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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.01.2008
Aktenzeichen: 5 U 173/06
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, SachenRBerG, ZGB-DDR, BesitzwechselVO 1951


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 985
BGB § 986
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 a
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 3 Abs. 2 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 4 Abs. 3 Satz 3
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 2
SachenRBerG § 3 Abs. 2 Satz 2
SachenRBerG § 3 Abs. 3
SachenRBerG § 4
SachenRBerG § 4 Nr. 1
SachenRBerG § 5 Abs. 1 Nr. 3 a
SachenRBerG § 5 Abs. 1 Nr. 3 h
SachenRBerG § 9 Abs. 1
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 1
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 2
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 3
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 4
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 5
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 6
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 7
SachenRBerG § 19 Abs. 1
SachenRBerG § 25
SachenRBerG § 33 Abs. 3
SachenRBerG § 121
SachenRBerG § 286 Abs. 2
ZGB-DDR § 291
BesitzwechselVO 1951 § 4 Abs. 2
BesitzwechselVO 1951 § 7 Abs. 4
BesitzwechselVO 1951 § 8 Abs. 1
BesitzwechselVO 1951 § 10
BesitzwechselVO 1951 § 12 Abs. 1
BesitzwechselVO 1951 § 13 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 173/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 10. Januar 2008

Verkündet am 10. Januar 2008

in dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6.12.2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Oberlandesgericht Tombrink

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 1. September 2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder - 11 O 446/04 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Beträge abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Herausgabe eines mit einem einfachen Wohnhaus nebst Ställen bebauten, von dem Beklagten bewohnten, 7479 m² großen Grundstücks, eingetragen unter lfd. Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses des Grundbuchs von L... Blatt 2442, Gemarkung L..., Flur 2, Flurstück 22/1, gelegen am ...weg in L... (Grundstück).

Die Klägerin ist auf Grund Zuordnungsbescheides der O... vom 3. Mai 2001 eingetragene Eigentümerin dieses Grundstücks.

Gestützt auf dieses Eigentum, über welches sie nach Rechtshängigkeit der Klage einen Grundstückskaufvertrag mit einem Erwerber H... schloss, verlangt die Klägerin vom Beklagten Herausgabe des Grundstücks.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der vom Landgericht getroffenen Feststellungen wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin sei Eigentümerin des Grundstücks und könne gemäß § 985 BGB vom Beklagten als Besitzer Herausgabe verlangen. Die Klägerin sei weiterhin aktivlegitimiert, da der Grundstückskaufvertrag noch nicht vollzogen worden sei. Der Beklagte könne sich nicht auf § 986 BGB berufen. Der Beklagte könne kein Recht daraus herleiten, dass das streitgegenständliche Grundstück ein solches der Bodenreform gewesen und zumindest faktisch P... M..., dem Mann, den seine Mutter in zweiter Ehe geheiratet habe, und später seinem Bruder H... St... zugewiesen worden sei. Dass das Grundstück als Hoffläche dem Bodenreformland des P... M... bzw. später H... St... zugehört habe, habe der Kläger nicht nachgewiesen. Dem Beklagten stehe auch kein Recht zum Besitz aus Art. 233 § 11 Abs. 2 EGBGB zu, da das Grundstück bei Ablauf des 15. März 1990 als Eigentum des Volkes ausgewiesen gewesen sei. Schließlich scheide auch ein Besitzrecht aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 a EGBGB aus. Das Grundstück sei seinerzeit nicht P... M... zugewiesen worden. Der Umstand, dass P... M... auf der Hofstelle gelebt habe, reiche im Hinblick darauf, dass diese förmlich K... M... zugewiesen gewesen sei, nicht aus. Eine faktische Zuweisung durch Billigung oder Zulassung von Bauten sei dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen. Auch nach ergänzenden Ausführungen des Beklagten erschließe sich der konkrete Zustand der äußeren Fertigstellung des Hauses bei der behaupteten Übernahme von J... N... ebensowenig wie Umstände, aus denen das Wissen und die Billigung öffentlicher Stellen von etwaigen Fertigstellungsmaßnahmen folgen könnten. Dass ein etwa errichtetes Stallgebäude auf dem streitgegenständlichen Flurstück stehe, sei ebenfalls nicht festzustellen, da der zu den Akten gereichte Bauantrag, soweit leserlich, keine Flurstücksbezeichnung enthalte. § 5 Abs. 1 Nr. 3 a Sachenrechtsbereinigungsgesetz komme als Bereinigungsanspruch aus den genannten Gründen nicht in Betracht. Zudem gebe der Sachverhalt für das Zustandekommen eines Miet-/Pachtvertrages nichts her. Schließlich stehe dem klägerischen Herausgabeanspruch auch nicht der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB entgegen. Der Herausgabeanspruch sei nicht verwirkt. Ein berechtigtes Vertrauen des Beklagten darauf, dass Eigentumsansprüche an dem Grundstück nicht mehr geltend gemacht werden würden, bestehe nicht. Auch sei die Weiterverfolgung des Räumungsanspruchs trotz des Verkaufs des Grundstücks nicht rechtsmissbräuchlich. Solange der Eigentumserwerb durch den Käufer nicht vollzogen sei, könne die Klägerin selbst aus diesem Titel vorgehen. Ob auch der Käufer eine Räumung des Grundstücks durch den Beklagten anstrebe, sei unerheblich. Im Übrigen dürfe nach der allgemeinen Lebenserfahrung die dauerhafte Bereitschaft des Käufers, dem Beklagten auf dem Grundstück weiterhin wohnen zu lassen, von einer Verständigung über die Modalitäten einer solchen Weiternutzung abhängen, welche bislang jedenfalls nicht erzielt worden sei.

Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Der Beklagte verweist darauf, dass er bereits erstinstanzlich nicht mehr davon ausgegangen sei, dass das streitige Grundstück Bodenreformland des P... M... und sodann des H... St... gewesen sei. Vielmehr sei die damals noch im Grundbuch als Bodenreformeigentum des Neubauern K... ausgewiesene Hofstelle am ...weg nicht von diesem, sondern zunächst von W... He..., sodann J... N... und dann P... M... mit seiner Familie als Neubauernstelle genutzt worden. Wie dem von P... M... erbetenen Kredit für den Ausbau des Stalls und der Scheune zu entnehmen sei, sei dies auch mit Billigung staatlicher Stellen geschehen, die seiner Zeit davon ausgegangen seien, dass P... M... berechtigt gewesen sei, die Fläche Flur 2, Flurstück 22, zugewiesen zu bekommen. Tatsächlich habe P... M... dort gewirtschaftet und auch nachweisbar den Stall gemäß seinem Bauantrag und der Kreditvergabe errichtet, während der Neubauer K... selbst seine Hofstelle am K... Weg gehabt habe. Dass die Hofstelle nicht der Bodenreformstelle des N... bzw. später P... M... und H... St... förmlich zugewiesen worden sei, sei möglicherweise auf ein Versehen des damaligen Sachbearbeiters zurückzuführen. Es sei jedenfalls seiner Zeit unüblich gewesen, dass ein Neubauer keine Hofstelle gehabt habe. Tatsächlich hätten die Nutzungsberechtigten der Neubauersiedlungen auch häufiger gewechselt, während die Besitzwechselverordnung nicht immer formal beachtet worden sei. Angesichts der Tatsache dass die Landwirtschaft N... an P... M... und dann auf H... St... noch vor dem 03. Oktober 1990 zugewiesen worden sei, sei der redliche Besitzer gemäß § 19 Abs. 1, § 33 Abs. 3, § 286 Abs. 2, § 291 ZGB-DDR geschützt. Das von N... im Rohbau erstellte und später von P... M... fertig gestellte Haus mit angebauten Stall sei mit Wissen und Billigung öffentliche Stellen gemäß der Baugenehmigung für den Stall errichtet worden. Zudem reiche gemäß § 4 Nr. 1, § 5 Nr. 3 h Sachenrechtsbereinigungsgesetz die Inbesitznahme des mit dem Eigenheim bebauten Grundstücks aus. Wohn- und Stallgebäude seien nach den Vorschriften über den Besitzwechsel auch dem P... M... ohne förmlichen Beschluss verbindlich zugewiesen worden.

Jedenfalls aber stehe dem Herausgabeanspruch der Einwand der Verwirkung entgegen. Seit der Inbesitznahme 1953 seien jedenfalls 40 Jahre vergangen, ohne dass die Klägerin oder ihre Rechtsvorgängerin jemals das Besitzrecht angezweifelt hätten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 28. Juli 2006 - 11 O 446/04 -abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit näherer Darlegung. Sie meint, aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen und Nachweisen ergebe sich kein Recht des Beklagten zum Besitz an dem streitigen Grundstück. Auch stehe ihm kein Anspruch nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass staatliche Stellen davon ausgegangen seien, dass P... M... zur Nutzung des streitigen Grundstücks berechtigt gewesen sei. Eine förmliche Zuweisung der Hofstelle an P... M... liege nicht vor. Sie sei im Übertragungs- und Aufteilungsprotokoll vom 14. November 1963 nicht erwähnt. Der Vortrag des Beklagten, dass sich Haus und Stallungen auf dem Grundstück befänden und von P... M..., seiner Frau und seinen Kindern, später auch von H... St... und dann von dem Beklagten bewohnt und genutzt worden seien, reiche für eine Bereinigungslage nicht aus. Der Anspruch auf Herausgabe sei auch nicht verwirkt. Die Klägerin selbst sei erst seit dem 21. September 2001 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Insbesondere habe keine Verfestigung der Eigentümerposition stattgefunden.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der vorgelegten Unterlagen verwiesen.

II.

1.

Die Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1, §§ 517, 519, 520 ZPO).

2.

In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg.

Die Klägerin kann nicht als Eigentümerin des Grundstücks vom Beklagten gemäß § 985 BGB die Herausgabe des Grundstücks verlangen, weil der Beklagte gemäß § 986 BGB berechtigt ist, die Herausgabe des Grundstücks zu verweigern.

Dieses Recht zum Besitz steht dem Beklagten aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 Sätze 1, 3 Abs. 2 Satz 1 EGBGB zu. Nach diesen Regelungen besteht in den in § 3 Abs. 3 und §§ 4 und 121 SachenRBerG bezeichneten Fällen ein Recht des Nutzers zum Besitz bis zur Bereinigung des Rechtsverhältnisses auf der Grundlage der Vorschriften des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes fort.

Hier geht es um eine bauliche Nutzung des Grundstücks im Sinne von § 4 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 3 h SachenRBerG.

Danach liegt ein zum Besitz berechtigender Bau eines Eigenheims (§ 4 Nr. 1 SachenRBerG) vor, wenn ein Grundstück mit Billigung staatlicher Stellen in Besitz genommen und mit einem Eigenheim bebaut worden ist, was insbesondere dann der Fall ist, wenn Wohn- und Stallgebäude nach den Vorschriften über den Besitzwechsel bei ehemals volkseigenen Grundstücken aus der Bodenreform einem Bürger auch ohne förmlichen Beschluss verbindlich zugewiesen worden sind.

Vorliegend geht es um ein Grundstück mit aufstehenden Wohn- und Stallgebäuden aus der Bodenreform. Denn unstreitig gehörte das Grundstück zu der Bodenreformstelle des Neubauern K.... Die erste Voraussetzung für die grundsätzliche Anwendbarkeit des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes auf Bodenreformgrundstücke, nämlich das Ausbleiben einer förmlichen Entscheidung über die Neuvergabe dieses ehemaligen Bodenreformgrundstücks, ist erfüllt, da nach Aufgabe der Stelle durch den Neubauer K... eine solche förmliche Entscheidung nicht ergangen ist. Eine Umschreibung des Grundbuchs von Volkseigentum (staatlichem Bodenfonds) auf nachfolgende Erwerber ist ausgeblieben.

Auch die Voraussetzung der verbindlichen Zuweisung der Wohn- und Stallgebäude ist erfüllt. Das heutige Grundstück Am ... Weg 8 war zu der Zeit, als die Witwe des P... M... und ihr Sohn H... St... am 16. August 1963 vor dem Rat des Kreises B... zwecks Klärung der Hofnachfolge erschienen, jedenfalls mit einem Wohngebäude und Ställen bebaut. Denn als Anschrift für beide Erschienene war die damalige Anschrift ... Weg 2 angegeben.

Die damals geltende BesitzwechselVO 1951 ermöglichte eine Rückgabe und Neuvergabe einer Neubauernwirtschaft, wenn dies aus besonderen Gründen (etwa Tod) unvermeidlich war (Präambel und § 1 Abs. 1 BesitzwechselVO 1951). Die Übergabe erfolgte nach dieser VO durch Rückführung der Wirtschaft in den staatlichen Bodenfonds (§ 1 Abs. 1 BesitzwechselVO 1951) und anschließende Neuzuteilung mit einer vollständigen Übergabe der kompletten Wirtschaft (Rohde, in: Bodenrecht/Lehrbuch, Autorenkollektiv, Berlin 1976, S. 367) an den nachfolgenden Erwerber (§ 1 Abs. 1, § 13 Abs. 1 BesitzwechselVO 1951). Dieser hatte einen Kaufpreis für das Bodenreformland zu bezahlen. Ein wesentlicher Teil dieses Preises war die an den zurückgebenden Bauern zu zahlende Entschädigung für Wertverbesserungen, insbesondere durch Neubau, Instandsetzung oder Ausbau von Gebäuden (§ 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 BesitzwechselVO 1951). Nach § 4 Abs. 2, § 8 Abs. 1 der BesitzwechselVO 1951 in der Fassung der ÄnderungsVO vom 23. 8. 1956 (GBl. I Nr. 7 S. 685) war die Entschädigung für die Gebäude unmittelbar vom übernehmenden an den abgebenden Bauern zu zahlen bzw., gemäß der Verfügung über die beim Besitzwechsel von Neubauerngebäuden vom Übernehmenden zu leistenden Beträge vom 14.11.1964, was aber auch schon 1963 praktiziert worden sein dürfte, der mit Stichtag der Übergabe des Objektes planmäßig fällig werdenden Baukredit zu übernehmen. Soweit ein solcher Besitzwechsel durch Neuzuteilung einer Neubauernstelle entsprechend § 13 Abs. 1 Satz 1 BesitzwechselVO 1951 erfolgte, die förmliche Entscheidung durch die Kreisbodenkommission/den Kreislandwirtschaftsrat nach § 12 Abs. 1 BesitzwechselVO 1951 jedoch ausgeblieben ist, ist das Regelbeispiel unter Buchstabe h) einschlägig (Czub, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 5 Rn. 150). Der Nutzer ist dann zum Erwerb der für das Eigenheim und die Stallgebäude benötigten Flächen berechtigt, deren Umfang aus § 25 SachenRBerG i.V.m. Art. 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB zu bestimmen ist (Czub, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, a.a.O.).

Hier ist, was den Besitzwechsel des Ackerlandes, der Wiese und des Waldes von P... M... auf H... St... angeht, förmlich durch die Kreisbodenkommission durch das Nachtrags-Aufteilungsprotokoll entschieden worden und das Grundbuch entsprechend umgeschrieben worden. Die von P... M... genutzte Hofstelle blieb in dem Nachtrags-Aufteilungsprotokoll vom 1. November 1963 unerwähnt und wurde auch nicht auf H... St... umgeschrieben. Sie blieb im staatlichen Bodenfonds. Dies bedeutet aber nicht, dass die Hofstelle von der Übergabe nicht erfasst gewesen und H... St... nicht zugewiesen worden wäre. Bei der Übergabe von Bodenreformland ging es regelmäßig nicht nur um den Grund und Boden. Gemäß Art. 1 Abs. 2, Buchstabe b) der VO über die Bodenreform in der Provinz Mark Brandenburg war es das Ziel der Bodenreform, neue selbständige Bauernwirtschaften für landlose Bauern, Landarbeiter und kleine Pächter zu schaffen, was zugleich die Schaffung von Hofstellen als Unterkunft für den Bauer und seine Familie beinhaltete. Diese mussten zwecks Neuzuweisung gemäß § 10 BesitzwechselVO 1951 bei einem Besitzwechsel zurückgegeben werden, und zwar auch dann, wenn sie auf einem fremden Grundstück lagen (§ 10 Abs. 2 BesitzwechselVO 1951).

Der Grund und Boden war ohnehin in die LPG eingebracht und seit Beginn der Kollektivierung kam eine Neuvergabe einer Neubauernwirtschaft an einen Bodenerwerber zum Zwecke der Eigenbewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen regelmäßig nicht mehr in Betracht (vgl. auch OG NJ 1965, 521). Aus diesem Grund war der Besitzwechsel vor allem für die Befriedigung der Wohnbedürfnisse der Neubauern interessant und es ging auch H... St... bei seinem Antrag auf Neuzuteilung der Neubauernwirtschaft P... M... im Wesentlichen um die Hofstelle. Denn diese hätte er anderenfalls räumen müssen (§ 10 Abs. 1 BesitzwechselVO 1951).

Als H... St... am 16. August 1963 vor dem Landwirtschaftsrat des Kreises B... die Übertragung der Neubauernstelle des Bauern P... M... auf ihn als persönliches Eigentum beantragte, verpflichtete er sich zugleich, den Baukredit von 6.000 DM/DDR zu übernehmen. Wie sich aus der Anfrage des Kreislandwirtschaftsamtes vom 17. August 1963 an den Rat der Gemeinde (Bl. 226 d.A.) ergibt, waren die landwirtschaftlichen Flächen des P... M... in die LPG eingebracht, sodass es sich bei dem Baukredit nur um einen solchen für die Gebäude der Hofstelle gehandelt haben kann. Dies ergibt sich auch daraus, dass bereits im September 1953 (P... M... hatte die Bodenreformstelle gemäß 16. Nachtrag erst am 19. Mai 1953 neu zugeteilt erhalten) ein für eine Erweiterung der Ställe in der Neubauernsiedlung beantragter Kredit P... M... wegen Beendigung des Bodenreformbauprogrammes verweigert worden war, sodass es sich bei dem Kredit um Mittel für die Ersterrichtung von Gebäuden, also Wohnraum und Ställe, aus dem Bodenreformprogramm gehandelt haben muss. Hat H... St... aber den Kredit übernommen, wie dies § 7 Abs. 4 BesitzwechselVO 1951 vorsieht, kann das nur bedeuten, dass der Kredit für die Hofstelle auf der Neubauernwirtschaft des P... M... lastete. Dies ergibt sich auch aus der Anfrage an den Rat des Kreises vom 5. August 1953, wonach P... M... einen Kredit von 13.000 DM/DDR übernommen und davon 6.000 DM/DDR verbaut haben soll. Dann sind aber die mit dem Kredit errichteten Gebäude als Bestandteil der Wirtschaft auch auf H... St... übergegangen (vgl. auch OLG Sachsen-Anhalt, 11 U 252/98, Urteil vom 27. Juli 1999, zitiert nach Juris).

Eine förmliche Entscheidung über die Neuzuteilung gemäß § 12 Abs. 1 BesitzwechselVO ist in Gestalt des Nachtrags-/Aufteilungsprotokolls vom 16. November 1963 zwar nur für Grünland, Acker und Holzung ergangen, nicht jedoch für die Hofstelle, die deswegen auch nicht umgeschrieben wurde. Aus den genannten Gründen war sie aber von der Zuweisung der Bodenreformwirtschaft P... M... zur Nutzung durch H... St... erfasst, ohne dass es zur Erfüllung der Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 h SachenRBerG bezüglich der Hofstelle einer besonders zum Ausdruck gelangten Zuweisung bedurft hätte (Czub, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 5, Rn. 150). H... St... lebte ohnehin schon auf der Hofstelle. Er hatte auch den Kredit übernommen, sodass es bezüglich der Hofstelle bis auf das Nachtragsprotokoll und die Umschreibung im Grundbuch nichts zu regeln gab, was einer besonderen Zuweisung bedurft hätte, die auch nicht nur hinsichtlich der Hofstelle, sondern auch bezüglich der Ländereien nicht noch gesondert erging.

Das Nachzeichnungsprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG steht der Bereinigungslage nicht entgegen. Danach soll die Sachenrechtsbereinigung nur zur Begründung dinglicher Rechtspositionen führen, die nach dem Recht der DDR hätten geschaffen werden können, deren Schaffung aber planwidrig unterblieben ist. Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Die Übertragung auch der Hofstelle durch Nachtragsprotokoll und Umschreibung im Grundbuch auf H... St... als den Erwerber der Bodenreformstelle des P... M... hätte der damaligen Rechtslage nach der BesitzwechselVO 1951 in der Fassung der Verordnung vom 23. August 1956 zur Änderung der Verordnung über die Auseinandersetzung bei Besitzwechsel von Bauernwirtschaften aus der Bodenreform (GBl. I. S. 685) entsprochen. Die Aufrechterhaltung ihrer Trennung von den Ländereien widersprach geradezu dem damals noch geltenden Prinzip der Rückgabe und Neuzuteilung einer kompletten Bodenreformwirtschaft.

Der Beklagte ist als Erbe seines Bruders H... St... Nutzer im Sinne von § 9 Abs. 1 SachenRBerG. Denn Nutzer im Sinne von § 9 Abs. 1 SachenRBerG sind auch die Gesamtrechtsnachfolger der in § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 SachenRBerG genannten natürlichen und juristischen Personen (Czub, in: Czub/Schmidt-Räntsch, SachenRBerG, § 9 Rn. 121 m.w.N.).

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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