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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.02.2007
Aktenzeichen: 6 W 136/06
Rechtsgebiete: BGB, RPflG, ZPO, RVG


Vorschriften:

BGB § 247
RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 2
ZPO § 569 Abs. 1
RVG § 15 Abs. 2 Satz 1
RVG § 17 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 136/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke als Einzelrichterin am 5. Februar 2007 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 1.2.2006 - 2 O 236/05 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen wie folgt neu gefasst:

Auf Grund des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 21.9.2005 werden die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 2.451,90 € (in Buchstaben: zweitausendvierhunderteinundfünfzig und 90/100 EUR) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 24.10.2005 festgesetzt.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 1/4, die Beklagte 3/4 zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt 1.286,70 €.

Gründe:

I.

Die in B... ansässige Klägerin erwirkte gegen die Beklagte einen Mahnbescheid über einen Betrag von 11.712,68 €. Die Beklagte legte Widerspruch ein. Ihr Geschäftsführer bat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach Einlegung des Widerspruchs im Februar 2005 fernmündlich um eine Ratenzahlungsvereinbarung, womit sich diese einverstanden erklärte und ihm einen Ratenzahlungsplan übersandte. Das Verfahren wurde schließlich an das Landgericht Potsdam verwiesen. Die Beklagte zahlte am 3.8.2005 einen Betrag von 6.000 €. Am selben Tag fand zwischen den Prozessbevollmächtigten der Parteien ein Telefonat statt, dessen Inhalt streitig ist. Die Beklagte zahlte am 4.8.2005 die restliche Hauptforderung und in der Folgezeit auch noch die Zinsen und erkannte ihre Kostentragungspflicht sowie 5 € vorgerichtliche Mahnkosten an. Darauf erklärten die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. Die Parteien, die Klägerin vertreten durch einen unterbevollmächtigten Rechtsanwalt, verhandelten streitig vor dem Landgericht Potsdam wegen der von der Klägerin geltend gemachten weiteren Inkassokosten in Höhe von 609,00 €, wovon die Beklagte schließlich 10 € anerkannte.

Das Landgericht hat die Beklagte auf ihr Teilanerkenntnis verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es für die Zeit ab dem 16.9.2005 auf bis zu 900,- € festgesetzt.

Der Rechtspfleger des Landgerichts hat mit Beschluss vom 1.2.2006 die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 2.779,50 € festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss, der ihr am 6.2.2006 zugestellt worden ist, wendet sich die Beklagte mit ihrer am 17.2.2006 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie sich gegen die Festsetzung einer 1,2 Terminsgebühr im Mahnverfahren aus einem Streitwert von 11.712,28 € in Höhe von 631,20 € und einer weiteren 1,2 Terminsgebühr im streitigen Verfahren aus einem Streitwert von 5.712,28 € in Höhe von 405,60 € wendet. Außerdem beanstandet sie, dass mehr als 190 € an Kosten für die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten festgesetzt worden sind. Für diesen Betrag habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zum Termin mit der Deutschen Bahn anreisen können.

Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 13.7.2006 dem Rechtsbehelf nicht geholfen und ihn dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist zum Teil begründet, zum überwiegenden Teil jedoch unbegründet.

1.) Zu Recht hat das Landgericht für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Mahnverfahren gemäß Vorbemerkung 3.3.2. i. V. m. Nr. 3104 VV RVG eine Terminsgebühr aus dem vollen Streitwert festgesetzt. Seit dem Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes vom 14.12.2004 am 1.1.2005 kann auch im Mahnverfahren eine Terminsgebühr entstehen. Zwar kann das Entstehen der Gebühr nicht den Verfahrensakten entnommen werden. Dies hindert eine Festsetzung jedoch nicht. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass im Februar 2005 wenigstens ein Telefonat zwischen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin und ihrem Geschäftsführer stattgefunden hat, das das Ziel hatte, den Rechtsstreit vergleichsweise zu erledigen. Dadurch fällt die Terminsgebühr an, denn für deren Entstehung ist es nicht erforderlich, dass es tatsächlich zu einer gütlichen Einigung kommt. Sind die entsprechenden Tatsachen wie hier unstreitig, kann die Terminsgebühr festgesetzt werden (BGH, Beschluss vom 20.11.2006, II ZB 6/06).

Dass das Telefonat zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und der Prozessbevollmächtigten möglicherweise nur kurz war, ist für den Anfall der Gebühr ohne Bedeutung. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte das Gebührenrecht mit der Schaffung der Terminsgebühr vereinfacht und Streitfragen beseitigt werden. Deshalb werden an eine telefonische Besprechung keine besonderen Anforderungen gestellt. Eine Terminsgebühr entsteht sogar schon dann, wenn der Prozessgegner die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Äußerungen zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei lediglich zur Kenntnis nimmt (BGH, Beschluss vom 20.11.2006, II ZB 9/06). Hier war es sogar so, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Ratenzahlungsplan übersandte.

2.) Grundsätzlich zu Recht hat das Landgericht auch im streitigen Verfahren eine weitere Terminsgebühr festgesetzt. Denn im streitigen Verfahren kann eine weitere Terminsgebühr entstehen. Dem steht § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG nicht entgegen, der anordnet, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Denn das Mahnverfahren und das streitige Verfahren sind nicht dieselbe Angelegenheit. Kraft gesetzlicher Anordnung in § 17 Nr. 2 RVG sind das Mahnverfahren und das streitige Verfahren verschiedene Angelegenheiten. Für die Verfahrensgebühr ist eine Anrechnung der Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens auf die Verfahrensgebühr des streitigen Verfahrens vorgesehen, Anmerkung zu Nr. 3305 VV RVG, eine Anrechnungsvorschrift für die Terminsgebühr fehlt (so auch Enders, JurBüro 2005, 225, 230; Hansens, RVGReport 2005, 83, 87 f.; Gerold/Schmidt/ von Eicken/Mader/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl. 2006, VV 3305-3308 Rn 69).

Dass der Gesetzgeber vergessen hätte, eine Anrechnung der Terminsgebühr im Mahnverfahren auf die Terminsgebühr im streitigen Verfahren anzuordnen, kann den spärlichen Gesetzgebungsmaterialien zum Anhörungsrügengesetz nicht entnommen werden. Dagegen spricht auch der Umstand, dass der Gesetzgeber die Anordnung getroffen hat, dass Mahnverfahren und Streitverfahren gebührenrechtlich nicht dieselbe Angelegenheit darstellen. In einem derartigen Fall ist die Anrechnung von mehreren gleichartigen Gebühren die Ausnahme, nicht die Regel. Aus diesem Grunde scheidet vorliegend eine Auslegung contra legem aus.

Allerdings kann im Rahmen der Kostenfestsetzung nicht die von der Klägerin für das anwaltliche Telefonat am 3.8.2005 bei einem Streitwert von 5.712,28 € berechnete Terminsgebühr berücksichtigt werden. Denn zwischen den Parteien ist dessen Inhalt streitig. Es liegen einander widersprechende anwaltliche Versicherungen vor. Der Beklagtenvertreter will lediglich eine Zahlung in Höhe von 5.712,28 € angekündigt haben, so dass überhaupt kein Gespräch mit dem Ziel der Erledigung des Rechtsstreits geführt worden wäre. Die Klägervertreterin behauptet ein Gespräch mit dem Inhalt des Versuchs einer Einigung über die restliche offene Hauptforderung und der Nebenansprüche. In einem derartigen Fall kann mangels klarer Berechnungsgrundlagen eine Kostenfestsetzung nicht erfolgen (BGH NJW 2002, 3713, zitiert nach Juris).

Jedoch musste die Terminsgebühr nach einem Streitwert von 609,00 € festgesetzt werden, weil die Parteien wegen eines derartigen Betrages in der mündlichen Verhandlung vor Gericht miteinander gesprochen haben.

3.) Zu Recht hat das Landgericht die Kosten des von der am Geschäftssitz der Klägerin ansässigen Klägervertreterin eingeschalteten Unterbevollmächtigten festgesetzt. Diese Kosten liegen nicht höher als die Kosten, die bei einer Anreise der Klägervertreterin zum Gerichtstermin angefallen wären.

Zusätzliche Kosten sind hier durch die Verfahrensgebühr in Höhe von 341,90 € und die Postpauschale in Höhe von 20 € entstanden, weil die Terminsgebühr auch angefallen wäre, wenn die Klägervertreterin angereist wäre. Die anwaltlichen Reisekosten liegen darüber, egal ob man mit der Beklagten meint, die Klägervertreterin habe die Bahn benutzen müssen, oder ob man der Klägervertreterin eine Anreise mit dem Auto zubilligt. Die Fahrt mit dem Pkw hätte Kosten in Höhe von 438,24 € verursacht. Bei einer Fahrt mit der Bahn wären bei einer Reisezeit von jeweils mehr als acht Stunden zwei Mal Abwesenheitsgelder in Höhe von 60 € und Übernachtungskosten von 70-80 € vergleichbare Kosten entstanden, selbst wenn die Klägervertreterin zweiter Klasse gereist wäre, wozu sie im übrigen erstattungsrechtlich auch nicht verpflichtet gewesen wäre.

4.) Festzusetzen waren demnach die zur Festsetzung angemeldeten Gebühren ohne die Terminsgebühr im streitigen Verfahren, aber mit den vollen Gebühren des Unterbevollmächtigten einschließlich der dort angesetzten Terminsgebühr.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Von einer Ermäßigung der Gerichtsgebühr gemäß Nr. 1811 KV GKG wurde abgesehen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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