Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.07.2008
Aktenzeichen: 5 U 143/07
Rechtsgebiete: BGB, BauGB, BbgBO, BauO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 286 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB § 874
BGB § 892 Abs. 2
BGB § 892 Satz 1
BGB § 1091
BauGB § 21
BbgBO § 4 Abs. 1 Nr. 2
BbgBO § 4 Abs. 1 Nr. 3
BbgBO § 65 Abs. 1
BauO v. 20.07.1990 § 80
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 143/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24.07.2008

Verkündet am 24.07.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 03. Juli 2008 durch

den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Oberlandesgericht Grepel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 24. August 2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 12 O 134/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund dieses Urteils beizutreibenden Beträge abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin der im Grundbuch von F... Blatt 3936 lfde. Nrn. 3 und 4 eingetragenen (Hinterlieger-)Grundstücke, Gemarkung F... Flur 3, Flurstücke 990 und 991, entstanden aus einer Herausvermessung aus dem Flurstück 522.

Der Beklagte ist Eigentümer der versetzt davor liegenden und aus einer Herausvermessung aus dem Flurstück 521 (geringfügig auch aus Flurstück 518) entstandenen Flurstücke 993 und 995 der Flur 3, wobei das Flurstück 993 unmittelbar an die F...straße angrenzt.

Die Klägerin begehrt mit der Klage von dem Beklagten zu Lasten seiner genannten Grundstücke die Einräumung einer beschränkt persönlichen Grunddienstbarkeit in Form eines Geh-, Fahr- und Leitungsrechts zu Gunsten des Landkreises M....

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen sowie wegen der von dem Landgericht getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die beschränkt persönliche Dienstbarkeit an rangbester Stelle und alle zur Beschaffung einer erstrangigen Rangstelle geeigneten Erklärungen, Löschungen und Rangrücktritte sowie deren Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen. Ferner hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin nicht festsetzungsfähige vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 285,24 € nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin könne von dem Beklagten die Bewilligung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten des Landkreises verlangen. Der Anspruch leite sich als Nebenpflicht aus dem durch die bewilligte Grunddienstbarkeit begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis her, da die Bewilligung der Baulast für den Berechtigten notwendig sei, um den Zweck der Grunddienstbarkeit zu verwirklichen. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruches, nämlich die Übernahme der Baulast als zwingende Voraussetzung für die Bebauung des berechtigten Grundstückes, die Entsprechung der geforderten Baulast der eingetragenen Grunddienstbarkeit und die Zumutbarkeit der Übernahme der Baulast für den Eigentümer des dienenden Grundstücks, seien erfüllt. Unstreitig sei die Übernahme der Baulast zwingende Voraussetzung für eine Bebauung des berechtigten Grundstücks. Eine Befreiung von der Baulast komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe auch von dem Beklagten unbestritten dargelegt, dass anderweitige Genehmigungshindernisse nicht mehr bestünden. Die von der Beklagten geforderte Baulast sei auch mit der bereits von dem Beklagten privatrechtlich bewilligten Grunddienstbarkeit zu Lasten seiner Flurstücke inhaltsgleich. Die Klägerin begehre keine darüber hinausgehenden Beschränkungen oder Belastungen des Grundstücks des Beklagten. Die privatrechtlich eingeräumte Grunddienstbarkeit diene auch dem Zweck, das berechtigte Grundstück baulich zu nutzen. Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Bewilligung nicht mit einer Bebauung des damaligen Gartengrundstücks gerechnet habe. Nach dem Inhalt der bewilligten und im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit zu Lasten des Grundstücks des Beklagten, nämlich des unbeschränkten Geh-, Fahr- und Leitungsrechts, sei die Bewilligung der Grunddienstbarkeit auch zu Gunsten des vormaligen Flurstücks 522 für eine spätere Bebauung bewilligt worden. Dies hätte der Beklagte seinerzeit auch erkennen können und müssen. Insbesondere habe er nicht mit einer dauerhaften kleingärtnerischen Nutzung rechnen dürfen. Ein Vertrauen des Beklagten darin, dass es zu einer baulichen Nutzung in Zukunft nicht kommen werde, sei nicht schützenswert. Die Übernahme der Baulast sei dem Beklagten schließlich nach Art und Ausmaß der Beeinträchtigung des Grundstücks des Beklagten zumutbar, auch wenn bislang sein Grundstück nur durch die Nutzung eines Einfamilienhauses beeinträchtigt sei und mit dem Bau eines zweiten Einfamilienhauses diese Beeinträchtigung zunehmen werde. Zudem könne die Klägerin nicht auf andere Weise ihr Grundstück erschließen. Unter Abwägung der gegenseitigen Interessen überwiege das Interesse der Klägerin an einer Bebauung dasjenige des Beklagten durch die Zunahme der Beeinträchtigung seines Grundstücks erheblich. Vorgerichtliche Anwaltskosten könne die Klägerin in Höhe von 285,24 € gemäß §§ 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen.

Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens verweist er darauf, dass seinerzeit die streitgegenständliche Grunddienstbarkeit nicht dem Zweck habe dienen sollen, das berechtigte Grundstück baulich zu nutzen, weshalb ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht für das spätere Flurstück 990 nicht bestellt worden sei. Er, der Beklagte, habe sein Grundstück allein unter der Voraussetzung der im Kaufvertrag fixierten Dienstbarkeit erworben. Von einem Wegerecht für ein zweites Einfamilienhaus oder gar, was nunmehr nicht mehr auszuschließen sei, von weiteren Bebauungen der Flurstück 991, 997 und 1003 habe er nicht ausgehen können. Im Zeitpunkt der Einräumung des Geh-, Fahr- und Leitungsrechtes für die Veräußerer sei mit einer baulichen Nutzung des von der Klägerin erworbenen Grundstücks nicht zu rechnen gewesen, da auch nach der Teilungsgenehmigung nur für die an der Straße liegenden Grundstücke eine Bebauung zugelassen worden sei, während die Teilungsgenehmigung für die hinterliegenden Grundstücke die kleingärtnerische Nutzung festgeschrieben habe. Er, der Beklagte, habe auch nicht mit einer Nutzungsänderung dieser Grundstücke rechnen müssen. Die bewilligte Dienstbarkeit räume Nutzungsrechte auch nur für einziges im normalen bzw. guten Standard eingerichtetes Einfamilienhaus ein und nicht für mehrere Häuser. Zudem sei die Übernahme der zusätzlichen Baulast für den Beklagten unzumutbar. Durch die Errichtung des zweiten Einfamilienhauses würden sich die Beeinträchtigungen, nämlich Lärm- und Luftbelästigung nahezu verdoppeln. Hinzu träte die Belastung durch die Baufahrzeuge. Hätte er, der Beklagte, mit dieser Zusatzbelastung von Beginn an gerechnet, hätte er dieses Grundstück nicht gekauft, zumal mit der Ausweitung des Wegerechts eine Minderung der Werthaltigkeit seines Grundstücks einhergehe. Es sei zu befürchten, dass auch die Flurstücke 991, 997 und 1003 zu Bauland erklärt würden, so dass der Beklagte auch für diese beschränkt persönliche Dienstbarkeiten einräumen müsse. Allein durch die von der Klägerin begehrte persönliche Dienstbarkeit entstünde eine Wertminderung seines Grundstücks von 2.000 €. Das Grundstück der Klägerin erfahre gleichzeitig eine erhebliche, mit 10.000,00 € zu veranschlagende Wertsteigerung, da es hierdurch von Rohbauland zu baureifem Land aufgewertet würde. Hieran müsse er, der Beklagte, teilhaben, zumal die Dienstbarkeit die Beleihbarkeit seines, des Beklagten, Grundstück verschlechtere. Demgegenüber habe die Klägerin offenkundig ein Grundstück erworben, ohne in zumutbarer Weise im Vorfeld die Erschließung durch Übernahme der Baulast als zwingende Voraussetzung für eine Bebauung zu sichern. Es überwiege damit eindeutig sein, des Beklagten Interesse, das der Klägerin.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. August 2007 - 12 O 134/07 - die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit näherer Darlegung. Sie meint, ein Vertrauen des Beklagten, dass ihr Grundstück nicht bebaut werde, sei nicht schützenswert. Der Beklagte habe schon auf Grund der Teilungsgenehmigung vom 25. November 1993, die bereits mit der erweiterten Grunddienstbarkeit die zukünftige Bebauung ihres Grundstücks ermöglicht habe, mit einer derartigen Erweiterung rechnen müssen. Bereits im Zeitpunkt der Veräußerung der Grundstücke an den Beklagten, so behauptet die Klägerin nunmehr, sei diesem mitgeteilt worden, dass auch das Flurstück 990 (vormals 521) bebaut bzw. veräußert und anschließend bebaut werden solle, weshalb durch die Teilungsgenehmigung die Grunddienstbarkeit auf dieses Flurstück erweitert worden sei. Jedenfalls mit Aufhebung des § 21 BauGB zum 31. Dezember 1997 sei eine etwa vorhanden gewesene Bindungswirkung entfallen und habe die Klägerin von einer Bebaubarkeit ihres Grundstücks ausgehen dürfen, was ihr auch von den Veräußerern zugesichert worden sei. Durch die veränderte Gesetzeslage sei eine Inhaltsänderung der Grunddienstbarkeit auf Grund der geänderten Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks eingetreten. Der Beklagte habe kurz nach Erwerb und anschließender Teilung des Grundstücks den Wunsch geäußert, selbst das Flurstück 990 für eine Wohnbebauung durch seinen Schwiegervater erwerben zu wollen. Dieser Ankauf sei jedoch gescheitert, weil die Veräußerer das Flurstück 990 nur gemeinsam mit dem Flurstück 991 hätten abgeben wollen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die erstinstanzlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der in Bezug genommenen Unterlagen verwiesen.

II.

1. Die Berufung ist statthaft und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1, 2 Nr. 1, §§ 513, 517, 519, 520 ZPO).

2.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Denn der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Einräumung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu.

Der Beklagte hat das Geh-, Fahr- und Leitungsrecht an den Flurstücken 993 und 995, wie der nunmehr vorliegenden notariellen Urkunde vom 24. Januar 1995 (UR-Nr. E 50/1995 der Notarin ... in B...) zu entnehmen ist, unter Bezugnahme auf die Regelung in § 9 des von ihm mit den Veräußerern geschlossenen Grundstückskaufvertrages nach der darin enthaltenen Maßgabe auch für den jeweiligen Eigentümer der aus dem Flurstück 522 fortgeschriebenen Flurstücke 990 und 991 eingeräumt.

Es ist anerkannt, dass sich, bei Bestehen einer Dienstbarkeit, aus dem hieraus begründeten gesetzlichen Begleitschuldverhältnis die Verpflichtung gegenüber dem begünstigten Eigentümer ergibt, eine deckungsgleiche Baulast zu übernehmen, wenn diese aufgrund behördlicher Forderungen notwendig ist (BGHZ 106, 348, 350) und wenn nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen dem Eigentümer des durch die Grunddienstbarkeit begünstigten Grundstücks der Vorrang gegenüber denen des Eigentümers des belasteten Grundstücks gebührt (BGH, a.a.O; OLG D?dorf, OLGR 1999, 437, m.w.N.). Für die beschränkt persönliche Dienstbarkeit, die im Land Brandenburg an die Stelle der Baulast getreten ist, gilt das gleiche.

a) Die von dem Beklagten bestellte Grunddienstbarkeit dient ihrem Inhalt nach dazu, der Klägerin als Eigentümerin des begünstigten Grundstücks die Bebauung zu ermöglichen und ist damit deckungsgleich mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, die Gegenstand der Klage ist.

Der Inhalt der von dem Beklagten, bzw. in seiner Vollmacht von der Notariatsangestellten F... in § 4 Ziff. 3 der Urkunde vom 24. Januar 1995 bewilligten Dienstbarkeit ergibt sich aus der Eintragung im Grundbuch in Verbindung mit den in Bezug genommenen Urkunden (§ 874 BGB) und aus den für jedermann erkennbaren Umständen (BGHZ 106, 348, 351). Während die Urkunde in § 4 Ziff. 3 Abs. 1 die Identitätserklärung für die bereits am 10. Juni 1993 bewilligte Dienstbarkeit enthält, wird in Abs. 2 nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarung des § 9 des Vertrages vom 10. Juni 1993 ein weiteres eigenständiges Geh-, Fahr-und Leitungsrecht an den Flurstücken 993 und 995 für den jeweiligen Eigentümer der Flurstücke 990 und 991 neu bewilligt. Es ist also nicht so, dass in der Urkunde - wie erstinstanzlich angenommen - lediglich klargestellt wird, dass die bereits bewilligte Grunddienstbarkeit auch die klägerischen Grundstücke erfasst. Indem diese Dienstbarkeit nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarungen des § 9 des Vertrages vom 10. Juni 1993 bewilligt wurde, haben die Beteiligten auch für jedermann erkennbar geregelt, dass die für die Flurstücke 990 und 991 bewilligte Grunddienstbarkeit den Inhalt der bereits bewilligten Dienstbarkeit hat, also das Recht des Zugangs und der Zufahrt für ein mit einem (neben dem bestehenden Nachbarhaus weiteren) Einfamilienhaus zu bebauendes Grundstück erfasst. Mit diesem Inhalt ist die Dienstbarkeit gemäß § 874 BGB im maßgeblichen Grundbuch des belasteten Grundstücks auch eingetragen worden. Wegen dieses eindeutigen Inhalts der Dienstbarkeit kann der Beklagte nicht mit der aus der Eintragung nicht ersichtlichen Einwendung gehört werden, er habe für alle Restflurstücke aus 518, 521, 522, also die Flurstücke 990, 991, 996, 997, 1002, 1003, nur den Zugang und die Zufahrt für ein einziges, nämlich das bestehende Hinterliegerwohnhaus bewilligen wollen. Mit diesem Inhalt der Sicherung des eigenen Zugangs bzw. der eigenen Zufahrt zu ihrem mit einem Einfamilienhaus zu bebauenden Grundstück hat die Klägerin die am 12. Juni 1995 eingetragene Grunddienstbarkeit gemäß § 892 Abs. 2, Satz 1 BGB erworben. Die von der Klägerin beabsichtigte Bebauung hält sich auch in den Grenzen der Bewilligung, indem sie die Errichtung eines Einfamilienhauses plant.

Es steht dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, dass die begehrte beschränkt persönliche Dienstbarkeit insoweit nicht mit der eingetragenen Grunddienstbarkeit identisch ist, als sie nicht berücksichtigt, dass sich die Eigentümer des belasteten und begünstigten Grundstücks verpflichtet hatten, im Falle einer möglichen rückwärtigen Erschließung die Löschung der Dienstbarkeit zu veranlassen, und es sich bei der beschränkt persönliche Dienstbarkeit mit der Verpflichtung zur Vorrangeinräumung auch um eine zusätzliche Belastung des Grundstücks handelt. Dies hindert die Annahme einer Deckungsgleichheit der beiden Dienstbarkeiten nicht. Die beschränkt persönliche Dienstbarkeit räumt dem Grundstückseigentümer keinerlei persönliche Rechte ein, so dass bei einer Löschung der Grunddienstbarkeit gemäß § 9 Abs. 8 des Vertrages vom 10. Juni 1993 das Benutzungsrecht des begünstigten Eigentümers erlischt. Aus § 1091 BGB ergibt sich zudem eine Verpflichtung zur Bewilligung der Löschung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, wenn kein baurechtswidriger Zustand mehr zu befürchten ist. Dies ist aber auch Voraussetzung für die Bewilligung der Löschung gemäß § 9 Abs. 8 des vereinbarten Wegerechts.

Was die Verpflichtung zur Vorrangeinräumung für die beschränkt persönliche Dienstbarkeit angeht, so ist diese als eine Nebenpflicht des Beklagten als Eigentümer des mit der Grunddienstbarkeit belasteten Grundstücks anzusehen. Sie bewegt sich ebenfalls im Rahmen der bewilligten Grunddienstbarkeit und ist deswegen von dem Inhalt des Rechts des begünstigten Eigentümers erfasst.

Für den Dienstbarkeitsumfang ist das jeweilige Bedürfnis des Berechtigten maßgebend. Wächst dieses nachträglich, so wird dadurch der Umfang der sich aus der Dienstbarkeit ergebenden Rechte und Pflichten erweitert, sofern sich die Steigerung in den Grenzen einer der Art nach gleichbleibenden Benutzung des dienenden Grundstücks hält, und nicht etwa auf eine unvorhersehbare, willkürliche Änderung in der Benutzung des herrschenden Grundstücks zurückzuführen ist (MünchKomm/ Joost, § 1091, Rn. 6). Vorliegend ist von einer nachträglichen Bedürfnissteigerung auszugehen. Wie ausgeführt wurde die Grunddienstbarkeit für die Nutzung des von der Klägerin erworbenen Grundstücks als Hausgrundstück bewilligt. Im Zeitpunkt ihrer Bewilligung reichte die Grunddienstbarkeit zur Absicherung aus, weil die Baulast zum 1. Januar 1995 ersatzlos abgeschafft war. Nunmehr kann der mit der Grunddienstbarkeit beabsichtigte Zweck der Bebaubarkeit des Grundstücks der Klägerin aber nur verwirklicht werden, wenn gemäß § 4 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BbgBO i.V.m. § 65 Abs. 1 BbgBO die Erschließung dadurch dauerhaft gesichert ist, dass, wie verlangt, eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Rechtsträgers der Bauaufsichtsbehörde mit der Verpflichtung zur Vorrangeinräumung, die erst die Dauerhaftigkeit gewährleistet, eingetragen wird. Diese auf die rechtliche Entwicklung zurückzuführende Bedürfnissteigerung, die den Rahmen des Inhalts der Dienstbarkeit zur Ermöglichung der Bebauung nicht verlässt, erweitert den Umfang der sich aus der Grunddienstbarkeit ergebenden Nebenpflichten des Beklagten als Eigentümer des belasteten Grundstücks dergestalt, dass er auch die Rangnachteile zu übernehmen hat.

b) Auch die weitere Voraussetzung für die Bewilligung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit ist erfüllt, da sie zwingende Voraussetzung für eine Bebauung des Grundstücks der Klägerin ist. Zweitinstanzlich unstreitig ist derzeit eine rückwärtige Erschließung des klägerischen Grundstücks nicht möglich, so dass gemäß § 4 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BbgBO i.V.m. § 65 Abs. 1 BbgBO zur dauerhaften Sicherung der Erschließung und als Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten des Rechtsträgers der Bauaufsichtsbehörde erforderlich ist.

c) Die des weiteren erforderliche Interessenabwägung könnte bei der festgestellten Deckungsgleichheit der Dienstbarkeiten allenfalls dann dazu führen, dass die beschränkt persönliche Dienstbarkeit, weil unzumutbar, nicht bestellt zu werden braucht, wenn bereits zur Zeit der Bestellung der Grunddienstbarkeit am 24. Januar 1995 Veranlassung zu einer zusätzlichen Sicherung bestanden hätte. Denn eine weitere Belastung seines Grundstücks wäre dem Beklagten dann nicht zuzumuten, wenn schon zu Zeiten der Bestellung der Grunddienstbarkeit diese nach allgemeiner Rechtsauffassung bauordnungsrechtlich nicht als ausreichende Sicherung der Erschließung hätte angesehen werden können und sich die Vertragsparteien gleichwohl mit der Bestellung der Grunddienstbarkeit zufrieden gegeben hätten (vgl. BGHZ 106, 348, 353; OLG Karlsruhe NVwZ 1992, 102). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn im Zeitpunkt der Bewilligung der Grunddienstbarkeit am 24. Januar 1995 existierte das nach § 80 BauO v. 20.07.1990 gegebene Rechtsinstitut der Baulast in Brandenburg seit dem 1. Juli 1994 nicht mehr. Eine Doppelsicherung war auch im Übrigen zunächst nicht vorgesehen. Als Ersatz für die abgeschaffte Baulast in Brandenburg sieht erst die Brdbg BauO vom 16.07.2003 in § 65 die Bestellung von persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten der Gebietskörperschaft vor, die Träger der Bauaufsichtsbehörde ist. Für die gesicherte Erschließung des geteilten Grundstücks reichte bis dahin, wie ausgeführt, die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit aus. Erst im Zeitpunkt der Beantragung der konkreten Baugenehmigung für das Bauvorhaben der Klägerin wurde die zusätzliche Sicherung erforderlich.

d) Soweit sich der Beklagte nun in zweiter Instanz darauf beruft, dass die beschränkt persönliche Dienstbarkeit der Klägerin erst die Bebauung ihres Grundstücks ermögliche und ihr deswegen ein erheblicher finanzieller Wert zukomme, während er erstinstanzlich nur auf einen Wertverlust seines eigenen Grundstücks hingewiesen hat, ist dieses Vorbringen verspätet und gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Im Ergebnis kommt es darauf aber auch nicht an. Denn ein Anspruch des Beklagten auf Ausgleich dieses Vorteils, der ihm u.U. ein Zurückbehaltungsrecht einräumen könnte, besteht nicht. Rechtsgrundlage für einen derartigen Anspruch könnte allenfalls der Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (vgl. BGH NJW 1995, 53, 54) gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB (Leistungskondiktion) sein. Vorliegend besteht jedoch ein Rechtsgrund für die Leistung des Beklagten in Gestalt der zu bewilligenden beschränkt persönliche Dienstbarkeit. Rechtsgrund ist die eingetragene Grunddienstbarkeit, die den Beklagten aus den genannten Gründen verpflichtet, die von der Bauaufsichtsbehörde verlangte beschränkt persönliche Dienstbarkeit zu bewilligen.

Soweit der Beklagte verurteilt wurde, der Klägerin die vorgerichtlichen, nicht festsetzbaren Anwaltskosten zu ersetzen, greift der Beklagte das Urteil mit Gründen nicht an.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen §§ 97, 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Streitwert der Berufung: 2.000,00 € (das ist das Interesse des Beklagten, der erstinstanzlich ausgesprochenen Verurteilung zur Bewilligung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu entgehen).

Gründe, die es gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO rechtfertigen könnten, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

Zurück