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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 23.05.2007
Aktenzeichen: 7 U 180/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 180/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 23.05.2007

Verkündet am 23.05.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. September 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - Az. 6 O 116/06 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die sich im Auftrag der Beklagten um die Vermarktung des im Eigentum der V... Grundstücksgesellschaft GmbH & Co. KG stehenden Bürogebäudes "A..." in der S...-Straße 54 a in B... bemüht hat, hat von der Beklagten die Zahlung einer vereinbarten Aufwandsentschädigung in Höhe von 25.000,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer verlangt, nachdem die Immobilie an einen nicht von ihr präsentierten Kaufinteressenten veräußert wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 67 f. d.A.).

Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen im Umfang von 25.000,00 EUR stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des am 27. September 2006 verkündeten Urteils wird Bezug genommen (Bl. 68 f. d.A.).

Gegen dieses ihr am 23. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 2. November 2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 8. Dezember 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte begehrt unter Wiederholung und Vertiefung ihrer rechtlichen Ausführungen zu den Voraussetzungen der vereinbarten Aufwandsentschädigung weiterhin die vollständige Klageabweisung. Sie behauptet im Berufungsrechtszug erstmals, schon in dem Gespräch am 2. August 2005 seien die 17,45 Mio. EUR als absolute Untergrenze für Kaufpreisangebote vereinbart worden, und betont, dass der Verkauf an einen Dritten ohne ihr - der Beklagten - Zutun erfolgt und schon deshalb die Aufwandsentschädigung nicht geschuldet sei.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus der im August 2005 getroffenen Vereinbarung ein Zahlungsanspruch in Höhe von 25.000,00 EUR nicht zu. Die Voraussetzungen für die vereinbarte Aufwandsentschädigung liegen nicht vor.

Nach dem von der Klägerin unter dem 5. August 2005 schriftlich fixierten und mit Schreiben der Beklagten vom 30. August 2005 bestätigten Inhalt der Vereinbarung war Voraussetzung für die Zahlung der einmaligen Aufwandsentschädigung von 25.000,00 EUR zunächst die Präsentation zweier - nach der zutreffenden einschränkenden Auslegung durch das Landgericht als geeignet anzusehender - Kaufinteressenten durch die Klägerin. Daran fehlt es hier.

Die Präsentation des Interessenten A... S... aus F... bzw. der Gesellschaften, hinter denen dieser steht, erachtet selbst die Beklagte ausdrücklich als "ausreichend" (Seite 2 deren Schriftsatzes vom 9. März 2007). Die T... Immobilien GmbH kann allerdings entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als weiterer geeigneter Erwerbsinteressent im Sinne der zwischen den Parteien getroffenen Absprachen angesehen werden, nachdem diese ihr ursprünglich noch auf 17,25 Mio. EUR beziffertes Kaufangebot (vgl. Bl. 25 d.A.) auf 16,25 Mio. EUR (vgl. Bl. 147 d.A.) reduziert hatte.

Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren ihre Auffassung der Ungeeignetheit dieser Kaufinteressentin schon mit der erstmals in II. Instanz vorgebrachten Behauptung zu stützen sucht, am 2. August 2005 sei zwischen den Parteien ein Kaufpreis für das Objekt von 17,45 Mio. EUR "als absolute Untergrenze" vereinbart worden, ist sie mit ihrem diesbezüglichen Vortrag und dem Beweisantritt präkludiert. Gründe, die gemäß § 531 Abs. 2 ZPO die Zulassung dieses neuen Vorbringens rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Ebenso wenig lässt sich aus den Absprachen einer höheren Innenprovision für den Fall der Erzielung eines 17,45 Mio. EUR übersteigenden Kaufpreises zwingend schlussfolgern, dass geeignete Erwerbsinteressenten mindestens den im Maklervertrag genannten Kaufpreis hätten bieten müssen. Die vorgesehene Partizipation der Klägerin an einem höheren Kaufpreis sollte vielmehr ersichtlich einen zusätzlichen Anreiz für entsprechende Bemühungen bieten. Die Teilhabe an einem geringeren als dem im Maklervertrag bezeichneten Kaufpreis für das Vertragsobjekt war über die in Prozent des - letztlich erzielten - Preises ausgedrückte Maklerprovision ohnehin sicher gestellt. Die Behauptung, bei dem Kaufpreis von 17,45 Mio. EUR habe es sich um eine nicht zu unterschreitende Mindestgrenze gehandelt, wird also vom Inhalt der - die vorangegangenen mündlichen Vereinbarungen bestätigenden - Schreiben der Parteien vom 5. und 30. August 2005 nicht getragen.

Die wesentliche Abweichung des Angebotspreises der T... Immobilien GmbH von dem zwischen den Parteien avisierten Kaufpreis von 17,45 Mio. EUR kann entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht durch den Umstand einer besonders hervorzuhebenden Bonität dieser Gesellschaft aufgewogen werden. Die Fähigkeit zur Kaufpreiszahlung ist Mindestvoraussetzung, um einen Erwerbsinteressenten als geeignet im Sinne der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung für das Verdienen der Innenprovision wie auch für die Verwirkung der pauschalierten Aufwandsentschädigung anzusehen. Allein die Bonität eines Interessenten kann deshalb nicht tragendes Argument für das Verdienen der hier vereinbarten Aufwandsentschädigung auch für den Fall einer erheblichen Abweichung des Angebotspreises von dem im Maklervertrag vorgesehenen Kaufpreis sein.

Nach Überzeugung des erkennenden Senates ist vielmehr entscheidend, dass Anknüpfungspunkt für das Entstehen der Aufwandsentschädigung die Entscheidung des Vertragspartners für einen nicht von der Klägerin benannten Erwerber trotz Präsentation geeigneter Interessenten durch die Klägerin ist, nach dem Willen der Vertragspartner also die Aufwandsentschädigung quasi an die Stelle einer bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung durch die Klägerin ansonsten verdienten Maklerprovision treten soll. Daraus folgt aber zugleich, dass das Angebot der von der Klägerin präsentierten Erwerbsinteressenten inhaltlich jedenfalls so gestaltet sein musste, dass die Veräußerung an gerade diesen Interessenten provisionsauslösend gewesen wäre. Ein Provisionsanspruch entsteht aber nur dann, wenn sich der zustande gekommene mit dem nach dem Maklervertrag beabsichtigten Hauptvertrag inhaltlich deckt. Ein nach den Vorstellungen der Parteien - regelmäßig - bestehender Spielraum ist durch Auslegung zu ermitteln. Maßstab ist nicht eine abstrakt festgelegte Verkehrsanschauung, sondern ob der Auftraggeber mit dem abgeschlossenen Vertrag bei umfassender Würdigung der konkreten Umstände wirtschaftlich denselben Erfolg erzielt wie mit dem beabsichtigten Vertrag (Palandt-Sprau, 66. Aufl., § 652 Rdnr. 42 f.; BGH NJW 1998, 2277/2278; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2003, 1695/1696). Übertragen auf den hier vorliegenden Fall ist für die Entstehung des Anspruchs auf die vereinbarte Aufwandsentschädigung anhand der vorstehend dargestellten Grundsätze nach der wirtschaftlichen Kongruenz des Angebotes der T... Immobilien GmbH mit dem nach dem Maklervertrag beabsichtigten Kaufvertrag zu fragen. Eine solche wirtschaftliche Gleichwertigkeit vermag der Senat nicht zu erkennen.

Der von der T... Immobilien GmbH angebotene Kaufpreis von 16,25 Mio. EUR erreicht noch 93 % des im Maklervertrag angestrebten Verkaufspreises von 17,45 Mio. EUR, unterschreitet diesen aber real um immerhin 1,2 Mio. EUR, eine betragsmäßig nach Überzeugung des Senates jedenfalls so wesentliche Abweichung, dass von einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit nicht mehr gesprochen werden kann. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Parteien dieses Rechtsstreits die 17,45 Mio. EUR zwar nicht als Fest- oder Mindestkaufpreis vereinbart, aber andererseits diesen angestrebten Kaufpreis auch nicht (ausdrücklich) als "circa-Betrag" beschrieben haben. Auch das von der Klägerin erstellte Exposè verwendet einen solchen Zusatz nicht. Daraus kann durchaus geschlussfolgert werden, dass der Spielraum für Preisnachlässe sich in engen Grenzen halten sollte. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte trotz der erheblichen Unterschreitung des angestrebten Verkaufspreises die Benennung der T... Immobilien GmbH als vertragsgemäße Erfüllung der klägerseits geschuldeten Leistungen anzuerkennen bereit gewesen wäre, sind jedenfalls von der dafür beweisbelasteten Klägerin weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Zu Vertragsverhandlungen mit dieser Kaufinteressentin ist es unstreitig nicht gekommen.

Es kann danach nicht festgestellt werden, dass der im Maklervertrag der Parteien vorausgesetzte Vertragsabschluss mit dem Angebot der T... Immobilien GmbH hätte erreicht werden können. Dass ansonsten ein zweiter geeigneter Kaufinteressent neben A... S... bzw. der von ihm repräsentierten Gesellschaften von der Klägerin benannt worden wäre, behauptet sie selbst nicht (mehr). Damit aber fehlt es bereits an einer der vertraglich vereinbarten Voraussetzungen für die Entstehung der Aufwandsentschädigung. Auf den tatsächlich erstmals im Berufungsverfahren von der Beklagten ausdrücklich betonten Umstand, dass diese selbst gar nicht entschieden habe, das Objekt an einen anderen Kunden zu veräußern, kommt es folglich nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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