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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.03.2007
Aktenzeichen: 5 U 123/05
Rechtsgebiete: BImSchG, BGB


Vorschriften:

BImSchG § 52
BGB § 906
BGB § 1004 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 123/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 15. März 2007

Verkündet am 15. März 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Landgericht Boecker

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20. September 2005 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - 5 O 3/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Der Kläger ist seit 1986 Eigentümer des im Grundbuch von P... Blatt 191 eingetragenen Grundstücks, ... 6 in P..., auf dem sich ein 1954 errichtetes Neubauernhaus befindet. Im Zuge der Spezialisierung der Landwirtschaft und der im Zusammenhang damit gebildeten LPGen (P) und (T) in der Region wurde der Viehbestand der einzelnen Landwirte zusammengefasst. Auf dem nördlich an das Grundstück des Klägers angrenzenden Grundstück der Beklagten betrieb die LPG (T) in zwei Ställen eine herkömmliche Milchviehhaltung und gegenüber dem Wohnhaus des Klägers in einer Entfernung von 300 - 400 Metern eine Schweinemastanlage. Während die Schweinemastanlage im Zuge der Wende stillgelegt wurde, erhielt die Beklagte als umgewandelte LPG in den 90iger Jahren den Milchviehbetrieb aufrecht. Nachdem die Gemeindevertretung von P... in einer Sitzung vom 12. April 1994 der Rekonstruktion und der Erweiterung der Milchviehanlage P... für 500 Kühe mit Nachzucht unter diversen Auflagen zugestimmt hatte, baute die Beklagte die Milchviehanlage Mitte der 90iger zu einer Milchviehanlage bestehend aus drei Ställen mit Trauf-First-Lüftung für 723 Großvieheinheiten und einem Melkhaus aus, wobei die Mindestentfernung zum Wohnhaus des Klägers 100 - 150 Meter beträgt. Im Jahr 2001 wurden die Traufwände der Stallanlage mit etwa 2 x 2 m großen Öffnungen versehen. Am 6. Mai 2002 wurde durch das Amt für Immissionsschutz eine Anlagenkontrolle gemäß § 52 BImSchG durchgeführt; Abweichungen der Immissionsschutzrechtlich bestimmungsgemäßen Lage, Beschaffenheit und Betriebsweise wurden hierbei nicht festgestellt.

Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die vom Grundstück der Beklagten ausgehenden Immissionen.

Der Kläger hat behauptet, seit dem Einbau der Öffnungen in den Stallwänden im Jahre 1999 bzw. 2002 sei sein Grundstück bei Nordwind ungefilterten Fäkal- und Tiergerüchen in einem solchen Maße ausgesetzt, dass die dortige Grünfläche nicht mehr nutzbar sei. Insbesondere in den Sommermonaten könne er sein Haus nicht mehr lüften, weil die Immissionen selbst bei einem durchschnittlich empfindlichen Menschen Übelkeit und Brechreiz, nach etwa einer halben Stunde auch Kopfschmerzen hervorriefen.

Die Beklagte hat behauptet, die von dem Milchviehbetrieb ausgehenden Geruchsbeeinträchtigungen seien unwesentlich. Die Gemeinde P... sei ein landwirtschaftlich geprägtes Dorf, das von einem Nebeneinander in der Landwirtschaft arbeitender Wohnbevölkerung und landwirtschaftlicher Viehhaltung gekennzeichnet sei. Der Kläger sei, so hat die Beklagte gemeint, zur Duldung verpflichtet. Die Anlage entspreche öffentlich rechtlichen Vorgaben, ohne von der immissionsrechtlich bestimmungsgemäßen Beschaffenheit und Betriebsweise abzuweichen. Die Gerüche müssten im ländlichen Raum als üblich hingenommen werden. Im Übrigen sei die Lüftung des Stalles für die Gesundheit der Tiere erforderlich. Schließlich sei für das Gebiet ein höherer Richtwert als für gewöhnliche Dorfgebiete anzusetzen.

Nach Beweisaufnahme (Einholung eines Gutachtens und Einnahme richterlichen Augenscheins) hat das Landgericht die Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag auf Unterlassung der Beeinträchtigung seines Grundstücks durch die von der Stallanlage ausgehenden Stallgeruch- und Gülleimmissionen abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein Anspruch des Klägers nach § 1004 Abs. 1 BGB bestehe nicht, da der Kläger die vom Grundstück der Beklagten ausgehenden Beeinträchtigungen gemäß § 906 BGB zu dulden habe.

Zwar handele es sich bei dem von der Milchviehanlage der Beklagten ausgehenden Geruchs- und Gaseinwirkungen um Beeinträchtigungen im Sinne von § 906 BGB. Der Kläger könne diese Einwirkungen jedoch nicht verbieten, da die Wesentlichkeitsgrenze nicht überschritten sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei unter Berücksichtigung der in Brandenburg wie auch in anderen Bundesländern anwendbaren Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen (Geruchsimmissions-Richtlinie/GIRL; in Brandenburg GIRL Bbg vom 17.2.2000) für das Grundstück des Klägers ein Immissionswert bis zu 0,20 als unwesentlich anzusehen und dieser Wert werde nicht überschritten. Die GIRL könnten vorliegend als Hilfsmittel für die Ermittlung von Geruchsbelästigungen herangezogen werden, auch wenn sie keine Angaben zu zulässigen Immissionswerten für Dorfgebiete enthalte. Nach der verwaltungsgerichtlichen Praxis sei bei Dorfgebieten unter Berücksichtigung der in der GIRL genannten Richtwerte regelmäßig ein Immissionswert von 0,15 anzusetzen; in begründeten Ausnahmefällen, wie vorliegend, insbesondere bei einer Prägung des betreffenden Gebietes durch landwirtschaftliche Nutzflächen ein Richtwert von 0,20. P... könne auf Grund des im Ortstermin festgestellten dörflichen Charakters nicht einem Wohngebiet gleich gestellt werden. Vielmehr sei auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe Rücksicht zu nehmen, so dass das Dorfgebiet eher mit einem Gewerbe- und Industriegebiet vergleichbar sei. Wegen seiner besonderen landwirtschaftlichen Prägung sei jedoch die Erheblichkeitsschwelle für das Gebiet nicht schon bei 0,15 sondern erst bei einem Immissionswert von 0,2 anzusetzen. Denn die Umgebung des klägerischen Grundstücks sei durch eine starke landwirtschaftliche Nutzung gekennzeichnet, die sich keineswegs auf den an die rückwärtige Seite des Grundstücks grenzenden Milchviehbetrieb der Beklagten beschränke. Der Kläger bewohne auf seinem Grundstück das letzte Wohnhaus am Dorfrand. Direkt gegenüber dem Wohnhaus des Klägers liege an der gegenüberliegenden Straßenseite ein Feld, welches während des Ortstermins gedüngt worden sei, weshalb ein entsprechender Düngemittelgeruch bei dem Ortstermin wahrnehmbar gewesen sei. Hinter diesem Feld liege in einem Abstand von wenigen 100 Metern die nach der Wende stillgelegte Schweinemastanlage. Ebenfalls an der Vorderseite des Hauses, etwa 1 - 2 km entfernt, liege ein Reiterhof. Bei Besichtigung der umliegenden Häuser sei festzustellen gewesen, dass innerhalb des Ortes, so auch in unmittelbarer Nähe zum Grundstück des Klägers, im Freien und in Stallungen Tiere, nämlich Gänse, Ziegen, Schafe und Pferde gehalten werden. Während des gesamten Ortstermins sei ein für landwirtschaftlich genutzte Gebiete charakteristischer Tier- und Düngemittelgeruch wahrnehmbar gewesen. Insgesamt habe das Gericht den Eindruck gewonnen, dass es sich bei der Gemeinde P... um einen Ort mit einer historisch gewachsenen landwirtschaftlichen Prägung handele, deren Bewohner seit jeher höheren Geruchsbelastungen ausgesetzt gewesen seien, als dies in einem durchschnittlichen Dorfgebiet der Fall sei. Dies gelte insbesondere für das Gebiet am Ortsrand, in dem sich das Grundstück des Klägers befinde. Nach dem Ergebnis des eingeholten Gutachtens werde der Immissionswert von 0,20 durch Geruchsimmissionen der Milchviehanlage nicht überschritten. Vielmehr erreiche der Immissionswert nach dem eingeholten Sachverständigengutachten maximal 0,18.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung rügt.

Der Kläger meint, es fehle schon an einer umfassenden Abwägung der tatsächlichen Gegebenheiten und Interessen, um von dem vom Landgericht angenommenen Grenzwert von 0,20 auszugehen. Dessen ungeachtet könne auch deswegen der Geruchsschwellenwert von 0,20 nicht angesetzt werden, weil es bei dem in dem Gutachten festgestellten Grenzwert um einen solchen gehe, der für die Gesamtbelastungen aus allen einwirkenden Immissionen in Wohn- und Mischgebieten mit 0,10 und in Gewerbe- und Industriegebieten mit 0,15 benannt werde. Hier sei schon allein für die Milchviehanlage ein Wert von max. 0,18 anzusetzen, der unter Berücksichtigung der weiteren dörflichen Immissionen den Gesamtimmissionswert von 0,20 überschreite. Im Übrigen gelte der Immissionsfaktor von 0,15 für den Wohnort des Klägers deswegen nicht, weil es sich bei ihm um ein zu einem Wohngebiet entwickelndes Dorfgebiet mit nur noch wenigen landwirtschaftlichen Betrieben handele, so dass der Immissionswert von 0,10 anzusetzen sei. Eine Überschreitung dieses Grenzwertes bis zu 0,20 könne lediglich dann toleriert werden, wenn spezielle weitere Faktoren vorhanden seien, die eine derartige Wertung zuließen. Solche seien nicht ersichtlich. Keinesfalls könne von P... als einem Ort besonderer landwirtschaftlicher Prägung ausgegangen werden, welcher die Erheblichkeitsschwelle erst bei einem Immissionswert von 0,20 eintreten lasse. Allenfalls sei die Erheblichkeitsschwelle bei 0,15 anzusetzen, wobei schon dem Umstand Rechnung getragen werde, dass in dörflicher Umgebung immer auch eine gewisse Geruchserheblichkeit hinsichtlich der Immissionen durch landwirtschaftliche Kleinbetriebe und Kleintierhaltung gegeben sei, wie sie vom Landgericht im Ortstermin festgestellt worden seien.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des am 20. September 2005 verkündeten Urteils der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - 5 O 3/04 - zu verurteilen, es zu unterlassen, das Grundstück des Klägers in P..., ... 6, durch die von der Beklagten betriebenen Stallanlage ausgehenden Stallgeruch - und Gülleimmissionen wesentlich zu beeinträchtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit näherer Darlegung. Sie hält das Vorbringen des Klägers zu der Gesamtimmissionsbelastung für verspätet.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigens sowie der vom Landgericht getroffenen Feststellungen wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

II.

Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1, 2, 513, 517, 519, 520 ZPO).

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

Die Unterlassungsklage ist zwar zulässig. Insbesondere ist der Klageantrag unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1999, 356, 357) hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO). Danach kann sich bei Geruchsbelästigungen der Klageantrag - und auch die Verurteilung - auf ein allgemeines an den Gesetzeswortlaut angelehntes Unterlassungsgebot beschränken, da Geruchsbelästigungen nicht zu quantifizieren und damit nicht messbar sind. Es muss aus diesem Grund, nämlich weil es an jeder Quantifizierung fehlt, hingenommen werden, dass sich der Streit der Parteien um das Ausmaß der Geruchsbelästigung mangels konkreter Orientierungsdaten letztlich in das Vollstreckungsverfahren verlagert.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Nach § 1004 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer von einem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen, wenn das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen. Nach § 906 Abs. 1, Satz 1 BGB kann der Eigentümer die Zuführung von sogenannten unwägbaren Stoffen, unter anderem Gerüche, die von einem anderen Grundstück ausgehen, insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Nach Absatz 2 der Vorschrift besteht die Pflicht zur Hinnahme von Einwirkungen auch, soweit eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind.

Vorliegend kann die Frage der Wesentlichkeit dahinstehen. denn der Kläger hat die von der Milchviehanlage ausgehenden Geruchsbelästigungen als ortsüblich hinzunehmen.

Bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit, für die von einem Vergleich des beeinträchtigenden Grundstücks mit anderen Grundstücken des Bezirks entsprechend dem Gepräge dieser Gegend auszugehen ist, ist auf die gesamte Ortschaft als Beobachtungsgebiet abzustellen (BGH NJW 1976, 1204; OLG Braunschweig, Niedersächsischer Rechtspfleger, 1987, 185; Senat, Urteil vom 27. März 2003 - 5 U 245/01).

Hierzu hat die erstinstanzliche Inaugenscheinnahme ergeben, dass die Grundstücke der Parteien unter Berücksichtigung der unmittelbaren Umgebung in einer offenen Siedlungsstruktur mit ländlichem Gepräge liegen. Vom Grundstück des Klägers aus gesehen auf der gegenüberliegenden Straßenseite an der Frontseite des Hauses befindet sich in einem Abstand von 300 -400 m eine stillgelegte Schweinemastanlage. Auf drei Seiten, nämlich nach Norden, Westen und Süden hin, ist das am Ortsrand liegende Grundstück von landwirtschaftlichen Flächen umgeben. Das war immer schon so. Auch vor 1990 wurde im Norden von der LPG die Milchviehanlage betrieben und im Süden der Schweinemastbetrieb. Auch der Ort P... selbst ist, wie die Luftaufnahme Bl. 32 d. A. zeigt, von landwirtschaftlichen Flächen umgeben. Der Ortscharakter von P... wurde also geprägt von der LPG-Nutzung der umliegenden Flächen und war damit LPG-Standort. Der Ort diente damit der LPG als landwirtschaftlichem Betrieb und dem Wohnen. An dieser Funktionsbestimmung hat sich seit 1990 nichts geändert, da die Beklagte den LPG-Betrieb weiterführt. Das Dorfgebiet von P... ist damit Standort landwirtschaftlicher Betriebe im Sinne von § 5 Abs. 1 BauNVO. Zwar mag die Beklagte mit ihrer Milchviehanlage der einzige in P... existierende landwirtschaftliche Betrieb sein. Dies ändert jedoch nichts an dem dörflichen Charakter im Sinne der genannten Vorschrift. Denn es ist entwicklungsbedingt auf die Bildung der LPGen, die anschließende Spezialisierung und schließlich die Umstrukturierung der Landwirtschaft nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz zurückzuführen, dass in den Dörfern der neuen Länder einzelbäuerliche Betriebe selten anzutreffen sind und überwiegend eine spezialisierte und konzentrierte Landwirtschaft betrieben wird. Wenn aus diesem Grund die Wohngebäude auch nicht mehr Teil der landwirtschaftlichen Betriebe waren, so waren und sind sie, da ihre Bewohner LPG-Mitglieder oder LPG-Arbeiter waren, der Landwirtschaft doch in enger Weise zuzuordnen. Dies gilt insbesondere für das Neubauernhaus des Klägers. Das Grundstück des Klägers ist deshalb als in unmittelbarer Nähe eines landwirtschaftlichen Betriebes liegendes ehemaliges Neubauerngrundstück in diesem Sinne vorbelastet. In § 5 Abs. 1 BauNVO kommt zum Ausdruck, dass seine Wohnnutzung die mit den Betrieben verbundenen Störungen als ortsübliche hinnehmen muss. Die Ortsüblichkeit entfällt auch nicht schon deswegen, weil die Beklagte die bisher betriebene herkömmliche Milchviehhaltung bei Schließung der zum Teil noch genutzten Schweineställe in P... (vgl. die Niederschrift über die Sitzung der Gemeindevertretung der Gemeinde P... vom 12. April 1994 - Bl. 27 d. A.) aus betriebswirtschaftlichen Gründen, um ihr Überleben zu sichern, geändert und auf eine Milchviehanlage für 500 Kühe umgestellt hat. Denn weil sich das Wohnhaus des Klägers von vorneherein in unmittelbarer Nähe des Milchviehbetriebes, damals noch der LPG, befindet, konnte er sich nicht darauf verlassen, dass es auf Dauer nicht zu stärkeren Belastungen kommt.

Hat hiernach bisher schon die LPG-Nutzung und die damit verbundene Viehhaltung den Ortscharakter von P... geprägt und war damit bereits auch die existenzsichernde Errichtung der neuen Milchviehanlage und die damit verbundene Änderung der Immissionen in der ortsüblichen Situation erkennbar angelegt, wird sie vom ortsüblichen Dorfgebietscharakter erfasst. Denn anderenfalls würde das Dorfgebiet nicht länger Standort landwirtschaftlicher Betriebe sein können, was es nach der Funktionsbestimmung des § 5 Abs. 1 BauNVO gerade sein soll.

Dass diese ortsübliche Nutzung der Beklagten und die dadurch verursachten und von ihrem Grundstück ausgehenden Beeinträchtigungen durch zumutbare wirtschaftliche Maßnahmen verhindert werden könnten, ist angesichts des Umstands, dass es sich unstreitig um einen modernen Milchviehbetrieb handelt, der höchsten Standards genügt, ausgeschlossen. Insbesondere ist es, entgegen der ursprünglichen Behauptung des Klägers, mit einem Schließen der Lüftungsklappen nicht getan, da diese Klappen der Ansaugung von Frischluft dienen und deswegen als Ursache für die Immissionen ausscheiden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen §§ 97, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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