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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 30.11.2006
Aktenzeichen: 7 U 124/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1
BGB § 311 Abs. 2
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 124/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 30.11.2006

Verkündet am 30.11.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Hein als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung am 10.11.2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1.6.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für zukünftige materielle und immaterielle Schäden wegen einer Verletzung an der linken Hand in Anspruch genommen. Zu der Verletzung soll es am 14.1.2003 dadurch gekommen sein, dass die Hand der Klägerin in einem Fahrstuhl in dem Kaufhaus der Beklagten eingeklemmt worden sei.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit Urteil vom 1.6.2006 hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Die Klage könne weder auf vertragliche noch auf deliktische Ansprüche gestützt werden, weil die Klägerin nicht bewiesen habe, dass sich der Fahrstuhl im Kaufhaus der Beklagten in einem rechtswidrigen Zustand befunden habe. Das vom Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten habe ergeben, dass der Fahrstuhl in vollständiger Übereinstimmung mit allen technischen Vorschriften und Regelwerken durch die Beklagte betrieben worden sei.

Das Urteil des Landgerichts ist der Klägerin am 15.6.2006 zugestellt worden. Die Klägerin hat gegen das Urteil am 6.7.2006 Berufung eingelegt und diese am 11.8.2006 begründet. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin die erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter.

Die Klägerin beanstandet insbesondere, das Landgericht hätte sich nicht auf die Feststellungen des Sachverständigen vom 24.9.2003, die Gegenstand seines Gutachtens waren, stützen dürfen. Es komme darauf an, ob der Fahrstuhl am 14.1.2003 in ordnungsgemäßem Zustand gewesen sei. Das Landgericht habe insbesondere versäumt, zu den von der Klägerin behaupteten baulichen Veränderungen am Fahrstuhl, die nach dem 14.1.2003 erfolgt seien, Beweis zu erheben. Ebenso sei die Frage einer ordnungsgemäßen Wartung nicht einer Klärung zugeführt worden.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.134,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2003 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Zeitraum vom 14.1.2003 bis zum 19.5.2003 ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 9.600 €, zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, soweit diese nach dem 19.5.2003 entstehen, aus dem Unfall vom 14.1.2003 in den Geschäftsräumen der Beklagten in F... zu bezahlen, soweit diese Ansprüche nicht auf

Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen bzw. übergegangen sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat die Voraussetzungen für einen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch aus Vertragsrecht, §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB oder Deliktsrecht, § 823 Abs. 1 und 2 BGB, nicht beweisen können.

Das Landgericht hat das Ergebnis der Begutachtung des streitbefangenen Fahrstuhls durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. K... zutreffend dahingehend gewürdigt, dass der Fahrstuhl sich zur Zeit der Begutachtung durch den Sachverständigen bzw. der dieser vorausgegangenen Prüfung am 24.9.2003 in Übereinstimmung mit den maßgeblichen technischen Vorschriften befand.

Die gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts erhobenen Einwände geben keinen Anlass zu einer ergänzenden Beweisaufnahme. Sie führen auch nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts.

Der Klägerin ist allerdings zu folgen, wenn sie hervorhebt, für den von ihr geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch komme es auf den Zustand des streitbefangenen Fahrstuhls am Tage des behaupteten Schadensfalles, das heißt am 14.1.2003, an. Hingegen bezieht sich der Sachverständige auf Erkenntnisse, die er bei einer "letzten wiederkehrenden Prüfung am 24.9.2003" getroffen hat. Der Hinweis auf den zeitlichen Abstand zwischen der Prüfung des Fahrstuhls durch den Sachverständigen und dem behaupteten Schadensereignis hilft der Klägerin jedoch nicht.

Die Feststellungen des Sachverständigen sind jedenfalls nicht geeignet, zu beweisen, dass sich der Fahrstuhl am 14.1.2003 nicht in dem Zustand befand, in dem ihn der Sachverständige am 24.9.2003 vorfand.

Die Klägerin ist jedoch für ihre Behauptung, der Fahrstuhl habe sich am 14.1.2003 nicht im ordnungsgemäßen Zustand befunden, beweisbelastet. Diesen Beweis kann sie nicht führen. Eine zeitnahe Untersuchung des Fahrstuhls ist nicht erfolgt.

Dem Angebot des Zeugnisses des Herrn K... T... mit Schriftsatz vom 15.10.2003 für die Behauptung, der Fahrstuhl habe im Januar 2003 die behaupteten Sicherheitsmängel aufgewiesen, ist nicht nachzugehen. Es ist nicht dargelegt, dass der Zeuge T... unmittelbar nach dem behaupteten Unfall bzw. in zeitlicher Nähe zu diesem Ereignis Feststellungen zu den technischen Funktionen des Fahrstuhls getroffen hätte bzw. dass er über eine hinreichende Sachkunde zur Vornahme solcher Feststellungen verfügt.

Die von der Beklagten mit der Klageerwiderung als Anlagen B 1, B 3 vorgelegten Berichte über die dem behaupteten Unfallereignis vorausgegangene technische Überprüfung des Fahrstuhls vom 22.10.2002 und die ihm nachfolgende Überprüfung vom 14.3.2003 weisen keine Mängel des Aufzuges aus, die zu der streitigen Fehlfunktion der Fahrstuhltür hätten führen können. Dieser Interpretation der Berichte durch die Beklagte ist die Klägerin nicht entgegengetreten.

Schließlich ergibt sich auch aus der Überprüfung des Fahrstuhls vom 24.9.2003, die wie die vorausgegangenen vom TÜV ... e.V. vorgenommen wurde, kein Hinweis auf eine nicht ordnungsgemäße Funktion der Aufzugstür. Dies hat der Sachverständige mit den Gutachten vom 23.2.2004, 10.8.2004 und im Rahmen seiner ergänzenden Anhörung vor dem Landgericht am 4.5.2006 bestätigt.

Die Klägerin kann ihrer demnach gegebenen Beweisfälligkeit nicht mit Hinweis darauf entgegentreten, dass der Fahrstuhl nach dem behaupteten Unfall umgebaut worden sei. Die Klägerin ist auch für den behaupteten Umbau des Fahrstuhls beweisfällig. Sie hat zu einem Umbau nicht vortragen lassen. Mit Schriftsatz vom 15.10.2003 ist zwar vorgetragen worden, die Beklagte habe im Juli oder August 2003 den Fahrstuhl sperren lassen. Es mag dahinstehen, ob dieser Sachverhalt durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.11.2003 zugestanden worden und deshalb unstreitig ist. Die Beklagte hat jedenfalls einen Umbau des Fahrstuhls bestritten. Anhaltspunkte für Umbaumaßnahmen am Fahrstuhl sind von der Klägerin nicht dargelegt worden. Dem Beweisangebot des Zeugnisses des Herrn K... T... für die vorgetragene Sperrung des Aufzugs - soweit überhaupt streitig - ist nicht nachzugehen, weil sich allein aus der Tatsache der Sperrung nicht ergibt, dass am Fahrstuhl selbst Arbeiten ausgeführt wurden.

Ob die auf eine reine Vermutung hinauslaufende Behauptung der Klägerin zu Änderungen am Aufzug eine sekundäre Behauptungslast der Beklagten begründet, mag dahinstehen. Die Beklagte hat einer eventuellen Darlegungslast jedenfalls mit Schriftsatz vom 14.11.2003 entsprochen, indem sie vorgetragen hat, der Fahrstuhl sei jedenfalls in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum in keiner Weise verändert worden. Da eine eventuelle sekundäre Behauptungslast nichts an der Beweislast ändert (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., vor § 284, Rn. 34), bleibt es auch hinsichtlich des behaupteten Umbaus bei einer Beweisfälligkeit der Klägerin.

Soweit die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter im Zusammenhang mit der Erörterung ihrer Beweisfälligkeit darauf verwies, dass eine Fehlfunktion der Fahrstuhltür auch durch die von ihr vorgetragenen und unter Beweis gestellten Verletzungen zu dokumentieren sei, erscheint fraglich, ob diese Beweisführung tragfähig sein kann. Es sei - wie schon in der mündlichen Verhandlung - daran erinnert, dass der ärztliche Befund vom 14.1.2003 lediglich eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung und eine Hämatombil-dung im Bereich des Handrückens bestätigt. Auch die weiteren Untersuchungen haben keine Anhaltspunkte für eine Fraktur oder eine Bandläsion ergeben. Die Geeignetheit dieses Beweisantritts mag jedoch dahinstehen, da er jedenfalls verspätet ist. Für die Klägerin war bereits im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens, spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 4.5.2006, erkennbar, dass die bisherige Beweisaufnahme auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens ohne Erfolg bleiben könne. Sie wäre deshalb gehalten gewesen, den in der mündlichen Verhandlung lediglich erwogenen Beweisantritt bereits in der ersten Instanz anzubringen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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