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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.11.2008
Aktenzeichen: 4 U 5/08
Rechtsgebiete: VVG, ZPO, BGB, StPO


Vorschriften:

VVG § 67
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 525
ZPO § 529
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 533
ZPO § 533 Nr. 2
BGB § 530
BGB § 530 Abs. 1
BGB § 531
BGB § 532 Satz 1 2. Alt.
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt.
BGB § 818
StPO § 170 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 11.12.2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die 88-jährige, in einem Seniorenwohnheim lebende Klägerin nimmt ihren Enkel, den Beklagten, nach Widerruf erfolgter Schenkungen wegen groben Undanks auf Rückzahlung überlassener Geldbeträge in Anspruch.

Die Klägerin übertrug dem Beklagten im Jahr 1992 im Rahmen einer Schenkung ein Guthaben auf einem Konto bei der ...-Bank G. in Höhe von 38.000,00 DM. Außerdem übertrug sie dem Beklagten im Jahr 1993 mit notariellem Vertrag schenkweise ein Grundstück in B. im Wert von etwa 85.000,00 DM, welches der Beklagte, der im Jahr 1997 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden war, im Jahr 1998 für 85.000,00 DM veräußerte.

In einem Rechtsstreit gleichen Rubrums vor dem Landgericht Landshut zum Aktenzeichen 43 O 919/03 begehrte die Klägerin wegen Nichtvollziehung einer Auflage und Verarmung von dem Beklagten die Zahlung des von diesem erzielten Verkaufserlöses für das Grundstück in B.. Die Klage wurde sowohl durch das Landgericht (Urteil vom 27.03.2005, Bl. 133 ff. der BA zum Az. 43 O 919/03 - LG Landshut) als auch in der zweiten Instanz durch das Oberlandesgericht München (Urteil vom 22.12.2005 - 20 U 3557/05, Bl. 197 ff. der BA zum Az. 43 O 919/03 - LG Landshut) abgewiesen.

Nachfolgend betrieb der Beklagte aus den im vorbezeichneten Rechtsstreit ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Landshut vom 29.06.2005 über einen Betrag in Höhe von 3.412,72 € nebst Zinsen und vom 03.03.2006 über einen Betrag in Höhe von 3.262,15 € nebst Zinsen die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin wegen der von ihr zu erstattenden und von der Rechtsschutzversicherung des Beklagten verauslagten Kosten, nachdem die Klägerin dem Beklagten zuvor mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.07.2005 und vom 22.03.2006 mitgeteilt hatte, wegen Vermögenslosigkeit zu einer Begleichung der festgesetzten Kosten nicht in der Lage zu sein. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung erließ das Amtsgericht München auf Antrag des Klägervertreters am 23.05.2006 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Bl. 1 ff. der BA zum Az. 1537 M 18704/06 - AG München). Mit Beschluss vom 07.09.2006 setzte das Amtsgericht München den pfandfreien Betrag hinsichtlich des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 23.05.2006 auf die Höhe des damaligen Renteneinkommens der Klägerin herauf, um ihr die Begleichung der Heimkosten zu ermöglichen (Bl. 27 f. der BA zum Az. 1537 M 18704/06 - AG München).

Am 16.10.2006 erteilte der Beklagte der Obergerichtsvollzieherin T. einen Vollstreckungsauftrag zur Herausgabe eines Sparbuches bezüglich des gepfändeten Sparkontos Nr. 904-4188878, der zunächst erfolglos blieb. Der Beklagte erwirkte daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss bei dem Amtsgerichts Laufen vom 24.10.2006, welchen die Obergerichtsvollzieherin T. am 20.11.2006 vollstreckte, indem sie das von der Klägerin bewohnte Zimmer im Altenheim B. öffnen ließ und durchsuchte. Da auch diese Vollstreckungsmaßnahme erfolglos blieb, ließ der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 02.01.2007 unter Androhung des Erlasses eines Haftbefehls zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 11.01.2007 laden. In dem Termin erschien die Klägerin und übergab der Gerichtsvollzieherin das Sparbuch mit einem Guthaben von etwa 2.500,00 €.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Vorstand der Rechtsschutzversicherung des Beklagten, die A. Allgemeine Rechtsschutz-Versicherungs-AG, über die finanzielle Situation der Klägerin und ein weiteres Verfahren gegen den Versicherungsnehmer in Kenntnis gesetzt hatte, unterrichtete die Versicherung den Klägervertreter mit Schreiben vom 19.04.2007 (vgl. Bl. 64 GA) darüber, dass sie aus Verständnis für die Klägerin und wegen der Absicht, den Ausgang des weiteren Verfahren abzuwarten, die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gebeten habe, die Zwangsvollstreckung einzustellen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich von dem Beklagten die Rückzahlung des diesem schenkweise überlassenen Betrages auf einem Anlagekonto bei der ...-Bank G. in Höhe 19.429,00 EUR und die Auszahlung des durch die Veräußerung des Grundstücks in B. erzielten Erlöses in Höhe von 43.460,00 € begehrt. Mit einem Teil dieses Anspruches, nämlich 7.302,00 €, hat die Klägerin die Aufrechnung gegen die Forderung des Beklagten auf Erstattung der Kosten des vorangegangenen Rechtsstreits vor dem Landgericht Landshut und dem Oberlandesgericht München aus den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 29.05.2005 und vom 03.03.2006 erklärt. Der erstinstanzlich geltend gemachte Gesamtforderungsbetrag belief sich somit auf 55.587,00 €. Zudem hat die Klägerin den Beklagten auf Herausgabe des Sparbuches in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie sei inzwischen zu 100 % schwerbehindert, schwerhörig, sehbehindert, gehbehindert, auf fremde Hilfe angewiesen und vertrage nur glutenfreie Kost. Die Zwangsvollstreckung sei von dem Beklagten persönlich und nicht von dessen Rechtsschutzversicherung betrieben worden. Diese Zwangsvollstreckung sei vor dem Hintergrund der dem Beklagten zuvor geschenkten Vermögenswerte und unter Berücksichtigung ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes, des ihr verbliebenen Vermögens sowie der Einkünfte und der Vermögenssituation des Beklagten und der Tatsache, dass ihm durch den Vorprozess kein Schaden entstanden sei, da seine Rechtsschutzversicherung die Prozesskosten verauslagt habe, moralisch verwerflich und sittenwidrig gewesen. Da ihr für den Vorprozess Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden sei und ihr Prozessbevollmächtigter den Beklagten auf ihre Vermögenslosigkeit hingewiesen habe, habe die Zwangsvollstreckung nicht der Befriedigung seiner Forderungen, sondern nur dem Zweck gedient, sie seelisch zu belasten, so dass der Widerruf der Schenkungen gerechtfertigt sei.

Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, nicht er, sondern die Rechtsschutzversicherung habe die Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen betrieben. Die Durchsuchung sei auf Anregung der Gerichtsvollzieherin erfolgt, da die Klägerin falsche Angaben zur pfändbaren Habe, insbesondere dem Sparbuch, gemacht habe. An der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München habe die Klägerin aktiv teilnehmen können und einen rüstigen Eindruck gemacht. Ein moralisch verwerfliches Verhalten könne ihm nicht vorgeworfen werden; letztlich sei die Zwangsvollstreckung allein auf das Verhalten der Klägerin zurückzuführen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit dem am 11.12.2007 verkündeten Urteil abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen keinen Grund für einen Widerruf der streitgegenständlichen Schenkungen darstelle, da hierin keine schwere Verfehlung des Beklagten liege. Der Beklagte habe mit der Zwangsvollstreckung nur von den ihm als obsiegender Partei zustehenden Rechten Gebrauch gemacht. Davon seien selbst die Durchsuchung der Räume der Klägerin und die Erzwingung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung umfasst, da diese als Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gesetzlich vorgesehen seien. Es wäre zwar möglich und vielleicht auch wünschenswert gewesen, dass der Beklagte aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung und der ihm zumindest erkennbaren wirtschaftlichen Situation der Klägerin auf die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet hätte. Dies wäre jedoch - auch angesichts der Tatsache, dass die Klägerin ihn mit dem Ausgangsprozess überzogen habe - nicht die einzig richtige und moralisch zwingende Verfahrensweise gewesen. Hieran ändere auch die Einschaltung der Rechtsschutzversicherung nichts, da der Beklagte selbst bei einem Anspruchsübergang verpflichtet gewesen wäre, diese bei der Vollstreckung zu unterstützen, um keine Rechtsnachteile zu erleiden. Dass der Beklagte der Klägerin mit der Vollstreckung einen seelischen Schaden habe zufügen wollen, könne die Kammer dagegen nicht erkennen.

Auch ein Anspruch auf Herausgabe des im Rahmen der berechtigten Zwangsvollstreckung erlangten Sparbuches bestehe aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiter; die Berufung wegen des erstinstanzlich abgewiesenen Herausgabeanspruchs hat sie im Termin der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2008 zurückgenommen. Zudem macht sie klageerweiternd gegen den Beklagten wegen des Widerrufs einer weiteren Schenkung einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 20.451,00 € nebst Zinsen geltend.

Sie rügt, dass das Landgericht den vorgetragenen Sachverhalt in wesentlichen Punkten nicht ausgeschöpft und das Gesamtverhalten des Beklagten nicht ausreichend gewürdigt habe. Der Beklagte habe bei der Beauftragung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen keinerlei Ansprüche auf Erstattung der festgesetzten Kosten gegen sie gehabt, da ihm die Rechtsschutzversicherung diese aufgrund ihrer Verpflichtung aus dem Versicherungsvertrag erstattet habe und die Ansprüche aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen gemäß § 67 VVG auf den Versicherer übergegangen seien. Dies sei von dem Landgericht nicht berücksichtigt worden, welches auf diesen Aspekt nur insoweit eingegangen sei, als es auf die Verpflichtung des Beklagten, die Rechtsschutzversicherung bei der Vollstreckung zu unterstützen, verwiesen habe. Der Beklagte habe seine Rechtsschutzversicherung bei der Vollstreckung jedoch nicht nur unterstützt, sondern die Vollstreckung selbst betrieben und von der Versicherung hierfür auf Bitten seines Prozessbevollmächtigten sogar Deckungsschutz erhalten. Zudem gehe die Verpflichtung zur Unterstützung auf keinen Fall so weit, ohne jede Betrachtung der Erfolgsaussichten und ungeachtet der persönlichen Umstände Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Hätte der Beklagte dem Versicherungsunternehmen ihre schlechte finanzielle Situation mitgeteilt, hätte die Versicherung die mangelnden Erfolgsaussichten und die Mutwilligkeit der Vollstreckungsversuche erkannt und für die beabsichtigten Vollstreckungsmaßnahmen keine Deckungszusage erteilt. Selbst wenn eine Vollstreckung durch den Versicherer erfolgt wäre, hätte es dem Beklagten angesichts der hohen finanziellen Zuwendungen oblegen, seine Versicherung zu bitten, in Anbetracht der persönlichen und wirtschaftlichen Situation von der Vollstreckung gegen sie, also die Klägerin, abzusehen, was diese ausweislich der Reaktion auf die Intervention ihres Prozessbevollmächtigten auch getan hätte. In Anbetracht dieser Umstände könne eine schwere Verfehlung nicht deshalb verneint werden, weil der Beklagte nur von ihm gesetzlich zustehenden Rechten Gebrauch gemacht habe.

Das Landgericht habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass der Beklagte sie ohne jedes eigene wirtschaftliche Interesse und in Kenntnis ihrer Vermögenslosigkeit nicht nur außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert, sondern einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt habe, mit dem ihr die Möglichkeit jeglicher Barabhebungen genommen worden sei, sowie nachfolgend eine Durchsuchung ihres Appartements und eine Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Auftrag gegeben und damit besonders schwerwiegend in ihr Leben eingegriffen habe.

Ferner habe die Kammer außer Acht gelassen, dass sie dem Beklagten innerhalb von wenigen Jahren ganz erhebliche Werte habe zukommen lassen. Jedenfalls im Falle des Sparguthabens und des Depotwertes, dessen Rückzahlung klageerweiternd geltend gemacht werde, seien die Schenkungen mit der Auflage verbunden gewesen, die Guthabenbeträge zu ihren Lebzeiten nicht für sich oder andere zu verwenden, sondern sie erst nach ihrem Ableben gleichmäßig unter sich und den weiteren drei Enkeln zu verteilen. Den hohen schenkweise überlassenen Vermögenswerten hätten Forderungen aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen in verhältnismäßig geringer Höhe gegenübergestanden, die das rigorose Vorgehen des Beklagten, dem sie, die Klägerin, bei den Schenkungen ein hohes Vertrauen entgegengebracht habe, nicht zu rechtfertigen vermochten.

Ob der Beklagte von den einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen Kenntnis gehabt habe, sei unerheblich, da er die Pfändung der Bankkonten und der Rente jedenfalls veranlasst habe. Im Übrigen müsse sich der Beklagte das Verhalten seines Prozessbevollmächtigten, den er mit der Vollstreckung beauftragt habe, zurechnen lassen, zumal im Schriftsatz vom 04.04.2007 in dem vor dem Landgericht Landshut geführten weiteren Rechtsstreit zwischen den Parteien (Az. 73 O 653/07) die Beklagtenseite eingeräumt habe, dass der Beklagte zu den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen "seinen Segen" gegeben habe.

Bezüglich der Klageerweiterung trägt die Klägerin vor, sie habe dem Beklagten im Jahr 1992 den Gegenwert eines Depots im Wert von 40.000,00 DM (20.451,00 EUR) geschenkt. Diesen Betrag fordere sie nunmehr ebenfalls zurück.

Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin die dem Beklagten gegenüber gemachten Schenkungen, insbesondere die streitgegenständlichen, mit Schreiben vom 29.09.2008 (Anlage KK 8, Bl. 404 f. GA) erneut widerrufen. Den Widerruf begründete die Klägerin mit den - aus ihrer Sicht - unwahren Ausführungen des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.08.2008 zu ihrem Gesundheitszustand und dessen Vorbringen im vorliegenden Rechtsstreit. Insoweit wirft sie dem Beklagten und seinem Prozessbevollmächtigten vor, im Rechtsstreit wider besseres Wissen vorgetragen zu haben, um sich der drohenden Zahlungspflicht aufgrund des bereits erklärten Widerrufs zu entziehen.

Nach der teilweisen Rücknahme der Berufung im Hinblick auf den vom Landgericht abgewiesenen Herausgabeanspruch beantragt die Klägerin,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 11.12.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin - unter Erweiterung der Klage um 20.451,00 € - insgesamt 76.038,00 € nebst Zinsen aus 55.587,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2007 sowie aus 20.451,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beruft sich auf die Entscheidungen des Landgerichts Landshut vom 12.06.2007 (Az. 73 O 653/07) und des Oberlandesgerichts München vom 01.08.2007 (Az. 20 W 2035/07), in denen übereinstimmend festgestellt worden sei, dass die Vollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüsse kein sittenwidriges Verhalten darstelle, welches zum Widerruf der Schenkung berechtige. Der Einwand der Klägerin, er habe wegen der Zahlungen der Rechtsschutzversicherung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen keine Ansprüche gegen die Klägerin besessen, sei nicht zutreffend. Auch sei seine Rechtsschutzversicherung bei der Deckungszusage für die Vollstreckung über die finanzielle Lage der Klägerin informiert gewesen. Dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 19.04.2007 liege - unstreitig - ein direkt an den Vorstand der Versicherung gerichtetes Schreiben des Klägervertreters zugrunde; dieser habe auch mit der Presse, konkret der M., Kontakt aufgenommen, in der eine Berichterstattung erfolgt sei. Ihn selbst habe die Klägerin hingegen zu keinem Zeitpunkt gebeten, von den Vollstreckungsmaßnahmen Abstand zu nehmen.

Die Zwangsvollstreckung sei durch die entsprechende Zwangsvollstreckungsabteilung der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten durchgeführt worden, die einzelnen Maßnahmen seien mit ihm nicht abgestimmt gewesen und ihm auch nicht Kenntnis gebracht worden. Vielmehr sei etwa die Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses auf Vorschlag der Gerichtsvollzieherin erfolgt. Diese und die weiteren Vollstreckungsmaßnahmen wären im Übrigen allein aufgrund des Verhaltens der Klägerin geboten und erforderlich gewesen, da diese fehlerhafte Angaben zur vollstreckbaren Habe getätigt habe.

Das ihm übertragene Grundstück in B. habe er in Abstimmung mit der Klägerin veräußert habe, um den Verkaufserlös zur Finanzierung einer Immobilienerwerbs in Be. zu nutzen. Es sei beabsichtigt gewesen, der Klägerin in dem Haus in Be. eine Wohnung als Altersruhesitz einzurichten; die von der Klägerin zu entrichtende Miete habe der Finanzierung des Kaufpreises dienen sollen. Die Klägerin sei jedoch schon nach wenigen Wochen wieder ausgezogen, was ihn, also den Beklagten, in erhebliche Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Immobilie gebracht habe. Ab Ende 1997 hätten sich die Beziehungen der Parteien dann verschlechtert, der Kontakt sei abgebrochen. Die Klägerin habe in der Folgezeit seinen Bruder A. B. zu überreden versucht, als Zeuge auszusagen, dass einige der ihm, dem Beklagten, überlassenen Geldbeträge nicht schenkweise übergeben worden seien, was dieser in Kenntnis des wahren Sachverhalts jedoch abgelehnt habe. Die Klägerin habe ihn, den Beklagten, daraufhin mit Strafanzeigen überzogen; die Ermittlungsverfahren seien jedoch eingestellt worden.

Hinsichtlich der Klageerweiterung verweigert der Beklagte seine Zustimmung und trägt vor, dass diese auch nicht sachdienlich sei, da die Klägerin insoweit neue Tatsachen vortrage, die nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen seien. Im Übrigen bestreitet er, im Jahr 1992 den Gegenwert eines Depots im Wert von 40.000,00 DM von der Klägerin geschenkt bekommen zu haben.

Der Senat hat zu dem Termin der mündlichen Verhandlung am 27.08.2008 die Akten zu den Az. 44 O 2157/02 - LG Landshut, 43 O 919/03 - LG Landshut, 73 O 633/07 - LG Landshut, 1537 M 18704/06 - AG München, 2 M 1429/06 - AG Laufen und 1 DRII 1279/06 der Obergerichtsvollzieherin J. T. beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg; die Klageerweiterung im Berufungsverfahren ist dagegen bereits unzulässig.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung von 55.587,00 € aus §§ 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt., 818, 530 Abs. 1, 531 BGB bezüglich des von ihr dem Beklagten im Wege der Schenkung überlassenen Guthabens auf einem Konto bei der ...-Bank G. in Höhe von 38.000,00 DM und des ebenfalls schenkweise übertragenen Grundstücks in B..

Die Voraussetzungen für einen Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks sind nicht gegeben.

Nach der Vorschrift des § 530 Abs. 1 BGB kann der Schenker eine Schenkung widerrufen, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegenüber dem Schenker oder einem nahen Angehörigen des Schenkers des groben Undanks schuldig gemacht hat. Eine schwere Verfehlung setzt nach der Rechtsprechung des BGH objektiv ein gewisses Maß an Schwere und subjektiv eine tadelnswerte Gesinnung voraus; die Verfehlung muss Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Beschenkte erwarten kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 27.09.1991 - V ZR 55/90, Rn. 12, juris; BGH, Urteil vom 11.07.2000 - X ZR 89/98, Rn. 17, juris; BGH, Urteil vom 14.12.2004 - X ZR 3/03, Rn. 18, juris; BGH, Urteil vom 11.10.2005 - X ZR 270/02, Rn. 13, juris).

Dabei ist der Berufung zuzugeben, dass der Annahme groben Undanks nicht entgegensteht, wenn ein Beschenkter mit seinem gegen den Schenker gerichteten Verhalten - hier der Beklagte mit der Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen - nur von ihm zustehenden Rechten Gebrauch gemacht. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 30.06.1993 - XII ZR 210/91 - (FamRZ 1993, 1297) festgestellt, dass in der rücksichtlosen Ausübung von Eigentümerrechten durch die Kündigung eines Mietvertrages über Werkstatträume und dem Verlangen nach sofortiger Räumung mit der Folge beruflicher Existenzgefährdung des Schenkers eine schwere Verfehlung liegen könne, die zum Widerruf der Schenkung berechtige. In einer Entscheidung vom 04.12.2001 - X ZR 167/99 - (juris) hat der Bundesgerichtshof dargelegt, dass die Gründung eines Konkurrenzunternehmens durch den Beschenkten in derselben Stadt und die Aufnahme einer geschäftlichen Tätigkeit in derselben Branche wie das Unternehmen des Schenkers auch beim Fehlen eines gesetzlichen Wettbewerbsverbots eine schwere Verfehlung diesem gegenüber darstellen können, und zwar vor allem dann, wenn der Beschenkte zudem versuche, Kunden des Unternehmens des Schenkers abzuwerben und für sich zu gewinnen. In einem solchen Verhalten - mit welchem der Beschenkte letztlich nur sein (verfassungsrechtlich abgesichertes) Recht auf freie Berufsausübung wahrnimmt - kann nach dem BGH ein erheblicher Mangel an Dankbarkeit zum Ausdruck kommen, der den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks rechtfertigt.

Wie diese Entscheidungen zeigen, kann auch die Ausnutzung einer formalen Rechtsposition den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks begründen. Allein die Tatsache, dass der Beklagte in einer rechtlich an sich unbedenklichen Art und Weise Ansprüche aus einem Vollstreckungstitel gegen die Klägerin durchgesetzt hat bzw. versucht hat, durchzusetzen, steht somit einem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der geltend gemachten 55.587,00 € aus §§ 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt., 818, 530 Abs. 1, 531 BGB nicht entgegen.

Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 530 Abs. 1 BGB gegeben sind, ist vielmehr eine Gesamtwürdigung des Verhaltens des Beschenkten erforderlich; im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist dann unter anderem zu berücksichtigen, ob der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker im Rahmen der ihm zustehenden Rechte gehandelt oder aber sich außerhalb der Rechtsordnung bewegt hat.

Unter Beachtung dieser Grundsätze stellt sich weder die Zahlungsaufforderung nach Erlangung der Kostenfestsetzungsbeschlüsse bzw. die Einleitung der Zwangsvollstreckung durch Erwirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses noch das spätere Betreiben der Herausgabevollstreckung als grober Undank dar.

In der Zahlungsaufforderung im Schreiben vom 21.03.2006 (vgl. Bl. 61 f. GA) bzw. der dem Schreiben des Klägervertreters vom 12.07.2005 (vgl. Bl. 43 GA) offensichtlich zugrunde liegende, hier jedoch nicht vorliegende Zahlungsaufforderung vom 08.07.2005 und in der Einleitung der Zwangsvollstreckung drückt sich keine Gesinnung des Beschenkten aus, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann. Dabei ist unbeachtlich, dass die dem Kläger entstandenen Prozesskosten mit insgesamt 6.674,87 € zzgl. Zinsen nur etwas über 10 % der gegenständlichen Schenkungen in einem Gesamtumfang von etwa 123.000,00 DM ausmachten. Denn es sprechen bereits gute Gründe für die Annahme, dass der Beschenkte zur Vermeidung eines Widerrufs der Schenkung wegen groben Undanks nicht verpflichtet ist, von der Geltendmachung eines ihm zustehenden Kostenerstattungsanspruchs gegen den Schenker generell Abstand zu nehmen, selbst wenn der Wert der Schenkung diesen weit übersteigt. Hier kommt jedoch noch hinzu, dass ursächlich für den Erstattungsanspruch eine von der Klägerin selbst angestrengte Klage war, die Klägerin den Beklagten zuvor - unstreitig - bei der Staatsanwaltschaft München I wegen Untreue angezeigt hatte, das Ermittlungsverfahren jedoch nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, und sie ihn nur kurze Zeit vor dem dem Erstattungsanspruch zugrunde liegenden Rechtsstreit in einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Landshut (Az. 44 O 2157/02) im Wesentlichen erfolglos auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung eines Vermögensverwaltungsvertrages in Anspruch genommen hatte. In dieser Situation konnte die Klägerin nicht ernsthaft erwarten, dass der Beklagte aus Dankbarkeit darauf verzichtet, die entstandenen Prozesskosten geltend zu machen.

Dass die Kosten von der Rechtsschutzversicherung verauslagt worden sind, ist ebenfalls ohne Belang. Denn der Beklagte war auch nach dem Übergang der Forderung auf die Versicherung (§ 67 VVG) verpflichtet, diese bei der Geltendmachung der Kostenforderung zu unterstützen. Die Rechtsschutzversicherung wird im Rahmen dieser Verpflichtung zumindest erwarten dürfen, dass ihr Versicherungsnehmer dem Prozessgegner, gegen den er einen Kostenfestsetzungsbeschluss erwirkt hat, eine Zahlungsaufforderung übersendet und einen Versuch unternimmt, den Anspruch durchzusetzen (in diesem Sinne auch OLG München, Beschluss vom 01.08.2007 - 20 W 2035/07).

Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht München in seinem Urteil vom 22.12.2005 - 20 U 3557/05 - dezidiert Bedenken gegen die im dortigen Rechtsstreit getätigten Angaben der Klägerin zum Eintritt der von ihr behaupteten Bedürftigkeit geäußert hat, indem es auf Seite 9 der Urteilsabschrift (Bl. 205 der BA zum Az. 43 O 919/03 - LG Landshut) wörtlich ausführte:

Abgesehen davon hat der Senat erhebliche Zweifel daran, dass durch diese Zahnarztrechnung überhaupt Bedürftigkeit der Klägerin eintrat. So hat sie zwar in der Klage vorgetragen, die Rechnung in monatlichen Raten von 200,-- € abzahlen zu müssen. Sie hat ferner unter Berufung auf ihren Zahnarzt behauptet, dass sich die Krankenkasse nicht an den Kosten beteiligt. Allerdings wurde der Aussage des Zahnarztes zufolge die prothetische Behandlung mit dem geringst möglichen Kostenaufwand betrieben, was zu einer Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenversicherung geführt haben müsste. Zudem ist auffällig, dass die gesamte Rechnung noch im Jahr 2003 bezahlt wurde, obwohl die Klägerin nach ihrem eigenen Rechenwerk monatlich gerade mal 36,39 € für die Bezahlung der Rechnung hätte erübrigen können und somit weit mehr als 100 Monate für die Abbezahlung benötigt hätte. Die zügige Begleichung der doch recht hohen Zahnarztrechnung spricht deshalb auch gegen die Annahme, dass aufgrund dieser Rechnung Bedürftigkeit eingetreten ist.

Auch wenn derselbe Senat in dem der Klägerin Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren bewilligenden Beschluss vom 04.10.2005 (Bl. 171 ff. der BA zum Az. 43 O 919/03 - LG Landshut) ausdrücklich festgestellt hat, dass die notwendigen Ausgaben der Klägerin deren Einnahmen übersteigen (wobei allerdings auch darauf hingewiesen werden soll, dass die Klägerin in der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse das Vorhandensein des Spatguthabens verschwiegen hat), durften die im Urteil vom 22.12.2005 geäußerten Bedenken gegen die Lauterkeit der Klägerin und ihres Vorbringens zu ihren Vermögensverhältnisse den Beklagten - so er denn von der Einleitung der Zwangsvollstreckung überhaupt Kenntnis hatte - zu der (im Ergebnis begründeten) Annahme führen, eine Vollstreckung des Erstattungsanspruchs sei wegen der behaupteten Vermögenslosigkeit nicht von vornherein völlig aussichtslos.

Die im Rahmen der Zwangsvollstreckung eingeleiteten einzelnen Maßnahmen begründen ebenfalls nicht die Annahme des Vorliegens eines zum Widerruf der Schenkungen berechtigenden groben Undanks, wobei letztlich offen bleiben kann, ob diese jeweils mit oder ohne Billigung des Beklagten ergriffen worden sind.

Für einen groben Undank könnte - jedenfalls wenn die Vollstreckungsmaßnahmen mit Billigung der Beklagten erfolgt sind - zwar sprechen, dass dem Beklagten durch die Schenkungen verhältnismäßig hohe Werte zugeflossen sind und er jedenfalls um das hohe Lebensalter und den eingeschränkten Gesundheitszustand der Klägerin wusste und ihm auch bewusst gewesen sein musste, welche Folgen eine Herausgabevollstreckung für die hoch betagte und im Seniorenheim lebende Klägerin haben würde.

Jedoch kann im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung das Verhalten der Klägerin nicht unberücksichtigt bleiben. So beruhte der Kostenerstattungsanspruch des Beklagten auf der von ihr angestrengten Klage und der von ihr gegen das erstinstanzliche Urteil erfolglos eingelegten Berufung. Zudem gingen der Klage - wie bereits dargelegt - ein weiterer von der Klägerin angestrengter, aber im Wesentlichen erfolgloser Rechtsstreit zwischen den Parteien und eine - aus Sicht der Staatsanwaltschaft München I unbegründete - Strafanzeige der Klägerin gegen den Beklagten voraus. Die Klägerin ist nach dem Entzweiung der Parteien wiederholt zivilrechtlich und auch strafrechtlich gegen ihren Enkel, den Beklagten, vorgegangen, um an die ihm schenkweise überlassenen Vermögenswerte zu gelangen.

Der Senat verkennt insoweit nicht, dass die (unberechtigte) Inanspruchnahme des Beschenkten das nach dem Grundgedanken des § 530 Abs. 1 BGB bestehende Gebot der besonderen Rücksichtnahme auf den Schenker nicht entfallen lässt. Jedoch bemisst sich das Maß der Dankbarkeit, die der Schenker von dem Beschenkte erwarten kann, auch nach dem der Schenkung nachfolgenden Verhalten des Hingebenden; die Vermeidung einer Konfrontation "um jeden Preis" kann von dem Beschenkten nicht erwartet werden.

Entscheidend gegen die Annahme, der Beklagte habe sich durch die Vollstreckung des groben Undanks schuldig gemacht, spricht aber, dass die Klägerin durch die Erhebung der unbegründeten Klage und die erfolglos eingelegte Berufung mit der - immerhin absehbaren - Folge einer Pflicht zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beklagten, nicht nur die Ursache für dessen Zahlungsaufforderung und die Einleitung der Zwangsvollstreckung als solche gesetzt hat, sondern dass diese dem Beklagten auch noch unrichtige Angaben zu ihrem Vermögen gemacht und die Ergreifung der einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen geradezu herausgefordert hat; diese waren - worauf der Senat bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.08.2008 ausführlich hingewiesen hat - letztlich jeweils eine Reaktion auf ein vorangegangenes (Fehl-) Verhalten der Klägerin.

So entsprachen schon die Angaben der Klägerin zu ihren Vermögensverhältnissen in den der Einleitung der Zwangsvollstreckung vorausgehenden Schreiben ihres Prozessbevollmächtigen vom 12.07.2005 und 22.03.2006 nicht der Wahrheit. Denn die Klägerin war gerade nicht vermögenslos, sondern verfügte über ein Sparguthaben von immerhin etwa 2.500 €. Aber anstatt das Sparguthaben nach der Zahlungsaufforderung offen zu legen - und möglicherweise an die Einsicht des Beklagten zu appellieren, ihr dieses in Anbetracht ihrer Lebensumstände zu belassen - ließ sie dem Beklagten über ihren Prozessbevollmächtigten wahrheitswidrig mitteilen, dass Vollstreckungsversuche erfolglos bleiben werden. Auch nach der Einleitung der Zwangsvollstreckung sah sich die Klägerin nicht veranlasst, "mit offenen Karten zu spielen" und gegebenenfalls den Beklagten und/oder dessen Rechtsschutzversicherung darum zu bitten, ihr das Sparguthaben zu belassen und die Zwangsvollstreckung einzustellen. Im Gegenteil: Ausweislich der Unterlagen der Obergerichtsvollzieherin T. hat sich die Klägerin erst nach erfolgloser Durchsuchung ihres Apartments und der daraufhin erfolgten Anberaumung eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entschlossen, das Sparbuch herauszugeben, und zwar selbst dies offensichtlich nur unter dem Eindruck der von der Gerichtsvollzieherin wegen der Verweigerung der eidesstattlichen Versicherung angedrohten Erholung eines Haftbefehls. Erst nach Herausgabe des Sparbuches hat die Klägerin dann über ihren Prozessbevollmächtigten die gegnerische Rechtsschutzversicherung um eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ersucht.

Wenn die Klägerin sich allerdings selbst nicht so verhält, wie dies nach einem verlorenen Rechtsstreit geboten gewesen wäre, kann sie auch nicht erwarten, dass der Beklagte besondere Rücksicht auf ihre persönlichen Umstände nimmt, selbst wenn sie ihm zuvor nicht unerhebliche Geldbeträge geschenkt hat. Auf die in der mündlichen Verhandlung vom 27.08.2008 thematisierte Frage, ob ein Widerruf der Schenkungen wegen groben Undanks überhaupt in Betracht kommt, wenn der Beklagte - wie von ihm behauptet - in die einzelnen von der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten beauftragten Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Klägerin nicht involviert war, oder ein solcher in diesem Fall ausscheiden würde, weil der Vorwurf groben Undanks ein höchstpersönliches Fehlverhalten voraussetzt, kommt es mithin nicht an.

Auch die im Berufungsverfahren von der Klägerin geltend gemachten neuen Gründe, nämlich der angeblich bewusst unwahre Tatsachenvortrag des Beklagten bzw. seines Prozessbevollmächtigten und dessen - aus ihrer Sicht - unwahre Ausführungen zu ihrem Gesundheitszustand im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.08.2008, vermögen einen Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks nicht zu rechtfertigen.

Die angeblich unwahren Angaben des Beklagten zum Gesundheitszustand der Klägerin können einen Schenkungswiderruf schon deshalb nicht rechtfertigen, weil der Beklagte - aus Sicht des Senats durchaus in sachlicher Form - nur über seine von der Klägerin anlässlich seines Besuches nach der mündlichen Verhandlung vom 04.06.2008 gewonnenen Eindrücke berichtet hat. So hat der Beklagte dem Senat nachvollziehbar seine, im Ergebnis gescheiterten, Versuche geschildert, mit der Klägerin persönlich und über Dritte Kontakt aufzunehmen; diesem Vortrag ist die Klägerin im Übrigen auch nicht entgegengetreten. Im Rahmen seiner Ausführungen hat er unter anderem dargelegt, dass er den Eindruck gehabt habe, dass die Klägerin ihn (akustisch) gut verstanden habe. Wie diese klägerischen Schilderungen eines höchst subjektiven Eindrucks (und als solchen auch erkennbaren) die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesenden Klägerin in einem Maße verletzen konnten, dass sie glaubt, die Schenkungen (erneut) widerrufen zu müssen, ist dem Senat nicht ersichtlich. Weder stellt sich das Verhalten als objektiv schwere Verfehlung dar, noch kann in ihm der Ausdruck einer tadelnswerten Gesinnung erblickt werden.

Der angeblich bewusst unwahre Vortrag des Beklagten zu den Umständen der Veräußerung des Grundstückes in B. und des Erwerbes des Hausgrundstücks in Be. vermag einen Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn unabhängig davon, welcher Parteivortrag zutreffend ist, scheitert ein Schenkungswiderruf schon an der Ausschlussfrist des § 532 Satz 1 2. Alt. BGB, die nach der vorzugswürdigen Auffassung eine Einwendung und keine Einrede darstellt (vgl. OLG Hamm, 22.07.2001, 22 U 1/01, Rn. 44, juris). Der angeblich unzutreffende Vortrag des Beklagten zu der Veräußerung des Grundstückes in B. und dem gemeinsam geplanten Erwerb des Hausgrundstücks in Be..., welcher letztlich nach dem Auszug der Klägerin aus dem Haus zur Entzweiung der Parteien geführt haben soll, war nämlich bereits Gegenstand des Vorbringens des Beklagten in dem Verfahren zum Az. 43 O 919/03 vor dem Landgericht Landshut und dem diesbezüglichen Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München, welches in seinem Urteil vom 22.12.2005 ausdrücklich festgestellt hat, dass die Klägerin der Behauptung des Beklagten, sie sei mit der Veräußerung des Grundstücks in B. im Hinblick auf die gemeinsamen Pläne, dass der Beklagte ein Haus in Be. erwerben und die Klägerin dieses als ihren Alterswohnsitz bewohnen sollte, nicht entgegengetreten. Die Klägerin hat das nunmehr angeblich unzutreffende Vorbringen des Beklagten - welches auch in dem dortigen Rechtsstreit offensichtlich in der Absicht erfolgte, einer Verurteilung zur Zahlung zu entgehen - erstmals in dem Schreiben vom 29.09.2008 (Anlage KK 8, Bl. 404 f. GA), mithin knapp drei Jahre nach der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht München am 23.11.2005, zum Anlass genommen, die Schenkungen zu widerrufen; der Widerruf ist daher außerhalb der Jahresfrist des § 532 Satz 1 2. Alt. BGB erfolgt.

Letztlich sind auch die weiteren im Schriftsatz vom 29.09.2008 angeführten Gründe, nämlich der angeblich unzutreffende Vortrag des Beklagtenvertreters zu einer fehlenden Einflussnahme auf die Vollstreckungshandlungen der Obergerichtsvollzieherin T. und zum Ausgang des vor dem Landgericht Landshut geführten Rechtsstreits der Parteien zum Az. 44 O 2157/02 nicht geeignet, das Vorliegen eines Widerrufsrechts nach §§ 530, 531 BGB zu begründen.

Soweit nämlich der unrichtige Vortrag des Beklagtenvertreters zum Ausgang des Rechtsstreits zum Az. 44 O 2157/02 (Klage rechtskräftig abgewiesen, statt richtigerweise Klage überwiegend rechtskräftig abgewiesen) gerügt wird, vermag der Senat schon nicht zu erkennen, aus welchem Grund dieser als eine zum Widerruf wegen groben Undanks berechtigende schwere Verfehlung des Beklagten gegen die Klägerin zu qualifizieren ist, die subjektiv Ausdruck seiner tadelnswerten Gesinnung ist; Gleiches gilt für das klägerseits als unrichtig bezeichnete Vorbringen des Beklagtenvertreters zur angeblich fehlenden Einflussnahme auf die Vollstreckungshandlungen der Obergerichtsvollzieherin T.. Im Übrigen entstammt das von der Klägerin gerügte Zitat bezüglich des Ausgangs des Verfahrens vor dem Landgericht Landshut zum Az. 44 O 2157/02 ("rechtskräftig abgewiesen") einem Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 09.07.2007, dessen Abschriften dem Klägervertreter ausweislich des "ab-Vermerks" auf Bl. 94 c der Gerichtsakte am 11.07.2007 übermittelt worden sind. Daher erfolgte der Schenkungswiderruf insoweit ebenfalls außerhalb der Jahresfrist des § 532 Satz 1 2. Alt. BGB.

2. Die Erweiterung der Klage um die Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs von weiteren 20.451,00 € ist bereits unzulässig.

Die Klägerin stützt den erweiterten Teil ihrer Klage auf einen neuen Lebenssachverhalt, indem sie vorträgt, sie habe dem Beklagten im Jahr 1992 den Gegenwert eines Depots im Wert von 40.000,00 DM geschenkt. Somit liegt kein Fall des über § 525 ZPO im Berufungsverfahren anwendbaren § 264 Nr. 2 ZPO, sondern eine nach § 533 ZPO zu beurteilende Klageänderung vor.

Eine solche Klageänderung ist im Berufungsverfahren nur zulässig, wenn der Beklagte einwilligt (was dieser vorliegend nicht getan hat) oder das Gericht dies für sachdienlich hält und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

Ob die Klageänderung vorliegend sachdienlich ist, kann offen bleiben, da jedenfalls nicht die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die von der Klägerin behauptete Schenkung eines Depots im Wert von 40.000,00 DM stellt sich nämlich als neuer Tatsachenvortrag dar; in der Klageschrift hat sie nur allgemein (und vom Beklagten bestritten) zur Schenkung eines Aktiendepots vorgetragen, um die behauptete schwere Verfehlung zu begründen. Gründe für eine Berücksichtigung des im Übrigen auch unsubstantiierten Vorbringens nach §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 ZPO sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht vorgebracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 i.V.m. 709 Satz 2 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Wertstufe bis zu 80.000,-- € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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