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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.11.2005
Aktenzeichen: 4 U 72/05
Rechtsgebiete: BGB, StGB, InsO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
StGB § 263
InsO § 175 Abs. 2
InsO § 184
ZPO § 156
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 72/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16. November 2005

Verkündet am 16. November 2005

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2005 durch die Richterin am Oberlandesgericht ... als Einzelrichterin

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 25. Februar 2005 teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Beklagten gegen die Anmeldung der Forderung zur laufenden Nr. 49 der Tabelle im Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Neuruppin 15 IN 388/03 aus unerlaubter Handlung insoweit unbegründet ist, als es die mit Rechnung Nr. 13955 vom 12. Juni 2003 (2.270,97 €), Nr. 14011 vom 13. Juni 2003 (1.707,72 €) , Nr. 14535 vom 14. Juli 2003 (1.647,80 €) und Nr. 14556 vom 14. Juli 2003 (1.623,83 €) in Rechnung gestellten Ansprüche betrifft.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 84 % und der Beklagte 16 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Feststellung, dass der Widerspruch des beklagten Gemeinschuldners gegen die Qualifizierung der von der Klägerin unter laufender Nr. 49 zur Tabelle angemeldeten Forderung als solche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung unbegründet ist.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte habe bei den Bestellungen von Futtermitteln, die stets etwa 7 Tage vor Lieferung und Rechnungstellung im Zeitraum vom 13. Februar bis 14. Juli 2003 erfolgten, nicht über ausreichend liquide Mittel verfügt, um diese bei Fälligkeit zu bezahlen. Er habe sie - die Klägerin - durch Abgabe der Bestellungen über seine Zahlungsfähigkeit getäuscht und zu einer Vermögensverfügung veranlasst; dies stelle einen Betrug dar, der zum Schadensersatz gemäß den §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB verpflichte.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage umfänglich abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung liege nicht vor. Zwar habe die Klägerin mit Lieferung der Waren an den Beklagten eine Vermögensverfügung vorgenommen und diese habe auch einen Schaden verursacht. Es fehle aber an einer vorsätzlichen Täuschung durch den Beklagten. Hierzu habe die Klägerin lediglich pauschal vorgetragen, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Bestellung bereits Verluste erwirtschaftet habe und zahlungsunfähig gewesen sei. Die Klägerin hätte dartun müssen, welchen Verbindlichkeiten welche liquiden Mittel gegenüber gestanden hätten, um so genau den Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit bestimmen zu können. Es genüge nicht, allein auf die unterbliebene Begleichung der klägerischen Forderung zu verweisen. Lediglich für den Zeitraum nach Stellung des Insolvenzantrages am 11. Juni 2003 - mithin für die unter dem 14. Juli 2003 in Rechnung gestellten Waren - sei von einer Zahlungsunfähigkeit und Täuschung auszugehen. Insoweit sei allerdings fraglich, ob diese Lieferung noch auf der Täuschung beruht habe, denn die Klägerin habe die Zahlungssäumigkeit des Beklagten bis Juli 2003 erkennen können.

Darüber hinaus fehle es am Vorsatz. Auch hierzu habe die Klägerin substantiiert vorzutragen, was sie nicht getan habe. Zudem habe der Beklagte unbestritten vorgetragen, zum Zeitpunkt der Bestellungen noch einen Bestand von 2.000 Schweinen gehabt zu haben, deren Abverkauf zur Begleichung der Verbindlichkeiten habe dienen sollen. Des weiteren hätten 380.000,00 € aus dem Verkauf der GbR-Anteile ausgestanden; inwieweit und zu welchem Zeitpunkt der Beklagte das Ausbleiben der Raten aus der Geschäftsanteilveräußerung habe erkennen können, sei nicht dargelegt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgt. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, das Landgericht habe darauf hinweisen müssen, dass es Vortrag dazu vermisse, inwieweit sie - die Klägerin - trotz Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Beklagten diesen weiter beliefert habe. Sie habe gewußt, dass der Beklagte die Viehveredelung in seinem Betrieb erst aufgebaut habe, und daher - was in der Landwirtschaft nicht unüblich sei - zunächst nicht mit einem kontinuierlichen Zahlungseingang gerechnet.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, dass der Widerspruch des Schuldners zur laufenden Nr. 49 der Tabelle in dem Insolvenzverfahren des Amtsgerichts Neuruppin 15 IN 388/03 hinsichtlich der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung unbegründet ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt mit näheren Ausführungen das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache nur teilweise, im tenorierten Umfang Erfolg.

Die Klägerin kann gemäß den §§ 184, 175 Abs. 2 InsO i.V.m. den §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB Feststellung, dass der Widerspruch des Beklagten hinsichtlich einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung unbegründet ist, nur insoweit verlangen, als es die mit 2.270,97 € unter dem 12. Juni 2003 (Rechnung Nr. 13955), die mit 1.707,72 € unter dem 13. Juni 2003 (Rechnung Nr. 14011), die mit 1.647,80 € unter dem 14. Juli 2003 (Rechnung Nr. 14535) und mit 1.623,83 € ebenfalls unter dem 14. Juli 2003 (Rechnung Nr. 14556) in Rechnung gestellten Forderungen betrifft.

1.

Soweit es die im Zeitraum vor Insolvenzantragstellung durch den Beklagten am 11. Juni 2003 ausgelösten Bestellungen und gelieferten Waren angeht, ist das Landgericht zu Recht und aufgrund zutreffender Erwägungen davon ausgegangen, dass der Vorwurf einer unerlaubten Handlung mangels hinreichenden Sachvortrags der Klägerin unbegründet ist.

Die Kammer hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin mit ihrer lediglich pauschalen Behauptung, der Beklagte sei bereits bei Auslösung der ersten Bestellung im Februar 2003 zahlungsunfähig gewesen, ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Diese Behauptung war nicht durch Tatsachen untermauert, insbesondere genügte nicht der Verweis darauf, dass ausweislich der Daten aus der Insolvenztabelle diverse Forderungen anderer Gläubiger in Höhe von über 100.000,00 € zum Zeitpunkt der Bestellungen bereits bestanden. Zahlungsunfähigkeit liegt nicht bereits dann vor, wenn der Schuldner einer Vielzahl von Forderungen ausgesetzt ist, sondern nur dann, wenn er dauerhaft nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Hierfür hätte es aber angesichts des zum Abverkauf vorhandenen Mastschweinebestandes von 2000 Tieren und der Veräußerung der Geschäftsanteile des Beklagten an der K... GbR am 22. Oktober 2002 zu einem Kaufpreis von 380.000,00 € der näheren Darlegung bedurft, weshalb gleichwohl bereits zum Zeitpunkt der ersten Bestellung im Februar 2003 Zahlungsunfähigkeit bestanden haben soll. Der Verkaufserlös aus dem Geschäftsanteilverkauf ist zwar unstreitig nicht vollständig beglichen worden; in welcher Höhe Raten beglichen bzw. nicht beglichen wurden, hat die Klägerin nicht dargelegt.

Mangels substantiierten Vortrages der Klägerin war die Kammer zur Beweiserhebung durch Vernehmung des Insolvenzverwalters nicht gehalten. Eine Beweisaufnahme über die Behauptung, der Beklagte sei seit Herbst 2002 nicht mehr in der Lage gewesen, seine gesamten Verbindlichkeiten auszugleichen, liefe bei dieser Sachlage auf einen Ausforschungsbeweis hinaus.

Der Senat verkennt nicht die Schwierigkeiten, denen die Klägerin in einem solchen Fall wegen der naturgemäß fehlenden Einblicke in die Geschäftsunterlagen des Schuldners im Hinblick auf die Darlegungslast ausgesetzt ist. Dies entbindet sie indes nicht von ihrer primären Verpflichtung zur substantiierten Darstellung eines Sachverhaltes, unter den sich die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Anspruchsnorm subsumieren lassen. Daran fehlt es hier.

Ohne Rechtsfehler hat die Kammer auch für die im genannten Zeitraum ausgelösten Bestellungen das Vorliegen des Vorsatzes verneint, weil die vorgetragenen Tatsachen nicht ausreichen, um einen Täuschungsvorsatz begründen zu können. Zwar trägt die Klägerin nunmehr - erstmals - unbestritten vor, die zweite, am 28. Februar 2003 fällige Rate aus dem Geschäftsanteilverkauf sei ausgeblieben und die Käuferin habe Gewährleistungsrechte geltend gemacht. Zu welchem Zeitpunkt dies erfolgt ist, welcher Art die Gewährleistungsrechte waren und wie sie begründet wurden, wird von ihr indes nicht mitgeteilt. Ohne diese Information läßt sich aber nicht beurteilen, ob und bis zu welchem Zeitpunkt der Beklagte nicht mehr mit einer - jedenfalls teilweisen - Begleichung des Kaufpreises und demzufolge auch nicht damit rechnen konnte, die bestehenden Forderungen - einschließlich der Futtermittellieferungen der Klägerin - begleichen zu können.

2.

Nicht zu folgen ist dem Landgericht allerdings, soweit es den Betrugsvorwurf auch hinsichtlich der nach dem am 11. Juni 2003 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Futtermittellieferungen und ausgelösten Bestellungen - Rechnungen Nr. 13955 vom 12. Juni 2003, Nr. 14011 vom 13. Juni 2003, Nr. 14535 vom 14. Juli 2003 und Nr. 14556 vom 14. Juli 2003 über insgesamt 7.250,32 € - verneint hat.

Wie der Senat bereits im Termin vom 5. Oktober 2005 ausgeführt hat, liegt hinsichtlich der nach den bindenden Feststellungen des Landgerichts nach Insolvenzantragstellung ausgelösten Bestellungen - Rechnungen Nr. 14535 und 14556 vom 14. Juli 2003 - ein Eingehungsbetrug vor.

Soweit es die vor dem 11. Juni 2003 erteilten Bestellungen betrifft, die die Lieferungen am 12. und 13. Juni 2003 auslösten, ist dem Beklagten ein Erfüllungsbetrug vorzuwerfen.

aa) Der Beklagte selbst ist, soweit es die am 14. Juli 2003 gelieferten und berechneten Waren betrifft, zum Zeitpunkt der unstreitig etwa 7 Tage vor Rechnungsdatum erfolgten Bestellungen der Futtermittel von seiner Zahlungsunfähigkeit ausgegangen. Hinsichtlich der am 12. und 13. Juni 2003 gelieferten Waren lag jedenfalls zum Zeitpunkt der Lieferungen Zahlungsunfähigkeit vor.

Dies ergibt sich zweifellos daraus, dass er selbst am 11. Juni 2003 den Insolvenzantrag gestellt hat und wird auch durch die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 26. Oktober 2005 nicht in Abrede gestellt, wenn er darin darlegt, er habe als rechtlicher Laie den Eindruck gewonnen, dass der Insolvenzantrag gestellt werden müsse, weil sich "die Zahlungsunfähigkeit auf Grund eigener ausgefallener Forderungen" abzeichnete. Zudem liegt es neben jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmer Insolvenzantrag stellt, ohne selbst von der finanziellen Ausweglosigkeit seiner Situation überzeugt zu sein; vielmehr wird es regelmäßig so sein, dass dieser Schritt so lange wie möglich - und oft über diesen Zeitpunkt hinaus - herausgezögert wird.

Das Vorbringen des Beklagten zu am 30. Juni 2003 vorhandenen Barmitteln in Höhe von 4.460,39 € im Schriftsatz vom 9. November 2005 erfolgte nach Ablauf der Schriftsatzfrist am 26. Oktober 2005 und ist schon deshalb nicht zuzulassen (§ 296 a ZPO); Gründe für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO sind weder dargetan noch ersichtlich. Selbst wenn dieser Sachvortrag zu berücksichtigen wäre, führte dies zu keiner abweichenden Beurteilung hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit des Beklagten am 11. Juni 2003. Der Beklagte verkennt, dass Zahlungsunfähigkeit nicht erst dann vorliegt, wenn der Schuldner über keinerlei Mittel verfügt, um (nur) die konkret geltend gemachten Verbindlichkeiten zu erfüllen, sondern schon dann, wenn er dauerhaft nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Die behaupteten Barmittel von 4.460,39 € hätten nicht annähernd ausgereicht, um die seit dem 13. Februar 2003 entstandenen und seit dem 28. Februar 2003 fälligen Verbindlichkeiten bei der Klägerin in nennenswerten Umfang auszugleichen.

bb) Der Beklagte hat die Klägerin durch die Aufgabe der Bestellungen im Juli 2003 bzw. die Annahme der Futtermittel am 12. und 13. Juni 2003 über seine Zahlungsfähigkeit getäuscht und -entgegen der Auffassung des Landgerichts - der auf dieser Täuschung beruhende Irrtum war für die Vermögensverfügungen der Klägerin - den Vertragsschluß bzw. Auslieferung der Futtermittel - auch ursächlich.

Der Beklagte hätte seiner Vertragspartnerin die von ihm selbst als aussichtslos eingeschätzte finanzielle und wirtschaftliche Situation nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vor Abschluß der Kaufverträge über Futtermittel bzw. vor Übereignung der Waren an ihn offenbaren müssen. Dass er dies getan hat, behauptet er nicht. Soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 26. Oktober 2005 ausführt, er habe seine Mitarbeiterin K... angewiesen, die Geschäftspartner über die Stellung des Insolvenzantrages zu informieren, räumt er selbst ein, nicht zu wissen, ob diese auch mit der Klägerin in Kontakt getreten sei. Letzteres wird aber - zumindest konkludent - von der Klägerin in Abrede gestellt, die stets behauptet hat, vom Beklagten über dessen Zahlungsunfähigkeit getäuscht worden zu sein.

Die Klägerin mag in der Vergangenheit - wie sie selbst einräumt - davon ausgegangen sein, dass wegen des noch andauernden Aufbaus des Betriebes zur Tierveredelung ein kontinuierlicher Zahlungseingang zunächst nicht erfolgen werde. Gleichwohl kann keinem Zweifel unterliegen, dass sie in Kenntnis des vom Beklagten am 11. Juni 2003 gestellten Insolvenzantrages von einer Auslieferung der Futtermittel abgesehen oder aber auf sofortige Bezahlung bestanden hätte.

cc) Der Beklagte handelte auch vorsätzlich. Wie dargelegt, muß dem Beklagten klar gewesen sein, dass die Klägerin ihm jedenfalls die Futtermittel nicht übereignet hätte, wenn sie von dem Insolvenzantrag gewußt hätte. Der Beklagte hat dadurch, dass er es unterlassen hat, die Klägerin hierüber zu informieren, zumindest billigend in Kauf genommen, dass sie einen Vermögensverlust erleiden würde, weil sie bei Durchführung des von ihm selbst angeregten Insolvenzverfahrens mit ihrer Forderung völlig ausfällt oder aber lediglich die Insolvenzquote erhält.

Dem Vorliegen des bedingten Vorsatzes vermag der Beklagte mit seinen Ausführungen in den Schriftsätzen vom 26. Oktober und 9. November 2005 nicht mit Erfolg entgegenzutreten.

Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2005 trägt der Beklagte - erstmals - vor, er habe seine stets zuverlässige Mitarbeiterin Frau K... beauftragt, "alle Geschäftspartner telefonisch darüber zu informieren, dass er Insolvenzantrag gestellt habe", er habe keinen Zweifel daran gehabt, dass seine Bürokraft diesen Auftrag ordnungsgemäß ausgeführt habe. Dieses Vorbringen entlastet ihn nicht. Es steht bereits in krassem Widerspruch zu seinem früheren Vortrag, wonach er stets "zum Zeitpunkt der Bestellungen (...) die unternehmerische Perspektive" gehabt haben will, die "bestellten Waren durch Zahlungseingänge aus anderen Rechtsgeschäften decken zu können" - so im Schriftsatz vom 3. September 2004 - bzw. "er davon ausging, die ausgelösten Warenlieferungen u.a. mit den Zahlungseingängen aus dem bereits konkret bekannten notariellen Kaufvertrag begleichen zu können" - so in der Berufungserwiderung vom 19. August 2005. Von irgendwelchen Versuchen des Beklagten, seine Geschäftspartner und die Klägerin über die Stellung des Insolvenzantrages zu informieren, war zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise die Rede.

Die Behauptungen zu den Bemühungen um eine Information auch der Klägerin über die Eigenantragstellung sind aber auch unzureichend. Der Beklagte trägt schon nicht hinreichend konkret vor, wann und mit welchem konkreten Inhalt er seiner Mitarbeiterin K... die Weisung erteilt haben will, "alle Geschäftspartner" über die Insolvenzantragstellung zu informieren. Angesichts der im Abstand von wenigen Wochen der Klägerin erteilten Bestellungen und laufend eingehenden Lieferungen hätte es dem Beklagten oblegen, dafür Sorge zu tragen, dass die Klägerin noch vor der nächsten Auslieferung von Waren von der möglicherweise bevorstehenden Insolvenzeröffnung sichere Kenntnis erlangt. Dass er diesbezüglich Weisungen erteilt hat - die nächsten Lieferungen gingen bereits am 12. und 13. Juni 2003, also unmittelbar nach Antragstellung, ein - legt der Beklagte nicht dar. Er behauptet auch nicht, sich nach dem Erfolg der Bemühungen seiner Mitarbeiterin erkundigt zu haben. Dies hätte indes schon wegen der Kürze des Zeitraums zwischen Insolvenzantragstellung und dem Eingang der Warenlieferungen erfolgen müssen. Zudem mußte dem Beklagten unter den gegebenen Umständen - die Futtermittel wurden wie stets zuvor pünktlich geliefert und auch diesmal wurde keine sofortige Bezahlung verlangt - klar gewesen sein, dass die Klägerin keine Kenntnis von der Insolvenzantragstellung hatte. Denn dass seitens des Vertragspartners überhaupt keine Reaktion auf eine derartig gravierende Mitteilung erfolgt, dieser nicht einmal auf Lieferung nur gegen Bezahlung besteht, liegt so völlig neben der Lebenswahrscheinlichkeit, dass der Beklagte nicht ernsthaft in Erwägung ziehen konnte, die Klägerin sei tatsächlich über die Insolvenzantragstellung in Kenntnis gesetzt worden. Wenn er sich gleichwohl auf die Zuverlässigkeit seiner Bürokraft beruft, der er eine entsprechende Weisung erteilt hatte, legt dies nur nahe, dass er sich den offenkundigen Tatsachen zu verschließen versucht; vom Vorwurf des "billigend Inkaufnehmens" einer (andauernden) Unkenntnis der Klägerin von seiner Zahlungsunfähigkeit - und damit bedingten Vorsatz - entlastet ihn dieser Umstand nicht.

dd) Der Beklagte handelte schließlich auch in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Er hatte aufgrund der mit der Klägerin geschlossenen Kaufverträge Anspruch auf Übertragung des Eigentums und Verschaffung des Besitzes an den Futtermitteln nur Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises. Dass die Klägerin selbst durch den Zusatz auf den Rechnungen, "fällig und zahlbar am ...", in Vorleistung getreten ist, steht der Annahme der Rechtswidrigkeit des erlangten Vermögensvorteils nicht entgegen. Der Klägerin stand nämlich wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Beklagten der "dolo petit"-Einwand zur Seite, den sie dem Anspruch des Beklagten auf Übereignung der Futtermittel hätte entgegenhalten können.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG n.F. auf 44.561,06 € (Wert der Forderungen, die auf unerlaubte Handlungen gestützt wurden) festgesetzt; der Senat ändert den Streitwert für die erste Instanz auf diesen Betrag ab, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG n.F..

Ende der Entscheidung

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