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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.02.2004
Aktenzeichen: 4 U 166/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 166
BGB § 242
BGB § 903 S. 1
BGB § 986 Abs. 1
ZPO § 584 Abs. 1 2. Hs.
ZPO § 586 Abs. 1
ZPO § 586 Abs. 2 S. 1
ZPO § 589 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 166/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.02.2004

Verkündet am 25.02.2004

In dem Wiederaufnahmerechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2004 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Restitutionsklage gegen das am 23.05.2001 verkündete Urteil des Senats wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagten haben auch die Kosten des Wiederaufnahmerechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beklagten streben mit einem zunächst an das Landgericht Frankfurt (Oder) gerichteten Antrag vom 03.09.2003 die Wiederaufnahme des Verfahrens an. Dem Antrag liegt zugrunde, dass ein ergänzender Erbschein vom 08.11.1993 - dem die Beklagten maßgebliche Bedeutung beimessen - eingezogen worden ist.

Die Kläger haben auf der Grundlage von Eigentumsrechten an einem Grundstück in S... den entsprechenden Zugang auch zu dem von den Beklagten bewohnten Gebäude begehrt.

Mit Urteil vom 12.07.2000 hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Beklagten dazu verurteilt, zu dulden, dass die Kläger zum Zwecke der Inaugenscheinnahme nach rechtzeitiger Anmeldung von mindestens 2 Wochen und im Beisein der Prozessbevollmächtigten der Parteien Zugang zum Grundstück, gelegen in der Gemarkung S..., Flur ..., Flurstück ..., eingetragen im Grundbuch von S... des Amtsgerichts Fürstenwalde, Blatt ..., ..., einschließlich des darauf errichteten Wohngebäudes sowie der Nebengebäude haben.

Den Anspruch hat das Landgericht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleitet.

Da die Kläger als Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen seien, seien sie Eigentümer des Grundstückes und der darauf errichteten Gebäude, die wesentliche Bestandteile seien. In diesem Zusammenhang hat sich das Landgericht auf einen rechtskräftigen Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen bezogen.

Die im Grundbuch als Nutzer eingetragenen Beklagten hätten - so das Landgericht weiter - zwar ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 Abs. 1 BGB. Aus § 242 BGB ergebe sich aber die in dem Urteil ausgesprochene Duldungspflicht.

Mit der Berufung gegen dieses Urteil des Landgerichts haben die Beklagten weiter Klageabweisung begehrt.

Die Berufung ist mit dem Urteil des Senates vom 23.05.2001 zurückgewiesen worden.

Der Senat hat die Duldungspflicht der Beklagten aus den Eigentümerbefugnissen des § 903 S. 1 BGB abgeleitet.

Den Streitwert hat der Senat mit 5 % des Verkehrswertes des Grundstückes in Höhe von 371.600,00 DM, also mit 18.580,00 DM bemessen.

Die Beklagten ließen sich in der Folgezeit von Rechtsanwalt Dr. K... und von Rechtsanwältin Pa... vertreten.

In einem an das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg gerichteten Schreiben des Herrn Rechtsanwalts Dr. K... vom 07.05.2003 heißt es unter anderem:

"Mein Mandant hat jedoch ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob der ergänzende Erbschein vom 08.11.1993 nunmehr, wie in Ihrem Schreiben vom 16.12.2002 an das Amtsgericht Fürstenwalde und in Ihrem Schreiben vom 31.03.2003 an mich mitgeteilt, überprüft und eingezogen worden ist."

Mit Schreiben vom 26.06.2003 teilte die jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten, Frau Rechtsanwältin Pa... dem Landkreis Oder-Spree gegenüber mit, dass

"der durch das Berliner Nachlassgericht zum Grundstück ..., erteilte Ergänzungserbschein aus dem Jahr 1993 nunmehr eingezogen worden ist (2003)".

In einem weiteren Schreiben des Rechtsanwalts Dr. K... vom 06.08.2003 heißt es unter anderem:

"Mein diesbezüglicher Antrag [Akteneinsicht] basiert darauf, dass der Ihrer Grundbucheintragung zugrundegelegte Erbschein lt. Mitteilung des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 19.05.2003 an mich jüngst von Amts wegen eingezogen ist, weil er gesetzeswidrig ergangen war."

Bereits mit schriftlichen Hinweisen vom 28.10.2003 und vom 29.10.2003 sind die Beklagten eingehend darauf hingewiesen worden, dass und warum die Klagefrist des § 586 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO nicht gewahrt ist.

Die Beklagten beantragen mit der am 08.09.2003 bei dem Landgericht Frankfurt (Oder) eingegangen Restitutionsklage sinngemäß,

das Urteil des Senats vom 23.05.2001 aufzuheben, das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12.07.2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Restitutionsklage als unzulässig zu verwerfen.

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht ist für die Entscheidung über die Klage gemäß § 584 Abs. 1 2. Hs. ZPO ausschließlich zuständig.

Die Restitutionsklage ist gemäß § 589 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 586 Abs. 1 ZPO erhoben worden ist. Die Monatsfrist beginnt gemäß § 586 Abs. 2 S. 1 ZPO mit dem Tage, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat.

Das Wissen über die Wiederaufnahmetatsachen muss dabei auf einer sicheren Grundlage beruhen, wobei jedoch allein die Kenntnis von den Tatsachen den Fristbeginn auslöst. Wegen des Ausnahmecharakters des Wiederaufnahmeverfahrens und aus Gründen der Rechtssicherheit kann es nicht darauf ankommen, wann eine Partei die sichere Erkenntnis von der rechtlichen Bedeutung der tatsächlichen Umstände gewonnen hat (vgl. zum Ganzen Zöller-Greger, ZPO, 24. A. 2004, § 586 Rn 9 m.w.N.; BGH VersR 1962, 176 ff, 177).

Jedenfalls von dem tatsächlichen Umstand der Einziehung des Erbscheines hatten ausweislich ihrer oben zitierten Schreiben sowohl Rechtsanwalt Dr. K... als auch die jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten spätestens im Juni 2003 Kenntnis, mithin jedenfalls weit über zwei Monate vor Klageerhebung.

Es kann dahinstehen, wann die Beklagten selbst Kenntnis von der Einziehung des Erbscheines erhalten haben, wenngleich es als wahrscheinlich anzusehen ist, dass auch sie spätestens im Juni 2003 entsprechend informiert waren, sei es auch nur durch Abschriften der genannten Anwaltsschreiben.

Jedenfalls müssen sich die Beklagten die Kenntnis der Bevollmächtigten in sinngemäßer Anwendung des § 166 BGB zurechnen lassen (vgl. dazu Zöller-Greger, a.a.O. § 586 Rn 8; Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 85 Rn 3 m.w.N.).

Gründe für eine etwaige Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Wahrung der Notfrist des § 586 Abs. 1 ZPO sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Wert des Beschwerdegegenstands liegt jedenfalls deutlich unter 20.000 € (vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO) .

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§§ 591, 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Streitwert für das Restitutionsverfahren: bis zu 10.000 €

Ende der Entscheidung

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