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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 09.04.2008
Aktenzeichen: 4 U 6/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 765 Abs. 1
BGB § 767 Abs. 1
ZPO § 850 c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 6/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 09.04.2008

Verkündet am 09.04.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2008 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann, die Richterin am Oberlandesgericht Woerner und die Richterin am Landgericht Brune

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 19. Dezember 2006 wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30.133,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 29.577,92 € seit dem 10. November 2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache im Übrigen erledigt ist.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten im Wege der Teilklage auf Zahlung eines erststelligen Teilbetrages von ursprünglich 70.000,00 € aus einer am 9. Januar 2003 übernommenen Bürgschaft für ein am selben Tag der Ehefrau des Beklagten, handelnd unter "M. G... Güterkraftverkehr e.K.", gewährtes Annuitätendarlehen in Höhe von 146.000,00 € in Anspruch.

Der Beklagte wandte gegen seine Inanspruchnahme ein, es handle sich um eine sittenwidrige Ehegattenbürgschaft, denn er sei nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere dem Bestehen und der Bedienung von Unterhaltspflichten gegenüber zwei volljährigen, studierenden Kindern, von vornherein zu einer Bedienung des Darlehens nicht in der Lage gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird mit folgender Ergänzung auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO):

Der Beklagte hatte in der für die Klägerin erteilten Selbstauskunft vom 3. Februar 2002 (K 112, Bl. 98 ff. d.A., Bl. 212 ff. d.A.) angegeben, Geschäftsführer des von seiner Ehefrau betriebenen Fuhrunternehmens zu sein, und den Wert des Grundstücks ...steig 35 mit 550.000,00 DM beziffert.

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Das Bürgschaftsversprechen vom 9. Januar 2003 sei nach § 138 BGB nichtig. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Beklagte seinerzeit finanziell krass überfordert gewesen und die Bürgschaft nur aus emotionaler Verbundenheit eingegangen sei. Nach der Selbstauskunft vom 3. Februar 2002 sei als Vermögen des Beklagten der hälftige Miteigentumsanteil am Hausgrundstück ...steg 35 in B... vorhanden gewesen, dessen Wert 550.000,00 DM abzüglich valutierender Sicherheiten in Höhe von 411.811,16 DM, also 138.188,84 DM, betragen habe, von denen 69.094,42 DM dem Beklagten zustünden. Hinzuzurechnen seien das angegebene sonstige Vermögen in Höhe von 13.463,95 DM und der genannte Rückkaufswert der Lebensversicherung in Höhe von 13.243,00 DM, so dass das Vermögen des Beklagten 95.801,37 DM, umgerechnet 48.302,80 €, betragen habe. Nach Abzug von der Darlehensvaluta in Höhe von 146.000,00 € verblieben 97.697,20 €, die bei dem vereinbarten Zinssatz von 6,875 % zu monatlichen Zinszahlungen in Höhe von 559,72 € führten. Dem gegenüber habe das Nettoeinkommen des Beklagten 2.837,44 € monatlich betragen. Bei zwei unterhaltspflichtigen Kindern betrage das pfändbares Einkommen nach § 850 c ZPO nur 546,00 €, was zur Aufbringung der Zinsen nicht ausreiche. Insoweit stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Beklagte Unterhaltsleistungen an die Zeuginnen D... G... und S... O... erbracht habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zunächst das bisherige Klageziel weiter verfolgt hat. Nachdem aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks des Fuhrunternehmens der Nominalbetrag von 146.000,00 € der hierauf lastenden Grundschuld an die Klägerin ausgekehrt worden sind, hat diese ihre Forderung neu berechnet und den Rechtsstreit bezüglich eines Betrages von 39.866,31 € in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 19. Dezember 2006 den Beklagten zu verurteilen, an sie 30.133,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 29.577,92 e zu zahlen.

Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragt weiterhin, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, er sei im Unternehmen der Zeugin M... G... lediglich als Fuhrparkleiter tätig gewesen und habe mit den betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen nichts zu tun gehabt. Er meint, mit dem Erlös von 250.000,00 € aus dem Verkauf des Betriebsgrundstücks habe die streitgegenständliche Forderung vollständig getilgt werden können. Darüber hinaus bestreitet er, dass die Klägerin zur Erteilung der Löschungsbewilligung 7.500,00 € an die Insolvenzverwalterin gezahlt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet.

1.

a) Die Klägerin kann den Beklagten gemäß den §§ 765 Abs. 1, 767 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 30.133,69 € in Anspruch nehmen.

Der Eintritt des Bürgschaftsfalls als solcher ist unstreitig.

aa) Die Klägerin hat Bestehen und Höhe der die geltend gemachte Bürgschaftsforderung übersteigenden fälligen Hauptverbindlichkeit hinreichend dargetan; dem Sachvorbringen ist der Beklagte nicht erheblich entgegengetreten. Soweit der Beklagte zunächst bemängelte, die Klägerin müsse die Auszahlung des Darlehens, die nach dem Darlehensvertrag auf eine hausinterne Kontoverbindung der Klägerin habe erfolgen sollen, konkret darlegen, hat die Klägerin diesen Anforderungen genügt. Bereits in ihrer Anspruchsbegründung hat die Klägerin vorgetragen, bei dem Konto Nr. 7056531003, auf das nach dem Darlehensvertrag die Auszahlung des Darlehens vorgenommen werden sollte - und vorgenommen wurde -, handle es sich um ein bei ihr geführtes Girokonto der M... G.... Diesen Vortrag - wie auch den in der Anlage K zur Klagebegründungsschrift dargestellten Forderungsverlauf - hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt.

Die Klägerin hat die Höhe der nach Verrechnung des von der Insolvenzverwalterin ausgekehrten Veräußerungserlöses aus dem Verkauf des Betriebsgrundstückes einerseits und der im Zusammenhang mit diesem Verkauf entstandenen Kosten andererseits noch offenen Forderung im Schriftsatz vom 5. Dezember 2007 und dem als Anlage BK 2 beigefügten Forderungsverlauf ab dem 15. November 2004 hinreichend dargetan. Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 18. März 2008 vorträgt, mit der Verwertung des Betriebsgrundstücks des Fuhrunternehmens seiner Ehefrau im Insolvenzverfahren habe die gesamte Hauptforderung getilgt werden können und müssen, verkennt er, dass er als Zahlungspflichtiger darlegungs- und beweispflichtig für das Erlöschen der Forderung ist - hierauf hat der Senat ihn noch im Termin vom 19. März 2008 hingewiesen. Den nachvollziehbaren Erläuterungen der Klägerin im Schriftsatz vom 5. Dezember 2007 zur Höhe des von der Insolvenzverwalterin aus dem Veräußerungserlös an sie ausgekehrten Betrages hat der Beklagte nichts entgegenzusetzen gewusst. Er hat lediglich bestritten, dass die Klägerin an die Insolvenzverwalterin zur Erteilung der Löschungsbewilligung 7.500,00 € habe zahlen müssen; die Klägerin hat indes durch Vorlage des Schreibens der Insolvenzverwalterin Rechtsanwältin H... vom 14. November 2007 (Anlage BK 1, Bl. 352 d.A.) das Bestehen der Vereinbarung über die Massebeteiligung in Höhe von 3 % des Grundstückskaufpreises (7.500,00 €) und die entsprechende Zahlung belegt.

Dem Beklagten war insoweit nicht, wie im Schriftsatz vom 18. März 2008 beantragt, eine Erklärungsfrist zu bewilligen. Der Senat hat im Verhandlungstermin vom 19. März 2008 darauf hingewiesen, dass der klägerische Sachvortrag zur Veräußerung des Betriebsgrundstücks einschließlich des hieraus erzielten Erlöses und dem Auskehrungsbetrag bereits im Schriftsatz vom 5. Dezember 2007 erfolgt war. Zwar war darin das veräußerte Grundstück fehlerhaft mit S...straße 5 in B... bezeichnet, aus dem Gesamtzusammenhang, namentlich der Bezeichnung als "Betriebsgrundstück der Hauptschuldnerin" und dem Umstand, dass es sich bei dem Grundstück S...straße 5 um das im Eigentum des Beklagten und seiner Ehefrau stehenden Privatgrundstück handelt, war klar, welches Grundstück gemeint war. Der Beklagte hatte mithin hinreichend Zeit, sich inhaltlich mit dem Vorbringen der Klägerin auseinanderzusetzen und hierauf rechtzeitig vor dem Verhandlungstermin am 19. März 2008 zu erwidern.

bb) Die Bürgschaft ist nicht sittenwidrig und damit nichtig, § 138 Abs. 1 BGB.

Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dies ist bei einer Bürgschaft insbesondere dann anzunehmen, wenn der aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner handelnde Bürge finanziell krass überfordert wird und die Bürgschaft sich aus der Sicht eines vernünftig denkenden Gläubigers als wirtschaftlich sinnlos erweist (vgl. u.a. BGH NJW 1997, 3372, 3373).

Nach der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossene Bürgschafts- oder Mithaftungsverträge regelmäßig entscheidend vom Grad des Missverhältnisses zwischen dem Verpflichtungsumfang und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner persönlich nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten ab (BGHZ 125, 206, 211; 136, 347, 351; 137, 329, 333 f.; WM 2002, 125; WM 2002, 1347, 1348; WM 2002, 1647, 1648; WM 2002, 1649, 1651; WM 2003, 275 f.). Zwar reicht selbst der Umstand, dass der Betroffene voraussichtlich nicht einmal die von den Darlehensvertragsparteien festgelegte Zinslast aus dem pfändbaren Teil seines Einkommens oder Vermögens bei Eintritt des Sicherungsfalles dauerhaft tragen kann, regelmäßig nicht aus, um das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit zu begründen. In einem solchen Falle krasser finanzieller Überforderung ist aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ohne Hinzutreten weiterer Umstände widerleglich zu vermuten, dass er die ruinöse Bürgschaft oder Mithaftung allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat.

aaa) Nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beklagten bei Abgabe der Bürgschaftserklärung war er entgegen seiner Auffassung - auch unter Berücksichtigung zweier unterhaltsberechtigter Kinder - in der Lage, die in dem der Bürgschaft zu Grunde liegende Kreditvertrag vereinbarten Zinsen aus eigenem Einkommen und/oder Vermögen auf Dauer allein zu tragen.

(1) Bei voller Valutierung der verbürgten Schuld beliefen sich die Darlehenszinsen auf insgesamt mindestens monatlich 836,46 €:

146.000,00 € x 6,875 % : 12 = 836,46 €

(2) Indes verfügte der Beklagte unbestritten über diverse Vermögensgegenstände. Hat der Bürge Vermögen, hat er dieses zu verwerten, um die Schuld zu tilgen; dies gilt auch im Falle eines von ihm bewohnten Hausgrundstücks (BGH NJW 2001, 2466, 2467). Dingliche Belastungen auf Grundvermögen sind wertmindernd zu berücksichtigen. Liegt (pfändbares) Vermögen vor, welches den Betrag der Verpflichtung nicht abdeckt, so ist das Vermögen bei der Beurteilung der krassen finanziellen Überforderung in der Weise in die Berechnung einzubeziehen, dass zunächst der - gegebenenfalls um Belastungen verminderte - Wert des Vermögensgegenstandes von der Bürgschaftsschuld abzuziehen ist und die auf den verbleibenden Betrag entfallenden laufenden Zinsen zu errechnen sind (BGH-Report 2003, 333, 334; Senatsurteile vom 10. März 2004 - 4 U 170/03 - und vom 10. November 2004 - 4 U 152/03). Sodann muss geprüft werden, ob der Bürge diese Zinsen aus seinem Einkommen aufzubringen vermag.

Die Immobilie ...steig 35 betreffend ist auf die vom Beklagten in der Selbstauskunft vom 3. Februar 2002 gemachte Verkehrswertangabe abzustellen. Der Beklagte hat unter ausdrücklicher Versicherung, alle Angaben vollständig und richtig gemacht zu haben (vgl. Ziffer 12 der Selbstauskunft), den Grundstückswert des Hausgrundstücks ...steig mit 550.000,00 DM beziffert; hieran muss er sich festhalten lassen (ebenso 3. Zivilsenat Beschluss vom 2. Januar 2006 - 3 W 57/05; OLG Köln Urteil vom 11. Juli 2002 - 13 U 56/02; OLG Dresden Urteil vom 19. Juli 2006 - 8 U 1380/05). Nach banküblichen Gepflogenheiten überprüfen Kreditinstitute die geforderten Sicherheiten vor der Hereinnahme grundsätzlich auf ihre Werthaltigkeit. Dementsprechend müssen sie von sich aus Ermittlungen über die Vermögens- und Einkommensverhältnisse solcher Personen anstellen, die mithaften sollen. Sieht eine Bank von derartigen Nachforschungen ab, befragt sie also insbesondere den Beteiligten nicht nach seiner finanziellen Leistungsfähigkeit, muss sie sich in aller Regel die objektiven Tatsachen als bekannt entgegenhalten lassen (BGH Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 198/98). Umgekehrt kann die Bank, die derartige Ermittlungen durch Einholen einer Selbstauskunft beim Hauptschuldner und Bürgen anstellt, regelmäßig auf die darin gemachten Angaben vertrauen. Mithin ist für das Hausgrundstück von dem in der Selbstauskunft angegebenen Verkehrswert von 550.000,00 DM auszugehen. Den Valutastand des grundschuldgesicherten Darlehens auf diesem Grundstück zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme bezifferte der Beklagte in seiner Selbstauskunft auf 422.850,84 DM, so dass sich das pfändbare Vermögen für diesen hälftigen Miteigentumsanteil auf umgerechnet 32.505,17 € (550.000,00 DM - 422.850,84 DM = 127.149,16 DM; 127.149,16 DM : 2 = 63.574,58 DM) beläuft.

Hinzu kommen das vom Beklagten in der Selbstauskunft angegebene sonstige Vermögen i.H.v. 13.463,95 DM, umgerechnet 6.884,01 €, und der mit 13.243,00 DM (umgerechnet 6.771,04 €) angegebene Rückkaufwert der ... Versicherung.

Das von der Bürgschaftsschuld abzuziehende Vermögen beträgt mithin umgerechnet 46.160,22 €. Damit reduzierte sich die Zinsbelastung hier auf 572,00 € monatlich (146.000,00 € - 46.160,22 € = 99.839,78 €; 99.839,78 € x 6,875 % : 12).

(3) Das Einkommen des Beklagten aus abhängiger Beschäftigung betrug 2002 ausweislich der eingereichten Gehaltsbescheinigungen abzüglich Steuern und Sozialabgaben 2.955,06 €. Das dem Beklagten von seiner Arbeitgeberin gestellte Kraftfahrzeug ist in den Gehaltsbescheinigungen zutreffend als gehaltswerter Vorteil mit 321,81 € angesetzt und als solcher zu berücksichtigen. Im Übrigen muss sich der Beklagte auch hier an seinen in der Selbstauskunft gemachten Angaben festhalten lassen - die zum identischen Ergebnis führen: Ausweislich der Angaben in der Selbstauskunft betrug sein Jahresbruttoeinkommen 98.877,12 DM, das sind umgerechnet 4.212,92 € monatlich, also nahezu derjenige Betrag, der als Bruttoeinkommen in den Gehaltsbescheinigungen aufgeführt ist. Abzüglich Steuern und Sozialabgaben ergibt sich ein Nettoeinkommen von 2.955,06 €. Pfändbar gemäß § 850 c ZPO wären hiervon unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber zwei Kindern nach der seinerzeit geltenden Pfändungstabelle (abgedruckt in Zöller-Stöber, 25. Aufl. Anh § 850 c) 664,06 € (550,00 € zuzüglich den 2.851,00 € übersteigenden Betrag = 104,06 €).

Demnach reichte das pfändbare Einkommen aus, um die monatliche Zinslast auf Dauer tragen zu können.

bbb) Im vorliegenden Fall wäre zudem die bei Vorliegen einer krassen finanziellen Überforderung des Bürgen zu dessen Gunsten sprechende Vermutung, dass der Bürge die ruinöse Bürgschaft allein aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner übernommen und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat, aus den folgenden Gründen, die der Senat bereits in der Verfügung vom 21. Januar 2008 ausgeführt hat und denen der Beklagte nicht entgegengetreten ist, widerlegt.

Ein solches Eigeninteresse an der Darlehensgewährung, das ein Handeln allein aus emotionaler Verbundenheit voll ausgleichen würde (BGH ZIP 2001, 189, 192), ist zwar nicht schon darin zu sehen, dass der Beklagte in dem Unternehmen seiner Ehegattin, dem der Kredit zugute kam, beschäftigt war. Das aus dieser Beschäftigung erzielte Gehalt stellt, ebenso wie das Wohnen in einem durch Kredit finanzierten Haus, lediglich einen mittelbaren Vorteil dar.

Hier kam jedoch hinzu, dass der Beklagte nach den eigenen in der Selbstauskunft gegenüber der Klägerin erfolgten Angaben Geschäftsführer des Fuhrunternehmens der Hauptschuldnerin war und im Geschäftsleben als Geschäftsführer des Unternehmens auftrat, was sich etwa dem Schreiben des M. G... Güterkraftverkehr e.K. vom 28. Oktober 2004 (Anlage K 3, Bl. 20 d.A.) entnehmen lässt. Angesichts dieser Angaben, an denen sich der Beklagte festhalten muss, erscheint es gerechtfertigt, wie bei bürgenden Geschäftsführern oder Gesellschaftern einer GmbH (dazu BGH WM 2000, 514) die Anwendbarkeit der Grundsätze der Sittenwidrigkeit von Ehegattenbürgschaften zu verneinen. Aus Sicht der Klägerin konnte der Beklagte selbst maßgeblich auf die Entstehung und den Umfang von Schulden der Hauptschuldnerin Einfluss nehmen.

b) Der Zinsanspruch resultiert aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

2.

Bleibt - wie hier - die Erklärung des Klägers, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache betreffend einen Teilbetrag von 39.866,31 € erledigt, einseitig und erhält der Beklagte seinen Zurückweisungsantrag ausdrücklich aufrecht, ist die einseitige Erledigungserklärung als Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt sei, auszulegen.

Das Feststellungsbegehren ist auch begründet. Wie oben unter Ziffer 1. ausgeführt, war die Klage mit dem Begehren auf Zahlung von 70.000,00 € zulässig und begründet. Sie ist, soweit es einen Teilbetrag von 39.866,31 € betrifft, nach Rechtshängigkeit gegenstandslos geworden, weil die verbürgte Forderung durch Auskehrung eines Teils des Veräußerungserlöses aus dem Grundstücksverkauf und Verrechnung der in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten insoweit erloschen ist.

III.

Die Kostentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 70.000,00 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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