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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 31.07.2007
Aktenzeichen: 6 U 116/06
Rechtsgebiete: GmbHG, HGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

GmbHG § 30
GmbHG § 31
GmbHG § 31 Abs. 1
GmbHG § 31 Abs. 5
GmbHG § 31 Abs. 5 Satz 1
GmbHG § 31 Abs. 5 Satz 2 a. F.
GmbHG § 32a
GmbHG § 32b
HGB § 172a
ZPO § 517
ZPO § 520
EGBGB Art. 229 § 6
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
EGBGB Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 10
EGBGB Art. 229 § 12 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 116/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 31.07.2007

Verkündet am 31.07.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.10.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - 2 O 546/05 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der e... T... GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin) von den Beklagten die Erstattung von Geldbeträgen nach den Grundsätzen der Gesellschafterhaftung für eigenkapitalersetzende Darlehen.

Die Beklagten waren als Kommanditisten zu je 100.000,00 DM an der Insolvenzschuldnerin beteiligt. Persönlich haftende Gesellschafterin der Insolvenzschuldnerin war die e... T... Verwaltungs GmbH. Die Beklagten waren zu je 25.000,00 DM am Stammkapital der Komplementärin beteiligt und außerdem deren Geschäftsführer.

Die G...bank eG stellte der Insolvenzschuldnerin am 07.12.1995 einen Kontokorrentkredit in Höhe von 1.000.000,00 DM und am 24.02.1998 ein weiteres Darlehen in Höhe von 200.000,00 DM zur Verfügung. Als Sicherheiten bestellt wurden u. a. die jeweiligen Kontoguthaben auf dem Konto Nr. 7232807002 in Höhe von mindestens 200.000,00 DM, die jeweiligen Kontoguthaben auf dem Konto Nr. 7232804208 in Höhe der Kreditinanspruchnahme, jeweils der letztrangige Teilbetrag von 910.000,00 DM von Bürgschaften beider Beklagten über jeweils 1.710.000,00 DM. Ferner erfolgte die Sicherungsübereignung des Fuhrparks sowie die Bestellung diverser anderer Sicherheiten (Bl. 12 ff. d. A.). Der Grund für die Verbürgung der Beklagten in Höhe von insgesamt 1.710.000,00 DM waren weitere Kredite; unter anderem ein Kredit auf dem Konto 80500 mit einem Betrag von 37.321,83 DM, auf dem Konto 805700 mit einem Betrag von 163.050,00 DM, auf dem Konto 805719 mit einem Betrag von 375.000,00 DM und auf dem Konto 805026 mit einem Betrag von 126.652,00 DM. Die Salden wurden dem Jahresabschluss per 31.12.1995 entnommen.

Die Insolvenzschuldnerin erwirtschaftete von 1996 bis 1998 Verluste, im Jahr 1996 4.650 DM, im Jahr 1997 69.536 DM und im Jahr 1998 175.259 DM. Mitte 1999 kam es zu einem Liquiditätsverlust bei der Insolvenzschuldnerin. Sie stellte ihren Geschäftsbetrieb im Juni 1999 ein und kündigte ihre Arbeitnehmer zum 31.8.1999.

Die Beklagten führten mit der B... ...bank, Rechtsnachfolgerin der G...bank eG, Verhandlungen über den Kreditrahmen. Mit Schreiben vom 16.07.1999 (Bl. 95 d. A.) teilte die B... ...bank der Insolvenzschuldnerin mit, dass die Kreditlinie für den Kontokorrentkredit von 800.000,-- DM auf 568.000,00 DM ermäßigt werde, im Gegenzug gab die Bank die bislang als Sicherheit dienenden Festgeldguthaben frei.

Die Beklagten stellten für die Insolvenzschuldnerin am 6.8.1999 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Nachdem der Kläger unter dem 1.11.1999 ein Gutachten (Bl. 48-61 d. A.) erstattet hatte, in dem er bei der Insolvenzschuldnerin Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit feststellte, eröffnete das Amtsgericht Neuruppin mit Beschluss vom 3.11.1999 (Bl. 9 d. A.) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementärin der Insolvenzschuldnerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 20.03.2000 mangels Masse abgelehnt (Bl. 10 d. A.).

Am 28.12.1999 meldete die B... ...bank eG Darlehensforderungen in Höhe von insgesamt 643.194,78 DM (328.860,27 €) zur Insolvenztabelle an. Das erste Darlehen vom 07.12.1995 (neue Konto-Nr.: 84814560003) valutierte mit 482.899,53 DM, das weitere Darlehen vom 24.02.1998 (neue Konto-Nr.: 8481456011) valutierte mit 160.295,25 DM. Der Kläger stellte diese Forderungen zur Tabelle fest. Insgesamt betragen die zur Tabelle festgestellten Forderungen 599.050,65 €.

Mit Schreiben vom 04.02.2004 teilte die B... ...gesellschaft dem Kläger mit, die ehemalige Forderung der B... ...bank sei durch Gläubigerwechsel nunmehr auf die B... B...gesellschaft übergegangen.

Die weiteren für die Bankkredite gewährten Sicherheiten wurden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwertet. Der Kläger zahlte aufgrund der Sicherungszession an die B... B...gesellschaft am 9.11.2000 45.664,72 €, am 14.6.2001 14.528,81 € und am 18.2.2003 100.000,00 €, mithin insgesamt einen Betrag in Höhe von 160.193,53 €. Aus der weiteren Verwertung von sicherungsübereigneten Vermögensgegenständen der Insolvenzschuldnerin zahlte der Kläger am 31.1.2000 83.314,73 € und am 6.2.2001 1.858,.32 €, mithin einen Gesamtbetrag von 85.173,05 € an die B... B...gesellschaft. Mit Wertstellung vom 08.08.2003 verzeichnete der Kläger einen Zahlungseingang von der B... B...gesellschaft in Höhe von 69.736,86 wegen erfolgreicher Insolvenzanfechtung. Der Kläger stellte am 12.7.2004 eine endgültige Forderung der B... ...bank in Höhe von 49.316,93 € fest (Bl. 30 d. A.).

Die Insolvenzmasse belief sich im Jahre 2005 auf 337.760,87 €.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagten hafteten gesamtschuldnerisch analog §§ 31 Abs. 1 GmbHG i. V. m. 172a HGB nach den Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatz. Da die Beklagten keine Freistellung von ihrer Bürgschaftsverpflichtung verlangt hätten, hätten sie ihre Bürgschaftsverpflichtung als eigenkapitalersetzende Leistung in der Krise des Unternehmens stehen lassen.

Von der Bürgschaftsverpflichtung seien die Beklagten dadurch befreit worden, dass Sicherungsgegenstände der Insolvenzschuldnerin verwertet und die Erlöse abzüglich des Geldzuflusses infolge erfolgreicher Insolvenzanfechtung in Höhe von 175.629,72 € an das Kreditinstitut ausgekehrt worden seien. Die Beklagten hafteten hierfür, da der Betrag, um den die Beklagten von ihrer Verbindlichkeit befreit worden seien, die jeweils übernommene Bürgschaftssumme in Höhe von 800.000,00 DM nicht erreiche.

Der Kläger hat behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei schon lange vor Insolvenzreife kreditunwürdig gewesen. Er hat gemeint, Kreditunwürdigkeit liege bereits dann vor, wenn der Gesellschaft die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs notwendigen Kredite nur dann gewährt würden, wenn ein Gesellschafter oder Dritter sich für deren Rückzahlung verbürge bzw. anderweitige Sicherheiten außerhalb des Gesellschaftsvermögen zur Verfügung stelle. Auch im Streitfall habe die Gesellschaft nur weiter existieren können, weil sie über von den Beklagten verbürgte entsprechende Kredite verfügt habe.

Der Kläger hat außerdem behauptet, am Tag vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 2.11.1999 habe bei der Insolvenzschuldnerin ein negatives Kapitalkonto von 1.242.827,79 DM bestanden (Zwischenbilanz Bl. 115-117 d. A.).

Der Kläger hat mit am 4.10.2005 bei Gericht eingegangenem und den Beklagten am 15. und 16.12.2005 zugestellten Schriftsatz Klage erhoben und beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 175.629,72 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben gemeint, ein erstrangiger Teilbetrag aus dem Kreditverhältnis von 200.000,00 DM auf dem Konto Nr. 7232800008 sei unverbürgt. Der verbürgte Kreditsaldo sei gemäß Ziffer 23 der mit Schreiben der Bank vom 07.12.2005 wiedergegebenen Vereinbarung (Anlage K 3, Bl. 11 f. d. A.) ein nachrangiger bis zur Höhe von 800.000,00 DM. Die vom Kläger dargelegten Erlöse aus der Sicherungsübereignung von 85.173,05 € müssten vorrangig der Ablösung des unverbürgten Kredites dienen, da die dinglichen Sicherungsübereignungen nicht vorrangig für den von der Bürgschaftsbank B... ausfallverbürgten Teil als Sicherheit dienen sollten. Die Erlöse aus den Sicherungsübereignungen hätten vorrangig für den von der Bürgschaft nicht verbürgten Teil des Kreditengagements als Sicherheiten gedient, für den sich die Beklagten jedoch nur nachrangig verbürgt hätten. Die weiteren vom Kläger abgeführten Erlöse führten ebenfalls nicht zu einer Befreiung aus der Bürgschaftsverbindlichkeit. Der letztrangige Teilbetrag von 910.000,00 DM habe neben dem von der Bürgschaftsbank B... nicht ausfallverbürgten, letztrangigen Teil des Kredits auf dem Konto 800008 in Höhe von 20 % aus 800.000,00 DM = 160.000,00 DM der Absicherung der übrigen, zu diesem Zeitpunkt bereits ausgereichten Kredite gedient.

Die Beklagten haben ferner behauptet, zu einem Liquiditätsverlust der Gesellschaft sei es erst Mitte 1999 gekommen, da viele Debitoren ihre fälligen Forderungen nicht gezahlt hätten. Sie seien davon ausgegangen, dass die Insolvenzschuldnerin einen Bauprozess gegen die Firma R... & Schü... GmbH auf Zahlung von Werklohn (ca. 550.000,00 DM) vor dem Landgericht Berlin gewinnen werde und der zu erzielende Betrag ausgereicht hätte, die fälligen Verbindlichkeiten aller Gläubiger zurückzuzahlen. Als der auf den 3.8.1999 anberaumte Verhandlungstermin verlegt worden sei, hätten sie Insolvenzantrag gestellt. Der Kläger habe den Prozess aufgenommen und ihn erstinstanzlich gewonnen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe er sich vor dem Kammergericht mit der R... & Schü... GmbH auf Zahlung von 50 % der Forderung verglichen.

Die Beklagten haben gemeint, die von ihnen übernommene Bürgschaft sei nicht eigenkapitalersetzend gewesen. Sie hätten in angemessener Zeit seit Beginn der Krise den gebotenen Konkursantrag gestellt. Es komme nicht darauf an, dass sie es unterlassen hätten, die Bürgschaft zu kündigen bzw. die Befreiung zu verlangen. Dass die Insolvenzschuldnerin vor dem Insolvenzantrag der Beklagten insolvenzreif gewesen sei, habe der Kläger nicht ausreichend dargelegt.

Die Regelungen des §§ 30, 31 GmbHG seien nicht anwendbar, da die vom Kläger behauptete Abführung von Sicherheitenerlösen nicht einmal mittelbar das Vermögen der Komplementärin betreffe. Durch Rückführung der Sicherheitenerlöse an die B... B...gesellschaft bzw. ...bank sei die Haftungsschuld der Komplementärin lediglich vermindert worden. Selbst wenn die §§ 30, 31 GmbHG anwendbar wären, sei bereits Verjährung eingetreten, denn Beginn der Verjährung sei nicht der Zeitpunkt der Abführung der Sicherheitenerlöse, sondern der Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung. Die Beklagten sind zudem der Auffassung, eine die längere Verjährung auslösende "bösliche Handlungsweise" gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG (a. F.) liege in Ansehung ihres Handelns nicht vor.

Das Landgericht hat mit am 27.10.2006 verkündetem Urteil der Klage stattgegeben. Die von den Beklagten übernommenen Bürgschaften ersetzten wegen der bei Stellung des Insolvenzantrages gegebenen bilanziellen Überschuldung der Gesellschaft Eigenkapital. Auch vorher sei die Insolvenzschuldnerin kreditunwürdig gewesen. Denn der Jahresabschluss zum 31.12.1998 habe einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 175.000 DM ausgewiesen. Die Beklagten müssten deshalb den Betrag ersetzen, von dem sie durch die Sicherheitenverwertung befreit worden seien. Die Bürgschaften hätten auch die Forderungen abgesichert, die durch die Verwertung zum Erlöschen gebracht worden seien. Die Beklagten hätten auch nicht rechtzeitig einen Insolvenzantrag gestellt. Die Insolvenzschuldnerin sei seit Reduzierung der Kreditlinie am 16.7.1999 nicht mehr zahlungsfähig gewesen. Sie hätten den Insolvenzantrag erst drei Wochen später gestellt. Der Vortrag der Beklagten zu einer positiven Fortbestehensprognose sei nicht ausreichend substantiiert. Der Klageanspruch sei auch nicht verjährt. Es gelte eine zehnjährige Verjährungsfrist, die bei Klageerhebung noch nicht verstrichen gewesen sei.

Gegen dieses Urteil, ihnen zugestellt am 6.11.2006, haben die Beklagten durch bei Gericht am 1.12.2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 12.1.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf ihren am 3.1.2007 eingegangenen Antrag bis zum 15.1.2007 verlängert worden war.

Die Beklagten meinen, das Landgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass die Insolvenzschuldnerin seit geraumer Zeit vor Insolvenzantragstellung kreditunwürdig gewesen sei und die Beklagten ihre Bürgschaft in eigenkapitalersetzender Weise stehen gelassen hätten.

Der Kläger habe selbst vorgetragen, eine Masse von 337.000 € erwirtschaftet und Bankverbindlichkeiten in Höhe von 245.366,58 € zurückgeführt zu haben. Die Restforderung der Bank betrage nur 49.316,93 €, die auch nur dadurch zustande gekommen sei, dass der Kläger eine Insolvenzanfechtung vorgenommen habe. Eine Deckungslücke, die die Bürgschaft der Beklagten erforderlich gemacht hätte, habe deshalb nicht bestanden. Sie hätten die Insolvenzschuldnerin liquidieren können und keinen Insolvenzantrag stellen müssen, wenn die Firma R... & Schü... GmbH kurzfristig gezahlt hätte.

Im übrigen seien alle in Betracht kommenden Ansprüche des Klägers verjährt. Die Verjährungsfrist betrage hier fünf Jahre.

Die Beklagten beantragen,

das am 27.10.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin - 2 O 546/05 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das landgerichtliche Urteil für richtig.

Er behauptet, die Insolvenzschuldnerin habe im Zeitraum 1995 bis 1999 operativ stetig ein Defizit erwirtschaftet. Nur durch die Auflösung des aus den Gewinnen in den Anfangsjahren 1993 und 1994 gebildeten Sonderpostens mit Rücklageanteil sei der handelsrechtliche Jahresfehlbetrag noch vermieden worden, wohingegen zum 31.12.1998 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 404.682,16 DM erwirtschaftet worden sei. Die Bürgschaften der Beklagten seien angesichts der bilanziellen Überschuldung der Insolvenzschuldnerin spätestens zum 31.12.1998 eigenkapitalersetzend gewesen. Stille Reserven seien nicht mehr vorhanden gewesen.

Nachdem die B... ...bank eG keine Bereitschaft gezeigt habe, den Kontokorrentkredit auszuweiten und zudem ein kurzfristiger Mittelzufluss wegen Verschiebung des Prozesses gegen die R... & Schü... GmbH nicht mehr zu erhalten war, sei der Insolvenzantrag auch wegen akuter Zahlungsunfähigkeit unausweichlich geworden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das landgerichtliche Urteil war abzuändern und die Klage abzuweisen.

1.) Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch in Höhe der Klageforderung aus den §§ 30, 31 GmbHG, 172a HGB zu.

§ 172a HGB erklärt zwar nicht die §§ 30, 31 GmbHG, sondern lediglich die §§ 32a, 32b GmbHG für entsprechend anwendbar. Allerdings gelten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch für Kommanditisten, die Gesellschafter der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG sind, die §§ 30, 31 GmbHG analog (BGH, NJW 1998, 3273, zitiert nach Juris).

Eine Haftung der Beklagten setzt voraus, dass die Bürgschaften der Beklagten für der Insolvenzschuldnerin gewährte Kredite Eigenkapital ersetzt haben. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt nach ständiger Rechtsprechung des zuständigen 2. Zivilsenats des BGH beim Insolvenzverwalter bzw. bei der Gesellschaft (BGH WM 2005, 848, zitiert nach Juris).

Der Kläger hätte deshalb darlegen müssen, dass die Insolvenzschuldnerin sich zu einem bestimmten Zeitpunkt, der maßgeblich vor dem Insolvenzantrag liegt, in der Krise befunden hat und dass die Beklagten ihr in diesem Zeitpunkt als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten. Hierzu hätte es eines Vortrages bedurft, dass zu diesem Zeitpunkt die Schuldnerin bei gesellschaftsfremden Dritten kreditunwürdig oder aber zahlungsunfähig oder überschuldet war. Ausreichender Vortrag des Klägers hierzu fehlt. Das macht die Klage unschlüssig und damit abweisungsreif.

a.) Die Feststellungen des Landgerichts zur Eigenkapitalersatzfunktion der von den Beklagten gewährten Bürgschaften sind, wie die Beklagten mit der Berufung zu Recht beanstanden, unzureichend.

Für die Annahme, dass Bürgschaften Eigenkapitalersatzfunktion haben, ist es nicht ausreichend, dass die Beklagten auf Verlangen der kreditgebenden Bank überhaupt eine Bürgschaftserklärung abgegeben haben. Denn ein solches Verlangen ist insbesondere bei kleineren Gesellschaften banküblich (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 32a Rn 83). Von dem Umstand, dass ein Gesellschafter überhaupt eine Bürgschaft übernommen hat, kann nicht darauf geschlossen werden, dass sich die darlehensnehmende Gesellschafterin in der Krise befunden hat (vgl. BGH, NJW 1992, 1763, zitiert nach Juris). Die abweichende Auffassung des Klägers, der das Landgericht gefolgt ist, ist unrichtig.

Es reicht auch nicht aus, sich darauf zu berufen, dass die Beklagten nach Stellung ihres Insolvenzantrages die Bürgschaft nicht teilweise gekündigt hätten. Das stellt kein Stehenlassen einer Gesellschaftersicherheit in der Krise dar. Eine solche Sicherheit erhält nur dann den Charakter von Eigenkapitalersatz, wenn gerade kein Insolvenzantrag gestellt worden ist.

b.) Es kann nicht angenommen werden, dass die Insolvenzschuldnerin am 31.12.1998 überschuldet war.

Zu Unrecht hat das Landgericht von einer bilanziellen Überschuldung der Insolvenzschuldnerin darauf geschlossen, dass die Bürgschaften der Beklagten Eigenkapitalersatzfunktion hatten. Die hierzu erforderlichen Feststellungen konnte das Landgericht schon deshalb nicht treffen, weil der Kläger die Handelsbilanzen der Insolvenzschuldnerin aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung nicht einmal in den Prozess eingeführt hat. Er hat vielmehr lediglich sein eigenes Gutachten vom 1.11.1999 vorgelegt, in dem aus der Gewinn- und Verlustrechnung der Jahresabschlüsse zum 31.12.1996, 31.12.1997 sowie zum 31.12.1998 die Verluste angegeben werden. Dieses Gutachten wurde Monate nach dem Insolvenzantrag der Beklagten erstellt und war Grundlage für die Entscheidung des Insolvenzgerichts, das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Das Gutachten ist zur Beantwortung der Frage, ob die Bürgschaften der Beklagten zu einem vom Kläger erstinstanzlich nicht einmal genannten Zeitpunkt vor Insolvenzantrag Eigenkapitalersatzfunktion erlangt haben, ungeeignet.

Auf den Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung vom 5.6.2007, dass seine Darlegungen unzureichend sind, hat der Kläger nunmehr die Jahresabschlüsse - ohne die dazu gehörigen Erläuterungen - für die Jahre 1996 und 1998 zur Gerichtsakte gereicht. Aus der Bilanz zum 31.12.1998 ergibt sich zwar ein negatives Eigenkapital. Jedoch hat der Kläger damit nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung seiner Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung nicht genügt, dass die Bankbürgschaften der Beklagten Eigenkapitalersatzfunktion erhalten haben. Denn eine buchmäßige Überschuldung hat allenfalls indizielle Bedeutung. Es bedarf vielmehr der Erstellung einer Überschuldungsbilanz, welche die aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerte ausweist (BGH WM 2001, 959; BGH WM 2001, 316; BGH WM 2005, 848, jeweils zitiert nach Juris). Darin sind die stillen Reserven aufzudecken und die Vermögensgegenstände zu Veräußerungswerten anzusetzen. Zumindest hätte der Kläger die Ansätze in der Handelsbilanz daraufhin überprüfen und erläutern müssen, ob und ggf. in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige daraus nicht ersichtliche Veräußerungswerte vorhanden sind. Dabei muss er nicht jede denkbare Möglichkeit ausschließen, sondern nur nahe liegende Anhaltspunkte -beispielsweise stille Reserven bei Grundvermögen - und die von dem Gesellschafter insoweit aufgestellten Behauptungen widerlegen (BGH WM 2005, 848, zitiert nach Juris).

Nach diesen Grundsätzen und dem Vortrag der Parteien im vorliegenden Rechtsstreit ist die Klage unbegründet.

Der Kläger hat für den von ihm nunmehr behaupteten spätesten Zeitpunkt des Eintritts der Überschuldung - 31.12.1998 - keine Überschuldungsbilanz vorgelegt, er hat sich vielmehr lediglich auf die Handelsbilanzen, insbesondere diejenige zum 31.12.1998, berufen und hierzu vorgetragen, wie sich bilanziell der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag errechnet. Weiter hat er unter Berufung auf sein Gutachten vom 1.11.1999 vorgetragen, dass keine stille Reserven beim Anlagevermögen vorhanden gewesen seien, und die Behauptung der Beklagten bestritten, dass bei Sachanlagen erhebliche Sonderabschreibungen zu stillen Reserven geführt hätten. Dies ist nicht ausreichend.

Der Kläger hat schon auf die Erstellung eines Überschuldungsstatus verzichtet. Dann hätte er sich zumindest mit den Behauptungen der Beklagten zu vorhandenen stillen Reserven auseinandersetzen müssen. Dies hat er nur unzureichend getan.

Den in den vom Kläger vorgelegten Handelsbilanzen zum 31.12.1996 und 31.12.1998 enthaltenen Gewinn- und Verlustrechnungen lässt sich zunächst entnehmen, dass der Vortrag der Beklagten zu den Abschreibungen für Sachanlagen zutrifft. Die Abschreibungen betragen 1996 über 1 Mio. DM, im Jahre 1997 805.351,38 DM und 1998 576.888,70 DM. Angesichts dieser Abschreibungsbeträge erscheint es plausibel, dass die Buchwerte von 632.496,91 DM für die Sachanlagen zum 31.12.1998 stille Reserven enthalten könnten.

Diesen Vortrag der Beklagten hätte der Kläger angesichts der ihn auch insoweit treffenden Darlegungs- und Beweislast (BGH WM 1999, 1828, zitiert nach Juris) durch einen substantiierten, einem Bestreiten und einer Beweisaufnahme zugänglichen Vortrag widerlegen müssen. Daran fehlt es.

So fehlt es zunächst an jeglichem Vortrag dazu, was für Sachanlagen überhaupt im Vermögen der Insolvenzschuldnerin gestanden haben, die zum 31.12.1998 mit 632.496,91 DM bilanziert worden sind. Der nunmehr vorgelegten Handelsbilanz lässt sich entnehmen, dass es sich dabei um technische Anlagen und Maschinen sowie um die Betriebs- und Geschäftsausstattung der Insolvenzschuldnerin gehandelt hat. Detailangaben, die für die Bewertung erforderlich sind, sind vom Kläger nicht vorgetragen.

Soweit der Kläger vorträgt, er habe das Anlagevermögen im Rahmen der Erstellung seines Gutachtens vom 1.11.1999 durch einen Sachverständigen begutachten lassen, dieser habe einen Wert von 496.410 DM ermittelt, daraus ergebe sich, dass im Anlagevermögen am 31.12.1998 keine stillen Reserven vorhanden gewesen seien, ist dies nicht ausreichend.

Zunächst ist nicht ersichtlich, dass die am 31.12.1998 vorhandenen Gegenstände des Sachanlagevermögens der Insolvenzschuldnerin die Anlagen waren, die der Kläger in seinem Gutachten vom 1.11.1999 mit Hilfe eines Sachverständigen bewertet hat. Dieses Sachverständigengutachten hat der Kläger im Prozess nicht vorgelegt.

Im übrigen geben Zeitwerte von Oktober/November 1999 nicht ohne weiteres Aufschluss darüber, ob Buchwerte zum 31.12.1998 stille Reserven enthalten oder nicht. Hierzu hätte es Darlegungen dazu bedurft, um was für Gegenstände es sich bei dem Anlagevermögen der Insolvenzschuldnerin gehandelt hat und welche Nutzungsdauer diese üblicherweise haben. Daran fehlt es.

c.) Dass die Insolvenzschuldnerin zu einem früheren Zeitpunkt als drei Wochen vor dem Insolvenzantrag zahlungsunfähig gewesen wäre, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Dass die Insolvenzschuldnerin bei Stellung des Insolvenzantrages zahlungsunfähig war, führt nicht dazu, dass die Bürgschaft der Beklagten als Eigenkapital zu behandeln wäre.

d.) Auch eine Kreditunwürdigkeit der Insolvenzschuldnerin hat der Kläger nicht ausreichend vorgetragen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Insolvenzschuldnerin zu irgendeinem Zeitpunkt von außenstehenden Dritten keinen Kredit mehr erhalten hätte. Denn die Kredite der Insolvenzschuldnerin waren bis zum Insolvenzantrag ungekündigt. Die Verringerung der Kreditlinie durch die kreditgebende Bank, die auch erst am 16.7.1999, mithin innerhalb von drei Wochen vor dem Insolvenzantrag der Beklagten erfolgt ist, spricht nicht für eine fehlende Kreditwürdigkeit. Die Beklagten haben nachvollziehbar dargelegt, dass die Bank für ein sich in die Liquidation begebendes Unternehmen den Kreditrahmen nicht erweitern wollte. Dass die Insolvenzschuldnerin dennoch kreditwürdig war, ergibt sich aus dem Umstand, dass die Bank parallel zur Ermäßigung der Kreditlinie Sicherheiten in Form von Festgeldguthaben freigegeben hat. Ein Kreditinstitut, das einen Schuldner nicht für kreditwürdig hält und die bisher gewährten Kredite als gefährdet ansieht, wird keine hochwertigen Sicherheiten wie Festgeldguthaben freigeben. Dafür, dass die Insolvenzschuldnerin bei Kreditinstituten kreditwürdig war, spricht auch der Umstand, dass die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten im Rahmen der Insolvenz bis auf einen Betrag von 49.316,93 € zurückgeführt wurden, wobei der Ausfall nur darauf zurückzuführen ist, dass der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung von der kreditierenden Bank bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin einen Betrag von 69.736,86 € zurückerhalten hat.

2.) Im übrigen wäre die Klageforderung, wenn sie denn bestehen würde, teilweise verjährt.

Ansprüche gemäß § 31 GmbHG verjährten gemäß § 31 Abs. 5 GmbHG in der bis zum 14.12.2004 geltenden Fassung innerhalb von fünf Jahren, wobei die Verjährung mit dem Ablauf des Tages beginnt, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. Für den Fall, dass dem Verpflichteten eine "bösliche Handlungsweise zur Last" fällt, findet diese Verjährungsvorschrift gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 GmbHG a. F. keine Anwendung. Für den böslich Handelnden galt mithin die regelmäßige Verjährung. Hierfür galt bis zum 31.12.2001 eine 30jährige Verjährungsfrist, mit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes eine dreijährige Verjährungsfrist. Mit Wirkung ab dem 15.12.2004 beträgt die Verjährungsfrist nunmehr einheitlich zehn Jahre.

Nach der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB ist Art. 229 § 6 EGBGB anzuwenden, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Soweit die fünfjährige Verjährungsfrist des § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG in der bis zum 14.12.2004 geltenden Fassung galt, bleibt es bei der kürzeren Frist, Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB. Soweit die Regelverjährung eingreift, gilt die Sonderregelung des Art. 229 § 12 Abs. 2 EGBGB, wonach die neue 10-Jahresfrist ab dem 1.1.2002 läuft.

Im vorliegenden Fall heißt dies, dass die Ansprüche gegen die Beklagten nicht verjährt wären, wenn sie böslich gehandelt hätten.

Da eine bösliche Handlungsweise der Beklagten nicht festgestellt werden kann, ist die kurze Verjährungsfrist maßgeblich.

Die Beklagten haben selbst überhaupt nicht gehandelt, so dass schon auf ihrer Seite keine "Handlungsweise" vorliegt. Gehandelt hat der Insolvenzverwalter, der die Verbindlichkeiten zum Erlöschen gebracht hat, die durch Bürgschaften der Beklagten besichert waren. Die Befreiung von ihrer Verbindlichkeit war ein Reflex dieser Handlung, auf die die Beklagten keinen Einfluss hatten.

Soweit die Auffassung vertreten wird, böslich handele nicht nur, wer die Auszahlung bewusst zum Schaden der Gesellschaft und ihrer Gläubiger betreibe, sondern auch schon derjenige, der die Auszahlung in Kenntnis des Umstandes entgegennimmt, dass die empfangene Leistung erforderlich ist, um die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu decken (so Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 31 Rn 27a), wird diese Auffassung vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt.

Wenn sie nicht böslich gehandelt hätten, liefe eine fünfjährige Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt der Zahlung, deren Erstattung der Kläger beansprucht. Dann wären die Ansprüche verjährt, die der Kläger wegen der Zahlungen am 31.1.2000 in Höhe von 83.314,73 € und am 9.11.2000 in Höhe von 45.664,82 € geltend macht, weil er diese Zahlungen länger als fünf Jahre vor Zustellung der Klageschrift vorgenommen hat. Die Zustellung der Klageschrift am 15. und 16.12.2005 wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift am 4.10.2005 zurück, weil die Zustellung nicht demnächst erfolgt ist. Zwischen der Anforderung des Gerichtskostenvorschusses am 13.10.2005 und dem Eingang der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses am 28.11.2005 lagen deutlich mehr als zwei Wochen.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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