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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.06.2009
Aktenzeichen: 5 U 70/08
Rechtsgebiete: SachenRBerG, BGB


Vorschriften:

SachenRBerG § 116 Abs. 1
SachenRBerG § 118 Abs. 1
BGB § 263
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen der Klägerinnen und der Beklagten wird das am 15. Februar 2008 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 10 O 297/05 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, zu Lasten des Flurstücks 90 der Flur 5 der Gemarkung ... eine Grunddienstbarkeit zu bewilligen, wonach dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 20/2 der Flur 5 der Gemarkung ... das Recht zusteht, den auf dem belasteten Grundstück (Flurstück 90) befindlichen, etwa 3 m breiten und etwa 15 m langen, mit Kopfsteinpflaster befestigten Weg (verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern ersichtlich) als Zugang und Zufahrt zum Flurstück 20/2 (Verbindungsweg zur öffentlichen Straße) zu nutzen (Wege- und Überfahrtsrecht), Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 15.000,- €.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben, wobei etwa entstandene Mehrkosten im Zusammenhang mit der Anrufung des sachlich unzuständigen Amtsgerichts Brandenburg an der Havel die Klägerinnen allein zu tragen haben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren von der Beklagten auf Grundlage von § 116 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG) die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit (Wege- und Überfahrtsrecht).

Die Klägerinnen sind Eigentümer des 3.022 m² großen Flurstücks 20/2 der Flur 5 der Gemarkung ... mit der postalischen Anschrift ...-Straße 3. Hierbei handelt es sich um ein Hinterliegergrundstück, das an seiner östlichen Seite an den ... Stadtkanal (Gewässer) und an seiner westlichen Seite überwiegend an die denkmalgeschützte alte Stadtmauer der Stadt ... grenzt und über keinen eigenen Zugang zum öffentlichen Straßenland verfügt. Das Flurstück 20/2 ist mit einem Wirtschaftsgebäude, einem Schuppen sowie einer größeren Zahl von Garagen bebaut, die in den 1970er Jahren errichtet wurden. Die Zuwegung zum Flurstück 20/2 erfolgt von der ...-Straße her über einen befestigten Weg auf dem 215 m² großen Flurstück 90 der Flur 5, das sich im Eigentum der Beklagten befindet.

Das Flurstück 90 geht auf das 227 m² große frühere Flurstück 20/1 der Flur 5 zurück. Dieses stand gemeinsam mit dem Flurstück 20/2 im (Mit-)Eigentum des Vaters der Klägerinnen, W... W.... Auf dem Flurstück 20/1 befand sich ein Wohngebäude, das durch Einwirkungen des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde. Auf dem Flurstück 20/2 betrieb W... W... ein Fuhrgeschäft. Im Zuge der Unternehmungen zum Wiederaufbau der durch den Zweiten Weltkrieg zerstörten Wohngebäude an der ...-Straße (damals: F...straße) trat die Stadt ... im Jahre 1956 an W... W... mit dem Begehren heran, das Flurstück 20/1 (damals ein Ruinengrundstück) als Grünfläche für die geplante Wohnanlage in Anspruch zu nehmen. Im Jahre 1963 wurde das Flurstück 20/1 gegen eine Entschädigungszahlung von 5.790,- M nach dem Aufbaugesetz der DDR zugunsten des Rates der Stadt ... in Anspruch genommen und in Volkseigentum überführt. Im Zusammenhang mit der Errichtung der Wohnanlage wurde das Flurstück 20/1 gemeinsam mit anderen Flurstücken zum Flurstück 30/1 vereinigt. In jüngster Zeit wurde im Wege der Teilung des Flurstücks 30/1 das Flurstück 90 gebildet. Die Fläche des heutigen Flurstücks 90 diente seit 1963 als Grünfläche für den Wohnungsneubaukomplex. Auf dieser Grünfläche wurde ein mit Kopfsteinpflaster befestigter, etwa 3 m breiter und etwa 15 m langer Weg angelegt, der als Zufahrt und Zugang zum Flurstück 20/2 von der ...-Straße (ehedem: F...straße) her dient und benutzt wird.

Nach der Herstellung der deutschen Einheit bemühte sich der Vater der Klägerinnen erfolglos um die Rückübereignung des heutigen Flurstücks 90 im Wege der Restitution nach dem Vermögensgesetz (ablehnender - bestandskräftiger - Widerspruchsbescheid des LARoV vom 18. Februar 1998). Versuche der Parteien, vorgerichtlich eine einvernehmliche Regelung in Bezug auf das jetzige Flurstück 90 zu erreichen, blieben ohne Erfolg. Die Klägerinnen bieten das Flurstück 20/2 seit dem Jahre 2005 über die Maklerfirma M.... für einen Preis von 350.000,- € zum Verkauf an. In dem Maklerexposé heißt es, dass auf dem Grundstück (20/2) "mehrere abrisswürdige Gebäude [stehen], zu diesen zählen Garagen, Schuppen und ein ehemaliges Stall- und Wirtschaftsgebäude".

Die Klägerinnen haben geltend gemacht, die Beklagte sei gemäß § 116 Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) verpflichtet, für den Weg über das jetzige Flurstück 90 eine Grunddienstbarkeit zu bewilligen. Bei dem Weg über das jetzige Flurstück 90 handele es sich um die einzige Erschließungsmöglichkeit für das Flurstück 20/2. Die auf dem Flurstück 20/2 befindlichen Garagen würden auch gegenwärtig noch von ihnen, den Klägerinnen, selbst sowie von Mietern genutzt. Ein Entschädigungsanspruch nach § 118 SachenRBerG stehe der Beklagten nicht zu, da die Stadt ... als Rechtsvorgängerin der Beklagten konkludent die dauernde unentgeltliche Nutzung des Weges gestattet habe. Ein Entschädigungsanspruch der Beklagten belaufe sich allenfalls auf einen Betrag von 2.835,- € (bzw. 142,- € Rente pro Jahr), da das jetzige Flurstück 90 wegen seiner geringen Größe und seiner Lage ohnehin nicht bebaubar sei.

Die Klägerinnen haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Bestellung einer Dienstbarkeit dergestalt zu bewilligen, dass den Klägerinnen gemäß § 116 SachenRBerG ein Wege- und Überfahrtsrecht in einer Breite von etwa 3 m und in einer Tiefe von etwa 15 m zum Erreichen des hinterliegenden Grundstücks mit den aufstehenden hofseitigen Garagen auf dem Grundstück in ..., eingetragen im Grundbuch von ..., Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 20/2 zu Lasten des Grundstücks der Beklagten in ..., eingetragen im Grundbuch von ..., Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 90, zusteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet, den Klägerinnen stehe kein Anspruch aus § 116 SachenRBerG zu, da es an den hierfür nötigen Voraussetzungen fehle. Die auf dem Flurstück 20/2 stehenden Gebäude und Garagen seien sämtlich abrissreif und würden nicht genutzt; es liege eine dauernde Nutzungsaufgabe vor und die Klägerinnen wollten das Flurstück 20/2 als Bauland veräußern, so dass ein Verweigerungsrecht nach § 29 SachenRBerG begründet sei. Zudem sei ein Anspruch aus § 116 SachenRBerG wegen des bestehenden Notwegerechts gemäß § 917 BGB, § 119 Nr.2 SachenRBerG ausgeschlossen. Jedenfalls müssten sich die Klägerinnen die Einrede der Entschädigungspflicht nach § 118 SachenRBerG entgegenhalten lassen. Die Bewilligung der Grunddienstbarkeit könnten die Klägerinnen allenfalls gegen Zahlung eines Entschädigungsbetrages von 15.000,- € verlangen. Ein nötiges ausdrückliches Einverständnis mit einer dauernden unentgeltlichen Nutzung des Weges auf dem jetzigen Flurstück 90 sei nicht erteilt worden.

Nach Beweiserhebung zur Frage des Umfangs eines Entschädigungsanspruchs nach § 118 Abs.1 SachenRBerG durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. U... S... (schriftliches Gutachten vom 17. September 2007 und ergänzende Befragung im Termin vom 10. Januar 2008) hat das Landgericht Potsdam mit seinem am 15. Februar 2008 verkündeten Urteil die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, die begehrte Grunddienstbarkeit zu bewilligen Zug um Zug gegen Zahlung einer monatlichen Rente von 75,- € oder eines einmaligen Betrages von 15.000,- €. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Den Klägerinnen stehe ein Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG zu. Die Nutzung des befestigten Weges auf dem jetzigen Flurstück 90 als Überfahrt und Zuweg zum Flurstück 20/2 sei vor dem 2. Oktober 1990 begründet worden. Der Weg sei für die Erschließung des "gefangenen" Flurstücks 20/2 erforderlich. Der Anspruch aus § 116 SachenRBerG komme auch dem Rechtsnachfolger des Stichtagsnutzers zugute. Einreden nach § 29 oder § 117 SachenRBerG kämen nicht zum Zuge. Der Beklagten stehe allerdings die Einrede der Entschädigungspflicht nach § 118 Abs.1 Satz 1 und 2 Nr.2 SachenRBerG zu. Hiernach könne die volle Höhe des üblichen Entgeltes verlangt werden, weil die Klägerinnen das Flurstück 20/2 nunmehr als Bauland verkaufen wollten. Ein ausdrückliches Einverständnis des jeweiligen Eigentümers des jetzigen Flurstücks 90 mit einer dauernden unentgeltlichen Nutzung des Weges sei nicht festzustellen, so dass die Entschädigungspflicht nicht nach § 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG ausgeschlossen sei. Die Höhe der Entschädigung belaufe sich auf die vom Sachverständigen S... plausibel dargelegte Höhe von 15.000,- € Einmalbetrag bzw. 75,- € monatliche Rente. Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Klägerinnen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 31. Januar 2008 nebst beigefügtem Privatgutachten des Sachverständigen A... Sch... vom 28. Januar 2008 seien gemäß § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren jeweils rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufungen.

Die Klägerinnen halten die vom Landgericht ausgesprochene Entschädigungspflicht nach § 118 SachenRBerG für unberechtigt. Sie tragen vor, eine Entschädigungspflicht sei nach § 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG ausgeschlossen, weil die Stadt ... und die Beklagte mit der dauerhaften unentgeltlichen Nutzung des Weges auf dem jetzigen Flurstück 90 einverstanden gewesen seien. Dieser Weg sei auf Kosten der Stadt ... angelegt worden als (weiterer) Ausgleich für die Inanspruchnahme des damaligen Flurstücks 20/1 als Grünfläche und Sichtfreiheit für den von ihr errichteten Wohngebäudekomplex, damit W... W... das Flurstück 20/2 weiterhin für seinen Fuhrbetrieb habe nutzen können. Jedenfalls sei der vom Landgericht zuerkannte Entschädigungsbetrag deutlich überhöht. Das jetzige Flurstück 90 könne durch Überbauung des befestigten Zuweges fast vollumfänglich baulich genutzt werden, tatsächlich aber plane die Beklagte ohnehin keine bauliche Nutzung des jetzigen Flurstücks 90, so dass die Wertminderung dieses Flurstücks allenfalls mit einem Einmalbetrag von 2.835,- € bzw. einer Jahresrente von 142,- € (bzw. einer Monatsrente von 11,83 €) zu bemessen sei. Das Gutachten des Sachverständigen S... gehe von falschen Tatsachen aus und sei insgesamt fehlerhaft und nicht überzeugend.

Die Klägerinnen beantragen,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, zu Lasten des Flurstücks 90 der Flur 5 der Gemarkung ... eine Grunddienstbarkeit zu bewilligen, wonach dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 20/2 der Flur 5 der Gemarkung ... das Recht zusteht, den auf dem belasteten Grundstück (Flurstück 90) befindlichen, etwa 3 m breiten und etwa 15 m langen, mit Kopfsteinpflaster befestigten Weg (verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern ersichtlich) als Zugang und Zufahrt zum Flurstück 20/2 (Verbindungsweg zur öffentlichen Straße) zu nutzen (Wege- und Überfahrtsrecht);

hilfsweise,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, zu Lasten des Flurstücks 90 der Flur 5 der Gemarkung ... eine Grunddienstbarkeit zu bewilligen, wonach dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 20/2 der Flur 5 der Gemarkung ... das Recht zusteht, den auf dem belasteten Grundstück (Flurstück 90) befindlichen, etwa 3 m breiten und etwa 15 m langen, mit Kopfsteinpflaster befestigten Weg (verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern ersichtlich) als Zugang und Zufahrt zum Flurstück 20/2 (Verbindungsweg zur öffentlichen Straße) zu nutzen (Wege- und Überfahrtsrecht) Zug um Zug gegen Zahlung einer monatlichen Rente von 11,83 € bzw. einer Einmalzahlung in Höhe von 2.835,- €; die Zahlung der ersten Monatsrente hat dabei Zug um Zug gegen Abgabe der Bewilligung der Grunddienstbarkeit zu erfolgen; im Übrigen sind die Ausübung des Rechtes und der Fortbestand der Grunddienstbarkeit aufschiebend bedingt durch die monatliche Zahlung des Betrages an dem Tage des jeweiligen Folgemonates, der nach dem Tag dem Tag der ersten Zahlung entspricht, spätestens jedoch jeweils am Letzten des jeweiligen Monats.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen;

sowie

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage (insgesamt) abzuweisen;

hilfsweise hierzu,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, zugunsten der Klägerinnen als Eigentümer des Flurstücks 20/2 der Flur 5 (Größe: 3.022 m²), Gemarkung ..., Grundbuch von ..., zu Lasten des Grundstücks der Beklagten in ..., eingetragen im Grundbuch von ..., Gemarkung ..., Flur 5, Flurstück 90 (Größe: 215 m²), eine Grunddienstbarkeit in Form eines Wege- und Überfahrtrechts zum Erreichen ihres hinterliegenden Grundstücks mit den hofseitigen Garagen in einer Breite von 3 m und in einer Tiefe von etwa 15 m, auf der mit Kopfsteinpflaster befestigten Zuwegung, letztere verlaufend wie aus den als Anlage beigefügten Lichtbildern ersichtlich, Zug um Zug gegen Zahlung einer Einmalzahlung in Höhe von 15.000,- € zu bewilligen.

Die Beklagte meint, den Klägerinnen stehe kein Anspruch aus § 116 SachenRBerG zu, da die auf dem Flurstück 20/2 stehenden Gebäude und Garagen abrissreif seien und die Klägerinnen das Flurstück 20/2 als Bauland verkaufen wollten. Jedenfalls könne sie, die Beklagte, dem Klagebegehren den vom Landgericht zuerkannten Entschädigungsanspruch nach § 118 Abs.1 SachenRBerG entgegenhalten. Der Ausschlussgrund nach § 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG greife nicht durch, weil keine dazu nötige ausdrückliche Einwilligung in eine dauernde unentgeltliche Nutzung des Weges erteilt worden sei; hiergegen spreche insbesondere auch die Entschädigung von 5.790,- M, die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des damaligen Flurstücks 20/1 nach dem Aufbaugesetz der DDR an W... W... gezahlt worden sei. Die Einwände der Klägerinnen gegen die überzeugende Darlegung des Sachverständigen S... seien gemäß §§ 296a, 531 Abs.2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Allerdings habe das Landgericht nicht beachtet, dass sie, die Beklagte, ihr nach § 118 Abs.1 SachenRBerG eröffnetes Wahlrecht dahin ausgeübt habe, dass sie eine Einmalzahlung von 15.000,- € begehre.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben zur Frage des Umfangs eines Entschädigungsanspruchs nach § 118 Abs.1 SachenRBerG durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. U... S.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen S... vom 19. Januar 2009 sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 4. Juni 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufungen der Parteien sind jeweils statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 511 Abs.1 und Abs. 2 Nr.1, §§ 517, 519, 520, § 222 Abs.2 ZPO).

2. Beide Rechtsmittel bleiben in der Sache selbst jedoch weitgehend ohne Erfolg. Das landgerichtliche Urteil ist lediglich hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung der verlangten Grunddienstbarkeit - aus Klarstellungsgründen - redaktionell neu zu fassen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihr Wahlrecht nach § 118 Abs.1 SachenRBerG mit Schriftsatz vom 13. November 2007 dahin ausgeübt hat, dass sie die Zahlung eines einmaligen Entgeltbetrages begehrt (§ 263 BGB), was das Landgericht in seinem Urteil nicht beachtet hat.

a) Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Dies gilt insbesondere für den nach § 13 GVG eröffneten Zivilrechtsweg (s. auch Rechtsgedanke in § 103 Abs.1 Satz 1 SachenRBerG), der vom Berufungsgericht im Hinblick auf § 17a Abs.5 GVG freilich ohnehin nicht mehr zu prüfen ist, wenn das erstinstanzliche Gericht - wie hier - die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges konkludent bejaht hat und der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten von keiner Partei gerügt worden ist (s. BGH NJW 2008, S.3572, 3573).

Zwar ist die Fassung des erstinstanzlichen Klageantrags (sowie des Tenors des landgerichtlichen Urteils) insofern ungenau geraten, als hieraus nicht ganz klar geworden ist, ob eine Grunddienstbarkeit (§§ 1018 ff. BGB) oder eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB) bewilligt werden soll (einerseits: "Grunddienstbarkeit", andererseits: "den Klägerinnen" bzw. "zugunsten der Kläger"). Diese Unklarheit haben die Klägerinnen mit ihrer vom Senat angeregten Neufassung des Klageantrags durch Schriftsatz vom 6. Januar 2009 indes behoben; zweifelsohne haben die Klägerinnen von Beginn an die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit begehrt.

b) Die Klage ist auch begründet, allerdings mit der Maßgabe, dass die Klägerinnen an die Beklagte im Gegenzuge eine Einmalzahlung von 15.000,- € zu leisten haben. Den Klägerinnen steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bestellung der begehrten Grunddienstbarkeit nach § 116 Abs.1 SachenRBerG zu, jedoch nur gegen Zahlung eines Entgeltes nach § 118 Abs.1 Nr.2 SachenRBerG in Gestalt einer Einmalzahlung (§ 263 BGB) in Höhe von 15.000,00 €.

aa) Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, haben die Klägerinnen gegen die Beklagte einen Anspruch auf Bestellung (Bewilligung) der begehrten Grunddienstbarkeit (Wege- und Überfahrtrecht) gemäß § 116 Abs.1 SachenRBerG.

Die Voraussetzungen dieses Anspruchs liegen vor:

Der Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG erfordert nicht, dass der Nutzer eine bauliche Investition vorgenommen hat; vielmehr kann die Mitbenutzung eines (auch: unbefestigten) Weges als solche genügen (s. BGHZ Bd.144, S.25, 27 f.; BGH VIZ 2003, S.385, 386, VIZ 2004, S.193, 194; ZOV 2006, S.119, 121; OLG Naumburg, VIZ 2002, S.108; s. für einen ähnlichen Fall auch BGH NJW-RR 2008, S.325, 326; vgl. ferner Toussaint, in: Kimme, Offene Vermögensfragen, 2007, § 116 SachenRBerG Rdn.7; a.A. OLG Dresden, VIZ 2000, S.428, 429). Nötig und ausreichend ist eine vor dem 2. Oktober 1990 begründete Mitbenutzung eines fremden Grundstücks, die zwar der zivilrechtlichen Absicherung entbehrte, aber nach der Verwaltungspraxis oder den typischen Gegebenheiten in der ehemaligen DDR als rechtmäßig angesehen wurde, so dass die Mitbenutzung "de facto respektiert" wurde und ihr ein "faktischer Schutz" zukam (s. BGH VIZ 2003, S.385 f.; ZOV 2005, S.29; ZOV 2006, S.119, 120, 121; ZOV 2006, S.129, 130 = NJW-RR 2006, S.960, 962; NJ 2007, S.220 = NJW-RR 2007, S.526; NJW-RR 2008, S.325, 326; Toussaint, aaO., § 116 SachenRBerG Rdn.10; Münch.Komm.-Smid, BGB, Bd.6, 4.Aufl.2004, § 116 SachenRBerG Rdn.6). So liegt es auch hier. Die Nutzung des streitigen Weges auf dem jetzigen Flurstück 90 wurde unstreitig vor dem 2. Oktober 1990 begründet, und zwar in der 1960er Jahren. Da sich der für die Verbindung des Flurstücks 20/2 zur öffentlichen Straße genutzte Weg seit 1963 auf einem Grundstück im Volkseigentum befand, war die zivilrechtliche Absicherung der Mitbenutzung dieses Weges nicht möglich; der Eintragung eines Wegerechts zu Lasten eines Grundstücks im Volkseigentum stand § 20 Abs.3 Satz 2 ZGB/DDR strikt entgegen (s. etwa Kommentar zum ZGB, 1983, § 322 Anm. 1.1.). Gleichwohl war die Benutzung dieses Weges zur Erreichung des Flurstücks 20/2 nicht nur geduldet, sondern als "rechtmäßig" angesehen worden, wie sich schon aus der nachgewiesenen Tatsache ergibt, dass die Stadt ... 1973 bis 1975 eine Mehrzahl von Baugenehmigungen für die Errichtung von Garagen auf dem "gefangenen" Flurstück 20/2 erteilte; dies hat zwingend die Erreichbarkeit des Flurstücks 20/2 über den hier streitigen Weg vorausgesetzt, da die Garagen sonst sinnlos gewesen wären. Der Zugang und die Zufahrt zum Flurstück 20/2 über den streitigen Weg auf dem heutigen Flurstück 90 wurde von den staatlichen Stellen wie selbstverständlich vorausgesetzt; mehr ist für eine Anerkennung als "rechtmäßig" nicht erforderlich (s. - für einen ähnlichen Fall - BGH NJW-RR 2008, S.325, 326).

Die Benutzung des streitigen Weges ist für die Erschließung des im Eigentum der Klägerinnen stehenden - "gefangenen" und anderweitig nicht erreichbaren - Flurstücks 20/2 erforderlich im Sinne von § 116 Abs.1 Nr.2 SachenRBerG, und es ist (im Hinblick auf das damals bestehende Volkseigentum, § 20 Abs.3 Satz 2 ZGB/DDR) unstreitig auch kein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB/DDR begründet worden (§ 116 Abs.1 Nr.3 SachenRBerG).

Inhaber des Anspruchs nach § 116 Abs.1 SachenRBerG ist nicht nur der Stichtagsnutzer (hier: der Vater der Klägerinnen), sondern auch sein Rechtsnachfolger oder ein späterer Erwerber des begünstigten Grundstücks (s. BGH VIZ 2004, S.193, 194; ZOV 2006, S.119, 120 = NJW-RR 2006, S.958, 959; Toussaint, aaO., § 116 SachenRBerG Rdn.13), im vorliegenden Fall also (auch) die Klägerinnen.

Ohne Belang für den Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG sind der aktuelle bauliche Zustand der auf dem Flurstück 20/2 befindlichen Bauwerke ("abrisswürdig") und die geplante Änderung der baulichen Nutzung dieses Grundstücks (Verkauf und Neubebauung). Da das Flurstück 20/2 weiterhin über den streitigen Weg befahren und begangen wird, ist dem Erfordernis des Fortbestehens der Mitbenutzung zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs (s. dazu Toussaint, aaO., § 116 SachenRBerG Rdn.12) Genüge getan. Eine Änderung der Nutzung des Flurstücks 20/2 nach dem 2. Oktober 1990 hindert - wie der Blick auf § 118 Abs.1 Nr.2 SachenRBerG zeigt - den Anpruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG (dem Grunde nach) nicht. Inhalt und Umfang der Grunddienstbarkeit bestimmen sich allerdings nach der am 2. Oktober 1990 praktizierten und geduldeten Nutzung, wobei Bedarfssteigerungen unter gewissen Voraussetzungen berücksichtigt werden können (s. BGH NJW-RR 2008, S.325, 327; s. auch BGH VIZ 2004, S.193, 194; ZOV 2006, S.119, 121). Unabhängig davon, welche Gebäude auf dem Flurstück 20/2 noch errichtet werden, wird der streitige Weg fortdauernd als (einzige) Zuwegung und Verbindung zur öffentlichen Straße genutzt und auch künftig genutzt werden. Eine "Nutzungsaufgabe" oder wesentliche Nutzungsänderung steht demnach nicht in Rede.

Das Verweigerungsrecht nach § 29 SachenRBerG (nicht mehr nutzbare oder genutzte Gebäude oder bauliche Anlage) gilt, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, nicht für den Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG. Der Regelung in § 29 SachenRBerG liegt der Gedanke des Investitionsschutzes zugrunde (s. Smid, aaO., § 29 SachenRBerG Rdn.2; Vossius, SachenRBerG, 2.Aufl.1996, § 29 Rdn.1; Sannwald, in: Prütting/Zimmermann/Heller, Grundstücksrecht Ost, 2003, § 29 SachenRBerG Rdn.1; Wilhelms, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, 2005, § 29 Rdn.1); demgegenüber setzt der Anspruch aus § 116 Abs.1 SachenRBerG keine bauliche Investition des Nutzers voraus.

Der Anspruch nach § 116 Abs.1 SachenRBerG ist auch nicht gemäß § 119 SachenRBerG ausgeschlossen; das Notwegerecht nach § 917 BGB reicht für eine anderweitige rechtliche Gestattung der Mitbenutzung nicht aus (s. BGH NJ 2007, S.220 = NJW-RR 2007, S.526 f.; Toussaint, aaO., § 119 SachenRBerG Rdn.4).

Gründe für ein Verweigerungsrecht nach § 117 SachenRBerG sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

bb) Allerdings kann die Beklagte den Klägerinnen einen Entgeltanspruch nach § 118 SachenRBerG, gerichtet auf Zahlung eines Einmalbetrages von 15.000,- €, entgegenhalten.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Entgeltpflicht der Klägerinnen nach § 118 Abs.1 SachenRBerG dem Grunde nach besteht und nicht gemäß § 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG ausgeschlossen ist. Hierzu bedürfte es nämlich im Hinblick auf die damit verbundene wirtschaftliche Bedeutung und Tragweite eines ausdrücklichen Einverständnisses des Eigentümers des belasteten Grundstücks mit der dauernden unentgeltlichen Mitbenutzung seines Grundstücks (so die bislang wohl überwiegende Ansicht; s. LG Berlin, VIZ 2002, S.586, 588; Toussaint, aaO., § 118 SachenRBerG Rdn.5; Smid, aaO., § 118 SachenRBerG Rdn.10; Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, 2008, § 118 SachenRBerG Rdn.6; a.A. Vossius, aaO., § 118 Rdn.10, 11, der ein schlüssiges Einverständnis mit unentgeltlicher Mitbenutzung genügen lässt; unklar insoweit: BGH NJ 2007, S.220, 221). Jedenfalls muss ein Einverständnis mit einer dauernden unentgeltlichen Nutzung nach Ansicht des Senats eindeutig zum Ausdruck gebracht worden sein. Ein solches eindeutiges Einverständnis der Stadt ... bzw. der Beklagten mit der dauernden unentgeltlichen Mitbenutzung des jetzigen Flurstücks 90 durch die Eigentümer und Nutzer des Flurstücks 20/2 ist indes nicht festzustellen. Der unstreitige Umstand, dass für die Inanspruchnahme des damaligen Flurstücks 20/1 (227 m²) im Jahre 1963 eine Entschädigung von immerhin 5.790,- M gezahlt wurde, und die Behauptung der Klägerinnen, dass der streitige Weg auf Kosten der Stadt ... angelegt und mit Pflastersteinen befestigt worden sei, sprechen dagegen, dass der Eigentümer des jetzigen Flurstücks 90 dauerhaft ohne jeglichen Anspruch auf Entschädigung für die Nutzung seines Grundstücks bleiben sollte und wollte. Denn danach hat der Eigentümer des jetzigen Flurstücks 90 für den Erwerb dieses Grundstücks und die Wegbefestigung erhebliche finanzielle Mittel aufgewandt, obgleich dieses Grundstück nur als Grünfläche und Sichtfreiheit genutzt worden ist und (wohl bis auf weiteres) weiterhin genutzt werden wird, und es entspräche danach nicht seinem wirtschaftlichen Interesse, die - bei derzeitiger Lage einzige wirtschaftlich relevante - Nutzung des jetzigen Flurstücks 90 als Verbindung des Flurstücks 20/2 mit der öffentlichen Straße für jede Zukunft entgeltlos hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kommt der Tatsache allein, dass in der Vergangenheit keine Nutzungsentgelte gefordert worden sind und die entgeltlose Nutzung des streitigen Weges geduldet wurde, kein Gewicht zu, das für die Erfordernisse des Anspruchsausschlusses nach § 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG genügen würde. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Entgeltanspruch nach § 118 Abs.1 SachenRBerG erst mit der Bestellung der Dienstbarkeit fällig wird und folglich auch erst dann - und nicht zu einem früheren Zeitpunkt - eine Zahlungspflicht des Nutzers begründet wird.

Die Entgeltpflicht nach § 118 Abs.1 SachenRBerG besteht gemäß § 118 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SachenRBerG in der vollen Höhe des üblichen Entgelts, da die Klägerinnen das Flurstück 20/2 nicht mehr als Garagen- und Gewerbegrundstück nutzen, sondern als Bauland zum Zwecke der Neubebauung verkaufen wollen. Dies hat das Landgericht dargelegt und haben die Parteien nicht beanstandet.

Die Höhe des üblichen Entgelts bestimmt sich nach der Minderung des Ertrags- bzw. Verkehrswertes, die das betroffene Grundstück durch die Bestellung der Dienstbarkeit zu eben diesem Zeitpunkt erfährt (s. OLG Dresden, VIZ 2000, S.428, 430; Toussaint, aaO., § 118 achenRBerG Rdn.9; Smid, aaO., § 118 SachenRBerG Rdn.5; Vossius, aaO., § 118 Rdn.8; Heller, in: Prütting/Zimmermann/Heller, Grundstücksrecht Ost, 2003, § 118 SachenRBerG Rdn.6, 11). Dabei steht dem Eigentümer des zu belastenden Grundstücks ein Wahlrecht im Sinne der §§ 262 ff. BGB zu, ob das Entgelt als monatliche Rente oder als Einmalzahlung geleistet werden soll (s. Toussaint, aaO., § 118 SachenRBerG Rdn.10; Vossius, aaO., § 118 Rdn.4). Die Beklagte hat mit ihrer Berufung zu Recht darauf hingewiesen, dass sie dieses Wahlrecht mit Schriftsatz vom 13. November 2007 dahin ausgeübt hat, dass sie die Zahlung eines einmaligen Entgeltes begehrt (§ 263 BGB); dies hat das Landgericht nicht beachtet und ist daher nunmehr im Urteilsausspruch zum Ausdruck zu bringen.

Nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen S... beläuft sich die mit der Bestellung der Grunddienstbarkeit verbundene Minderung des Wertes des jetzigen Flurstücks 90 - und damit auch: die Höhe der von den Klägerinnen zu leistenden Einmalzahlung an die Beklagte - auf einen Betrag von 15.000,- € (§ 286 ZPO).

Der Sachverständige S... hat den Betrag von 15.000,- € unter Annahme eines - unstreitigen - Bodenverkehrswertes von 180,- €/m² (insgesamt also: 39.000,- € = 215 m² x 180,- €/m²) und einer Wertminderung von insgesamt 37,5% ermittelt; diese Wertminderung hat er differenziert und gewichtet nach den Aspekten der Bebaubarkeit, der Lage, der Nutzung der Außenanlagen und des Geltungswertes des Flurstücks 90 vorgenommen. Der Sachverständige hat eine Beeinträchtigung der möglichen baulichen Nutzbarkeit des jetzigen Flurstücks 90 dargelegt und dies insbesondere in seiner persönlichen Anhörung und Befragung vor dem Senat am 4. Juni 2009 näher erläutert. Danach handelt es sich bei dem Flurstück 90 - nach Auskunft des Stadtplanungsamtes der Stadt ... - um Wohnbauland im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB), das rechtlich und tatsächlich trotz der geringen Größe von 215 m² einer Wohnbebauung zugänglich ist. Die sonach mögliche Bebaubarkeit wird nach den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen durch das verlangte Wegerecht (Grunddienstbarkeit) erheblich beeinträchtigt, insbesondere hinsichtlich der - wirtschaftlich gewichtigen - Erdgeschossbebauung. Die derzeit fehlende Bebauungsabsicht der Beklagten habe keinen Einfluss auf die Ermittlung der Minderung des (aktuellen) Verkehrswertes, da es hierfür allein auf die mögliche und zulässige Bebaubarkeit des Grundstücks ankomme. Unter Mitberücksichtigung der ergänzenden Erläuterungen des Sachverständigen S... vermögen die Einwände der Klägerinnen, die sie auf die - sehr knapp gehaltenen - Ausführungen im Privatgutachten des Sachverständigen A... Sch... vom 28. Januar 2008 stützen, die Überzeugungskraft der Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erschüttern. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Sachverständige S... nur einen Teil der von ihm ermittelten Wertminderung (15%/37,5%) aus der Beeinträchtigung der Bebaubarkeit des Flurstücks 90 herleitet und den weiteren - überwiegenden - Teil der Wertminderung (22,5%/37,5%) aus anderen, unterschiedlich gewichteten Gesichtspunkten (Lage, Nutzung für Außenanlagen, Geltungswert), wohingegen das Privatgutachten des Sachverständigen Sch... allein auf den Aspekt der (Beeinträchtigung der) Bebaubarkeit eingeht.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs.1, § 281 Abs.3 Satz 2, § 100 Abs.1 ZPO sowie auf § 708 Nr.10 ZPO. Von der Anordnung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 Satz 1 ZPO hat der Senat abgesehenen, weil dieses Urteil vor Eintritt seiner Rechtskraft keiner der Parteien die Zwangsvollstreckung gegen die jeweils andere Partei eröffnet (§ 894 Abs.1, § 726 Abs.1 und 2 ZPO; § 92 Abs.1 ZPO).

Angesichts der nach dem Erkenntnisstand des Senates höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfrage, welche Anforderungen für die Annahme eines Einverständnisses des Eigentümers mit einer (unentgeltlichen) Mitbenutzung seines Grundstücks im Sinne von § 118 Abs.2 Nr.2 SachenRBerG zu beachten sind, lässt der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zu; zu dieser - grundsätzlich bedeutsamen - Rechtsfrage erscheint eine Entscheidung des Revisionsgerichts zum Zwecke der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs.2 Satz 1 Nr.1 und 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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