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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 04.04.2007
Aktenzeichen: 7 U 145/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 280
BGB § 288
BGB § 286
ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 529
ZPO § 531
ZPO § 540 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 145/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 4.4.2007

Verkündet am 4.4.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Werth als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 7. Juli 2006 abgeändert.

Das Versäumnisurteil vom 1. Februar 2006 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erstattung eines am 31.1.2005 eingetretenen Wertverlustes von Fondsanteilen in Anspruch.

Der Beklagte ist durch Versäumnisurteil vom 1.2.2006, gegen das er Einspruch eingelegt hat, zur Zahlung von 4.990,42 € sowie 305,95 € vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 17.11.2005, verurteilt worden.

Der Kläger hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 1.2.2006 aufrechtzuerhalten. Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 7.7.2006 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von 4.990,42 € aus der Vereinbarung vom 5.1.2004 zu, da der Beklagte darin seine Haftung dem Grunde nach anerkannt habe. Der Wertverlust sei schlüssig dargetan; ein späterer Kursanstieg sei unerheblich. Die Zahlung der Rechtsanwaltskosten schulde der Beklagte aus § 280 BGB.

Gegen dieses Urteil, das ihm am 26.7.2006 zugestellt worden ist, hat der Beklagte am 25.8.2006 Berufung eingelegt und diese am 25.9.2006 begründet.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 7.7.2006 das Versäumnisurteil vom 1.2.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B....

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet, da Zahlungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten nicht erkannt werden können.

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 4.990,42 € aus der Vereinbarung vom 5.1.2004. Denn der Vereinbarung lässt sich ein Zahlungsversprechen des Beklagten nicht entnehmen.

a)

Der schriftliche Wortlaut der Vereinbarung führt nicht zu einer Zahlungspflicht des Beklagten. Dort sind nicht wechselseitige Rechte und Pflichten der Parteien festgelegt, sondern lediglich Verhandlungen über eine gütliche Einigung zum 30.1.2005 in Aussicht genommen worden. Allein das kommt in der Formulierung: "wird eine gütliche Einigung dahingehend stattfinden" zum Ausdruck; damit wird die gütliche Einigung als ein zukünftiges, noch herbeizuführendes Ereignis bezeichnet und nicht als ein mit dem Abschluss der Vereinbarung schon erreichter Stand. Gegen die Begründung einer verbindlichen Zahlungsverpflichtung spricht auch, dass in der Vereinbarung eine zu erbringende Zahlung nicht beziffert ist.

Eine Zahlungspflicht des Beklagten kann auch nicht aus der Überschrift der Vereinbarung hergeleitet werden. Die dort gewählte Formulierung: "Vereinbarung über Schadensbegrenzung durch D... R... für den vermittelten Fonds bei A... an K... W..." bringt lediglich zum Ausdruck, dass Anlass der Vereinbarung ein - möglicher - "Schaden" gewesen ist, nicht aber, wie dieser im Verhältnis der Parteien zueinander zu behandeln sein mag; die rechtsverbindliche Übernahme einer Zahlungspflicht durch den Beklagten geht daraus nicht hervor. Die bloße Absichtserklärung, dass über einen künftig eintretenden "Schaden" eine gütliche Einigung stattfinden soll, reicht zur Stützung des Klagebegehrens nicht aus.

b)

Außerhalb der Vertragsurkunde liegende Umstände, die nach §§ 133, 157 BGB eine dem Kläger günstige Auslegung zulassen, können nicht festgestellt werden. Insbesondere kann eine mündliche Zahlungszusage des Beklagten am 5.1.2004 nicht angenommen werden, und zwar ohne dass es darauf ankommt, ob der diesbezügliche Vortrag im Schriftsatz vom 4.1.2007 rechtzeitig nach §§ 529, 531 ZPO erfolgt ist.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht fest, dass der Beklagte am 5.1.2004 die vom Kläger behauptete Erklärung abgegeben hat. Die Vernehmung der Zeugin B... hat den Beweis dafür nicht erbracht, da Anlass zu nicht unerheblichen Zweifeln an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage besteht. Die Zeugin hat die behaupteten Äußerungen des Beklagten nur allgemein und sinngemäß wiederzugeben vermocht; eine Darstellung ihres - auch nur annähernden - Wortlauts ist ihr auch auf Befragen nicht möglich gewesen. Auch den Verlauf des Gesprächs am 5.1.2004 hat sie nicht in nachvollziehbaren Einzelheiten beschrieben, sondern dazu nur allgemein bekunden können, dass der Kläger seine Besorgnis und Unzufriedenheit über die Kursverläufe zum Ausdruck gebracht und der Beklagte sich demgegenüber optimistisch geäußert und euphorisch gezeigt habe, bevor er die schriftliche Vereinbarung vom 5.1.2004 aufgesetzt habe. Die so insbesondere im wesentlichen Kerngeschehen nur vage Aussage lässt es nicht, jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit, ausgeschlossen erscheinen, dass die Zeugin lediglich das von ihr gewonnene Verständnis der Gesprächsinhalte zum Ausdruck gebracht hat, was - vor dem Hintergrund des persönlichen Eindrucks, den der Senat von ihr hat gewinnen können - zwar nicht ihre Redlichkeit und Glaubwürdigkeit beeinträchtigt, wohl aber die Überzeugungskraft ihrer Bekundungen.

Die so bestehende Beweisfälligkeit geht zu Lasten des Klägers, da er als derjenige, der sich zu seinen Gunsten auf eine mündliche Zahlungszusage des Beklagten beruft, für deren Erklärung beweispflichtig ist.

c)

Der Vereinbarung vom 5.1.2004 kann ein dem Kläger günstiger Inhalt auch nicht im Lichte der Erwägung beigemessen werden, dass für ihn nur ein Zahlungsversprechen von Interesse gewesen sei. Denn das ändert daran, dass ein solches in den Erklärungen des Beklagten nicht zum Ausdruck gekommen ist. Zudem liegt auch in der Zusage des Eintritts in - konkrete - Verhandlungen über eine gütliche Einigung bereits ein Zugeständnis, das für einen Geschädigten von Interesse sein kann. Das gilt hier umso mehr, als die Vereinbarung vom 5.1.2004 einen künftigen "Schaden" zum Gegenstand gehabt hat, dessen Eintritt und Umfang nicht absehbar gewesen sind; das führt zu einem - für den Kläger in seiner damaligen Lage ohne weiteres ersichtlichen - Interesse des Beklagten gelegen, ein Zahlungsversprechen gerade nicht abzugeben, da dessen betragsmäßiger Umfang nicht kalkulierbar gewesen wäre.

2.

Ein Zahlungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten aus einer mündlichen Zahlungsabrede kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls nicht erkannt werden.

3.

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schadensersatz wegen schuldhafter Pflichtverletzungen des Beklagten kann ebenfalls nicht angenommen werden. Denn ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten bei der Vermittlung der Fondsanteile ist nicht dargetan, worauf der Kläger bereits in der mündlichen Verhandlung am 6.12.2006 hingewiesen worden ist. Soweit in dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers von Pflichtverletzungen des Beklagten und von einer unkorrekten und fehlerhaften Vermittlungstätigkeit die Rede ist, wird diese Bewertung nicht durch den Vortrag von Tatsachen untersetzt; aus diesem sowie auch dem übrigen Vorbringen des Klägers erschließt sich nicht, welches tatsächliche Verhalten des Beklagten zu der Verwirkung eines Schadensersatzanspruchs geführt haben soll.

4.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann in der Vereinbarung vom 5.1.2004 auch nicht ein Anerkenntnis oder ein Zeugnis des Beklagten gegen sich selbst gesehen werden. Die Vereinbarung benennt keine Umstände der Vermittlungstätigkeit des Beklagten. Sie enthält erst recht nicht das Zugeständnis eines schädigenden Verhaltens, das insbesondere nicht aus der Verwendung des Wortes "Schadensbegrenzung" hergeleitet werden kann; denn es erschließt sich daraus nicht, dass ein Schaden auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Beklagten beruhen mag. Von einer fehlerhaften Durchführung seiner Vermittlungstätigkeit ist im gesamten Text der Vereinbarung auch nicht andeutungsweise die Rede, weshalb ihr ein dahingehender Erklärungswert nicht beigemessen werden kann. Aus der Bereitschaft des Beklagten zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung kann das Eingeständnis einer Pflichtwidrigkeit nicht gefolgert werden; denn im Wirtschaftsleben kann die kompromissweise Beilegung eines Streits auch für eine zu Unrecht in Anspruch genommene Partei - wirtschaftlich - sinnvoll sein.

5.

Für einen Anspruch des Klägers aus § 280 BGB auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 305,95 € ist kein Raum, da ein Anspruch auf Erstattung der Kursverluste, der Gegenstand der anwaltlichen Bemühungen gewesen ist, nicht besteht. Dasselbe gilt für Zinsansprüche aus §§ 288, 286 BGB.

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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