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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 09.03.2005
Aktenzeichen: 4 U 174/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 538
BGB § 604 Abs. 1
BGB § 606 Satz 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Schlussurteil

4 U 174/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Verkündet am 09.03.2005

in dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 02.02.2005 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt vorab die durch die Beweisaufnahme vom 02.02.2005 verursachten Kosten. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge verteilen sich wie folgt: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 95 % und die Beklagten zu 5 % als Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 93 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt der Kläger zu 76 %. Im übrigen findet ein Kostenausgleich nicht statt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Gründe:

I.

Nachdem der Senat mit Teilurteil vom 22.09.2004 über einen Teil der klageweise geltend gemachten Ansprüche entschieden hat, bleibt die weitergehende Berufung des Klägers ohne Erfolg. Denn dem Kläger steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weder Mietzins zu noch hat er Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung vermieteter und entliehener Kraftfahrzeuge.

1. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von monatlich 1.500,00 DM bzw. € 750,00 zuzüglich Umsatzsteuer für die mietweise Überlassung eines Transporters MB 410 D mit dem amtlichen Kennzeichen PM-... in der Zeit von September 2001 bis Juni 2002 (Rechnungen vom 13.12.2001 und 30.06.2002 über insgesamt 8.778,59 ).

Schlüssig ist die Mietzinsforderung ohnehin nur bis März 2002 dargelegt. Denn ausweislich der vom Kläger selbst in den Rechtsstreit eingeführten Anlage K 39 hat er über das Kraftfahrzeug jedenfalls ab Anfang April des Jahres wieder verfügt. Im übrigen hat der Kläger weder den Abschluss eines Mietvertrags noch die Übergabe des Kraftfahrzeugs in Erfüllung dieses Mietvertrags an den Beklagten zu beweisen vermocht. Die von ihm insoweit benannte Zeugin D... konnte hierzu nichts bekunden. In ihrer Eigenschaft als Buchhalterin des Klägers war es ihr lediglich möglich, die Verbuchung einer den Mietzins betreffenden Rechnung zu bezeugen. Selbst diese Rechnung hat die Zeugin nicht persönlich erstellt, sondern von der Ehefrau des Klägers entgegengenommen.

2. Der Kläger kann von dem Beklagten auch keinen Schadensersatz wegen der positiven Verletzung von Rückgabepflichten hinsichtlich der diesem mietweise überlassenen Kraftfahrzeuge beanspruchen (§ 546 Abs. 1 BGB).

Der Kläger hat zu einer Verschlechterung der dem Beklagten vermieteten Kraftfahrzeuge überwiegend bereits nicht hinreichend vorgetragen. Wie der Senat bereits im Verhandlungstermin vom 01.09.2004 ausgeführt hat, reicht die Darlegung des Zustands der Kraftfahrzeuge bei Rückgabe hierfür nicht aus. Denn nach allgemeinen Regeln ist ein Mieter nur für die Erfüllung der Rückgabeverpflichtung als solcher darlegungs- und beweisbelastet. Demgegenüber muss der Vermieter beweisen, dass der Schaden während der Mietzeit eingetreten ist (Herrlein/Kandelhard, Mietrecht, § 546 Rdnr. 38 mit weiteren Nachweisen). Das setzt notwendigerweise Darlegungen zum Zustand der Mietsache bei Übergabe an den Mieter voraus.

Dem wird der Vortrag des Klägers weitgehend nicht gerecht. Der Kläger hat die Übergabe der Kraftfahrzeuge zumeist auf den 01.01.2001 datiert. Lediglich das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen PM-... soll erst am 13.09.2001 übergeben worden sein. Diesen Übergabedaten ist der Beklagte, von zwei Ausnahmen abgesehen (PM-... und PM-...), im einzelnen entgegengetreten. Sein qualifiziertes Bestreiten der Übergabezeitpunkte hat er zudem durch Beibringung entsprechender Urkunden wie Reparaturrechnungen und Kraftfahrzeugsteuerbescheiden belegt, die abweichende Übergabedaten indizieren (Anlagen B 10 bis B 16). Mit diesem Vorbringen hat sich der Kläger im folgenden nicht hinreichend substantiiert auseinandergesetzt, sondern nur pauschal auf eine Übergabe "entsprechend der Klageschrift" verwiesen. Damit kann nicht von einer Übergabe der Kraftfahrzeuge am 01.01.2001 ausgegangen werden, so dass es auf deren Zustand zu diesem Zeitpunkt nicht ankommt.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht hinsichtlich des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen P-... veranlasst. Zwar handelte es sich nach dem Sachvortrag des Beklagten um einen Neuwagen, so dass vom Kläger kein substantiierter Vortrag zum Zustand bei Übergabe erforderlich gewesen ist. Wie der Beklagte des weiteren und im folgenden unbestritten vorträgt, nutzte er das Kfz indes bereits seit 1992. Damit liegen die Voraussetzungen einer Enthaftung nach § 538 BGB vor. Denn bei rund 10-jähriger bestimmungsgemäßer Nutzung als Paketauslieferungsfahrzeug spricht zumindest der erste Anschein dafür, dass die beklagten Schäden zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache zählen.

Hinsichtlich des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen PM-... fehlt es an einer Darlegung der Schäden zum Rückgabezeitpunkt. Das vom Kläger insoweit in Bezug genommene Sachverständigengutachten stammt aus Mitte Juli 2002. Der Beklagte hat demgegenüber eine Weitervermietung nach Rückgabe Anfang April des Jahres eingewendet. Das deckt sich mit dem Quittungsvermerk des Klägers auf dem Schreiben des Beklagten vom 02.04.2002 (Anlage B 14). Da sich das Gutachten ausschließlich zum Ist-Zustand zum Begutachtungszeitpunkt verhält, lässt es keine Rückschlüsse auf eine Schadensverursachung durch den Beklagten zu.

Schließlich hat der Kläger auch den Beweis einer Verschlechterung des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen PM-... durch den Beklagten nicht geführt. Die Zeugin D... hat das Fahrzeug im Rückgabezeitpunkt nicht gesehen. Sie konnte lediglich Erkenntnisse aus einem Überprotokoll wiedergeben, das nicht unter Beteiligung des Beklagten erstellt worden ist. Ferner hat die Zeugin einen nicht streitgegenständlichen Vorschaden der rechten Fahrzeugseite bekundet, der durch einen Unfall im April 2002 verursacht wurde. Der Zeuge F..., der bei dem Kläger als Kraftfahrzeugschlosser beschäftigt war, konnte sich auf Vorhalt zunächst an den Unfallschaden erinnern. Zu Einzelheiten der Beseitigung dieses Schadens konnte er indes nichts mehr bezeugen. Ihm war zwar noch die Ersetzung der rechten Schiebetür durch ein Gebrauchtteil erinnerlich. Ob die Beschädigungen der rechten Fahrzeugseite, die aus den dem Sachverständigengutachten beigefügten Lichtbildern ersichtlich sind, nach der Reparatur entstanden sind, vermochte der Zeuge hingegen nicht mehr mit Bestimmtheit zu sagen. Seiner spontanen Einschätzung nach handelte es sich um Blechschäden, die auf den Unfall im April 2002 zurückzuführen waren. Weitergehende Beschädigungen des Kraftfahrzeugs hat der Kläger jedenfalls nicht nachvollziehbar von dem Vorschaden der rechten Fahrzeugseite abgegrenzt. Er hat vielmehr eine vollständige Beseitigung des Unfallschadens behauptet, was sich im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bestätigt hat. Davon abgesehen vermag sich der Senat auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon zu überzeugen, dass die in Augenschein genommenen Lichtbilder weitergehende Beschädigungen zeigen, die bei Übergabe des Kraftfahrzeugs an den Beklagten nicht vorhanden waren. Der Zeuge F... hat zwar angegeben, dass die Fahrzeuge des Klägers "eigentlich ...immer in beanstandungsfreiem Zustand übergeben" worden seien. An die Übergabe des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs hatte er jedoch ersichtlich keinerlei konkrete Erinnerung mehr. Vor diesem Hintergrund stellt sich seine weitere Bekundung, die Beschädigungen im Front- und Heckbereich seien bei der Übergabe des Fahrzeugs an den Beklagten nicht vorhanden gewesen, als nicht belastbare Schlussfolgerung dar. Sie steht zudem in unaufgelöstem Widerspruch dazu, dass der Zeuge F..., wie er zuvor bekundet hat, es wenigstens für möglich hielt, dass der Beklagte das Kraftfahrzeug mit den Blechschäden der rechten Fahrzeugseite erhielt. Denn die letztgenannten Schäden wogen augenscheinlich schwerer als die Beschädigungen im Front- und Heckbereich.

3. Schließlich hat der Kläger gegen den Beklagten keinen Anspruch wegen der Verschlechterung des verliehenen Lastkraftwagens, weil ihm keine positive Verletzung seiner Rückgabepflicht aus § 604 Abs. 1 BGB zur Last fällt.

Deshalb kann der Senat unentschieden lassen, ob die kurze sechsmonatige Verjährungsfrist nach § 606 Satz 1 BGB, die wie bei der Miete mit Rückgabe der Sache zu laufen beginnt (§§ 606 Satz 2, 548 Abs. 1 Satz 2 BGB) und der nach gefestigter Rechtsprechung (seit RGZ 62, 329, 331) auch konkurrierende deliktische Schadensersatzansprüche unterliegen, als Einrede und damit selbständiges Verteidigungsmittel trotz § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO zulässigerweise noch im zweiten Rechtszug geltend gemacht werden kann (verneinend etwa OLG Brandenburg, 13. Zivilsenat, BauR 2003, 1256 f.; OLG Düsseldorf, Grundeigentum 2004, 625; OLG Frankfurt/M., BauR 2004, 560; bejahend etwa Sohn, BauR 2003, 1933 ff.).

Denn die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte für eine schadenswirksame Obhutspflichtverletzung des Beklagten ergeben. Die Zeugen T... und P... vermochten die Behauptung des Klägers nicht zu bestätigen, dass der Beklagte die Ladung des Lastkraftwagens in einer Schieflage abkippte. Beide Zeugen haben das Umstürzen des Fahrzeugs nicht selbst beobachtet. Der Zeuge P... konnte zudem nicht bestätigen, dass die Baustelle "irgendwie hügelig" gewesen sei. Der Zeuge K... vermochte zwar auch nicht die Behauptung des Beklagten zu bestätigen, dass er die Kippeinrichtung auf Anweisung des Klägers an der Unfallstelle betätigte. Auch dieser Zeuge bezeichnete das Gelände jedoch als "überwiegend eben". Ferner hat der Zeuge K..., dem als seinerzeit verantwortlichen Kraftfahrzeugmeister die erforderliche Sachkunde zuzubilligen ist, ausgesagt, dass bei ebener Fläche auch auf unbefestigtem Untergrund "gekippt" werden könne. Auch dabei verbleibe indes ein Restrisiko, wonach bei rund 25 eingesetzten Kippern im Jahr durchschnittlich einer umstürze. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dieses Restrisiko die Grenzen des vertragsgemäßen Gebrauchs sprengte (§ 603 BGB). Davon abgesehen spricht nach den Bekundungen des Zeugen K... einiges dafür, dass der Unfall zumindest auch auf eine ausgeschlagene Kippwelle zurückzuführen war. Dabei kommt der Aussage dieses Zeugen deshalb besonderes Gewicht zu, weil er als einziger der Zeugen, die damals als Mechaniker des Klägers mit dem Vorfall befasst waren, konkretes zu dem Zustand des Lastkraftwagens aussagen konnte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 96, 100 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 ZPO. Dabei hat der Senat in Anwendung der sogenannten Baumbach'schen Formel berücksichtigt, dass die Beklagten von dem Kläger in erheblich unterschiedlichem Umfang auf Zahlung in Anspruch genommen werden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 91.463,39 € festgesetzt. Er ermäßigt sich für die Beweisgebühren auf 26.571,67 €.

Ende der Entscheidung

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