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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.10.2003
Aktenzeichen: 4 U 44/02
Rechtsgebiete: BGB, ChemG, ChemVerbotsV, EGZPO, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 222 Abs. 1 a.F.
BGB § 477 Abs. 2 a.F.
BGB § 633 a.F.
BGB § 633 Abs. 3 a.F.
BGB § 638 Abs. 1 a.F.
BGB § 639 Abs. 1 a.F.
BGB § 639 Abs. 2 a.F.
BGB § 823 a.F.
BGB § 823 Abs. 1 a.F.
BGB § 823 Abs. 2 a.F.
ChemG § 17
ChemVerbotsV § 1
EGZPO § 26 Nr. 5
EGBGB Art. 229 § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 44/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 08.10.2003

Verkündet am 08.10.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2003 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.01.2002 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Mängelbeseitigungskosten im Zusammenhang mit Asbestfunden in dem Ziegelrecyclingmaterial geltend, das von dem Beklagten auf mehreren Straßen in F... aufgebracht worden war. In diesem Rechtsstreit geht es ausschließlich um die A... straße.

Absprachegemäß erstellte der Beklagte gegenüber dem Tiefbauamt der Klägerin mit Schreiben vom 14.11.1995 ein Angebot über Straßen-Sanierungsmaßnahmen mit Quadratmeter-Einheitspreisen. Im Angebot waren 3 Positionen enthalten, nämlich

- Pos. 1

Unterplanum herstellen, ohne An- oder Abtransport von Material => 1,35 DM

- Pos. 2

Ziegelrecycling 0/50 liefern und im Baustellenbereich abladen => 31,50 DM

- Pos. 3

Feinplanie bis zu einer Genauigkeit von +/- 2 cm herstellen, einschl. ausreichender Verdichtung / => 2,30 DM

Zudem enthielt das Angebot eine dort als solche bezeichnete Alternative

"Oberflächenverschluss aus Ziegelsand 0/5, Stärke ca. 1,0 - 1,5 cm, liefern und einbauen, einschl. verdichten => 4,80 DM"

Auf der Grundlage dieses Angebots beauftragte die Klägerin den Beklagten mit der preisgünstigsten Variante, also ohne die "Alternative Oberflächenverschluss".

Der Beklagte führte die beschriebenen Arbeiten unter anderem in einzelnen Abschnitten der A... straße aus, auftragsgemäß nicht über deren gesamte Länge hinweg.

Das so genannten Unterplanum bestand darin, dass die Mitarbeiter des Beklagten mit von den Seiten der unbefestigten Straße herbeigeschafftem Sand Schlaglöcher von teilweise 30 bis 40 cm Tiefe auffüllten. Die solchermaßen hergestellte Sandschicht wurde durch Planieren verdichtet, bevor das Ziegelrecyclingmaterial aufgebracht und schließlich im Wege der so genannten Feinplanie in entsprechender Weise verdichtet wurde.

Nach Fertigstellung der Arbeiten wurde am 15.04.1997 das Aufmaß genommen und anschließend abgerechnet.

Mit Schreiben vom 17.07.1997 rügte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Zusammensetzung des Recyclingmaterials, weil sich in den neuen Straßenbelägen Asbestzementplattenbruchstücke befunden hätten.

Mit einem an das Landgericht Potsdam gerichteten Schreiben vom 29.07.1997 leitete zunächst der Beklagte ein selbständiges Beweisverfahren ein, das unter dem Aktenzeichen 3 OH 16/97 geführt wurde.

Mittels einer "Anordnung auf Beseitigung von asbestzementhaltigem Recyclingmaterial" vom 14.04.1998 gab der Landkreis H... der Klägerin verschiedene Maßnahmen auf. Die Anordnung war unter anderem damit begründet, dass trotz eines Verunreinigungsanteils von nur 1-5 Promille bei einer Gesamtlänge der betroffenen Straßen von 7 km und bei einer sich daraus ergebenden Gesamtbauschuttmasse von ca. 15.000 t in der Summe zwischen 15 und 75 t Asbestmaterial vorhanden sei. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anordnung vom 14.04.1998 (Bl. 312 ff, 317 GA) Bezug genommen.

Diese Anordnung führte zu einem Rechtsstreit zwischen der Klägerin und dem Landkreis H... vor dem Verwaltungsgericht Potsdam, der am 28.05.1998 mit einem Vergleich endete.

In Erfüllung des Vergleichs ließ die Klägerin in der Folgezeit die betroffenen Straßen - unter anderem auch die A... straße - mit einer Asphaltdeckschicht belegen.

Nachdem der Beklagte in dem von ihm betriebenen selbständigen Beweisverfahren (Az.: 3 OH 16/97) mit Schreiben vom 07.09.1998 den Antrag vom 29.07.1997 zurückgenommen hatte, leitete die Klägerin ihrerseits mit Schreiben vom 09.09.1998 ein selbständiges Beweisverfahren ein, das beim Landgericht Potsdam unter dem Aktenzeichen 3 OH 11/98 geführt wurde. Die Klägerin nahm dort mit Schreiben vom 27.12.1999, eingegangen am 29.12.1999, abschließend zum eingeholten schriftlichen Gutachten des Herrn Dipl.-Ing. ... A... vom 11.12.1998 und zu dessen Ergänzungsgutachten vom 04.08.1999 Stellung. Eine Anhörung des Sachverständigen wurde nicht beantragt.

Im Gutachten vom 11.12.1998 wurde festgestellt, dass sich in dem Wohngebiet in F... , dessen Straßen unmittelbar Gegenstand der Untersuchungen waren, an verschiedenen älteren Gebäuden asbesthaltige Fassaden- und Dachplatten befinden. Von diesen Produkten - so der Sachverständige - würden allein durch normale Witterungseinflüsse Asbestfasern in die Außenluft freigesetzt. Herr Dipl.-Ing. A... kommt in seinem Ergänzungsgutachten vom 04.08.1999 weiter zu dem Ergebnis, dass zwar eine Gefährdungssituation bei Arbeiten an den Straßen entstehen könne, die Asbestfaserfreisetzung aber von solchen Sondersituationen abgesehen den Rahmen einer durchschnittlichen, von den asbesthaltigen Dach- und Fassadenflächen der Umgebung ausgehenden, Grundbelastung nicht überschreiten werde. Eine Straßensanierung sei daher nicht erforderlich.

Die mit der am 21.02.2001 bei dem Landgericht Potsdam eingegangenen und dem Beklagten am 15.03.2001 zugestellten Klage geltend gemachte Hauptforderung setzt sich aus den von der Klägerin angenommenen Kosten in Höhe von insgesamt 105.318,49 DM für die Beseitigung des alten Belages und die Erneuerung des Straßenbelages in der A... straße sowie aus bereits entstandenen Kosten u.a. für eine Schottertragschicht und die Asphaltdeckschicht in Höhe von 12.698,62 DM zusammen.

Die Klägerin hat behauptet, der vom Beklagten aufgebrachte Straßenbelag enthalte - unter anderem in der A... straße - Asbestanteile, die gesundheitsgefährdend seien.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 118.017,11 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.03.2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage auf die mündliche Verhandlung vom 12.12.2001 abgewiesen.

Die Kammer hat einen etwaigen Anspruch aus § 633 Abs. 3 BGB a.F. als verjährt angesehen.

Es gelte die einjährige Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB a.F. für Arbeiten an einem Grundstück, nicht die fünfjährige für Bauwerke.

Die Verjährungsfrist habe mit dem gemeinsamen Aufmaß vom 15.04.1997 zum Zwecke der Abrechnung zu laufen begonnen und sei daher bereits verstrichen gewesen, als die Klägerin das von ihr betriebene selbständige Beweisverfahren mit Schriftsatz vom 09.09.1998 eingeleitet habe.

Schließlich - so das Landgericht weiter - stünde der Klägerin gegen den Beklagten mangels Rechtsgutsverletzung auch kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu.

Der Klägerin ist das Urteil des Landgerichts am 24.01.2002 zugestellt worden. Sie hat dagegen am 21.02.2002 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.04.2002 mit einem am Montag, dem 22.04.2002, bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiter. Sie ergänzt und vertieft ihr Vorbringen.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, es handele sich bei der vom Beklagten aufgebrachten Ziegelrecyclingschicht um ein Bauwerk, so dass von der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB a.F. auszugehen sei.

Im Übrigen stützt die Klägerin ihren Anspruch zusätzlich auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 17 ChemG i.V.m. § 1 ChemVerbotsV i.V.m. dem zweiten Abschnitt im Anhang zu § 1 der Verordnung.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam, AZ: 4 O 103/01, den Beklagten zu verurteilen, an sie 60.341,19 € nebst 4 % Zinsen seit dem 16.03.2001 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch der Beklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Beklagte behauptet, Straßenoberflächen aus Ziegelrecyclingmaterial in der von ihm vertragsgemäß hergestellten Ausführung hätten als lediglich vorläufige Lösung nur eine Lebensdauer von maximal zwei Jahren. Bei der Klägerin habe man auch nur ein Provisorium erwartet, als mit dem Ziegelrecyclingmaterial gezielt die kostengünstigste Variante gewählt worden sei.

Möglicherweise in der A... straße vorhandene und gefundene Asbeststückchen seien nicht dem von ihm gelieferten Ziegelrecyclingmaterial zuzuordnen. Sie könnten vielmehr auch aus dem nachträglich aufgebrachten Betonrecycling stammen oder gar von Anwohnern auf der Straße platziert worden sein.

Der Beklagte ist der Ansicht, ein Mangel läge selbst dann nicht vor, wenn Asbestteile in sehr geringer Konzentration vorhanden sein und sich diese als Bestandteile des von ihm aufgebrachten Ziegelrecyclingmaterials erweisen sollten.

Historische Baumaterialien aller Art und Herkunft wiesen - so der Beklagte weiter - in der Regel mehr oder weniger hohe Bestandteile von Asbest oder zumindest Spuren von Asbest auf. Deshalb meint der Beklagte, völlige Asbestfreiheit sei auch und gerade im Falle von Ziegelrecyclingsmaterial nicht zu erwarten.

Der Beklagte hebt hervor, dass - was unstreitig ist - bei der Untersuchung der A... straße einschließlich des Gutachters keine der anwesenden Personen Schutzkleidung welcher Art auch immer getragen habe. Auch dies zeige, dass von vereinzelten Asbeststücken unter den gegebenen Umständen keine reale Gefahr ausgehe.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 06.11.2002 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Behauptung der Klägerin, das vom Beklagten in der A... straße verwendete Recyclingmaterial enthalte Asbestanteile. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. ... A... vom 30.06.2003 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Angesichts des Schlusses der mündlichen Verhandlungen in erster Instanz noch vor dem 01.01.2002 sind gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die Vorschriften über die Berufung in der am 31.12.2001 geltenden Fassung (a.F.) anzuwenden.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 516, 518, 519 ZPO a.F.).

Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Gemäß Art. 229 § 5 EGBGB gilt das BGB in der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung, so dass als Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Hauptforderung § 633 Abs. 3 BGB a.F. in Betracht zu ziehen ist.

Der Durchsetzung eines etwaigen Anspruchs der Klägerin gegen den Beklagten aus § 633 Abs. 3 BGB a.F. steht aber die erfolgreiche Einrede der Verjährung gemäß §§ 638 Abs. 1, 222 Abs. 1 BGB a.F. entgegen.

Aus der Sicht des Senats ist es allerdings schon zweifelhaft, ob nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bezogen auf die hier streitgegenständliche A... straße überhaupt von einem Werkmangel im Sinne des § 633 BGB a.F. ausgegangen werden kann.

Selbst wenn man von der Behauptung der Klägerin ausgeht, dass die vom Sachverständigen in der A... straße gefundenen Asbeststückchen aus dem vom Beklagten gelieferten Material stammen, ist deren Anteil so gering, dass zumindest zu fragen ist, ob eine solch verschwindend geringe Konzentration bei dem vom Beklagten auftragsgemäß verwendeten, besonders kostengünstigen Ziegelrecyclingmaterial jedenfalls für den hier gegebenen Verwendungszweck nicht noch im Rahmen der Sollbeschaffenheit liegt.

Es darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass es nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen jedenfalls in dem hier in Rede stehenden Baugebiet der Stadt F... eine von Dach- und Fassadenplatten diverser älterer Gebäude ausgehende Asbest-Grundbelastung gibt.

Man wird deshalb bezogen auf minimale Asbestkonzentrationen im Ziegelrecyclingmaterial kaum von einem begründeten Gefahrverdacht, der auf nachweislich tatsächliche Risikomomente gestützt ist, ausgehen können (vgl. zu diesem Kriterium OLG Oldenburg, BauR 1999, 502 ff im Anschluss an BGH NJW 1989, 218 ff). Nach dem Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren und dem entsprechenden Ergänzungsgutachten bleibt die möglicherweise von dem Straßenbetrieb ausgehende Asbestfreisetzung in die Außenluft deutlich hinter der Freisetzung zurück, die als Grundbelastung von den Dach- und Fassadenplatten ausgeht.

Ein Mangel wird auch nicht ohne weiteres unter dem Aspekt möglicherweise erforderlicher besonderer Schutzmaßnahmen bei Straßenbauarbeiten und damit verbundener potenzieller Zusatzkosten bejaht werden können. Der Sachverständige Dipl.-Ing. A... ist bei den Untersuchungen zu dem von dem Senat in Auftrag gegebenen Gutachten allem Anschein nach selbst davon ausgegangen, dass von den Asbeststückchen objektiv keine Gesundheitsgefahren ausgehen. Selbst wenn in der Straße so genannten Schürfgruben angelegt und Proben entnommen werden, wobei zwangsläufig das belastete Material auch bis in die Tiefe der Recyclingschicht hinein freigesetzt wird, bedarf es offenbar keines besonderen Schutzes. Anders ist die Vorgehensweise des Sachverständigen, der sich keinerlei Schutzmaßnahmen (insbesondere keiner Schutzkleidung) bedient hat, jedenfalls kaum zu erklären.

Man kann zwar rechnerisch von der Masse des Baumaterials bei 7 km Straßengesamtlänge zu einer in der Summe absolut gesehen durchaus beachtlichen Asbestmasse kommen. Anders als es in der Anordnung des Landkreises H... anklingt, hilft eine solche Betrachtung nach Auffassung des Senats aber nicht weiter. Für Existenz und gegebenenfalls das Ausmaß einer objektiven Gefahrenlage kann allein die relative Betrachtung, also der Blick auf den Anteil des Asbestmaterials im jeweiligen Bereich, ausschlaggebend sein.

Letztlich können aber sämtliche Überlegungen zur Frage des Werkmangels wegen der eingetretenen Verjährung dahinstehen.

Ein etwaiger Anspruch aus § 633 Abs. 3 BGB a.F. - in welcher Höhe auch immer - ist spätestens zum Ende des Jahres 2000, also deutlich vor Zustellung und Eingang der Klageschrift, verjährt.

Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts, dass hier die einjährige Verjährungsfrist für Arbeiten an einem Grundstück und nicht die fünfjährige für Bauwerke gilt (§ 638 Abs. 1 BGB a.F.).

Die Abgrenzung zwischen "Arbeiten an einem Grundstück" und "Arbeiten an einem Bauwerk" ist nach den Umständen des Einzelfalls gemäß dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens vorzunehmen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. A. 2002, Rn 2378 ff, 2381).

Unter einem Bauwerk ist dabei von der Ausgangsdefinition her eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache zu verstehen, wobei die Verbindung mit dem Erdboden auch durch die eigene Schwere der Sache bewirkt sein kann (Staudinger-Peters, BGB, 2000, § 638 Rn 37 m.w.N.).

In einer älteren Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist etwa eine Makadamdecke auf einem Tankstellengelände angesichts der festen Verbindung mit dem Erdboden als Bauwerk eingestuft worden (BGH MDR 1964, 742 = LM § 638 BGB Nr. 7, dort mit Anmerkung von Rietschel).

In der Fortentwicklung der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage nach der Bauwerkseigenschaft von Pflasterungen und Straßenbelägen ist dann jedoch der Aspekt der festen Verbindung mehr und mehr in den Hintergrund getreten. Insbesondere kann auch dann ein Bauwerk anzunehmen sein, wenn sich etwa Pflastersteine oder Betonformsteine ohne besondere Beeinträchtigung wieder lösen lassen (BGH NJW-RR 1993, 592 f; BGH NJW-RR 1992, 849).

Anders als in dem Fall, der der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln zur bloßen Schotterung von Waldwegen zugrunde lag (OLG Köln OLGR 2000, 288), beschränkte sich die Aufgabe des Unternehmers im Streitfall nicht auf gleichmäßiges Abkippen des Materials, sondern erstreckte sich auch auf die Verdichtung.

Diese Verdichtung des Materials kann aber unmittelbar nur für das Kriterium der festen Verbindung eine Rolle spielen, das nach der zitierten neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade nicht ausschlaggebend ist.

Der Senat schließt sich dieser neueren Rechtsprechung an und stellt - insoweit wie schon das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung - auf die typische Risikolage bei Bauwerken ab, die den Grund für die längere Verjährungsfrist bildet (BGH NJW-RR 1993, 592; BGH NJW-RR 1992, 849; so auch OLG Köln a.a.O.).

Der erhebliche Unterschied zwischen der einjährigen und der fünfjährigen Verjährungsfrist beruht auf dem für Bauwerke typischen Risiko, dass Mängel zunächst verborgen bleiben und sich unter Umständen erst Jahre nach der Fertigstellung des Werkes zeigen. Können Mängel hingegen ohne weiteres - im Falle von Straßenbelag insbesondere ohne aufwändige Freilegung eines Unterbaus - erkannt werden, besteht das für Bauwerke typische Risiko nicht.

So war es in den beiden genannten Entscheidungen gerade die technische Ausgestaltung mit Unterbau (bestehend aus Schotterbett und Drainage bzw. einer Kiestragschicht) die den Bundesgerichtshof zur Annahme eines Bauwerks geführt hat.

Im Streitfall ist ein mehrschichtiger Aufbau weder geschuldet noch ausgeführt worden. Es ging allein um das Aufbringen und Verdichten von Ziegelmaterial. Das so genannte Unterplanum bestand nur im Herstellen einer ebenen Fläche auf den zuvor mit teilweise großen Schlaglöchern versehenen Abschnitten. Einen Unterbau als Bestandteil eines Straßenbauwerks gab es hingegen nicht. Es handelte sich dabei - wie auch im geringen Einheitspreis für diese Position zum Ausdruck kommt - lediglich um notwendige Vorarbeiten zur sinnvollen Ausführungen des eigentlichen Werks.

Ob man zur fünfjährigen Verjährungsfrist gelangt wäre, wenn die Klägerin zusätzlich den im Angebot als "Alternative" bezeichneten Oberflächenverschluss mit Ziegelsand beauftragt hätte, war hier nicht zu entscheiden.

Die Verjährung ist auf der Grundlage der einjährigen Frist nicht bereits vor Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens durch die Klägerin mit Schreiben vom 09.09.1998 eingetreten, wie es das Landgericht angenommen hat.

Durch das vorangegangene, vom Beklagten betriebene selbständige Beweisverfahren war die Verjährung nämlich zunächst gemäß § 639 Abs. 2 BGB a.F. gehemmt. Der Senat nimmt die Möglichkeit einer Hemmung der Verjährung durch Antrag im selbständigen Beweisverfahren des Auftragnehmers an, zumal der Begriff "Prüfung des Mangels" weit auszulegen ist (vgl. Staudinger-Peters, BGB, 2000, § 639 Rn 6, 10 m.w.N.; OLG Düsseldorf BauR 1992, 767 ff, 769).

Wegen dieser Hemmung konnte das von der Klägerin betriebene selbständige Beweisverfahren (3 OH 11/98) gemäß §§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 BGB a.F. verjährungsunterbrechende Wirkung haben.

Diese Unterbrechungswirkung endete jedoch mit der Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens noch im Jahr 1999 mit der Folge, dass die neue Verjährung begann (§ 217 BGB a.F.).

Das selbständige Beweisverfahren und damit auch seine Unterbrechungswirkung endet mit Mitteilung des Gutachtens an die Parteien oder spätestens nach Ablauf einer angemessenen Stellungnahmefrist, wenn nicht die mündliche Anhörung des Sachverständigen beantragt oder angeordnet wird (vgl. Staudinger-Peters, a.a.O., § 639 Rn 22 m.w.N.). Das von der Klägerin betriebene selbständigen Beweisverfahrens war danach mit Eingang des letzten Schreibens der Klägerin am 29.12.1999 beim Landgericht Potsdam beendet.

Die neue Verjährungsfrist lief noch im Jahr 2000 ab, bevor die Klageschrift am 21.02.2001 bei Gericht eingegangen und am 15.03.2001 durch Zustellung erhoben worden ist (§§ 253 Abs. 1 ZPO, 209 Abs. 1 BGB a.F.).

Der Klägerin hat bezogen auf die geltend gemachte Hauptforderung auch keinen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB.

Unabhängig von der Frage, ob in der Konkurrenz etwaiger Ansprüche auch für deliktische Ansprüche die gegenüber § 852 Abs. 1 BGB a.F. kürzere Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB a.F. einschlägig wäre, scheidet ein deliktischer Schadensersatzanspruch für die mit der Klage geltend gemachte Hauptforderung schon deshalb aus, weil von § 823 BGB nur das so genannte Integritätsinteresse erfasst ist und daher namentlich die Kosten der eigentlichen Mängelbeseitigung nur aus § 633 Abs. 3 BGB a.F. und nicht aus deliktischen Anspruchsgrundlagen mit Erfolg verlangt werden können (vgl. zum Ganzen Staudinger-Peters, a.a.O., § 635 Rn 65 ff, 72 f m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. S.1/2, 709 S. 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Insbesondere steht - wie gezeigt - die Auffassung des Senats zur Frage der Verjährungsfrist im Einklang mit der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 60.341,19 €

Ende der Entscheidung

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