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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 30.08.2001
Aktenzeichen: 5 W (Lw) 140/00
Rechtsgebiete: FGG, LwAnpG, LPGG, LwVG


Vorschriften:

FGG § 22
LwAnpG § 44
LwAnpG § 42 Abs. 1
LwAnpG § 44 Abs. 1
LwAnpG § 65 Abs. 2
LwAnpG § 51 a Abs. 2
LwAnpG § 44 Abs. 1 Nr. 1
LwAnpG § 44 Abs. 1 Nr. 2
LwAnpG § 44 Abs. 1 Nr. 3
LwAnpG § 51 a Abs. 2 Satz 1
LPGG § 45 Abs. 6
LwVG § 22 Abs. 1
LwVG § 24 Abs. 1
LwVG § 34 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluß

5 W (Lw) 140/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 30.08.2001

verkündet am 30.08.2001

In dem Verfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz

hat der Landwirtschaftssenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. August 2001 durch

den Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe sowie den Richter am Landgericht Dr. Huth und die ehrenamtlichen Richter Dipl.-Landwirt Lehmann und Landwirt Ballermann

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Teilbeschluß des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Königs Wusterhausen - 4 Lw 35/99 wird zurückgewiesen.

Die Kosten (gerichtliche und außergerichtliche Kosten) des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 600,00 DM.

Gründe:

I.

Die Antragstellerinnen machen als Erben und Erbeserben nach ihrem am 23. Oktober 1991 verstorbenen Vater A M Abfindungsansprüche im Wege der Stufenklage gegen die Antragsgegnerin geltend.

Ausweislich des Erbscheins vom 25. November 1991 waren Erben des A M seine Ehefrau I M zu 1A sowie die beiden Antragstellerinnen zu je 1/4. Frau I M ist am 19. September 1992 nachverstorben und wurde durch die Antragstellerinnen je zur Hälfte beerbt.

Der Erblasser A M war bis zu seinem Tod Mitglied der Antragsgegnerin. Er hatte in die Antragsgegnerin einen Inventarbeitrag von 17.930,00 Mark/DDR sowie 26,32 ha landwirtschaftliche Nutzfläche eingebracht. Von dem eingebrachten Inventarbeitrag wurde der zusätzliche Inventarbeitrag in Höhe von 4.770,00 Mark/DDR in den Jahren 1960 bis 1967 und ein Betrag von 1.013,00 Mark/DDR im Jahre 1972 zurückerstattet.

In der Mitgliedervollversammlung am 28. November 1990, an der der Erblasser A M teilnahm, beschloß die Antragsgegnerin ihre Auflösung zum selben Tage. Ferner wurde beschlossen, daß das Liquidationsvermögen anteilig nach Inventarbeiträgen und Wertschöpfung durch Arbeit und geleistete Arbeitsjahre, gemessen in Jahres Verdiensten, aufzuteilen sei (§§ 78 - 93 GenG).

Die Antragsgegnerin erstellte per 28. November 1990 eine Liquidationseröffnungsbilanz.

Die Antragsgegnerin hat an die Antragstellerinnen bereits einen Betrag von insgesamt 18.576,00 DM gezahlt, und zwar am 1. April 1992 6.073,50 DM als Inventarbeitrag, am 1. April 1992 7.464,92 DM als Vergütung Arbeitsleistung und 1996 einen Betrag von 5.038,20 DM.

Mit Schreiben vom 15. Juni 1999 forderten die Antragstellerinnen die Antragsgegnerin auf, Auskunft über die Ansprüche nach § 44 LwAnpG sowie über die prozentuale Beteiligungsquote des Herrn A M am Liquidationsüberschuß zu benennen. Die Antragsgegnerin lehnte dies mit Schreiben vom 29. Juni 1999 ab.

Die Antragstellerinnen haben geltend gemacht, der volle Anspruch nach § 44 Abs. 1 LwAnpG, nämlich Inventarbeitrag, Verzinsung des Inventarbeitrages und der Bodennutzung sowie Arbeitsleistung, belaufe sich auf 91.124,02 DM. Hiernach bestimme sich die prozentuale Quote auf das zur Personifizierung verwendete Eigenkapital. Andere Mitglieder hätten darüber hinaus bereits deutlich höhere Anteile auf ihre Nominalbeteiligung erhalten.

Die Antragstellerinnen haben in der ersten Stufe beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragstellerinnen ihre prozentuale Beteiligungsquote am Liquidationsüberschuß unter Beifügung der Liquidationseröffnungsbilanz und Bekanntgabe der Berechnungsunterlagen, Gesamtbetrag der Inventarbeiträge und gleichstehenden Leistungen, die Gesamtgröße der von den Mitgliedern eingebrachten landwirtschaftlichen Nutzfläche, den Gesamtbetrag der zu berücksichtigenden Arbeitsjahre und den Gesamtbetrag aller bisher auf Beteiligungen ausgeschütteten Zahlungen mitzuteilen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Antragstellerinnen hätten als Erbinnen allenfalls Anspruch auf Rückgewähr des Inventarbeitrages nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG. Gemäß einstimmigem Beschluß der Mitgliederversammlung seien die Inventarbeiträge an die Mitglieder im Verhältnis 1 : 2 auszuzahlen. Im übrigen hat sie sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Mit Teilbeschluß vom 21. September 2000 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Königs Wusterhausen die Antragsgegnerin zur Auskunft über die prozentuale Beteiligungsquote am Liquidationsüberschuß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, den Antragstellerinnen stünde der umfassende Auskunftsanspruch zu. Sie hätten nicht nur Anspruch auf Rückgewähr des Inventarbeitrages, sondern auch Ansprüche aus § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 LwAnpG. Ein Fall des § 51 a Abs. 2 Satz 1 LwAnpG liege nicht vor, da der Erblasser nicht vor dem 16. März 1990 ausgeschieden sei; er sei erst 1991 verstorben.

Gegen den ihr am 5. Oktober 2000 zugestellten Beschluß hat die Antragsgegnerin mit einem am 13. Oktober 2000 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, den Antragstellern als Erben des Mitglieds stünde kein Anspruch zu. Sie hätten lediglich einen Anspruch auf Auszahlung des Inventarbeitrages.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Teilbeschluß des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 21. September 2000, 4 Lw 35/99, zugestellt am 4. Oktober 2000, abzuändern und den Antrag auf Auskunft zurückzuweisen.

Die Antragstellerinnen beantragen,

die sofortige Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigen den erstinstanzlichen Beschluß.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch im übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, § 22 Abs. 1 LwVG, 9 LwVG i.V.m. § 65 Abs. 2 LwAnpG, § 22 FGG.

Die sofortige Beschwerde gegen den Teilbeschluß über den Auskunftsanspruch ist jedoch unbegründet.

Zwar steht dem Mitglied der LPG sowie dessen Erben während der Liquidation, die vorliegend noch nicht beendet ist, kein Zahlungsanspruch als Abfindungsanspruch nach § 44 LwAnpG zu, wohl aber ein Anspruch darauf, daß das Vermögen der LPG unter Beachtung des § 44 LwAnpG aufgeteilt wird. Diesen Anspruch kann das Mitglied im Wege des Feststellungsantrags verfolgen, daß bei der Verteilung des Liquidationserlöses zu seinen Gunsten ein bestimmter Abfindungsanspruch zu berücksichtigen sei (BGH Beschluß vom 1. Juli 1994 - BLw 103/93 - AgrarR 1994, S. 365). Um diesen Abfindungsanspruch bemessen zu können, steht dem Mitglied oder dessen Erben bereits während des Liquidationsverfahrens ein uneingeschränkter Anspruch auf Auskunftserteilung und Einsichtnahme zu, auch wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Liquidator die für eine ordnungsgemäße Auflösung erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat (Wenzel, Aktuelle Rechtsfragen, Vermögensauseinandersetzung und der Umwandlung sowie der Rückabwicklung von Kreispachtverträgen in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, AgrarR 1998, S. 1 ff. [2]).

Unstreitig hat das LPG-Mitglied A M seine Mitgliedschaft nicht gekündigt. Zum Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Auflösung der Antragsgegnerin war er nach wie vor Mitglied derselben. Eine unmittelbare Anwendung von § 44 LwAnpG, der die Ansprüche der ausgeschiedenen sowie ausscheidenden LPG-Mitglieder regelt, scheidet mithin aus. Das LPG-Mitglied A M hatte jedoch einen Anspruch darauf, daß das Vermögen der LPG auch an ihn unter Beachtung des § 44 LwAnpG aufgeteilt wird, § 42 Abs. 1 LwAnpG.

Dieser Anspruch ist vererblich. Er umfaßt - wie die uneingeschränkte Verweisung auf § 44 belegt - den gesamten Anspruch auf Vermögensauseinandersetzung gem. § 44 LwAnpG mit all seinen Teilforderungen, nämlich Inventarbeitrag, Bodenverzinsung sowie Inventarbeitragsverzinsung und Arbeitsleistung.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Anspruch der Erben nicht lediglich auf die quotale Auszahlung des Inventarbeitrages gem. § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG beschränkt. § 51 a Abs. 2 LwAnpG ist nicht einschlägig. Diese Vorschrift regelt lediglich die Situation der LPG-Mitglieder, die vor dem 16. März 1990 ausgeschieden waren, sowie die Rechtsstellung deren Erben. Es handelt sich um eine Beschränkung des Abfindungsanspruches des § 44 Abs. 1 LwAnpG, der seine Rechtfertigung in der Rechtslage des LPG-Gesetzes 1982 findet. Wie insbesondere der § 45 Abs. 6 LPGG belegt, gehörten nach der damaligen gesetzlichen Regelung weder Abfindungsansprüche i. S. d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 LwAnpG zum Vermögen eines LPG-Mitglieds. Auch den Erben eines LPG-Mitglieds standen solche Ansprüche damals nicht zu, insbesondere waren die Inventarbeiträge unverteilbares Fondsvermögen. Erst mit dem Gesetz zur Änderung der Ergänzung des LPGG vom 6. März 1990, in Kraft seit 16. März 1990; wurde durch die Einfügung von § 45 Abs. 6 LPGG bestimmt, daß Pflichtinventarbeiträge, die bis dahin zum unverteilbaren Fonds der Genossenschaft gehörten, nach dem Tode eines Genossenschaftsbauern zurückzuzahlen sind, wenn die Erben nicht Mitglied der LPG sind oder Mitglied werden (vgl. BGH AgrarR 1994, S. 366).

Den hier zur Entscheidung stehenden Fall regelt die Vorschrift des § 51 a Abs. 2 LwAnpG nicht. Der dem LPG-Mitglied gem. §§ 42 Abs. 1, 44 LwAnpG zustehende Abfindungsanspruch ist vererblich.

Bei § 44 Abs. 1 LwAnpG handelt es sich um zwingendes Recht, so daß der Inhalt der Ansprüche nicht der Disposition der Vollversammlung unterliegt (so schon BGH-Beschluß vom 24.11.1993 - BLw 39/93 - AgrarR 1994, S. 156).

Der vermögensrechtliche Auseinandersetzungsanspruch sowie der ihm folgende Auskunftsanspruch ist, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht verjährt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechende Begründung Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 Abs. 1 Satz 2 LwVG. Die Auferlegung der gesamten Kosten auf die unterlegene Rechtsmittelführerin entspricht der Billigkeit.

Der Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gem. § 24 Abs. 1 LwVG bedurfte es nicht, daß die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist.

Der Geschäftswert für die Beschwerdeinstanz wird gem. § 34 Abs. 2 LwVG auf 600,00 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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