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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.03.2005
Aktenzeichen: 6 U 140/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 140/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht 005

Anlage zum Protokoll vom 01.03.2005

verkündet am 01.03.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. Februar 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das am 25. 10. 2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 12 O 511/04 - abgeändert.

Die Verfügungsbeklagte wird verpflichtet, der Verfügungsklägerin Auskunft über die Schuldner der an die Verfügungsklägerin mit Globalzessionsvertrag vom 31.5./17.6.2002 abgetretenen offenen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistung sowie aus der Warenkreditversicherung VS 95 000 1903 1647672 der ... ... K... AG zu erteilen, und zwar durch Übergabe einer Bestandsliste, die Namen und Anschriften der Schuldner, den jeweiligen Forderungsbetrag sowie den jeweiligen Rechnungs- und Fälligkeitstag der Forderungen enthält.

Die Kosten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung erster Instanz trägt die Verfügungsbeklagte, die Kosten zweiter Instanz die Verfügungsklägerin.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Gründe:

I. Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat zunächst mit einstweiliger Verfügung vom 20. 9. 2004 der Verfügungsbeklagten aufgegeben, der Verfügungsklägerin Auskunft über die Schuldner der an die Verfügungsklägerin mit Globalzessionsvertrag vom 31. 5./17. 6. 2002 abgetretenen offenen Forderungen zu erteilen, und zwar durch Übergabe einer Bestandsliste an die Verfahrensvertreter der Verfügungsklägerin als Sequester, die Namen und Anschriften der Schuldner, den Forderungsbetrag, Rechnungs- und Fälligkeitstag sowie einen Hinweis darauf enthalten sollte, ob die Forderung jeweils streitig sei. Auf Widerspruch der Verfügungsbeklagten hat das Landgericht in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass der von der Verfügungsklägerin behauptete Globalzessionsvertrag abgeschlossen worden sei. Im Übrigen fehle es am Verfügungsgrund. Gegen dieses Urteil wendet sich die Verfügungsklägerin mit ihrer Berufung, mit der sie formelle und materielle Mängel des Urteils rügt. Ihren Berufungsantrag, in dem sie Bestätigung der einstweiligen Verfügung in ihrer ursprünglichen Fassung begehrt hat, hat sie später dahin geändert, dass nunmehr Auskunft an sie selbst verlangt wird und Auskunft darüber, ob die Forderungen streitig seien, nicht mehr begehrt wird.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

wie geschehen zu entscheiden. Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Verfügungsklägerin hat mit dem zuletzt gestellten Antrag Erfolg. Die einstweilige Verfügung war mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe aufrechtzuerhalten.

1. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig. Insbesondere besteht nunmehr, nachdem die Verfügungsklägerin Auskunft an sich selbst verlangt, das erforderliche Rechtsschutzinteresse an der geforderten Auskunft, mit deren Hilfe die Verfügungsklägerin die Einziehung von ihr beanspruchter Forderungen durch die Verfügungsbeklagte mit schuldbefreiender Wirkung für die Schuldner der Verfügungsbeklagten verhindern kann.

2. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist auch begründet.

a) Die Verfügungsklägerin hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihr ein die einstweilige Verfügung tragender Anspruch zusteht.

Dass die Verfügungsklägerin Inhaberin der im Tenor näher bezeichneten Forderungen ist, ergibt sich aus dem Globalzessionsvertrag, mit dem diese Forderungen der Verfügungsklägerin abgetreten worden sind. Dass die Verfahrensbeteiligten diesen Vertrag abgeschlossen haben, hat die Verfügungsbeklagte durch ihren Verfahrensvertreter in der letzten mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt. Dafür, dass der Vertrag nichtig sein könnte, sind hinreichende Anhaltspunkte seitens der Verfügungsbeklagten nicht vorgetragen worden. Die von ihr angeführte Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Umständen Sicherungsvereinbarungen nichtig sein können, hat nicht den Schutz der Verfügungsbeklagten als des dritten Sicherungsgebers zum Ziel. Vielmehr soll verhindert werden, dass einzelne Gläubiger in der Krise des Schuldners sich auf Kosten anderer künftiger Insolvenzgläubiger vorrangige Sicherheiten verschaffen. Im übrigen ist nicht hinreichend dargelegt, dass die Verfügungsbeklagte sich im Zeitpunkt des Abschlusses des Globalzessionsvertrages vor über zweieinhalb Jahren in der Krise befand; hiergegen spricht insbesondere, dass der Jahresabschluss 2001 noch einen Bilanzgewinn von annähernd 850.000.- DM auswies und die Verfügungsbeklagte auch gegenwärtig noch nicht insolvent ist.

Der Sicherungsfall ist gem. Nr. 10 (1) S. 1 des Globalzessionsvertrages dadurch eingetreten, dass die Kreditnehmerin B... K... S... GmbH insolvent geworden ist. Zu Recht hat daher die Verfügungsklägerin nach der genannten Klausel die Einziehungsbefugnis der Verfügungsbeklagten hinsichtlich der abgetretenen Forderungen widerrufen. Ihr stand deshalb nicht nur der Anspruch auf Auskunft über die Namen und Anschriften der Drittschuldner sowie über Betrag und Fälligkeit der abgetretenen Forderungen gem. Nr. 4 (1) des Globalzessionsvertrages, sondern auch ein Anspruch auf Unterlassung der Einziehung der Forderungen durch die Verfügungsbeklagte und mithin ein hinreichender Verfügungsanspruch zu.

b) Ferner ist ein hinreichender Verfügungsgrund gegeben. Mit dem Einzug fälliger Forderungen, den die Verfügungsbeklagte nach eigenem Vorbringen zur Erhaltung ihrer Liquidität fortsetzt, verringert sich der der Verfügungsklägerin zustehende Forderungsbestand ständig; sie bedarf daher der einstweiligen Sicherung (§§ 935, 940 ZPO). Dass sie zuvor ihre Ansprüche zeitweise nicht geltend gemacht hat, lässt den Verfügungsgrund entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten nicht entfallen. Denn für den noch vorhandenen Forderungsbestand der Verfügungsklägerin dauert die Gefahr an.

c) Dem Sicherungsbedürfnis der Verfügungsklägerin war durch die Verurteilung der Verfügungsbeklagten zur Auskunft Rechnung zu tragen. Dass mit Erteilung der Auskunft der hierauf gerichtete Anspruch der Verfügungsklägerin erfüllt werden wird, hindert den Erlass der einstweiligen Verfügung nicht. Allerdings ist, weil die einstweilige Verfügung bei noch nicht endgültig geklärter Rechtslage in geschützte Rechte des Verfügungsbeklagten eingreift, bei der Auswahl des Sicherungsmittels der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, also nach Möglichkeit ein Sicherungsmittel zu wählen, das nicht in der Erfüllung des zu schützenden Verfügungsanspruchs besteht. Die von der Verfügungsklägerin verlangte Verpflichtung der Verfügungsbeklagten zur Auskunftserteilung stellt bei Berücksichtigung der Interessen beider Parteien jedoch den verhältnismäßig geringsten Eingriff in die Interessen der Verfügungsbeklagten dar. Die Verfügungsklägerin verliert durch die Einziehung der abgetretenen Forderungen ihr möglicherweise zustehende Vermögenswerte endgültig; ob die Verfügungsbeklagte zu einem ihr möglicherweise nach Klärung der Hauptsache obliegenden Ersatz in Lage sein wird, erscheint nach ihrem eigenen Vortrag ihre Solvenz betreffend äußerst zweifelhaft. Die Verfügungsbeklagte erleidet dagegen mit der Auskunftserteilung, die zudem lediglich einen der Sicherung des Forderungsbestandes dienenden Nebenanspruch befriedigt, keinen endgültigen Verlust. Die eigentlich streitige Frage, ob die Forderungen wirksam an die Verfügungsklägerin abgetreten sind und allein von ihr geltend gemacht werden können, wird nicht entschieden. Zudem verbleiben der Verfügungsbeklagten hinreichende tatsächliche Möglichkeiten zur Wahrung ihrer Interessen. So ist es ihr unbenommen, die Drittschuldner darüber zu unterrichten, dass über die Wirksamkeit der Globalzession Streit bestehe, und sie auf die Möglichkeit der Hinterlegung hinzuweisen; auch hat sie, wenn ihr letztlich zustehende Forderungen von der Verfügungsklägerin eingezogen werden, hinsichtlich ihrer Rückforderungsansprüche mit der Verfügungsklägerin einen solventen Schuldner.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO. Sie berücksichtigt, dass für den erstinstanzlich gestellten Antrag, der auf Auskunftserteilung an einen Sequester zielte, kein Rechtsschutzinteresse bestand.

Ende der Entscheidung

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