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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: 4 U 95/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 296 | |
BGB § 488 Abs. 1 Satz 2 | |
BGB § 488 Abs. 3 n.F. | |
BGB § 812 Abs. 1 | |
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. | |
BGB § 818 Abs. 3 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
4 U 95/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 21.12.2005
verkündet am 21.12.2005
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2005 durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 25. April 2005 teilweise wie folgt abgeändert:
Die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben zu tragen:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin diese selbst zu 50 % und der Beklagte zu 2. zu 50 %, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. die Klägerin und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. dieser selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von 15.000,00 € in Anspruch, und zwar die Beklagte zu 1. aus Darlehen und den Beklagten zu 2. aufgrund eines Anerkenntnisses.
Die Beklagten wandten gegen ihre Inanspruchnahme ein, die Klägerin habe nicht ihnen, sondern ihrer Schwester, U... F..., ein Darlehen gewährt. Die Überweisung der 15.000,00 € auf das Konto der Beklagten zu 1. sei deshalb erfolgt, weil der Beklagte zu 2. U... F... diese Bankverbindung angegeben habe. U... F... und der Beklagte zu 2. hätten die 15.000,00 € benötigt, um sich an einer Investition in die a... OHG zu beteiligen; die Beklagte zu 1. habe von den Transaktionen nichts gewußt.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte zu 2. sei zur Zahlung verpflichtet, denn er habe mit Schreiben vom 27. Februar und 27. Juli 2004 ausdrücklich die Rückzahlung der als Darlehen gewährten 15.000,00 € anerkannt. Gegen die Beklagte zu 1. stehe der Klägerin ein Zahlungsanspruch zu, denn zwischen ihnen sei zumindest konkludent ein Darlehensvertrag zustande gekommen. Unstreitig habe die Klägerin auf Veranlassung des Beklagten zu 2. oder einer dritten Person die 15.000,00 € auf das Konto der Beklagten zu 1. überwiesen und der Betrag sei auch gutgeschrieben worden. Zwar bestehe bei einer Kapitalüberlassung keine gesetzliche Vermutung für eine darlehensweise Hingabe. Hier seien indes hinreichende Beweisanzeichen vorhanden, die auf eine Darlehensvereinbarung schließen ließen. Hierzu zählten der auf dem Überweisungsträger angegebene Verwendungszweck "Darlehen" und der Umstand, dass die Beklagte zu 1. das Geld dennoch nicht zurückgezahlt habe. Danach sei zu vermuten, dass die Beklagte zu 1. mit der Darlehensauszahlung einverstanden gewesen sei.
Soweit sie vortrage, sie habe dem Beklagten zu 2. umfassende Kontovollmacht erteilt, ihr seien keine Unterlagen zugänglich gewesen und sie habe deshalb keine Kenntnis von der Zahlung gehabt, könne dahinstehen, ob dieser Vortrag gemäß § 296 ZPO verspätet sei. Nachdem die Klägerin diesen Vortrag, der erstmals im Verhandlungstermin vorgebracht worden sei, bestritten habe, hätten die Beklagten im Einzelnen erklären müssen, woraus sich die Unkenntnis der Beklagten zu 1. von der Überweisung ergebe. Im Übrigen habe die Beklagte zu 1. auch keinen Beweis für diese Behauptung angeboten. Dem Beweisangebot für die Erteilung einer umfassenden Kontovollmacht habe nicht nachgegangen werden müssen, denn auf eine fehlende Kenntnis von Überweisungen und anderen Veränderungen auf dem Konto lasse sich daraus nicht schließen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten zu 1., mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt; der Beklagte zu 2. hat seine Berufung zurückgenommen. Die Beklagte zu 1. rügt, das Landgericht habe die Klage unter Mißachtung der Darlegungs- und Beweislast abgewiesen, es hätte zumindest Beweis über ihre Behauptung erheben müssen, dass der Darlehensvertrag nicht mit ihr, sondern mit der Schwester der Klägerin zustande gekommen sei. Die Angabe "Darlehen" als Verwendungszweck lasse nicht eindeutig darauf schließen, dass der Kontoinhaber auch Vertragspartner des Darlehensvertrages sein soll; ebenso möglich sei, dass damit nur darauf hingewiesen werde, dass der Überweisungsbetrag die Auskehrung eines - mit einem Dritten vereinbarten - Darlehens darstelle.
Das Landgericht habe zudem den Vortrag zur fehlenden Kenntnis nicht als unsubstantiiert ansehen dürfen, ohne ihr zuvor Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag nachzubessern. Sie ergänzt und vertieft ihren Vortrag zu den Hintergründen der Überweisung und der Verwendung des überwiesenen Betrages; so habe der Beklagte zu 2. ohne ihr Wissen am 7. Mai 2003 von dem Konto 20.000,00 US-Dollar zugunsten der a... OHG angewiesen. Damit sei eine Bereicherung der Beklagten zu 1. weggefallen.
Die Beklagte zu 1. beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Rücknahme der Berufung des Beklagten zu 2., um diesen als Zeugen zur Verfügung zu haben, für prozessual unzulässig. Sie bestreitet den gesamten Vortrag, der sich auf Absprachen und vertragliche Beziehungen zwischen ihrer Schwester und dem Beklagten zu 2. bezieht, mit Nichtwissen und hält das gesamte neue Vorbringen für nicht zulassungsfähig. Selbst wenn ein Darlehensvertrag nicht geschlossen worden sein sollte, sei die Beklagte zu 1. - aus ungerechtfertigter Bereicherung - zur Zahlung verpflichtet.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. - die Berufungsrücknahme des Beklagten zu 2. ist prozessual nicht zu beanstanden - hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin kann die Beklagte zu 1. aus keinem Rechtsgrund auf Rückzahlung von 15.000,00 € in Anspruch nehmen.
1.
Ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung aus Darlehen gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 BGB n.F. steht der Klägerin nicht zu, denn entgegen der Auffassung des Landgerichts rechtfertigt der unstreitige Sachvortrag der Klägerin nicht die Annahme, zwischen ihr und der Beklagten zu 1. sei eine Darlehensabrede zustande gekommen.
a) Das Vorbringen in der Anspruchsbegründung vom 9. August 2004, die Schwester der Klägerin habe diese überredet, der Beklagten zu 1. ein Darlehen zu gewähren, genügte den Anforderungen an substantiierten Sachvortrag zu einem ausdrücklich mit der Beklagten zu 1. vereinbarten Darlehensvertrag nicht. Die Beklagten haben diese Behauptung in ihrer Klageerwiderung bestritten und ihrerseits vorgetragen, die Klägerin habe ihrer Schwester U... F... ein Darlehen gewährt, weil diese 15.000,00 € benötigt hätten, um sich - mit dem Beklagten zu 2. - an einer Investition in die a... OHG zu beteiligen. Danach hätte es der Klägerin oblegen, Einzelheiten zu dem behaupteten Vertragsschluß mit der Beklagten zu 1. und der Beteiligung der U... F... hieran vorzutragen. Das ist - auch nachdem der Senat im Termin vom 11. November 2005 ausdrücklich auf den Vortragsmangel hingewiesen hatte - nicht erfolgt.
b) Wie der Senat ebenfalls im Verhandlungstermin ausgeführt hat, stehen auch keine hinreichenden tatsächlichen Umstände fest, die den Schluß auf einen konkludent mit der Beklagten zu 1. geschlossenen Darlehensvertrag zulassen.
Es ist bereits zweifelhaft, ob in der Angabe des Verwendungszwecks "Darlehen" auf einem Überweisungsträger stets eine auf Abschluß eines Darlehensvertrages mit dem Kontoinhaber gerichtete Willenserklärung zu sehen ist. Ein Darlehensvertrag kommt - wie jeder Vertrag - durch übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme, zustande. Der Überweisende gibt zwar mit einer solchen Zweckbestimmung auf dem Überweisungsträger zu erkennen, dass der Kontoinhaber den Betrag nicht endgültig behalten darf. Ob es sich hierbei um eine Willenserklärung des Überweisenden handelt oder aber der Angabe "Darlehen" als Verwendungszweck nur die Bedeutung zukommt, den Überweisungsbetrag als Darlehensvaluta zu kennzeichnen, bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont, also danach, wie der Empfänger der Leistung die Erklärung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) verstehen durfte. Bei der Beurteilung, wie der Empfänger die Verwendungszweckangabe "Darlehen" verstehen durfte, kann nicht unberücksichtigt bleiben, welche Abreden im Vorfeld der Überweisung getroffen wurden.
Danach konnte hier der Angabe "Darlehen" im Feld "Verwendungszweck" die Bedeutung eines Angebots der Klägerin auf Abschluß eines Darlehensvertrages mit der Beklagten zu 1. nicht beigemessen werden - und schon deshalb kann das Behalten des Überweisungsbetrages nicht als Annahmeerklärung ausgelegt werden.
Den Beklagtenvortrag zum Vertragsschluß der Klägerin mit U... F... als richtig unterstellt, diente das Konto der Beklagten zu 1. lediglich als "Zahlstelle" für das U... F... gewährte Darlehen; die Überweisung mit dem Verwendungszweck "Darlehen" konnte und durfte dann dahin verstanden werden, dass die Klägerin damit die ihr gegenüber ihrer Vertragspartnerin aus dem Darlehensvertrag - U... F... - bestehende Verpflichtung zur Verschaffung des vereinbarten Geldbetrages erfüllt.
Diesem Vorbringen der Beklagten ist die für das Vorliegen einer Darlehensabrede darlegungs- und beweispflichtige Klägerin - wie bereits dargelegt - nicht substanziiert entgegengetreten. Hierauf sowie auf die Beweisfälligkeit der Klägerin hat der Senat im Verhandlungstermin vom 11. November 2005 ausdrücklich hingewiesen.
2.
Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1. auch nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1.Alt. BGB Zahlung von 15.000,00 € verlangen.
Der Anspruch aus Leistungskondition gemäß § 812 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Anspruchsteller eine Leistung ohne Rechtsgrund erbracht hat. Der Gläubiger ist daher auch darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass eine Vermögensverschiebung ohne rechtfertigenden Grund erfolgte. Er muss zwar nicht beweisen, dass jeglicher erdenkliche Rechtsgrund für die Leistung fehlt, erforderlich ist aber der Beweis, dass die von dem Bereicherungsschuldner behaupteten Rechtsgründe nicht bestehen (st. Rspr. auch des Senats: Senatsurteile vom 12. Januar 2005 - 4 U 97/04 -; 4. August 2004 - 4 U 7/04 - und 30. Juni 2004 - 4 U 181/03 -).
Diesen Anforderungen hat die Klägerin - nachdem auch hierauf im Verhandlungstermin hingewiesen worden ist - nicht genügt. Sie hätte den von der Beklagten zu 1. behaupteten Darlehensvertrag mit U... F... widerlegen müssen. Sie hat jedoch weder nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen es zu der Überweisung auf ein Konto der ihr - unstreitig -unbekannten Beklagten zu 1. gekommen ist, noch Beweis dafür angeboten, dass sie einen Darlehensvertrag nicht mit ihrer Schwester abgeschlossen hat.
Auf die weitere unter den Parteien streitige Frage, ob sich die Beklagte zu 1. wegen der erstmals im Berufungsrechtszug behaupteten Belastung des Kontos am 8. Mai 2003 mit umgerechnet 17.720,75 € auf einen Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB berufen kann, kommt es danach nicht mehr an.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß den §§ 48, 49 GKG n.F. auf 15.000,00 € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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