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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 04.04.2006
Aktenzeichen: 6 U 86/05
Rechtsgebiete: GenG, ZPO, HGB


Vorschriften:

GenG § 15 Abs. 1
GenG § 22 Abs. 1
GenG § 29 Abs. 1
GenG § 105 Abs. 1 Satz 1
GenG § 106
GenG § 107
GenG § 108
GenG § 111
GenG § 111 Abs. 1
GenG § 112
GenG §§ 119 ff.
GenG § 120
GenG § 121
GenG § 121 Satz 1
GenG § 121 Satz 3
ZPO § 517
ZPO § 520
HGB § 128
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 86/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 04.04.2006

Verkündet am 04.04.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen der Kläger zu 2.) und 3.) gegen das am 9.6.2005 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - 1 O 85/05 - , berichtigt durch Beschluss vom 22.7.2005, werden zurückgewiesen.

Von den zweitinstanzlich entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Klägerin zu 1.) 30 %, die Kläger zu 2.) und 3.) als Gesamtschuldner 37 %, die Klägerin zu 7.) 13 %, der Kläger zu 8.) 4 % und die Klägerin zu 9.) 16 %. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1.) 10%, die Kläger zu 2.) und 3.) 78 % als Gesamtschuldner, die Klägerin zu 7.) 5 %, der Kläger zu 8.) 2% und die Klägerin zu 9.) 5 %.

Die Kläger zu 1.), 2.), 3.) 7.), 8.) und 9.) tragen ihre zweitinstanzlich entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der R... W... e. G (Insolvenzschuldnerin), das auf den Antrag der Insolvenzschuldnerin vom 27.11.2003 mit Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 25.3.2004 - 15 IN 747/03 - eröffnet wurde. Er nimmt die Kläger auf Zahlung von Vorschüssen auf Nachschüsse zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger in Anspruch.

Die Kläger sind bzw. waren milcherzeugende Betriebe, die Anteile an der Insolvenzschuldnerin hielten. Dabei hielten sie Anteile, deren Anzahl sich nach der ihnen zustehenden Referenzmenge (Milchquote) richtete. Der Geschäftsanteil betrug 30,00 DM.

Die Kläger zu 2.) und 3.) betrieben den Milchviehbetrieb S... GbR, der die Insolvenzschuldnerin mit Milch belieferte.

Die Satzung der Insolvenzschuldnerin vom Mai 1993 enthielt in § 38 folgende Regelung:

Die Nachschusspflicht der Mitglieder ist auf die Haftsumme beschränkt. Die Haftsumme beträgt 1.000,00 DM.

Diese Satzung wurde in der Generalversammlung vom 2.11.1994 vollständig aufgehoben und neu gefasst. In der Neufassung heißt es u. a.:

§ 5

1. Jedes Mitglied hat das Recht, seine Mitgliedschaft zum Schluss eines Geschäftsjahres zu kündigen.

2. Soweit das Mitglied mit mehreren Geschäftsanteilen beteiligt ist, ohne hierzu durch die Satzung oder eine Vereinbarung der Genossenschaft verpflichtet zu sein, kann es seine Beteiligung mit einem oder mehreren seiner weiteren Geschäftsanteile zum Schluss eines Geschäftsjahres kündigen.

3. Die Kündigung muss schriftlich erklärt werden und der Genossenschaft mindestens 24 Monate vor Schluss des Geschäftsjahres zugehen. Sie darf frühestens nach zwölfmonatiger Zugehörigkeit zur Molkereigenossenschaft erklärt werden.

§ 37 Abs. 3

... Jedes Mitglied ist verpflichtet, sich für je 1.000 kg Jahresreferenzmenge mit einem Geschäftsanteil zu beteiligen. ...

§ 40:

Die Nachschusspflicht der Mitglieder ist auf die Haftsumme beschränkt. Die Haftsumme je Mitglied beträgt 1.000 DM.

Dies wurde zum Register, das beim Amtsgericht Neuruppin GenR 134 geführt wird, angemeldet. Am 3.1.1995 trug das Registergericht folgendes in das Register ein:

Durch Beschluss der Generalversammlung vom 2.11.1994 ist die Satzung neu gefasst, insbesondere in den §§ 1 (Firma), 2 (Gegenstand), 15 (Vertretung) und 46 (Bekanntmachung).

Die Änderung gegenüber dem alten § 38 in § 40 der Neufassung der Satzung wurde weder in das Handelsregister eingetragen noch im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung der Insolvenzschuldnerin vom 15.5.2002 (Protokoll Bl. 170-188 d. A.) wurde § 5 Nr. 3 der Satzung wie folgt ergänzt:

Die Kündigungsfrist für einzelne Geschäftsanteile gemäß Absatz 2 beträgt drei Monate zum Schluss des Geschäftsjahres.

Außerdem wurde § 37 Abs. 3 Satz 3 und 4 der Satzung aufgehoben. Diese Satzungsänderung wurde am 12.7.2002 in das Genossenschaftsregister eingetragen.

Der Beklagte beantragte unter dem 15.6.2004 (Bl. 42-53 d. A.) beim Amtsgericht Neuruppin -15 IN 747/03 - , die von ihm erstellte Vorschussberechnung für vollstreckbar zu erklären, weil er davon ausging, dass die Differenz zwischen realisierbarer Aktivmasse der Insolvenzschuldnerin und den fälligen Verbindlichkeiten oberhalb der Haftsumme der Mitglieder der Insolvenzschuldnerin liegt. Er ergänzte seinen Antrag in einer Nachberechnung vom 13.10.2004. In diesem Antrag ging er davon aus, dass insgesamt 34 Mitglieder insgesamt 8988 Anteile zu je 15,34 € (= 30,00 DM) an der Insolvenzschuldnerin halten.

Das Amtsgericht Neuruppin führte am 27.10.2004 den Erklärungstermin zur Vorschussberechnung durch, an dessen Ende es durch verkündeten Beschluss die berichtigte Vorschussberechnung des Beklagten für vollstreckbar erklärte (Bl. 54-66 d. A.). Danach traf die von den Klägern zu 2.) und 3.) gebildete GbR gesamtschuldnerisch neben den beiden Klägern eine Nachschusspflicht von 10.001,68 €.

Die Kläger zu 2.) und 3. haben ihre bereits im Erklärungstermin erhobenen Einwendungen wiederholt und gemeint, sie seien nicht als Gesellschafter der S... GbR zur Nachschusszahlung verpflichtet. Sie haben behauptet, die S... GbR sei niemals Mitglied der Insolvenzschuldnerin geworden. Mitglied sei aufgrund seiner Beitrittserklärung vom 1.12.1997 ausschließlich der Kläger zu 3.) gewesen. Der Kläger zu 2.) habe keine Beitrittserklärung abgegeben. Der Kläger zu 3.) habe auch nicht den Kläger zu 2.) bei Abgabe der Beitrittserklärung vertreten. Die S... GbR existiere auch nicht mehr, da der Kläger zu 3.) zum 31.12.2003 ausgeschieden sei. Der Kläger zu 3.) sei im Übrigen nicht mehr Mitglied der Insolvenzschuldnerin gewesen, weil er seine Mitgliedschaft durch Aufkündigung vom 1.12.2001, bei der Insolvenzschuldnerin eingegangen am 14.2.2002, mit sofortiger Wirkung beendet habe.

Außerdem haben sie gemeint, gemäß § 40 der Satzung bestehe eine Nachschussverpflichtung lediglich in Höhe von 511,29 €. Der Anspruch sei auch der Höhe nach nicht begründet und nachvollziehbar.

Die Kläger zu 2.) und 3.) haben durch am 29.11.2004, einem Montag, beim Amtsgericht Neuruppin eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben. Nach Verbindung dieser Klage mit Klagen von sieben weiteren Genossen und Verweisung an das Landgericht Neuruppin haben sie beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus der Vorschussberechnung gemäß Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin - 15 IN 747/03 - vom 27.11.2004 für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Er hat gemeint, durch § 40 der Satzung werde zwar die Nachschusspflicht der Genossen auf eine Summe begrenzt, nicht aber deren Erhöhung unter den Voraussetzungen des § 121 Satz 1 GenG ausgeschlossen. Im Interesse des Gläubigerschutzes müssten mehrdeutige Regelungen zu Lasten der betroffenen Mitglieder gehen. Im Übrigen seien die Kläger ihm nach Rechtsscheingrundsätzen zur Zahlung verpflichtet. Denn die Satzungsänderung vom 2.11.1994 und die Eintragung vom 3.1.1995 seien nicht gerichtlich bekannt gemacht worden. Auch sei der Zusatz in der neugefassten Satzung, dass die Haftsumme "je Mitglied" 1.000,00 DM beträgt, nicht im Genossenschaftsregister eingetragen worden.

Der Beklagte hat behauptet, die Beitrittserklärung vom 1.12.1997 (Bl. 153 d. A.) weise als beitretendes Mitglied die S... GbR aus, die GbR habe 652 Anteile gezeichnet. Der Kläger zu 3.) sei berechtigt gewesen, Erklärungen im Namen der GbR abzugeben. Die Insolvenzschuldnerin habe mit Schreiben vom 29.12.1997 (Bl. 164 d. A.) die Mitgliedschaft der GbR S... zugelassen. Die GbR S... sei unter dieser Bezeichnung in die Mitgliederliste eingetragen worden (Bl. 165-169 d. A., insbesondere Bl. 168 d. A.). Ein Kündigungsrecht habe den Klägern zu 2.) und 3.) bzw. der GbR nicht zugestanden. Die bei der Insolvenzschuldnerin im Februar 2002 eingegangene Kündigungserklärung sei vor dem Hintergrund der Insolvenzeröffnung ins Leere gegangen.

Das Landgericht hat mit am 9.6.2005 verkündetem Urteil die Klagen abgewiesen.

Zur Begründung der Abweisung der von den Klägern zu 2.) und 3.) erhobenen Klagen hat es ausgeführt, durch § 40 der Satzung werde zwar die Nachschusspflicht der Genossen grundsätzlich auf 1.000 DM beschränkt. Jedoch erhöhe sich gemäß § 121 Satz 1 GenG die Haftsumme auf den Gesamtbetrag aller Geschäftsanteile. Eine Begrenzung der Haftsumme gemäß § 121 Satz 3 GenG sei nicht mit hinreichender Bestimmtheit vereinbart. Selbst wenn man in der Änderung der Satzungsregelung des § 40 eine Haftsummenbeschränkung sehen wollte, könnten sich die Kläger hierauf nicht berufen. Weder sei der Ausschluss der Haftsummenerhöhung ins Register eingetragen noch sei er im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden. Deshalb müsse sie sich ein redlicher Dritter entsprechend § 29 Abs. 1 GenG nicht entgegenhalten lassen.

Die S... GbR sei ausweislich ihrer Beitrittserklärung Mitglied der Insolvenzschuldnerin geworden. Dass er in eigenem Namen aufgetreten sei und den Kläger zu 2.) nicht habe vertreten können, habe der Kläger zu 3.) nicht hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Die Kündigung der Mitgliedschaft vom 1.12.2001 habe erst zum 31.12.2004 wirksam werden können, dieser Zeitpunkt liege nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Gründe für ein außerordentliches Kündigungsrecht seien nicht vorgetragen. Die Verkürzung der Kündigungsfrist für einzelne Geschäftsanteile sei erst nach Abgabe der Kündigungserklärung der Kläger zu 2.) und 3.) in das Genossenschaftsregister eingetragen worden.

Gegen dieses Urteil, ihnen zugestellt am 11.6.2005, haben die Kläger zu 2.) und 3.) durch bei Gericht am 11.7.2005 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 11.8.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Auch die Kläger zu 1.), 7.), 8. und 9.) haben gegen das landgerichtliche Urteil Berufung eingelegt, ihre Rechtsmittel jedoch noch vor Begründung wieder zurückgenommen.

Die Kläger zu 2.) und 3.) meinen, es sei durch die Satzungsänderung vom 2.11.1994 eine wirksame Haftsummenbegrenzung auf den ersten Geschäftsanteil herbeigeführt worden. Das Landgericht habe den Gläubigerschutz zu sehr zu Lasten der Genossenschaftsmitglieder ausgeweitet. Es müsse auch geprüft werden, ob die in Betracht kommenden Gläubiger bei Begründung ihrer Geschäftsbeziehungen zur Insolvenzschuldnerin auch tatsächlich auf die Registereintragung vertraut hätten. Hierzu habe der Beklagte nichts vorgetragen. Die Satzungsänderung sei im Übrigen ordnungsgemäß zum Genossenschaftsregister angemeldet worden. Aus welchen Gründen die Eintragung nicht erfolgt sei, sei nicht nachzuvollziehen. Im Übrigen wiederholen und vertiefen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere machen sie geltend, die Kündigung vom 1.12.2001 könne als vorfristige Kündigung in eine fristgemäße Kündigung umgedeutet werden.

Die Kläger zu 2.) und 3.) beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Zwangsvollstreckung aus der Vorschussberechnung gemäß Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin 15 IN 747/03 vom 27.10.2004 für unzulässig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das landgerichtliche Urteil für richtig.

Der Senat hat die Akten des Amtsgerichts Neuruppin 15 IN 747/03 und GnR 134 NP beigezogen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Kläger zu 2.) und 3.) hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klagen der Kläger zu 2.) und 3.) abgewiesen, die das Ziel haben, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin für unzulässig erklären zu lassen, soweit es sie betrifft. Die Anfechtungsklage gemäß den §§ 111, 112, GenG ist unbegründet.

1.) Die Anfechtungsklage der Kläger zu 2.) und 3.) ist gemäß § 111 Abs. 1 GenG innerhalb eines Monats nach Verkündung der Vollstreckbarkeit der Berechnung des Beklagten bei Gericht eingegangen. Die Klageschrift ist zwar nicht unverzüglich zugestellt worden. Dies haben jedoch nicht die Kläger zu 2.) und 3.) zu vertreten, es beruht vielmehr auf der Entscheidung des Amtsgerichts, die auch von anderen Genossen erhobenen Klagen gegen die für vollstreckbar erklärte Berechnung des Beklagten zu sammeln.

Die Kläger zu 2.) und 3.) können auch die mit der vorliegenden Anfechtungsklage geltend gemachten Einwendungen erheben, da sie sie bereits im Erklärungstermin gemäß §§ 107, 108 GenG geltend gemacht haben.

2.) Die Ansprüche der Massegläubiger oder die bei der Schlussverteilung berücksichtigten Forderungen der Insolvenzgläubiger können voraussichtlich nicht befriedigt werden. Die Kläger zu 2.) und 3.) sind deshalb als Gesellschafter der S... GbR verpflichtet, Vorschüsse auf die gegen die S... GbR bestehenden Ansprüche auf Leistung von Nachschüssen zu leisten, §§ 106, 105 Abs. 1 Satz 1 GenG.

a.) Dass die Forderungen der Insolvenzgläubiger aus dem vorhandenen Vermögen nicht berichtigt werden können, ist unstreitig. Die entsprechenden Darlegungen des Beklagten zur Vermögenssituation der Insolvenzschuldnerin haben die Kläger zu 2.) und 3.) - wie die übrigen Kläger auch - nicht bestritten.

b.) Die S... GbR ist Genossin der Insolvenzschuldnerin geworden und war dies bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

aa.) Aufgrund ihrer Beitrittserklärung vom 1.12.1997 ist die S... GbR Genossin der Insolvenzschuldnerin geworden.

Die Beitrittserklärung des Klägers zu 3.) ist ausdrücklich im Namen der BGB-Gesellschaft abgegeben worden, nicht im eigenen Namen. Der Kläger war hierzu im Außenverhältnis berechtigt. Dies ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag, den die Kläger zu 2.) und 3.) zur Insolvenzakte gereicht haben (dort Bl. 359-361 d. A.). Darin ist nicht lediglich die Geschäftsführung im Innenverhältnis geregelt, sondern auch die Vertretung im Außenverhältnis. Denn dort heißt es ausdrücklich, dass dem Kläger zu 3.) auch die "Geschäftsführung nach außen" obliegt. Der Kläger zu 3.) hat auch im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, er sei im Außenverhältnis berechtigt gewesen, die GbR zu vertreten. Im Übrigen hat es sich bei dem Beitritt zur Insolvenzschuldnerin um ein erkennbar gesellschaftsbezogenes Geschäft gehandelt, so dass der Kläger zu 3.) auch aus diesem Grunde als berechtigt anzusehen ist, die GbR zu verpflichten.

In dieser Beitrittserklärung der S... GbR wird die Verpflichtung übernommen, die Einzahlungen auf die Geschäftsanteile zu leisten und erforderliche Nachschüsse zu zahlen. Dazu gibt es eine entsprechende schriftliche Zulassung des Beitritts durch die Genossenschaft. Damit wird die Mitgliedschaft erworben, § 15 Abs. 1 GenG.

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist als Außengesellschaft rechts- und parteifähig und kann als solche Mitglied einer juristischen Person, mithin auch Mitglied einer Genossenschaft sein. Die Gesellschafter der GbR haften für deren Verbindlichkeiten akzessorisch entsprechend § 128 HGB.

bb.) Die Auflösung der aus den Klägern zu 2.) und 3.) gebildeten GbR befreit sie von der Nachschusspflicht nicht. Die Auflösung der GbR oder deren Beendigung beendet die Haftung der Gesellschafter nicht.

cc.) Die S... GbR hat mit der "Kündigung der Geschäftsanteile" durch den Kläger zu 3.) vom 31.12.2001 nicht vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Mitgliedschaft beendet. Diese Kündigungserklärung ist der Insolvenzschuldnerin erst am 14.2.2002 zugegangen und konnte zu einem Ausscheiden der GbR erst zum 31.12.2004 führen. Zu diesem Zeitpunkt war das Insolvenzverfahren jedoch bereits eröffnet.

Nach der im Februar 2002 geltenden Fassung der Satzung der Insolvenzschuldnerin war eine Kündigung nur zum Ende des Geschäftsjahres möglich und musste der Genossenschaft mindestens 24 Monate vor Schluss des Geschäftsjahres zugehen.

Die Neufassung der Satzung aus dem Monat Mai 2002 sah vor, dass die Genossen ihre weiteren Geschäftsanteile zum Schluss eines Geschäftsjahres mit einer Frist von drei Monaten zum Schluss des Geschäftsjahres kündigen konnten. Nach der Eintragung dieser Änderung in das Register haben die Kläger zu 2.) und 3.) keine Kündigung erklärt.

Ihre vorherige Kündigung kann von der Verkürzung der Kündigungsfrist nicht profitieren. Für die Ausübung von Gestaltungsrechten wie der Kündigung können sich die Wirksamkeitsvoraussetzungen nur nach dem Zeitpunkt beurteilen, in dem sie ausgeübt werden. Die Kläger zu 2.) und 3.) hätten dementsprechend nach Inkrafttreten der Satzungsänderung erneut kündigen müssen. Dies haben sie nicht getan.

Soweit die Kläger zu 2.) und 3.) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen haben, der Vorstand der Insolvenzschuldnerin habe ihre Kündigung als eine Kündigung nach der in Zukunft in Kraft tretenden Satzungsänderung verstanden, kann dies schon nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Jedenfalls haben sie diesen Vortrag selbst widerlegt. Dass der Vorstand ihre Kündigung gerade nicht als Kündigung nach neuem Satzungsrecht verstanden hat, ergibt sich aus ihrem weiteren Vortrag in der mündlichen Verhandlung. Danach soll derselbe Vorstand selektiv einzelnen Genossen den Wink gegeben haben, nach dem Inkrafttreten der Satzungsänderung erneut zu kündigen, um noch schnell aus der späteren Insolvenzschuldnerin als Genosse auszusteigen. Daraus ergibt sich in aller Deutlichkeit, dass der Vorstand der Insolvenzschuldnerin Kündigungen vor der Satzungsänderung - auch die durch den Kläger zu 3.) erklärte Kündigung - als eine solche nach der alten Satzung verstanden hat.

b.) Die Haftung der Kläger zu 2.) und 3.) ist der Höhe nach nicht auf 1.000 DM beschränkt. Die Kläger zu 2.) und 3.) haften vielmehr mit dem Gesamtbetrag ihrer 652 Geschäftsanteile in Höhe von 10.001,68 € (652 x 15,34 €).

Nach § 119 Gen darf, wenn die Genossen nach dem Statut beschränkt auf die Haftsumme Nachschüsse zur Insolvenzmasse zu leisten haben, die Haftsumme nicht niedriger als der Geschäftsanteil sein. Wenn ein Genosse mit mehr als einem Geschäftsanteil beteiligt ist, erhöht sich die Haftsumme, wenn sie niedriger als der Gesamtbetrag der Geschäftsanteile ist, auf den Gesamtbetrag der Geschäftsanteile, § 121 GenG. Da die S... GbR 652 Geschäftsanteile hält, durfte die Satzung der Insolvenzschuldnerin keine niedrigere Haftsumme als den Gesamtbetrag der Geschäftsanteile ausweisen.

Nach § 121 Satz 3 GenG kann die Satzung bestimmen, dass durch die Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen eine Erhöhung der Haftsumme nicht eintritt. Die Insolvenzschuldnerin hat jedoch in ihrer Satzung die Erhöhung der Haftsumme nicht wirksam ausgeschlossen.

Die Insolvenzschuldnerin hat die Haftsumme in § 38 ihrer alten Satzung auf 1.000 DM beschränkt. Diese Beschränkung ist unwirksam, soweit die Genossen mehrere Geschäftsanteile hielten. Soweit sie mehrere Geschäftsanteile hielten, müssten sie deshalb gemäß § 121 Satz 1 GenG eine Haftsumme zahlen, die dem Nennbetrag ihrer Geschäftsanteile entsprechen.

Zwar haben die Genossen der Insolvenzschuldnerin mit der Satzungsänderung aus dem Jahre 1994 offenbar die Erhöhung der Haftsumme gemäß § 121 Satz 1 GenG ausschließen wollen. Denn sie beschlossen, eine Haftsumme je Mitglied einzuführen.

Das ist jedoch kein ausdrücklicher Ausschluss des § 121 Satz 1 GenG. Ausdrücklich hätte eine solche Satzungsregelung dahingehend lauten müssen, dass die Erhöhung der Haftsumme aufgrund der Beteiligung mit weiteren Geschäftsanteilen ausgeschlossen wird. Das wäre unmissverständlich gewesen und wäre vom Registergericht auch als Ausnahmevorschrift nach § 121 Satz 3 GenG verstanden worden.

Man kann in der neuen Satzungsregelung des § 40 allenfalls einen konkludenten Ausschluss der Haftsummenerhöhung sehen. Dazu bedürfte es allerdings einer Interpretation der Satzungsregelung dahingehend, dass Mitglied i. S. der Regelung unterschiedslos Mitglieder mit einem oder mehreren Geschäftsanteilen sind. § 121 GenG knüpft jedoch nicht an die Mitgliedschaft, sondern an den Geschäftsanteil bzw. die Geschäftsanteile an. Der Begriff Geschäftsanteil taucht in § 40 der Satzung nicht auf. Angesichts des für Satzungsregelungen geltenden Bestimmtheitsgebotes spricht viel für die Auffassung des Landgerichts, dass der Ausschluss gemäß § 121 Satz 3 GenG nicht wirksam in die Satzung aufgenommen worden ist. Genossen, die ihre Nachschusspflicht gemäß den §§ 119 ff. GenG beschränken oder gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 GenG ganz ausschließen wollen, haben im Gläubigerinteresse für Klarheit zu sorgen. Eine nachträgliche Haftsummenbeschränkung wie hier muss deshalb unmissverständlich aus der Satzung hervorgehen. Ist dies nicht der Fall, ist die Haftsummenbeschränkung unwirksam.

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, kann dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn der Ausschluss der Erhöhung der Haftsumme bei einer Beteiligung mit mehreren Geschäftsanteilen ist weder in das Handelsregister eingetragen noch im Bundesanzeiger bekannt gemacht worden. Dies ist jedoch Voraussetzung für die Wirksamkeit des Ausschlusses.

Die intendierte Satzungsänderung führt im Ergebnis zu einer Herabsetzung der Haftsumme (Müller, GenG, 2000, § 120 Rn 2b). Diese ist, wie sich aus § 120 GenG i. V. m. § 22 Abs. 1 GenG ergibt, in besonderer Weise unter Hinweis auf bekannt zu machen. Dies ist unterblieben, was dazu führt, dass die Herabsetzung der Haftsumme den Genossen gegenüber nicht wirksam geworden ist (Müller, a.a.O., § 120 Rn 8).

Auf Gutglaubensvorschriften, auf die sich die Kläger zu 2.) und 3.) auch stützen, kommt es nicht an. Selbst wenn es darauf ankäme, würde dies ihnen nichts nützen. Denn der Beklagte wird hier als Sachwalter der Gläubigerinteressen, also Dritter tätig. Dass diese Dritten die Beschränkung gekannt haben sollen, ist ins Blaue behauptet, aber nicht näher dargelegt worden.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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