichen: 4 U 114/07
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 195 a. F.
BGB § 195 n. F.
BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1 n. F.
BGB § 217
BGB § 488 Abs. 2
BGB § 774
BGB § 781
BGB § 1922
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 2
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 141
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 114/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 05. März 2008

Verkündet am 05. März 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer und die Richterin am Oberlandesgericht Woerner

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt als Alleinerbin des am 24. Januar 1997 verstorbenen A... B... (im Folgenden: Erblasser) die Beklagte auf Zahlung rückständiger Zinsen aus einem im Jahre 1994 geschlossenen "Darlehensvertrag" in Anspruch. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und wendet im Übrigen gegen ihre Inanspruchnahme ein, sie habe sich im Sommer/Herbst 1994 mit dem Erblasser dahin verständigt, dass der Darlehensbetrag von 225.000,00 DM als Beteiligungskapital derart umgewandelt werde, dass der Erblasser bei dem Verkauf der in B... belegenen Grundstücke der Beklagten den Darlehensbetrag sowie die Hälfte des erzielten Gewinns und, da die Vertragsparteien davon ausgegangen seien, dass die Grundstücke bis Ende 1997 vermarktet sein würden, Zinsen noch bis Ende 1997 erhalten solle.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem landgerichtlichen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme hat das Landgericht der Klage mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung stattgegeben. Die Klage, insbesondere das Handeln der Klägerin in Prozessstandschaft für den eingesetzten Testamentsvollstrecker, sei zulässig. Die Beklagte sei gemäß den §§ 1922, 488 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1, 2 EGBGB zur Zahlung der aus März 2004 bis November 2006 rückständigen Zinsen verpflichtet. Nachdem der Erblasser als Bürge auf Rückzahlung des der Beklagten gewährten Darlehens über 1400 R... D... Aktien in Anspruch genommen worden sei, habe die Beklagte in dem Darlehensvertrag aus 1994 hinsichtlich der gemäß § 774 BGB auf den Erblasser übergegangenen Forderung wirksam vereinbart, dass sie jenem 225.000,00 DM schulde. Da jedenfalls ein konstitutives Schuldanerkenntnis vorliege, sei unerheblich, ob der Erblasser tatsächlich Zahlungen in exakt dieser Höhe geleistet habe. Die Verpflichtung zur Zinszahlung sei nicht wegen Verjährung der Hauptforderung entfallen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Hauptforderung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Schuldrechtsvorschriften am 01.01.2002 fällig gewesen wäre, so verhalte es sich jedoch nicht. Mit dem Vertrag von 1994 sei kein befristetes Darlehen vereinbart, sondern vielmehr bezweckt worden, das Darlehen für eine Mindestlaufzeit unkündbar zu gestalten. Da die Vereinbarung unstreitig von Volljuristen aufgesetzt worden sei, sei davon auszugehen, dass eine Regelung im Wortsinne habe getroffen werden sollen, Stundung bedeute Hinausschieben, nicht Begründen der Fälligkeit.

Der Beklagten sei auch der Beweis, dass die Darlehensforderung durch Umwandlung in eine stille Beteiligung untergegangen sei, nicht gelungen. Es stehe bereits nicht fest, dass es der Erblasser gewesen sei, der in Gegenwart des Zeugen D... mit der Beklagten eine Vereinbarung getroffen habe, denn der Zeuge habe den Erblasser auf dem vorgelegten Lichtbild nicht identifizieren können. Ob der Sachverhalt insoweit bereits für eine Vernehmung der Beklagten als Partei hinreichend anbewiesen sei, könne dahinstehen. Bei Gesamtwertung aller Umstände fehle es an der hinreichenden Überzeugung, dass die von der Beklagten behaupteten Tatsachen wahr seien. Der Zeuge habe ein sehr glaubwürdiges Auftreten gehabt, jedoch auch den Eindruck erweckt, dass es sich um einen in Gesprächs- und Verhandlungsführung geschulten und routinierten Menschen handle. Auch zur Glaubhaftigkeit fehle die volle Überzeugung. So sei schwer nachvollziehbar, dass er, ohne schriftliche Aufzeichnungen zu besitzen, nach 13 Jahren extrem detailreich über Einzelheiten, wie etwa die Befristung der Zinszahlung für das angeblich eingebrachte Geld, habe berichten können. Der größte Widerspruch bestehe darin, dass sich der Zeuge an so viele Einzelheiten habe erinnern wollen, indes nicht in der Lage gewesen sei, die Person des Erblassers auf einem Foto mit mehreren annähernd gleichaltrigen und unterschiedlich aussehenden Erwachsenen zu identifizieren. Dies zudem, weil doch der Name B... bei dem Zeugen das besondere Interesse an dem Vorgang geweckte haben soll; hier habe es nahe gelegen, sich den Gesprächspartner näher anzusehen, um zu prüfen, ob es neben der Namensgleichheit auch Ähnlichkeiten im Aussehen gebe. Widersprüche in der ansonsten sehr glatten Aussage zeigten sich zudem auf die Vorhalte des Klägervertreters. So habe der Zeuge zunächst den Eindruck erweckt, mit der Beklagten eigentlich keinen Kontakt gehabt zu haben; erst nach Vorlage eines Schreibens vom 6. Oktober 1997 habe er eingeräumt, - entgegen seiner vorherigen Bemerkung, am Projekt nicht mehr beteiligt sein zu wollen - sich im Auftrag der Beklagten noch mit Bauamt in Verbindung gesetzt zu haben. Indiz gegen das Vorliegen einer Vereinbarung sei im Übrigen, dass die in solchen Dingen eher umsichtig handelnden Vertragsparteien eine solche Vereinbarung von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung mündlich geschlossen haben wollten. Auch der Umstand der Zinszahlungen bis einschließlich Februar 2004 spreche dagegen. Selbst wenn die hinreichend geschäftserfahrene Beklagte dem Irrtum erlegen sei, dass schriftliche Vereinbarungen nicht mündlich modifiziert werden könnten, hätte es doch nahegelegen, wenigstens einmal an den Erblasser, den Testamentsvollstrecker oder die nunmehrige Klägerin zu appellieren, die mündlich getroffene Abrede zu vollziehen. Dies sei aber zu keinem Zeitpunkt geschehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Auffassung sei die Klageforderung verjährt, denn die Vertragsparteien hätten, wie aus dem Schreiben des Erblassers vom 7. November 1993 eindeutig hervorgehe, an dem ursprünglichen Darlehensvertrag, insbesondere der Fälligkeit des Darlehens, nichts ändern, sondern nur die Darlehenssumme neu festschreiben und eine Stundungsvereinbarung treffen wollen. Ferner stellt sie mit näheren Ausführungen die Beweiswürdigung der Kammer in Frage.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Juni 2007 aufzuheben und die

Klage abzuweisen, hilfsweise,

die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Zu Recht und aus weitgehend zutreffenden Gründen hat das Landgericht das Bestehen des geltend gemachten Zinsanspruchs für den Zeitraum von März 2004 bis einschließlich November 2006 bejaht.

a) Anspruchsgrundlage ist der im Jahre 1994 zwischen dem Erblasser und der Beklagten geschlossene "Darlehensvertrag" (Bl. 32 d. A.), in dem die Beklagte bekannte, dem Erblasser gegenüber ein Darlehen in Höhe von 225.000,00 DM zu schulden, und die Vertragsparteien ab dem 1. April 1994 die Zahlung von Zinsen i.H.v. 6 % vereinbarten. Darauf, ob der Erblasser tatsächlich in jener Höhe Leistungen auf die durch ihn verbürgte Darlehensschuld der Beklagten erbrachte, kommt es, wie das Landgericht zu Recht ausführt und von der Beklagten nicht angegriffen wird, nicht an. Die Beklagte hat - nur insoweit kann der Auffassung der Kammer nicht gefolgt werden - insgesamt ein abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB abgegeben, nicht nur hinsichtlich eines eventuellen Differenzbetrages zur verbürgten Schuld. Der Forderungsübergang kraft Gesetzes gemäß § 774 BGB erfasst die Forderung nämlich in ihrer jeweiligen Beschaffenheit. Die Vertragsparteien des "Darlehensvertrages" haben aber insoweit eine neue Schuld begründet, als die Beklagte anstelle der Übertragung von 1400 R... D... Aktien auf den Erblasser gemäß § 774 BGB nunmehr einen Geldbetrag, nämlich 225.000,00 DM, schuldete.

b) Der hier allein geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Zinsen ist nicht dadurch untergegangen, dass die Vertragsparteien die Schuldvereinbarung im Sommer/Herbst 1994 in eine Beteiligung an der Verwertung der in B... belegenen Grundstücke der Beklagten umgewandelt haben.

Der Senat ist als Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts gebunden. Die Beklagte zeigt keine Umstände auf, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Landgericht im Ergebnis der Beweisaufnahme getroffenen tatsächlichen Feststellungen begründen könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); eine erneute Beweisaufnahme oder neue Tatsachenfeststellung des Senats durch Anhörung der Beklagten gemäß § 141 ZPO als Partei scheiden damit aus. Die Kammer vermochte aufgrund der im Urteil dargelegten, umfassend und ausführlich gewürdigten Gesamtumstände nicht zu der Überzeugung gelangen, dass die von der Beklagten behaupteten und unter Beweis gestellten Tatsachen wahr sind. Hiergegen vermag die Beklagte mit ihren gegen die Beweiswürdigung vorgebrachten Einwänden nichts zu erinnern.

Anlass für Zweifel an der Identität des Gesprächspartners des Zeugen D... - und letztlich an der Richtigkeit des vom Zeugen geschilderten Geschehens - sieht die Kammer bereits darin, dass jener den Erblasser auf dem ihm vorgelegten Lichtbild nicht zu erkennen vermochte. Dies ist nicht zu beanstanden. In der Tat erscheint es schwer nachvollziehbar, dass der Zeuge D..., der sich trotz des erheblichen Zeitablaufs und ohne schriftliche Unterlagen nicht nur an viele Details des Gesprächsinhalts und -ablaufs erinnern konnte - etwa die Höhe der Zinsen, den genauen Verzinsungszeitraum - sondern auch an die nachfolgenden Geschehnisse - etwa daran, dass er in Verhandlungen mit dem Bauamt stand und nur 2/3 des Landes als Bauland ausgewiesen wurde -, den Erblasser auf dem ihm vorgelegten Lichtbild nicht wiederzuerkennen vermochte. Das Landgericht verweist in diesem Zusammenhang nicht zu Unrecht darauf, dass die Namensgleichheit des Erblassers mit der früheren Schwiegermutter des Zeugen erwarten ließ, dass der Zeuge auch dessen Person mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlich ausgeprägten Fähigkeit, sich Gesichter oder etwa Daten merken zu können, bleibt das Unvermögen des Zeugen, den Erblasser zu identifizieren, auch und gerade deshalb schwer nachvollziehbar, weil es sich um ein intensives Gespräch von nicht unerheblicher Dauer - der Zeuge selbst gibt an, es habe "eine ganze Weile gedauert" - gehandelt haben soll, bei dem der Zeuge das Projekt umfangreich erläutert und der Erblasser sich sogar "kurz aufgeregt" haben soll.

Auch die Würdigung des Aussageverhaltens des Zeugens D..., der zunächst den Eindruck erweckt habe, mit der Beklagten eigentlich keinen Kontakt mehr gehabt zu haben, und erst auf Vorhalt einräumen musste, dass er noch sehr viel später für die Beklagte tätig war, ist nicht zu beanstanden. Dieser Widerspruch lässt sich nicht, wie die Beklagte meint, dadurch auflösen, dass sich der Zeuge im Zeitpunkt der - letztlich gescheiterten - Veräußerung des Grundstücks irrte. Hierfür gibt die protokollierte Zeugenaussage nichts her. Vielmehr erklärte der Zeuge zunächst auf Befragen, er habe der Beklagten, als diese später noch einmal an ihn herangetreten sei, nur gesagt, er wolle nach dem Scheitern des Kaufvertrages nicht mehr beteiligt sein. Auf Vorhalt räumte er dann ein, im Auftrag der Beklagten sowohl mit dem Architekten als auch mit dem Bauamt zuvor noch verhandelt zu haben. Dass ein solches Aussageverhalten, die zunächst getroffene Aussage nach und nach auf Befragen und Vorhalte zurückzunehmen, als Indiz gegen die Wahrhaftigkeit des Zeugen spricht, steht außer Frage - mag die Gewichtung dieses Umstandes innerhalb der Gesamtwürdigung hier auch eher wenig erheblich sein.

Entscheidende Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass die Vertragsparteien nach der Darstellung der Beklagten die behauptete und vom Zeugen geschilderte Vereinbarung lediglich mündlich getroffen haben sollen, sowie, dass die Beklagte in den Folgejahren bis einschließlich Februar 2004 Zinszahlungen geleistet hat, obgleich hierzu nach ihrem Sachvorbringen keinerlei Veranlassung bestanden hätte. Sowohl der Erblasser als auch die Beklagte waren so geschäftserfahrene Personen, dass zu erwarten gewesen wäre, dass sie eine derart bedeutsame und folgenschwere Änderung des bestehenden Vertrages schriftlich fixiert hätten. Für den Erblasser, der noch in seinem handschriftlichen Brief vom 7. November 1993 unmissverständlich und nachdrücklich auf einer schriftlichen Fixierung der zu treffenden Vereinbarungen bestand und die grundpfandrechtliche Absicherung des Kapitals einforderte ("nur meine Geduld ... ohne Sicherheit schriftlicher Art, ist zu Ende"), liegt auf der Hand, dass er sich auf eine allein mündliche Abrede, zumal eines derart einerseits risikoreichen, andererseits gewinnträchtigen Geschäfts - er hätte neben seinem "eingebrachten" Kapital die Hälfte des darüber hinausgehenden Gewinns erhalten sollen - nicht eingelassen hätte. Ohnehin ist ein derartiger Meinungsumschwung, wie ihn der Erblasser in der relativ kurzen Zeitspanne zwischen der Abfassung des Briefes vom 7. November 1993 und dem Zeitpunkt der vermeintlichen mündlich getroffenen Vereinbarung im Sommer/Herbst 1994 erfahren haben musste, angesichts der kritischen Bemerkungen des Erblassers im Schreiben vom 7. November 1993 zu den "Spekulationsobjekten in B...", die auch die Bank als wertlos angesehen habe, und der völligen Fehleinschätzung, der die Beklagte hinsichtlich der künftigen Wertentwicklung der Grundstücke erlegen sei ("Blütenträume", "außerdem glaube ich nicht, daß Deine 12,- DM qm realistisch sind. Das wirst Du aber wohl selbst begriffen haben") schwer nachvollziehbar; Anhaltspunkte dafür, dass die Erwartungen auf eine künftige Wertsteigerung der in der Nähe von N... gelegenen Grundstücke im Sommer/Herbst 1994 auf einmal mehr als lediglich spekulativer Natur gewesen wären, liegen nicht vor. Auch die Beklagte, die sich selbst in der Berufungsschrift als "Kauffrau" bezeichnet, hätte eine solche Vereinbarung, die den schriftlichen Vertrag aus demselben Jahr hätte ablösen sollen, kaum nur mündlich abgeschlossen.

Schließlich vermag die Beklagte auch die auf die jahrelange Zahlung der Zinsen gestützten Erwägungen des Landgerichts nicht zu entkräften. Es ist angesichts der Geschäftserfahrenheit der Beklagten schwer nachvollziehbar, dass sie, ohne die vermeintlich mündlich getroffene Abrede jemals in der Korrespondenz mit dem Testamentsvollstrecker auch nur zu erwähnen, insgesamt mehr als sechs Jahre über das vermeintliche Ende der Zinszahlungspflicht hinaus Zinsen zahlt. In den vorgelegten Schreiben ist lediglich die Rede von der "Darlehensangelegenheit" (Schreiben vom 21. März 1997, Bl. 129 d. A.) sowie davon, dass die "bisherige Zinszahlung" doch beibehalten werden möge (Schreiben vom 21. Februar 1997, Bl. 126 d. A.), dass eine "Tilgung des Betrages" vom Ergebnis der Verkaufsverhandlungen abhänge und sie, würde sie zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gezwungen, keinerlei Zahlungen mehr leisten werde. Nicht einmal in dem Schreiben ihres späteren Prozessbevollmächtigten vom 8. Februar 2006 (Bl. 37 ff. d. A.) ist auch nur angedeutet, dass die eingeforderten Zinszahlungen wegen der später getroffenen mündlichen Vereinbarung der Rechtsgrundlage entbehrte. Die Erläuterung der Beklagten, sie habe ihren späteren Prozessbevollmächtigten von der mündlichen Abrede mit dem Erblasser seinerzeit noch nicht unterrichtet, ist völlig lebensfremd.

Mangels konkreter Anhaltspunkte für Zweifel an den landgerichtlichen Feststellungen verbleibt es bei dem im Zuge der Zivilprozessreform eingeführten Grundsatz der Tatsachenbindung des Berufungsgerichts; eine neue Tatsachenfeststellung - sei es durch Wiederholung der Vernehmung des Zeugen D..., sei es durch die im Termin vom 13. Februar 2008 angebotene Anhörung der Beklagten gemäß § 141 ZPO - ist damit ausgeschlossen.

Im Übrigen ist der Zinsanspruch - wie der Senat im Verhandlungstermin am 13. Februar 2008 unwidersprochen ausgeführt hat - selbst dann begründet, wenn die Behauptung der Beklagten erwiesen wäre. Nach dem Sachvorbringen der Beklagten gingen die Vertragsparteien davon aus, dass die Grundstücke in B... spätestens 1997 oder 1998 verkauft würden; auch der Zeuge D... bekundete, man habe "für den Fall, dass ein Verkauf nicht durchgeführt werden sollte" "bezüglich der Zinsen nichts vereinbart". Damit liegt eine Regelungslücke insoweit vor, als die Parteien nicht daran gedacht haben, für den Fall, dass die Grundstücke überhaupt nicht veräußert werden, eine Zinsvereinbarung zu treffen. Die Vertragsparteien sind auch nach dem Beklagtenvortrag davon ausgegangen, dass die Grundstücke auf jeden Fall, wahrscheinlich bis spätestens 1998, veräußert werden würden. Daran, dass - offenbar bis heute - ein Verkauf scheitern könnte, haben sie nicht gedacht. Hier lässt sich der Inhalt der getroffenen Vereinbarungen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahin ergänzen, dass bei Nichtveräußerung der Grundstücke die Zinszahlungspflicht bestehen bleibt.

2.

Die Durchsetzbarkeit der Zinsforderung scheitert schließlich nicht daran, dass die Hauptforderung - inzwischen - verjährt ist.

a) Die Auffassung des Landgerichts, mit dem Vertrag aus 1994 sei bezweckt worden, das Darlehen für eine Mindestlaufzeit unkündbar zu gestalten, eine Fälligkeitsregelung sei darin nicht getroffen worden, teilt der Senat zwar nicht.

Verträge sind gemäß den §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Empfänger der Willenserklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte. Danach begründet die Regelung "Herr B... stundet die Darlehensforderung für die Zeit von 18 Monaten ab dem 1.4.1994, also bis zum 30.9.1995" zwar keine Fälligkeit. Im Textzusammenhang mit dem Bekenntnis der Beklagten, dem Erblasser "ein Darlehen in Höhe von 225.000,00 DM (...) zu schulden" und unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte dieses Vertrages kann aber kein Zweifel daran bestehen, dass die Rückzahlung bei Vertragsschluss bereits fällig war.

Der "Darlehensvertrag" aus dem Jahre 1994 fixierte und modifizierte die Verpflichtungen der Beklagten gegenüber dem Erblasser, auf den gemäß § 774 BGB die Forderung aus dem Darlehensvertrag vom 18. August 1992 zwischen der Mutter des Erblassers und der Beklagten übergegangen war. Die Rückzahlung des mit Vertrag vom 18. August 1992 gewährten (Sach-) Darlehens war zum 20. August 1993 fällig gewesen. Der Forderungsübergang kraft Gesetzes gemäß § 774 BGB änderte zwar die Fälligkeit des übergegangenen Anspruchs nicht. Die Vertragsparteien haben jedoch eine neue Schuld begründet, denn anstelle der ihr seinerzeit als Darlehen gewährten R... D... Aktien schuldete die Beklagte nunmehr die Zahlung eines Geldbetrages. Die Zahlung dieses Betrages ist mangels anderweitiger Vereinbarung sofort, d. h. mit Abschluss des "Darlehensvertrages", fällig.

Auch vor diesem Hintergrund ist die Stundungsvereinbarung in dem "Darlehensvertrag" als Stundung im Rechtssinne zu verstehen.

Eine solche setzt nämlich Fälligkeit des zu stundenden Anspruchs voraus. Für die Verwendung des Begriffs "Stundung" im Rechtssinne spricht außerdem, dass der "Darlehensvertrag" unstreitig von einem Rechtsanwalt aufgesetzt wurde. Für eine Auslegung dahin, dass das Darlehen für eine Mindestlaufzeit unkündbar gestaltet werden sollte, gibt weder der Wortlaut noch der im Vertrag festgehaltene oder aus den Umständen erkennbare Wille der Vertragsparteien etwas her. Vielmehr lässt die Anknüpfung der Stundungsabrede an eine pünktliche Zahlung der Zinsen erkennen, dass die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs nur unter dieser Voraussetzung hinausgeschoben sein sollte und es nicht noch einer Kündigung bedurfte, um den Rückzahlungsanspruch fällig zu stellen.

b) Gemäß § 195 BGB a. F. galt für den Zahlungsanspruch die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren, die mit Ablauf des Stundungszeitraums, also am 21. September 1995 begann. Bei regulärem Ablauf der Verjährungsfrist, die mit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB n. F. i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB drei Jahre betrug, wären mit Ablauf des 31. Dezember 2004 der Anspruch auf Zahlung von 225.000,00 DM und gemäß § 217 BGB n. F. auch der Zinsanspruch verjährt gewesen.

Gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n. F. hat jedoch die dreijährige Verjährungsfrist ab Februar 2004 erneut zu laufen begonnen, denn die Beklagte hat mit der Zahlung der Zinsen in voller Höhe die (Haupt-)Forderung anerkannt. Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n. F. ist ein rein tatsächliches Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs unzweideutig ergibt, und dessen Rechtsfolgen unabhängig vom Willen des Schuldners eintreten. Die Zinszahlung ist in § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n. F. ausdrücklich als eine Anerkenntnishandlung des Schuldners genannt.

Mithin endete die Verjährungsfrist für die Hauptschuld aus dem "Darlehensvertrag" mit Ablauf des Januar 2007. Da § 217 BGB einschränkend dahin auszulegen ist, dass diese Vorschrift keine Anwendung findet, wenn die Nebenansprüche bereits rechtshängig sind (zum gleichlautenden § 224 BGB: BGH Urteil vom 23. November 1994) und die Klägerin zuvor die rückständigen Zinsen eingeklagt hatte - Rechtshängigkeit trat jedenfalls mit Zustellung des Mahnbescheides am 24. März 2006 (Bl. 24 d. A.) ein - ist der Zinsanspruch nicht verjährt.

III.

Die Kostentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n. F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n. F.).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.831,60 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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