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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.04.2007
Aktenzeichen: 7 U 157/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 313 a
ZPO § 313 b
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 2
BGB § 741
BGB § 745 Abs. 2
BGB § 858 Abs. 1
BGB § 861 Abs. 1
BGB § 866
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 157/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 5.4.2007

Verkündet am 5.4.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Hein als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung am 23.3.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. wird das am 9.8.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus teilweise geändert und wie folgt neu gefasst.

Die Beklagten zu 1. bis 4. werden verurteilt, dem Kläger den Zugang zum Heizraum des Gebäudes P... Weg 2, G..., zu gestatten.

Die Beklagten zu 3. und 4. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger je einen Schlüssel für die hintere Hauseingangstür und für die Kellertür zum Heizraum des Gebäudes P... Weg 2, G..., herauszugeben.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 1. und 2. sowie die Berufung der Beklagten zu 3. und 4. wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen

- der Kläger seine eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die Gerichtskosten zu 25 % und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 2. zu 50 %,

- die Beklagten zu 1. bis 4. als Gesamtschuldner 25 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Gerichtskosten,

- die Beklagten zu 1. und 2. 50 % ihrer außergerichtlichen Kosten und

- die Beklagten zu 3. und 4. 100 % ihrer außergerichtlichen Kosten sowie als Gesamtschuldner je weitere 50 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Gerichtskosten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger beansprucht gegenüber den Beklagten zu 1. bis 4. den Zugang und die Nutzung des Heizraumes des Gebäudes P... Weg 2, G....

Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 9.8.2006 hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

Das Urteil des Landgerichts ist den Beklagten am 16.8.2006 zugestellt worden. Sie haben gegen das Urteil am Montag, den 18.9.2006 Berufung eingelegt, die sie nach der Verlängerung der Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 4.12.2006 an diesem Tage begründet haben.

Mit der Berufung wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Cottbus abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von einer weitergehenden Ausführung des Vortrages der Parteien wird gemäß §§ 313 a, 313 b, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung hat insoweit Erfolg, als die Beklagten zu 1. und 2. mit dem angefochtenen Urteil zur Herausgabe der Schlüssel für die hintere Hauseingangstür und die Kellertür zum Heizraum verurteilt worden sind. Im Übrigen bleibt die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. und die Berufung der Beklagten zu 3. und 4. ohne Erfolg.

1.

Der Kläger hat gegenüber allen Beklagten einen Anspruch auf Gestattung des Zugangs zum Heizraum des streitbefangenen Gebäudes.

Der Kläger hat für den gegen alle vier Beklagten gerichteten Antrag auf Gestattung des Zugangs ein Rechtsschutzbedürfnis, da die Beklagten das Zugangsrecht des Klägers bestreiten. Das ergibt sich nicht nur aus dem Antrag der Beklagten zu 1. - 4., die Klage in Gänze abzuweisen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat vielmehr in seinen Äußerungen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die Rechtsauffassung vertreten, der streitgegenständliche Heizraum gehöre zur Wohnung der Beklagten zu 3. und 4. und damit zum Ausdruck gebracht, dass dem Kläger ein Zugangsrecht nicht zustehe. Diese Auslegung seines Hinweises auf die Zuordnung des Heizungsraums zur Wohnung der Beklagten zu 3. und 4. kann nur so verstanden werden, dass damit zugleich ein Zugangsrecht des Klägers in Abrede gestellt werden soll. Die von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten vorgetragene Rechtsauffassung ist jedenfalls die Rechtfertigung dafür, dass die Beklagten zu 3. und 4. berechtigt zu sein meinen, dem Kläger den Zugang zum Heizungsraum zu versagen. Diese Rechtsauffassung wird von dem Prozessbevollmächtigten jedoch nicht eindeutig auf die Beklagten zu 3. und 4. beschränkt.

Des Weiteren folgt die Absicht auch der Beklagten zu 1. und 2., den Kläger von dem Zugang zum Heizungsraum auszuschließen aus dem Vortrag des Klägers, dem die Beklagten in erster Instanz nicht entgegengetreten sind.

Der Anspruch des Klägers auf Gestattung des Zugangs zum Heizraum ergibt sich gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. aus § 745 Abs. 2 BGB.

Der Kläger und die Beklagten zu 1. und 2. bilden hinsichtlich des streitbefangenen Hausgrundstücks eine Gemeinschaft nach Bruchteilen im Sinne des § 741 BGB. Der Kläger kann von den Beklagten zu 1. und 2. als Teilhaber dieser Gemeinschaft, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen, § 745 Abs. 2 BGB. Nichts anderes macht der Kläger hier geltend. Eine Vereinbarung oder ein Mehrheitsbeschluss zur Verwaltung und Benutzung des Hausgrundstücks ist nicht vorgetragen worden. Der Kläger hat deshalb als Miteigentümer und Bewohner einer der Wohnungen in dem streitbefangenen Haus sowie (Mit-)Vermieter einer Wohnung in diesem Haus einen Anspruch auf Zugang zum Heizraum, um bei Funktionsausfällen der Heizung oder der Anlieferung von Öl im Interesse der Bruchteilsgemeinschaft tätig werden zu können. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der von ihm angestrebte Zugang zum Heizraum dem Interesse der Beklagten zu 1. und 2. zuwiderlaufen könnte.

Insbesondere ist eine Beeinträchtigung des von allen Teilhabern gegenüber den Beklagten zu 3. und 4. mit notariellen Vertrag zur Urkundenrollen-Nr. 1612/1996 der Notarin H... P... vom 8.10.1996 eingeräumten Wohnrechts nicht zu besorgen. Der Heizungsraum gehört nicht mit zur Wohnung.

Gemäß III. 2. des zitierten Vertrages beschränkt sich das Wohnrecht der Beklagten zu 3. und 4. auf die in dem Wohnhaus gelegene abgeschlossene Wohnung, bestehend aus Küche, Bad und vier Zimmern. Der Heizungsraum wird nicht als Bestandteil der Wohnung, an dem das Wohnungsrecht der Beklagten zu 3. und 4. begründet wird, genannt. Er befindet sich vielmehr ein Geschoss tiefer in dem Gebäudeteil, der von den Parteien gelegentlich als Keller, gelegentlich als Hochkeller oder in der mündlichen Verhandlung als Erdgeschoss bezeichnet wird. Es ist auch unschädlich, dass die Wohnung der Beklagten im oberen Stockwerk zu den übrigen Räumlichkeiten nach Vortrag ihres Prozessbevollmächtigten lediglich durch einen Vorhang abgetrennt wurde. Die Parteien dieses Rechtsstreits haben in der genannten notariellen Vereinbarung ausdrücklich festgehalten, dass die Wohnung, an der das Wohnungsrecht der Beklagten zu 3. und 4. begründet wurde, abgeschlossen war. Ebenso hat der Kläger erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen, zum Zeitpunkt des Vertrages sei die Wohnung abschließbar gewesen. Wenn dies nunmehr nicht der Fall sei, so sei dies auf eine nachträgliche Entfernung der eingebauten Tür und deren Ersatz durch einen Vorhang von Seiten der Beklagten zu 3. und 4. zurückzuführen. Dieser unstreitig gewordene Umstand kann jedoch nicht dazu führen, dass die Beklagten zu 3. und 4. nunmehr berechtigt wären, auch die unteren Räumlichkeiten des Gebäudes einschließlich des Heizraumes als Teil ihrer abgeschlossenen Wohnung zu behandeln. Bei dem Heizraum handelt es sich allenfalls um ein Teil des Nebengelasses im Sinne von III. 2. 2. Satz der notariellen Vereinbarung, sodass den Beklagten zu 3. und 4. hieran gegebenenfalls ein Mitbenutzungsrecht zustünde. Dieses berechtigt sie jedoch nicht, den Kläger als Miteigentümer und Bewohner einer eigenen Wohnung in dem Gebäude von der Nutzung auszuschließen.

Gegenüber den Beklagten zu 3. und 4. kann der Kläger sein Anspruch auf Gestattung des Zugangs auf Besitzschutz gemäß §§ 858 Abs. 1, 861 Abs. 1, 866 BGB stützen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Kläger der Zugang zum Heizungsraum erst nachträglich durch Maßnahmen der Beklagten zu 3. und 4. verwehrt wurde. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 11.11.2005 vorgetragen, die Schlösser der Hintereingangstür seien im vergangenen Jahr (also 2004) gewechselt worden. In die Tür zum Heizungskeller sei erst vor kurzem ein Schloss eingebaut worden. Dort habe sich vorher kein Schloss befunden.

Eine Beschränkung des Anspruchs des Klägers wegen Besitzentziehung nach § 861 Abs. 1 BGB findet nicht statt. Zwar bestimmt § 866 BGB, dass im Verhältnis von Mitbesitzern Besitzschutz insoweit nicht stattfindet, als es sich um die Grenzen des dem einzelnen zustehenden Gebrauchs handelt. Im Falle der vollständigen Besitzentziehung, wie hier durch den Austausch bzw. den Einbau von Schlössern geschehen, gilt diese Beschränkung des Besitzschutzes unter Mitbesitzern jedoch nicht (Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 866, Rn. 5).

2.

Einen Anspruch auf Herausgabe je eines Schlüssels für das Schloss der Hintertür und der Tür zum Heizungsraum, auf den der Kläger zweitinstanzlich - klarstellend - angetragen hat, steht dem Kläger jedoch nur gegenüber den Beklagten zu 3. und 4. zu. Die Beklagten zu 1. und 2. haben den Vortrag des Klägers zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2005, wonach alle Beklagten über Schlüssel für den Hintereingang und die Tür zum Heizungsraum verfügten, bestritten. Der Kläger ist insoweit beweisfällig.

Gegenüber den Beklagten zu 3. und 4. ist der Anspruch auf Herausgabe je eines Schlüssels jedoch aus §§ 858 Abs. 1, 861 Abs. 1, 866 BGB gerechtfertigt. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen.

3.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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