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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.06.2006
Aktenzeichen: 5 U 136/02
Rechtsgebiete: MauerG, ZPO, VwGO, SachenRBerG, GrenzG (1982), GrenzVO (1982), GrenzO (1964), GrenzO (1972)


Vorschriften:

MauerG § 1
MauerG § 1 Abs. 1
MauerG § 2
MauerG § 2 Abs. 1
MauerG § 7 Abs. 2
ZPO § 253 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 270 Abs. 3
ZPO § 524 Abs. 2 Satz 2
VwGO § 78 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz
VwGO § 78 Abs. 1 Ziff. 1 2. Halbsatz
VwGO § 270 Abs. 3 a. F.
SachenRBerG § 108
GrenzG (1982) § 8
GrenzG (1982) § 8 Abs. 1
GrenzVO (1982) § 1 Abs. 1 lit. a
GrenzO (1964) § 21
GrenzO (1964) § 21 Abs. 1
GrenzO (1972) § 23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 136/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 15. Juni 2006

Verkündet am 15. Juni 2006

in dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 21. August 2002 - Az: 5 O 167/99 - abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis zu 40.000 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Berechtigung der Klägerin hinsichtlich einzelner Grundstücke der Flur 2 in St.... Die Klägerin begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Feststellung, dass sie berechtigt ist, den Grundbesitz in St... der Flur 2, Flurstücke 36, 43, 141 (ursprünglich eingetragen im Grundbuch von St... Blatt 258), Flurstücke 135 und 138 (ursprünglich eingetragen im Grundbuch von St... Blatt 260) sowie Flurstücke 45, 46 und 47 (ursprünglich eingetragen im Grundbuch von St... Blatt 260) soweit diese heute Teilflächen des Flurstücks 45/1, eingetragen im Grundbuch von St... Blatt 3038, sind, zu einem Preis von 25 % des Verkehrswertes im Zeitpunkt eines noch abzuschließenden Kaufvertrages zu erwerben.

Die Klägerin war ursprünglich Eigentümerin der genannten Grundstücke sowie der weiteren Flurstücke 31/1 und 31/2 der Flur 2 mit einer Gesamtgröße von 221.530 m². Das Grundvermögen wurde zunächst auf der Grundlage des § 6 Sicherungsverordnung/DDR vom 17. Juli 1952 unter staatliche Verwaltung gestellt. Mit Feststellungsbescheid des Rates des Kreises P... vom 16. Dezember 1971 wurden die - hier nicht streitgegenständlichen - Flurstücke 31/1 und 31/2 der Flur 2 für die Veränderung der Autobahnführung der jetzigen BAB 115 und die Errichtung der Grenzübergangsstelle D... gegen Festsetzung einer Entschädigung enteignet. Die streitgegenständlichen Flächen wurden zunächst auf der Grundlage eines Pachtvertrages zwischen dem Ministerium für nationale Verteidigung der DDR und dem Verwalter des Grundvermögens der Klägerin von der NVA genutzt. Am 16. September 1975 beantragte die NVA - Unterkunftsabteilung - die Inanspruchnahme der gepachteten und weiteren Grundstücke auf der Grundlage des § 10 des Verteidigungsgesetzes der DDR und die Überführung der Grundstücke in Volkseigentum; in dem Antrag heißt es in diesem Zusammenhang, dass die Grundstücke bislang auf vertraglicher Grundlage genutzt würden und zur Herstellung einer ordentlichen Rechtslage sich eine Objektbereinigung erforderlich mache. Weiter heißt es dann: "Aufgrund einer geplanten Investitionsmaßnahme ist es notwendig den Erwerb bis 30.05.1976 abzuschließen." Mit Feststellungsbescheid vom 1. März 1976 des Rates des Kreises P... wurden die Flurstücke 36, 43 und 141 enteignet und ein Gesamtentschädigungsbetrag in Höhe von 6.944 Mark/DDR festgesetzt. Mit weiterem Feststellungsbescheid vom 1. März 1976 wurden die Flurstücke 45, 46, 47, 135 und 138 gemäß § 10 Verteidigungsgesetz der DDR in Volkseigentum überführt und eine Entschädigung festgesetzt. Die Rechtsträgerschaft an den Grundstücken wurde mit Rechtsträgernachweis vom 3. Mai 1976 - RN 6592 und RN 6593 - dem Ministerrat der DDR -Ministerium der nationalen Verteidigung - übertragen. Die Grundstücke, die zuvor im Grundbuch von St..., Blatt 260 und 258, gebucht waren, wurden auf das Bestandsblatt 2098 der Liegenschaftskartei übertragen.

Im Jahre 1977 wurden die Flurstücke neu vermessen. Aus den Flurstücken 36, 43, 46 (Wege) - teilweise -, 47, 135 und 138 sowie weiteren hier nicht streitgegenständlichen Flurstücksflächen entstand das Flurstück 45/1 und aus den Flurstücke 45, 46 - teilweise - und weiteren Flurstücken entstand das Flurstück 45/2. Das Flurstück 45/2 wurde 1980 in die Flurstücke 45/3 (45 teilweise, 46 teilweise) und 45/4 (45 teilweise und andere Flurstücke) geteilt. Die Flurstücke 45/1 (Platz, an der alten Landstraße), das Flurstück 45/4 (Holzung, A...) sowie das Flurstück 141 (W, T...) wurden vom Bestandsblatt S... 2098 auf das Grundbuch von St..., Blatt 3038 (lfd. Nr. 2, 3 und 6) übertragen und die Beklagte als Eigentümerin eingetragen. Das weitere Flurstück 45/3 ist weiterhin im Grundbuch von St..., Blatt 2098, gebucht und als "Müllplatz" ausgewiesen.

Die Parteien streiten darüber, ob es sich bei den streitgegenständlichen Flächen um Mauergrundstücke im Sinne von § 1 MauerG handelt.

Die Entfernung zwischen der nordwestlichen Grenze der Flurstücke der Klägerin und dem südlichen Teil des Areals der ehemaligen Grenzkontrollstelle D.../Dr..., beträgt zwischen 500 und 1000 m. Die Entfernung zur Grenze in westlicher Richtung beträgt ca. 800 m. Die DDR-Zollabfertigung für den Schifffahrtsverkehr auf dem Teltowkanal lag ungefähr 200 m entfernt. Die nordwestliche Spitze des Geländes zieht sich bis zur jetzigen Autobahn BAB 115 und endet am Teltowkanal, der an dieser Stelle seinerzeit nicht die Grenze bildete. Südlich der streitgegenständlichen Flurstücke befinden sich ein Kasernenkomplex und ein militärischer Übungsplatz. Auf den Flurstücken selber befanden sich eine Mauer, Zäune, Stacheldraht, Gräben und weitere Einrichtungen, von denen die Klägerin ausgeht, dass es sich um Strom- und Lichteinrichtungen handelte. In den Bereichen der ehemaligen Flurstücke 36 und 42, die jetzt Bestandteil des Flurstücks 45/1 sind sowie auf dem Flurstück 141 befanden sich ferner sogenannte "Spanische Reiter", die zum Teil auf Betonsockeln auf der Straße errichtet worden waren. Hinsichtlich der konkreten Beschreibung wird auf die Darstellungen auf der Karte Bl. 144 d. A. sowie die Lichtbilder Bl. 146 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 5. November 1996 lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Antrag der Klägerin auf Restitution der streitgegenständlichen Grundstücke nach dem Vermögensgesetz ab, da die Klägerin nicht entschädigungslos enteignet worden sei. Daraufhin beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 28. Januar 1997, bei der Beklagten eingegangen am 30. Januar 1997, den Rückerwerb der Flurstücke nach dem Mauergesetz. Die Oberfinanzdirektion C... lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8. Juni 1999, bei der Klägerin eingegangen am 11. Juni 1999, ab. Mit am 10. August 1999 bei dem Landgericht Cottbus eingegangenen Schriftsatz erhob die Klägerin Feststellungsklage; in ihrer Klageschrift hat sie als Beklagte angegeben "Oberfinanzdirektion C..., Bundesvermögensabteilung,". Die Klage wurde zunächst nicht zugestellt. Auf richterlichen Hinweis hat die Klägerin am 13. August 1999 das Passiv-rubrum korrigiert und angegeben, dass die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Oberfinanzdirektion C..., gerichtet sei. Die Klageschrift wurde der Beklagten am 6. September 1999 zugestellt.

Die Klägerin hat vorgetragen, auf den streitgegenständlichen Flurstücken seien typische Sperranlagen errichtet worden. So hätten sich die spanischen Reiter überwiegend unmittelbar entlang der alten Bahnstrecke W...-St... und der daneben parallel verlaufenden Straße/Weg - der im Norden noch die Autobahn kreuzt - und an den westlichen Enden der Flurstücke 36, 43, 141 bzw. 38, 39, 40, 41 und 47 befunden. Am nordwestlichen Ende des Flurstücks 45/1 seien Lichtanlagen vorhanden gewesen; die übrig gebliebenen Lichtmasten seien auf den Lichtbildern 8 und 9 (GA 150) zu sehen. An zahlreichen Stellen hätten sich Stromverteilerkästen befunden. Auf den Fotos 9 und 10 bis 10d (GA 150 ff.) seien Reste von Drahtrollen und Zäunen zu erkennen. Diese befänden sich am nördlichen bzw. nordwestlichen Ende des Flurstücks 45/1 bzw. im westlichen Teil des Flurstücks 45/4. In diesem Bereich seien auch zahlreiche Stolperdrähte vorhanden. Auf dem Bild 10 (GA 151) sei darüber hinaus ein in Nord-Süd-Richtung verlaufender Drahtzaun zu erkennen, während auf Bild 11 (GA 151) ein Beobachtungs-/Stolpergraben zu erkennen sei. Dieser befinde sich auf dem Flurstück 36. Auf den Wegen zum und entlang des Teltowkanals seien früher Grenzsoldaten patrouilliert. Entlang der alten Bahnstrecke parallel bzw. auf den Flurstücken 38, 39 und 40 und damit angrenzend an die streitgegenständlichen Flurstücke 36 und 43 (Lichtbilder 12 - 15, GA 154 ff.) sei eine Betonwand errichtet worden.

Die streitgegenständlichen Flurstücke seien zwischen 1971 und 1976 im Zusammenhang mit der Transitregelung im Rahmen der Errichtung der neuen Grenzübergangsstelle D... in Anspruch genommen worden. Dies ergebe sich aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen der Enteignung und dem Ausbau des Grenzkontrollpunktes D.... Die Flurstücke seien nicht als Truppenübungsplatz der nationalen Volksarmee der DDR genutzt worden. Die Kasernengebäude hätten schon vor der Gründung der DDR bestanden und es gäbe keinen Anhaltspunkt, warum gerade zum Zeitpunkt der Erweiterung des Grenzüberganges die angesiedelten Truppen eine Vergrößerung ihres Übungsplatzes benötigt hätten.

Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, die Klage sei bereits unzulässig, da die Klagefrist des § 7 Abs. 2 MauerG nicht eingehalten sei. Für die erhobene Feststellungsklage fehle es darüber hinaus an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, weil die Klägerin Leistungs- bzw. Verpflichtungsklage hätte erheben können. Schließlich sei die Klägerin materiell nicht berechtigt, die Rückgewähr von Teilgrundstücken zu verlangen.

Bei den streitgegenständlichen Flurstücken handele es sich nicht um Mauer- und Grenzgrundstücke. Die Grundstücke lägen nicht im ehemaligen Grenzgebiet. Der Schutzstreifen sei nur maximal 500 m breit gewesen. Er habe unmittelbar an der Grenze gelegen und sei gleichartig bebaut gewesen. Die Flurstücke seien darüber hinaus nicht mit Sperranlagen versehen gewesen. Die auf den Grundstücken befindlichen Einrichtungen (Spanische Reiter etc.) seien Reste militärischer Anlagen der NVA, nicht jedoch der Grenztruppen der DDR. Die Grundstücke seien nicht originär zum Zwecke der Errichtung oder des Ausbaus von Sperranlagen an der ehemaligen Grenze in Anspruch genommen worden, sondern um den Truppenübungsplatz zu erweitern bzw. auszubauen.

Nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen H... K... (GA 488 ff.) und Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2002 (Bl. 223 ff. d. A.) hat das Landgericht der Klage nach dem Hauptantrag stattgegeben und festgestellt, dass die Klägerin berechtigt ist, den Grundbesitz in St..., Flur 2, Flurstücke (alte Bezeichnung) 36, 43, 141 eingetragen im Grundbuch von St... Blatt 258 (alt) 135, 138, eingetragen im Grundbuch von St... Blatt 260 (alt), 45, 46, 47, eingetragen im Grundbuch von St..., Blatt 260 (alt), und zwar als Teilflächen, soweit diese heute Teil des Flurstücks 45/1 (Blatt 3038) sind, zu einem Preis von 25 % des Verkehrswertes im Zeitpunkt eines noch abzuschließenden Kaufvertrages zu erwerben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das ihr am 3. September 2002 zugestellte Urteil des Landgerichts Cottbus hat die Beklagte mit am 30. September 2002 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Beru-fungsbegründungsfrist bis zum 4. Dezember 2002, mit am 2. Dezember 2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Sie macht ergänzend geltend, das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass keines der streitgegenständlichen Flurstücke in St... in Verantwortung der Grenztruppen gestanden habe. Sie seien Bestandteil eines standortnahen Truppenübungsplatzes der NVA gewesen und hätten bis zur Zuordnung in Bundeseigentum auf Grund der Nutzung an den Stichtagen 1. Oktober 1989 (Übungsgelände der ehemaligen NVA) sowie 3. Oktober 1990 und 31. Dezember 1991 (Übungsgelände der Bundeswehr) in Rechtsträgerschaft der Regierung der DDR - Ministerium für nationale Verteidigung - gestanden. Dies ergebe sich auch aus den Erklärungen der Standortverwaltung P... vom 10. Februar 1998 und 5. Januar 1998 (Bl. 95 ff. d. A.), wonach die Flurstücke 45/1 und 45/4 bis zum 1. Oktober 1989 als Übungsgelände der ehemaligen NVA gedient hätten und durch das motorisierte Schützenregiment 2 der ersten Schützendivision der NVA genutzt worden seien und das Übungsgelände und die auf dem Nachbargrundstück befindliche Kaserne die gleiche Grundstücksnummer 04/012 getragen hätten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 21. August 2003 -Az: 5 O 167/99 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise

festzustellen, dass sie berechtigt ist, den Grundbesitz in St..., Flur 2, Flurstücke (Altbezeichnung) 36, 43, 141, eingetragen im Grundbuch von St..., Blatt 228 (alt), 135, 138, eingetragen im Grundbuch von St..., Blatt 260 (alt), 45, 46, 47, eingetragen im Grundbuch von St... Blatt 260 (alt) zu einem Preis von 25 % des Verkehrswertes im Zeitpunkt eines noch abzuschließenden Kaufvertrages zu erwerben.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachten des Vermessungsingenieurs Dipl.-Ing S...P..., sowie durch Vernehmung des Zeugen H... S... und ergänzende Anhörung des Sachverständigen H.. K.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. P... vom 4. Juni 2004 und vom 15. November 2004 (Ergänzungsgutachten) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Mai 2006 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg; die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages über die streitgegenständlichen Flurstücke auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 MauerG, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 MauerG nicht erfüllt sind.

A) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung ist die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage allerdings insgesamt zulässig.

1.

Die Klägerin hat ihre Klage rechtzeitig innerhalb der Frist des § 7 Abs. 2 MauerG erhoben.

a)

Gemäß § 7 Abs. 2 MauerG ist die Klage innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten ab Zustellung des Bescheides über die Ablehnung des Erwerbsantrages zu erheben.

Die Zustellung des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 8. Juni 1999 an die Klägerin erfolgte am 11. Juni 1999; die Notfrist des § 7 Abs. 2 MauerG endete damit am 11. August 1999. Diese Frist ist vorliegend gewahrt.

Da auf Grund der Zuweisung von Rechtsstreitigkeiten nach dem Mauergrundstücksgesetz an die ordentliche Gerichtsbarkeit sich das Verfahren nicht nach den Bestimmungen der VwGO bestimmt, sondern nach denjenigen der ZPO (Wasmuth, in Klemm u. a., Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in den neuen Bundesländern, vor § 1 MauerG Rn. 16), ist für die Frage der Fristwahrung § 253 Abs. 1 ZPO maßgeblich. Danach ist eine Klage erst durch Zustellung der bei dem zuständigen Gericht einzureichenden Klageschrift an den Prozessgegner erhoben.

b)

Vorliegend ist die Klageschrift per Fax am 10. August 1999 und damit vor Fristablauf bei dem Landgericht Cottbus eingegangen. Die Klage wurde der Beklagten jedoch erst am 6. September 1999 und damit nach dem formellen Ablauf der Frist des § 7 Abs. 2 MauerG zugestellt.

Dies ist im konkreten Fall unschädlich, weil die Wirkungen der Zustellung - hier der Fristwahrung - bereits mit der Einreichung der Klageschrift bei Gericht am 10. August 1999 eingetreten sind (§ 270 Abs. 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung). Nach dieser Vorschrift tritt, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, diese Wirkung mit der Einreichung der Klage ein, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgt. Dies war hier der Fall.

Zwar ist die Zustellung der Klageschrift erst vier Wochen nach Ablauf der Frist erfolgt, sie ist gleichwohl als "demnächst" im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO anzusehen. In der Rechtsprechung wird eine Überschreitung der Frist von einem Monat zwar regelmäßig nicht mehr als nur geringfügig angesehen; eine geringfügige Verzögerung liegt in der Regel dann vor, wenn die Zustellung der Klageschrift ca. zwei Wochen nach Fristablauf erfolgt. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Verzögerung nicht auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.

c)

Es kann der Klägerin im konkreten Fall nicht vorgeworfen werden, in der Klageschrift die Oberfinanzdirektion C... und nicht den dahinter stehenden Rechtsträger, nämlich die Bundesrepublik, im Passivrubrum als Beklage angegeben zu haben. Obgleich auch diese Frage nach zivilprozessualen Grundsätzen zu entscheiden ist, sind die für die Klageerhebung in Verwaltungsverfahren geltenden Vorschriften und Rechtsgrundsätze in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Gemäß § 78 Abs. 1 Ziffer 1 2. Halbsatz VwGO genügt bei Erhebung einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sowie der Fortsetzungsfeststellungsklage zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde. Hintergrund dieser Regelung ist, dass es dem Kläger häufig rechtliche Probleme bereitet, zu ermitteln, gegen welchen Rechtsträger die Klage zu richten ist. Die Unklarheiten ergeben sich insbesondere daraus, dass einem Kläger in dem einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage vorausgehenden Verwaltungsverfahren regelmäßig die zuständige Behörde und nicht die dahinter stehende Körperschaft gegenübertritt. Entsprechend wird der im Klageverfahren zur Überprüfung gestellte Verwaltungsakt auch von der zuständigen Behörde und nicht von der dahinter stehenden Körperschaft erlassen, so dass für den Kläger (Antragsteller) regelmäßig der Eindruck entsteht, dass diese auch prozessführungsbefugt und materiell berechtigt und verpflichtet ist. Ist die Vertretungsbehörde im Rubrum aufgenommen, ergibt sich für diese aus den Gesamtumständen zweifelsfrei, dass die Klage gegen den Prozessführungsbefugten und materiell berechtigten Rechtsträger erhoben werden soll. Es ist daher anerkannt, dass die Regelung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz VwGO bzw. jedenfalls ihr Rechtsgedanke auch auf andere Klagen gegen öffentliche Rechtsträger entsprechend anwendbar ist (Kopf/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 78 Rn. 9).

Dies gilt auch für Rechtsstreitigkeiten nach dem MauerG. Auch hier wird im weitesten Sinne ein Verwaltungsakt zur Überprüfung des Gerichts gestellt. Der Sache nach handelt es sich um eine Klage gegen die Versagung eines beantragten begünstigenden Verwaltungsaktes. Im konkreten Fall muss zudem berücksichtigt werden, dass sich die Unsicherheit bei der Bezeichnung der richtigen Beklagten aus der Rechtsmittelbelehrung im ablehnenden Verwaltungsakt selbst ergeben. In dieser dem ablehnenden Bescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung wurde zwar darauf hingewiesen, dass innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung Klage beim Landgericht Cottbus zu erheben sei, nicht jedoch, dass diese Klage nicht gegen die den Verwaltungsakt erlassende und im Kopf des Bescheides angegebene Oberfinanzdirektion, sondern unmittelbar gegen die Bundesrepublik Deutschland zu erheben ist.

Bei dieser Sachlage beruht die Verzögerung im Zusammenhang mit der Zustellung der Klage nicht auf einer Nachlässigkeit der Klägerin, so dass gem. § 270 Abs. 3 ZPO a. F. die Zustellung der Klageschrift noch als "demnächst" anzusehen ist und damit die Wirkungen der Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage bei Gericht am 10. August 1999 vorverlagert werde.

Die Klage ist damit rechtzeitig in der Frist des § 7 Abs. 2 MauerG erhoben worden.

2.

Der Zulässigkeit der Klage steht weiter nicht entgegen, dass die Klägerin im Ergebnis den Ankauf von Teilflächen der ehemaligen Flurstücke 45, 46 und 47 begehrt, nämlich soweit diese heute Teil des neu gebildeten Flurstücks 45/1 des im Grundbuch von St... nunmehr auf Blatt 3038 gebuchten Grundstücks sind. Zutreffend ist zwar, das § 1 Abs. 1 MauerG von einem Grundstück im Rechtssinne spricht und ein solches als ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der katastermäßig vermessen im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblattes als solcher vermerkt ist, definiert wird (BGHZ 49, 145, 147). Da die zur Nutzung als Absperrgebiet für die Grenze enteigneten Grundstücke jedoch heute oftmals nicht mehr eigenständig im Grundbuch geführt werden, beurteilt sich der Grundstücksbegriff im Sinne von § 1 Abs. 1 MauerG nach der grundbuchrechtlichen Situationen der Enteignung (Wasmuth in Klemm, a. a. O., § 1 Rn. 9).

3.

Die Klägerin ist darüber hinaus berechtigt, ihr Klagebegehren im Wege einer Feststellungsklage im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen. Die Leistungsklage ist schon deswegen nicht vorrangig, weil die nach § 2 MauerG zu gewährende Gegenleistung in Höhe von 25 % des Verkehrswertes zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegenwärtig noch nicht bezifferbar ist. Eine Leistungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück Zug um Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 25 % des Verkehrswertes auf die Klägerin zu übertragen, kommt aber auch deswegen nicht in Betracht, weil ein entsprechendes Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hätte. Soll durch ein Urteil die Zustimmung zu einem Vertrag ersetzt werden, so muss der Inhalt des Vertrages eindeutig definiert sein. Hieran fehlt es jedoch vorliegend. Die prozessuale Situation ist insoweit vergleichbar mit derjenigen nach § 108 SachenRBerG.

Die von der Klägerin erhobene Klage ist damit insgesamt zulässig.

B) Die Klage ist jedoch nicht begründet.

1.

Zu Gunsten der Klägerin ist davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Flurstücke, die im Jahre 1976 in Volkseigentum überführt worden waren, im Sinne des § 1 Abs. 1 MauerG in den in § 8 des Gesetzes über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (GBl. I Nr. 11 Seite 197) bezeichneten Grenzgebieten liegen.

a)

Nach § 8 Abs. 1 GrenzG (1982) bestanden in der DDR Grenzgebiete unter anderem entlang der Staatsgrenze. Der Begriff des Grenzgebietes wurde näher in der Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Staatsgrenze der DDR (GrenzVO) vom 25. März 1982 (GBl. I Seite 203) bestimmt. Nach § 1 Abs. 1 lit. a GrenzVO (1982) bestanden Grenzgebiete an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland aus einem Schutzstreifen und einer Sperrzone. An der Grenze zu Berlin (West) wurde das Grenzgebiet dagegen lediglich aus einem Schutzstreifen gebildet (§ 1 Abs. 1 lit. c GrenzVO 1982). Verlauf und Tiefe der Grenzgebiete wurde durch den Minister der nationalen Verteidigung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei bestimmt (§ 1 Abs. 2 GrenzVO 1982). Beschaffenheit sowie Tiefe/Breite des Schutzstreifens im Grenzgebiet zu Berlin (West) werden durch die Grenzverordnung und das Grenzgesetz aus dem Jahre 1982 dagegen nicht mehr selbst geregelt.

Regelungen über ein besonderes Regime für die Grenze zu Westberlin wurden erstmals mit der Verordnung über Maßnahmen zum Schutz der Staatsgrenze zwischen der DDR und Westberlin vom 21. Juni 1963 (GBl. II Seite 381), konkretisiert durch die Anordnung über die Einrichtung eines Grenzgebietes an der Staatsgrenze der DDR zu Westberlin (GBl. II, Seite 382) und über die Ordnung im Grenzgebiet an der Staatsgrenze zwischen der DDR und Westberlin vom 25. Juni 1963 (GBl. II Seite 382), erlassen. Danach war ein Kontrollstreifen unmittelbar entlang der Staatsgrenze und innerhalb des Bezirkes P... zusätzlich ein 500 m breiter Schutzstreifen sowie innerhalb von Berlin (Ost) ein 100 m breiter Schutzstreifen vorgesehen. Diese rechtlichen Bestimmungen wurden durch die Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze der DDR vom 19. März 1964 (GBl. II, Seite 34) aufgehoben. Nach § 21 GrenzO (1964) war die Größe des Schutzstreifens mit ca. 500 m geregelt. Die GrenzO (1964) wurde durch eine neue Grenzordnung vom 15. Juni 1972 (GBl. II, 483 ff.) abgelöst. Eine Bestimmung über die ungefähre Größe des Schutzstreifens enthielt diese GrenzO nicht mehr. In § 23 GrenzO (1972) war nur noch geregelt, dass entlang der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik zu Westberlin das Grenzgebiet allgemein aus einem Schutzstreifen besteht. Die Bestimmungen über die Ausgestaltung des Schutzstreifens wurden spätestens mit Inkrafttreten des GrenzG (1982) dadurch ersetzt, dass der Minister für nationale Verteidigung im Einvernehmen mit dem Minister des Inneren und Chef der Deutschen Volkspolizei den Verlauf und die Tiefe der in Absatz 1 genannten Grenzgebiete zu bestimmen hatte.

b)

Auf der Grundlage dieser rechtlichen Regelung über die Ausgestaltung der Grenzgebiete ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Flurstücke in den § 1 Abs. 1 MauerG bezeichneten Grenzgebieten liegen.

Entgegen den gesetzlichen Vorgaben existiert ersichtlich eine Bestimmung über die Breite/Tiefe des Schutzstreifens durch den Minister für nationale Verteidigung nicht. Eine solche Bestimmung konnte weder von den Parteien beigebracht werden noch haben die Nachforschungen des Senats bei dem Bundesarchiv in Berlin, bei dem Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg, dem Brandenburgischen Landesarchiv, dem Landesarchiv Berlin und der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine solche Bestimmung über die Breite des Grenzstreifens existiert.

Das Fehlen einer solchen Bestimmung des Grenzstreifens führt nach Auffassung des Senates jedoch nicht dazu, dass allein schon deswegen die Flurstücke nicht in dem in § 1 Abs. 1 MauerG bezeichneten Grenzgebiet belegen sind. Mangels gesetzlicher Bestimmungen über die Größe des Schutzstreifens kommt es vielmehr darauf an, ob die betroffenen Grundstücke noch in unmittelbarer Nähe zur ehemaligen Grenze liegen und zu dieser einen engen räumlichen und funktionalen Bezug aufweisen.

c)

Davon kann im vorliegenden Falle ausgegangen werden. Die nördliche bzw. nordwestliche Grenze des betroffenen Areals ist von dem südlichen Teil der ehemaligen Grenzkontrollstelle D.../D... zwischen 500 und 1000 m entfernt. Die Entfernung zur Grenze in westlicher Richtung beträgt ca. 800 m; die DDR Zollabfertigung für den Schiffsverkehr auf dem Teltowkanal lag ungefähr 200 m entfernt. Damit ist noch ein enger räumlicher Bezug der betroffenen Flurstücke zu dem Grenzgebiet insbesondere zu der Grenzkontrollstelle D.../D... gegeben. Verstärkt wird dieser Bezug dadurch, dass an der westlichen Grenze des Areals entlang einer stillgelegten Eisenbahnstrecke in Richtung Westberlin ein Weg verläuft, der die Transitautobahn überquerte. Da selbst die GrenzO (1964) in ihrem § 21 Abs. 1 die Breite des Schutzstreifens nur mit ca. 500 m bestimmte, also durchaus im Bedarfarfsfall ein größerer Schutzstreifen möglich sein sollte und sogar diese räumliche Beschränkung spätestens im Jahre 1972 entfallen ist, ist auf Grund der vorgenannten Umstände davon auszugehen, dass die betroffenen Flurstücke in dem in § 1 Abs. 1 bezeichneten Grenzgebiet liegen, so dass jedenfalls hieran eine Anspruchsberechtigung der Klägerin im vorliegenden Fall nicht scheitert. Bestätigt wird dies dadurch, nach dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. P... vom 15. November 2004 Teile des hier betroffenen historischen Flurstückes 45 sowie ein Großteil des angrenzenden ebenfalls historischen Flurstücks 33/4 innerhalb des von dem Sachverständigen Hagen K... in seinem Gutachten mit einer roten Linie gekennzeichneten und von ihm so bezeichneten "offiziellen Grenzgebiet" liegen.

2.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme vermag der Senat jedoch auf Grund der sich daraus ergebenden Sach- und Streitstandes nicht festzustellen, dass die betroffenen Flurstücke im Sinne des § 1 Abs. 1 MauerG für Zwecke der Errichtung oder des Ausbaus von Sperranlagen an der ehemaligen Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) und der Deutschen Demokratischen Republik einschließlich Berlin (Ost) in Anspruch genommen worden sind.

a)

Nach Sinn und Zweck des MauerG muss, um eine Anspruchsberechtigung der ehemaligen Eigentümer feststellen zu können, die Überführung des Grundstücks in Volkseigentum dem Zweck der Errichtung oder des Ausbaus von Sperranlagen gedient haben. Diese Zweckrichtung muss dem Überführungsakt unmittelbar zu Grunde gelegen haben. In diesem Zusammenhang ist es allerdings ausreichend, dass die Enteignung lediglich dem Motiv des Mauer- oder Grenzanlagenbaus diente. Auf die tatsächliche Durchführung dieser Maßnahmen nach der Enteignung kommt es dagegen nicht an (Erlass des BMF vom 12. September 1996 - Az. VI A Ziffer 2 01002 - 30.3 - 66/96 - [VIZ 1996, 636]).

Mit dem Begriff der Sperranlagen nimmt § 1 Abs. 1 MauerG insgesamt Bezug auf die von der DDR zur Sicherung der Grenze durchgeführten Maßnahmen, die mit einer Überführung der dazu genutzten Grundstücke verbunden waren. Dabei ist der Begriff weit auszulegen. Dies gebietet bereits der Normzweck des § 1 Abs. 1 MauerG, der Bund solle sich an Grundstücken, die einer besonders verwerflichen Verwendung gedient, nicht bereichern. Angesichts dieses Normzweckes kommt es nicht darauf an, ob die Verwendung der enteigneten Grundstücke unmittelbar oder lediglich mittelbar dazu diente, die innerdeutsche Grenze unpassierbar zu gestalten. Auch Einrichtungen, die für sich genommen keine Sperrfunktion erfüllten, aber etwa Hilfseinrichtungen für Anlagen mit direkter Sperrwirkung waren, haben als funktionale Einheit der Absicherung der Grenze gedient und nehmen damit am Unrechtscharakter der Grenzsicherung teil. Im Übrigen erfasst § 1 Abs. 1 MauerG ausdrücklich Grundstücke nicht nur im Schutzstreifen, sondern im gesamten Grenzgebiet. In den damit auch umfassten Sperrzonen standen jedoch unmittelbar als Hindernis aufgestellte Sperranlagen, also Sperranlagen im engeren Sinne, grundsätzlich nicht (Wasmuth, a. a. O., § 1 Rn. 28 ff.). Für eine weite Begriffsdeutung sprechen schließlich die Gesetzesmaterialien selbst. Der Entwurf des Bundesrates zu einem Gesetz zur Einbeziehung der Mauer- und Grenzgrundstücke in das Vermögensgesetz (BT Drucksache 13/120 Seite 4) sah noch vor, dass die Grundstücke unmittelbar zum Zwecke der Errichtung von Sperranlagen entzogen worden sein mussten. Auf die Beschränkung der Unmittelbarkeit verzichtet aber § 1 Abs. 1 MauerG. In den Anwendungsbereich des Mauergrundstücksgesetzes fallen danach sämtliche Grundstücke, die nach der Gesamtkonzeption des DDR-Grenzregimes unmittelbar oder mittelbar dazu gedient haben, die innerdeutsche Grenze gegenüber einem Überschreiten abzusperren. Sperranlagen sind damit nicht nur solche Anlagen, denen für sich genommen eine direkte Sperrwirkung zukam. Es ist vielmehr ausreichend, dass sie jedenfalls im Zusammenspiel mit anderen Einrichtungen darauf abzielten, die Grenze unpassierbar zu gestalten.

Sperranlagen sind danach zunächst alle körperlichen Hindernisse, die selbst Fluchtversuche verhindern oder erschweren sollten. Dazu gehören Mauern, Grenzzäune, Gräben, Beobachtungstürme, Panzerreiter, Überwachungseinrichtungen, Kontrollstellen, Selbstschussanlagen oder Munitionsfelder einschließlich der die Munition auslösenden Stolperdrähte. Daneben sind Sperranlagen aber auch unbebaute Flächen, die in einem funktionalen Zusammenhang mit den eigentlichen Sperranlagen in Verbindung stehen, also etwa Kontrollstreifen, Kolonnenwege oder Sichtschneisen, die den Grenztruppen ein Aufspüren von Personen erleichtern sollten (Wasmuth, a. a. O., § 1 MauerG Rn. 29 ff.).

Ein Grundstück wurde im Sinne von § 1 Abs. 1 MauerG selbst dann insgesamt für Zwecke der Errichtung oder des Ausbaus von Sperranlagen enteignet, wenn es nur teilweise dazu benötigt wurde, solche Anlagen zu errichten oder auszubauen (Erlass des BMF vom 12. September 1996, a. a. O.).

b)

Es kann im vorliegenden Fall allein davon ausgegangen werden, dass die auf dem Areal befindlichen sogenannten "Spanischen Reiter" (Panzerreiter) Sperranlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 GrenzG waren. Diese Panzerreiter wurden in Bewegungsrichtung zur Grenze bzw. zur Transitautobahn hin am westlichen Rand des Areals errichtet. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte selbst zuletzt vorgetragen, dass es in den 70iger Jahren einen Fluchtversuch eines Soldaten gegeben habe, der sich mit einem Panzer aus der Kaserne zur Grenze habe durchschlagen wollen. Diesen Vortrag hat der Zeuge S... bei seiner Vernehmung vor dem Senat bestätigt und ausgesagt, dass Anfang der 70iger Jahre der Ausbildungsplatz durch Panzersperren eingegrenzt worden sei. Diese Panzersperren seien entlang der S-Bahnstrecke aufgebaut worden. Ebenso seien solche Panzersperren in Höhe der Autobahn hergestellt worden. Der Zeuge hat weiter bestätigt, dass Anlass für die Errichtung der Panzersperren ein Vorfall in diesen Jahren gewesen sei; es habe einen versuchten Durchbruch mit einem Panzer zur Grenze gegeben. Danach seien dann diese Sperren errichtet worden.

Bei den übrigen Anlagen auf dem streitgegenständlichen Areal ist der Klägerin jedoch der Nachweis, dass es sich dabei um Sperranlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 MauerG handelt, nicht gelungen. Ihren Vortrag, bei den auf dem Gelände vorgefundenen Einrichtungen wie Zäune, die teilweise mit Stacheldraht versehen waren, Stolperdraht, Türme, Masten und Gräben handele es sich um Anlagen, die der Grenzsicherung gedient hätten, hat der Zeuge S... nicht bestätigt. Der Zeuge war in unterschiedlichen Funktionen seit dem Jahre 1959 bis zur Wende auf dem Gelände tätig. Er hat angegeben, dass in dieser Zeit dort das motorisierte Schützenregiment 2 stationiert gewesen sei. Bei diesem Regiment habe es sich um einen Teil der Nationalen Volksarmee gehandelt, der nicht den Grenztruppen unterstellt gewesen sei. Das zu dieser Kaserne gehörende freie Gelände - das streitgegenständliche Areal - sei als Ausbildungsplatz für die Truppenluftabwehr genutzt worden. Das Ausbildungsgelände habe bis zum Teltowkanal gereicht, es sei im Bereich des Kanals jedoch nur eingeschränkt benutzt worden. Bei den auf den Lichtbildern (GA 150) zu erkennenden Gerüsten handele es sich nicht um Masten für Scheinwerfer, sondern um Metallgerüste, die Teil einer Luftzielanlage gewesen seien. An diesen Masten hätten sich Seilanlagen mit kleineren Flugzeugmodellen befunden. Die Gräben, die auf den Lichtbildern Bl. 151 d. A. zu sehen seien, seien Schützengräben. Diese seien zu Ausbildungszwecken errichtet worden. Auf den auf den Lichtbildern erkennbaren Maschendrahtzaun angesprochen erklärte der Zeuge, das gesamte Ausbildungsgelände sei teilweise mit Stacheldraht, teilweise aber auch mit Maschendrahtzaun eingezäunt gewesen. Er hat dann seine Aussage weiter anhand der Anlage IX zu dem Gutachten des Sachverständigen P... dahingehend konkretisiert, dass das Gelände von der Alten P... Straße her etwa bis zur Grenze des Flurstücks 141 eingezäunt gewesen sei. Es habe jedoch einen Durchlass gegeben, um auch die weiteren Freiflächen Richtung Autobahn zu Ausbildungszwecken zu nutzen. Diese seien auch entsprechend benutzt worden. Es könne sein, dass ein Zaun, wie er auf Bl. 151 d. A. abgelichtet ist, vorhanden gewesen sei. Dies könne er jedoch nicht mehr genau sagen; teilweise seien jedoch solche Zäune zu Ausbildungszwecken aufgestellt, dann aber wieder entfernt worden. Manchmal seien sie auch stehen geblieben.

Aus der Aussage des Zeugen S..., an dessen Glaubwürdigkeit zu Zweifeln der Senat keinen Anlass sieht, ergibt sich, dass das Gelände, dessen Teil auch die streitgegenständlichen Flurstücke sind, jedenfalls seit dem Jahre 1959 einheitlich von der in der angrenzenden Kaserne stationierten zweiten Schützenregiments bzw. von der Truppenluftabwehr des zweiten motorisierten Schützenregiments zu Ausbildungszwecken als Übungsplatz genutzt worden ist.

Bestätigt wird diese Aussage durch die schriftlichen Auskünfte der Standortverwaltung P... vom 5. Januar 1998 und vom 10. Februar 1998, wonach die Flurstücke 45/1 und 45/4 der Flur 4 der Gemarkung St... zum Stichtag 1. Oktober 1989 Übungsgelände der ehemaligen NVA und danach Übungsgelände der Bundeswehr gewesen seien; die Standortverwaltung P... hat in diesem Zusammenhang weiter erklärt, das Gelände in St..., Alte P... Landstraße, sei bis zur Übernahme durch die Bundeswehr vom motorisierten Schützenregiment 2 der ersten motorisierten Schützendivision der Nationalen Volksarmee als Übungsgelände genutzt worden. Übungsgelände und Kaserne hätten die gleiche Grundstücksnummer 04/012 getragen. Entsprechend ist in einer Verwaltungsvereinbarung über die Zuführung eines Grundstückes zwischen der Bundeswehrverwaltung und der Bundesfinanzverwaltung aus dem Jahre 1992 das Flurstück 45/1 als Übungsgelände bezeichnet.

c)

Auch wenn es sich bei den Panzersperren und der Betonmauer, die der Zeuge S... als Bestandteil der Panzersperren angesehen hat, um Sperranlagen im Sinne des § 1 Abs. 1 MauerG handelt und diese errichtet worden sind, um den Durchbruch von Soldaten mit Panzern oder anderen militärischen Fahrzeugen nach Westberlin zu verhindern, können die streitgegenständlichen Flurstücke nicht als Grundstücke im Sinne des Mauergrundstücksgesetzes angesehen werden. Es fehlt nämlich insoweit an dem Erfordernis, dass die Überführung der Flurstücke in Volkseigentum dem Zwecke der Errichtung oder des Ausbaus von Sperranlagen gedient hat. Das Gelände wurde bereits seit den 50iger Jahren auf Grund von Pachtverträgen als militärisches Übungsgelände von der Nationalen Volksarmee genutzt. An dieser Nutzung hat sich bis zum 1. Oktober 1989 bzw. bis zum 3. Oktober 1989 nichts geändert. Anlass für die Inanspruchnahme der ehemals der Klägerin gehörenden Grundstücke war damit nicht die Errichtung von Sperranlagen im Grenzgebiet, sondern die Nutzung des Geländes zum Zwecke der militärischen Ausbildung durch die Nationale Volksarmee. An dieser Nutzung hat sich dadurch, dass das Gelände an der westlichen Seite in einer Weise abgesichert wurde, die den Grenzübertritt von Soldaten verhindern sollte, nichts geändert. Die DDR-Staatsorgane haben auf die Grundstücke damit nicht zugegriffen, um Sperranlagen errichten oder ausbauen zu können, sondern um das Gelände als militärisches Übungsgelände nutzen zu können. Allein dadurch dass dieses Übungsgelände eine räumliche Nähe zur Staatsgrenze der ehemaligen DDR aufwies und deswegen eine besondere Art der Absicherung erfahren hat, macht diese Grundstücke noch nicht zu einem Grenzgrundstück und die Absicherungsmaßnahmen noch nicht zu Sperranlagen.

Aus dem Zeitpunkt der Überführung der Grundstücke in Volkseigentum lässt sich ebenfalls nichts dafür herleiten, dass die Grundstücke zum Zwecke der Errichtung von Sperranlagen enteignet worden sind. Nach der Aussage des Zeugen S... wurden die Panzersperren bereits Anfang der 70iger Jahre errichtet, nachdem es zu dieser Zeit zu einem versuchten Grenzübertritt gekommen war. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Errichtung der Panzersperren und der Überführung der Grundstücke in Volkseigentum im Jahre 1976 ist damit nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht konkret dargetan. Der Umstand, dass es in dem Antrag der Nationalen Volksarmee vom 16. September 1975 auf Überführung in Volkseigentum heißt, der Erwerb sei auf Grund einer geplanten Investitionsmaßnahme notwendig, lässt einen konkreten Bezug zwischen Errichtung der Panzersperren und der Überführung in Volkseigentum ebenfalls nicht erkennen. Dass mit diesen geplanten Investitionsmaßnahmen die Errichtung von Sperranlagen gemeint gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich, zumal diese Errichtung nach der Aussage des Zeugen S... zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war. Die Rechtsträgernachweise vom 3. Mai 1976 enthalten ebenfalls keine Anhaltspunkte für den Zweck der Überführung in Volkseigentum. Allein der pauschale Hinweis in dem Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Brandenburg vom 5. November 1996, wonach die Inanspruchnahme zum Ausbau des Grenzkontrollpunktes erfolgt sei, vermag hieran nichts zu ändern, denn weder aus dem Bescheid noch aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergeben sich konkrete Hinweise auf einen solchen Zweck der Inanspruchnahme.

Damit kann nicht festgestellt werden, dass die Überführung der Grundstücke zum Zwecke der Errichtung oder des Ausbaus von Sperranlagen erfolgte.

3.

An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing P... in seinem Ergänzungsgutachten vom 15. November 2004 Teile des historischen Flurstückes 45 innerhalb des von dem Sachverständigen Hagen K... in seinem Gutachten vom 21. Januar 2002 rot markierten Grenzgebiet liegen.

a)

In diesem Zusammenhang geht der Senat mit dem Sachverständigen Hagen K...davon aus, dass es "typische Grenzeinrichtungen" von denen auch der Zeuge S... gesprochen habe, in der Deutschen Demokratischen Republik nicht gegeben hat. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang im Termin vom 4. Mai 2006 anhand konkreter Einzelbeispiele durchaus überzeugend dargelegt, dass zur Absicherung untypischer Grenzverläufe jeweils individuelle Lösungen gewählt worden seien und es einen typischen Aufbau der Grenzeinrichtungen nicht gegeben habe.

b)

Jedenfalls aber war der - vergleichsweise kleine - Teil des Flurstückes 45 (alt), der Gegenstand des Hauptantrages der Klägerin ist und unmittelbar an den Teltowkanal grenzt (vgl. Anlage 1 zum Ergänzungsgutachten vom 15. November 2004) mit den nach dem Gesetz erforderlichen Sperranlagen nicht versehen. Selbst wenn dieses Grundstück zu einem kleinen Teil Bestandteil des sogenannten offiziellen Grenzgebietes der Deutschen Demokratischen Republik gewesen sein sollte, was an dieser Stelle zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden kann, so vermag dies an dem Ergebnis, dass es sich nicht um ein Grundstück im Sinne des § 1 Abs. 1 MauerG handelt, nichts zu ändern. Entscheidend für die Anwendbarkeit des Mauergrundstücksgesetzes ist nicht die Bele-genheit des Grundstücks im Grenzgebiet als solchem, es muss vielmehr die Inanspruchnahme zum Zwecke der Errichtung oder des Ausbaus von Sperranlagen hinzu kommen. Gerade dies vermag der Senat aber im vorliegenden Fall nicht festzustellen.

4.

Aus diesen Gründen hat auch der Hilfsantrag der Klägerin, der über den Hauptantrag insoweit hinausgeht, als nun auch die Feststellung der Ankaufsberechtigung insoweit begehrt wird, als die seinerzeit enteigneten Flurstücke nicht nur Bestandteil des neuen Flurstücks 45/1 sind, keinen Erfolg. Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Hilfsantrag, soweit mit ihm in zweiter Instanz eine Klageerweiterung verbunden ist, darüber hinaus bereits unzulässig ist, weil eine solche Klageerweiterung allein im Wege der Anschlussberufung hätte geltend gemacht werden können (Zöller/Gummer/Hessler, § 524 ZPO Rn. 33). Die für die Einhaltung der Anschlussberufung maßgebliche Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat die Klägerin nicht eingehalten.

Auf die Berufung der Beklagten war danach das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt - auch mit den in zweiter Instanz gestellten Hilfsantrag - abzuweisen.

C)

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Die möglicherweise grundsätzliche Frage, was im Sinne des § 1 Abs. 1 MauerG, Mauer- und Grenzgrundstücke sind, die in den in § 8 des Gesetzes über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 bezeichneten Grenzgebieten liegen und was darunter zu verstehen ist, war vorliegend nicht streitentscheidend, weil eine Berechtigung der Klägerin zum Ankauf der Grundstücke aus anderen Gründen, nämlich der fehlenden Inanspruchnahme zum Zwecke der Errichtung oder des Ausbaus von Sperranlagen, nicht gegeben war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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