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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: 7 U 192/01
Rechtsgebiete: AGBG, HGB, BGB, ZPO, AktG


Vorschriften:

AGBG § 1
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG §§ 9 bis 11
AGBG § 13 Abs. 1
AGBG § 13 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 22 a
HGB §§ 383 ff.
HGB § 384
HGB § 396
HGB § 396 Abs. 1
HGB § 396 Abs. 1 Satz 1
HGB § 396 Abs. 1 Satz 2
HGB § 396 Abs. 2
BGB § 670
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 108 Abs. 1 S. 2 n. F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 712
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1
AktG § 185
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 192/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.03.2002

verkündet am 20.03.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27.2.2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bietz, den Richter am Oberlandesgericht Hein und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 22.8.2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung einer bestimmten - im Klageantrag näher bezeichneten - Allgemeinen Geschäftsbedingung gegenüber Verbrauchern in Anspruch.

Der Kläger ist der Dachverband aller 16 V und 18 weiterer v und s orientierter Organisationen, der am 1.11.2000 gegründet wurde. Er ist - in der Berufungsinstanz unstreitig - Rechtsnachfolger des ursprünglichen Klägers, des V e.V. mit Sitz in B und in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 22 a des AGB-Gesetzes (AGBG) eingetragen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die beanstandete Klausel verstoße gegen § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AGBG i.V.m. § 396 HGB. Er hat darüber hinaus gerügt, die Klausel entspreche nicht dem Transparenzgebot, da sie nicht erkennen lasse, welche Vermögensopfer und -auslagen hiervon gedeckt sein sollen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, in Bezug auf Wertpapierhandelsgeschäfte die nachfolgenden oder eine inhaltsgleiche Kausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die bei Abschluss des Vertrages in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

Zeichnungsgebühr (bei Aktien-Neuemissionen, unabhängig von der Zuteilung)

Preis DEM 9,79 pro Auftrag

Preis EUR 5,00 pro Auftrag

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die streitgegenständliche Klausel unterliege gemäß § 8 AGBG nicht der Inhaltskontrolle aufgrund des AGBG. Die Regelungen über das Kommissionsgeschäft könnten nicht als gesetzliches Leitbild für die Vertragsbeziehungen bei den in der jüngeren Vergangenheit aufgetretenen Aktien-Neuemissionen angesehen werden, bei denen es zu massenhaften Überzeichnungen gekommen sei. Die Leistungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Entgegennahme und Prüfung des Zeichnungsangebotes des Kunden seien im Verhältnis zu dem auf den Erwerb von Aktien gerichteten Kommissionsgeschäft als vorvertragliche Leistungen, jedenfalls aber als Leistungen im Rahmen eines Vertrages sui generis anzusehen, für die es kein gesetzliches Leitbild gebe. Der Beklagten müsse es möglich sein, den - unstreitig - beträchtlichen Aufwand an Personal und Material, der mit der hohen Anzahl der zu bearbeitenden Zeichnungen von Neuemissionen verbunden sei, auf ihre Kunden umzulegen. Sie orientiere sich insofern am Verursacherprinzip, da mit der streitgegenständlichen Zeichnungsgebühr derjenige die Kosten ausgleichen solle, der sie mit seinem Zeichnungswunsch verursache. Als Alternative hierzu käme für die Beklagte lediglich eine Umlage der entsprechenden Kosten auf sämtliche ihrer Kunden oder zumindest sämtliche Wertpapierkunden über die regelmäßigen Depotgebühren in Betracht. Soweit die Beklagte darüber hinaus zunächst die Aktivlegitimation des ursprünglichen Klägers bestritten hat, hat sie dieses Bestreiten bereits in erster Instanz aufgegeben.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 22,8.2001 antragsgemäß zur Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel verurteilt.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 10.9.2001 zugestellt worden ist, wendet sich die Beklagte mit ihrer am 10.10.2001 eingelegten und am 7.11.2001 begründeten Berufung.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie beantragt,

1. unter Abänderung des am 22.8.2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam die Klage abzuweisen;

2. der Beklagten zu gestatten, eine von ihr zu erbringende Sicherheit durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Sparkasse zu leisten.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen;

2. ihm nachzulassen, die gemäß § 711 oder 712 ZPO zu bestimmende Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

Auch der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Klage ist als Unterlassungsklage gemäß § 13 Abs. 1 AGBG zulässig. Die entsprechenden Regelungen des AGBG sind gemäß Art. 3 § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts auch nach Inkrafttreten des Unterlassungsklagegesetzes am 1.1.2002 weiter anwendbar, da das Verfahren bereits vor dem 1.1.2002 anhängig war.

Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG; der Kläger ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 22 a AGBG eingetragen.

II. Der Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 13 Abs. 1 AGBG ist auch begründet. Die Regelung über die "Zeichnungsgebühr" in Ziffer V. 4.1. des Preisverzeichnisses der Beklagten betreffend das Wertpapier- und Depotgeschäft ist gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam.

1. Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass es sich bei den Regelungen des Preisverzeichnisses der Beklagten um AGB im Sinne des § 1 AGBG handelt.

2. Die streitgegenständliche Regelung über die Zeichnungsgebühr unterliegt - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG.

Dem steht nicht entgegen, dass Preisvereinbarungen, die unmittelbar die Art und den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und den dafür zu zahlenden Preis betreffen, gemäß § 8 AGBG der Inhaltskontrolle nach §§ 9 bis 11 AGBG entzogen sind.

Bei der streitgegenständlichen Klausel handelt es sich nicht um eine solche, von der Inhaltskontrolle ausgeschlossene Preisvereinbarung im Sinne des § 8 AGBG.

a) Dies wäre zwar der Fall, wenn die Vertragsbeziehungen zwischen der Beklagten und ihren jeweiligen Kunden in Bezug auf neu emittierte Aktien rechtlich in zwei Verträge getrennt werden könnten, von denen der eine - im Sinne eines Vertrages sui generis - auf die Erstellung und Prüfung eines Zeichnungsangebotes des Kunden für neu ausgegebene Aktien gerichtet wäre und erst im Anschluss daran ein Kommissionsvertrag über den Erwerb der jeweiligen neu ausgegebenen Aktien geschlossen würde. Dieser Auffassung der Beklagten kann jedoch nicht gefolgt werden.

Wendet sich ein Kunde mit dem Anliegen an ein Kreditinstitut, bestimmte durch eine Aktiengesellschaft neu ausgegebene Aktien erwerben zu wollen, so kann dieses Anliegen so ausgelegt werden, dass der Wille des Kunden unmittelbar auf den Abschluss eines Kommissionsvertrages im Sinne des § 383 HGB gerichtet ist, aufgrund dessen das Kreditinstitut verpflichtet sein soll, im eigenen Namen für Rechnung des Kunden die jeweiligen Aktien zu erwerben. Dies bedeutet jedoch, dass die Erstellung, Prüfung und Weitergabe eines ordnungsgemäßen Zeichnungsscheins, der - sei es als Angebot des Kunden des Kreditinstituts an die die Aktien ausgebende Aktiengesellschaft auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages oder (in Ausnahmefällen) als Annahmeerklärung des Kunden auf ein in der Aufforderung der Aktiengesellschaft zur Zeichnung liegendes entsprechendes Angebot (vgl. dazu nur Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 185 Rn. 24) - gemäß § 185 AktG Voraussetzung für den Erwerb neu ausgegebener Aktien ist, nach dem - für das Kreditinstitut erkennbaren - Willen des Kunden mit zum Inhalt des letztlich auf den Erwerb der Aktien gerichteten Kommissionsvertrages gehört. Anders kann der Kunde, dessen Verständnis für die Auslegung der von der Beklagten auf ein entsprechendes Angebot abgegebenen Willenserklärung maßgeblich ist, auch die Erklärung der Beklagten nicht verstehen. Aus der Sicht des Kunden nimmt die Beklagte sein in dem vorgenannten Sinne zu verstehendes Angebot auf Abschluss eines Kommissionsvertrages über den Erwerb neu ausgegebener Aktien bereits in dem Moment an, in dem sie sich zur Erstellung und Prüfung des Zeichnungsscheins für die entsprechenden Aktien bereit erklärt. Der Auffassung der Beklagten, sie übernehme die Erstellung und Prüfung des Zeichnungsscheins, wenn nicht auf Grundlage eines gesonderten Vertrages sui generis, so doch in einem vorvertraglichen Stadium, während die eigentliche Annahme des Angebotes auf Abschluss eines Kommissionsvertrages erst durch die Weitergabe einer formell korrekten Zeichnungsorder an den jeweiligen Kooperationspartner der Beklagten erfolge, kann demgegenüber bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil der Kunde, dem die Annahme seines Angebotes auf Abschluss eines Kommissionsvertrages zugehen müsste, an der Weitergabe der Zeichnungsorder an den jeweiligen Kooperationspartner der Beklagten regelmäßig gar nicht beteiligt sein dürfte.

b) Bei der streitgegenständlichen Regelung über eine Zeichnungsgebühr handelt es sich auch nicht um eine Regelung über ein Entgelt für eine Neben- und Zusatzleistung zu dem auf den Kauf der Aktien gerichteten Kommissionsvertrag, die ihrerseits gemäß § 8 AGBG nicht der Inhaltskontrolle unterliegen würde. Eine Entgeltregelung für eine Neben- oder Zusatzleistung im Sinne einer sogenannten Preisnebenabrede ist gemäß § 8 AGBG nur dann nicht der Inhaltskontrolle zugänglich, wenn für eine solche Sonderleistung keine rechtlichen Regelungen bestehen (vgl. nur BGH, WM 1997, 2244, 2245). Nur dann, wenn es ein gesetzlich geregeltes Leitbild für eine vertragliche Leistung nicht gibt, obliegt es grundsätzlich den Parteien, in eigener Verantwortung Art und Umfang der Leistungen sowie die Bemessung des dafür zu entrichtenden Entgeltes zu bestimmen. Umgekehrt unterliegen Preisregelungen für Neben- oder Zusatzleistungen dann der Inhaltskontrolle, wenn sie eine Entgeltpflicht in Abweichung von allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder gesetzlichen Regelungen (BGHZ 124, 254; BGHZ 133, 10; NJW 2000, 659) oder unter Verstoß gegen den Inhalt des Vertrages begründen (zu diesem Ansatz BGH WM 1997, 2224, 2244, 2246). Entscheidend für die Frage der Kontrollfähigkeit einer Preisnebenabrede ist deshalb, ob an die Stelle der getroffenen Abrede im Falle des Fehlens einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht treten kann (BGHZ 124, 254, 256).

Nach diesen Maßstäben ist die Kontrollfähigkeit für die streitgegenständliche Regelung über die Zeichnungsgebühr anzunehmen. Gehört - wie bereits ausgeführt - die Erstellung und Prüfung des Zeichnungsscheins mit zum Inhalt eines zwischen der Beklagten und ihren jeweiligen Kunden geschlossenen Kommissionsvertrages über den Erwerb neu ausgegebener Aktien, so gelten für die Vergütung der Leistungen der Beklagten die Regelungen des § 396 Abs. 1 und Abs. 2 HGB.

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Frage der Vergütung für die Leistungen der Beklagten bei Abschluss eines Kommissionsvertrages über den Kauf von neu ausgegebenen Aktien auch an diesem Leitbild des Kommissionsgeschäftes zu messen. Zwar dürfte es zutreffen, dass dem Gesetzgeber des HGB im Jahr 1897 die Problematik massenhafter Überzeichnungen von neu ausgegebenen Aktien nicht vor Augen gestanden hat. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die gesetzlichen Regelungen über das Kommissionsgeschäft auch heute noch für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren und damit auch für den Kauf neu ausgegebener Wertpapiere gelten und damit nur durch Individualvereinbarung oder in den Grenzen des AGBG den in der heutigen Zeit auftretenden Besonderheiten angepasst werden können. Bei einem auf den Erwerb von neu ausgegebenen Aktien gerichteten Auftrag eines Kunden der Beklagten handelt es sich auch nicht um etwas gänzlich anderes als um ein Kommissionsgeschäft über ein bereits gehandeltes Wertpapier. Abgesehen davon, dass die Regelungen der §§ 383 ff. HGB keinen Anhaltspunkt dafür bieten, dass zwischen Kommissionsverträgen über den Kauf von bereits gehandelten und neu ausgegebenen Wertpapieren zu differenzieren sein könnte, kann der Beklagten auch nicht dahin gefolgt werden, dass bei einem Auftrag über neu ausgegebene Aktien in der heutigen Zeit nicht die Beschaffung der gewünschten Aktien, sondern lediglich die Verschaffung einer Zuteilungschance im Vordergrund stehe. Es mag zwar sein, dass ein Kunde, der neu ausgegebene Aktien erwerben will, von denen bekannt ist, dass sie auf großes Interesse stoßen, zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an die Beklagte weiß - oder von dieser zumindest im Rahmen ihrer Beratungspflichten gemäß § 384 HGB darauf hinzuweisen sein könnte -, dass die Möglichkeiten zur tatsächlichen Verschaffung der Aktien gering sein könnten und er deshalb allenfalls die Chance einer Zuteilung erwarten darf. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Vertrag, den ein Kunde mit der Beklagten schließt, gleichwohl darauf gerichtet ist, die Aktien tatsächlich zu erwerben, und die Beklagte deshalb verpflichtet ist, alles Erforderliche und ihr Mögliche zu tun, um dieses Ziel zu erreichen. Die Begrenzung der dabei bestehenden Möglichkeiten der Beklagten zur Einflussnahme auf die tatsächliche Zuteilung bei zu erwartenden Überzeichnungen ändert deshalb nichts an dem Charakter des Geschäfts als Kommissionsgeschäft.

bb) Die streitgegenständliche Regelung über die Zeichnungsgebühr weicht auch von den gesetzlichen Regelungen über die dem Kommissionär zustehende Vergütung für seine Leistungen ab.

(1) Nach § 396 Abs. 1 HGB steht dem Kommissionär grundsätzlich nur dann ein Anspruch auf Entgelt zu, wenn das Geschäft zur Ausführung gelangt und auch dann steht ihm nur ein Anspruch auf die vereinbarte Provision zu. Das Preisverzeichnis der Beklagten sieht jedoch vor, dass die Zeichnungsgebühr gerade unabhängig von der Zuteilung - also unabhängig von der erfolgreichen Ausführung des Kommissionsvertrages - und auch bei erfolgreichem Erwerb der Aktien zusätzlich zu der gemäß Ziffer V.3. des Preisverzeichnisses der Beklagten zu zahlenden Provision anfallen soll.

(2) Die Regelung über die Zeichnungsgebühr bewegt sich auch nicht deshalb im Rahmen des § 396 Abs. 1 HGB, weil dem Kommissionär gemäß § 396 Abs. 1 Satz 2 HGB - unabhängig von der Ausführung des Geschäfts - ein Anspruch auf Zahlung einer sogenannten Auslieferungsprovision zustehen kann, sofern eine solche ortsgebräuchlich ist. Für eine Ortsgebräuchlichkeit einer der Regelung über die Zeichnungsgebühr entsprechenden Provision im Falle eines Kommissionsgeschäftes über neu ausgegebene Aktien fehlt jeder Anhaltspunkt im Sachvortrag der Beklagten.

(3) Schließlich handelt es sich bei der streitgegenständlichen Regelung über die Zeichnungsgebühr auch nicht um eine Regelung, die sich im Rahmen des Aufwendungsersatzanspruches des Kommissionärs gemäß § 396 Abs. 2 HGB bewegt. Es ist im gesamten Zivilrecht und insbesondere auch für § 396 Abs. 2 HGB anerkannt, dass zu Aufwendungen nicht die eigene Arbeitsleistung und der eigene Materialeinsatz und damit auch nicht die mit der Ausführung des Auftrages verbundenen Personal- und Materialkosten eines Unternehmens gehören. Gerade für diese - im Zusammenhang mit den in den letzten Jahren aufgetretenen Massenzeichnungen bei Neuemissionen im Wertpapiergeschäft unstreitig erheblichen - Kosten will die Beklagte jedoch nach ihrem eigenen Vortrag im Wege der Erhebung der streitgegenständlichen Zeichnungsgebühr von ihren Kunden einen Ausgleich erhalten. Entgegen der Auffassung der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Main (Urteil vom 8.11.2001, Az.: 2-02 O 29/01) handelt es sich bei dem erhöhten Personal- und Materialaufwand eines Kreditinstituts im Zusammenhang mit Massenzeichnungen von neu aufgegebenen Aktien auch nicht deshalb um ersatzfähige Aufwendungen i.S.d. § 396 Abs. 2 HGB, weil es um die Ausführung von Arbeiten geht, die nicht unmittelbar aus den Kommissionärspflichten des Kreditinstitutes folgen (zu diesem Gesichtspunkt vgl. nur: Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 396 Rn. 5; Ernsthaler/Achilles, HGB, § 396 Rn. 9). Insoweit ist zu beachten, dass der zwischen dem Kreditinstitut und dem je wenigen Kunden geschlossene Kommissionsvertrag sich gerade auf den Erwerb neu ausgegebener Aktien bezieht. Dies hat jedoch zur Folge, dass auch die Frage, welche Kornmissionärspflichten im Sinne des § 384 HGB das Kreditinstitut treffen, danach zu bestimmen ist, welche Tätigkeiten, Informationen etc. erforderlich sind, um gerade den Erwerb neu ausgegebener Aktien zu einem für den Kunden erfolgreichen Abschluss zu führen. Die Erstellung und Prüfung eines ordnungsgemäßen Zeichnungsscheins i.S.d. § 185 AktG gehört deshalb ebenso zu den Kommissionärspflichten wie die Aufklärung des Kunden über das sogenannte "Book-Building-Verfahren" oder die Bearbeitung von Widerrufen der jeweiligen Kunden, die im Übrigen ohnehin zu den regelmäßigen Pflichten eines Kommissionärs gehören dürfte. Der Umstand, dass diese Tätigkeit im Zusammenhang mit den aufgetretenen Massenzeichnungen von neu ausgegebenen Aktien im Verhältnis zu Kommissionsverträgen über bereits gehandelte Aktien einen erheblichen Umfang haben und aufgrund von Überzeichnungen nur ein geringer Bruchteil - die Beklagte gibt hier ein Verhältnis von 1 % bis 10 % an - der zu bearbeitenden Aufträge zu einem erfolgreichen Abschluss führt und damit die Kosten der Beklagten nicht durch Provisionen abgedeckt werden kann, reicht deshalb nicht aus, um den damit verbundenen Personal- und Materialaufwand als ersatzfähige Aufwendung i.S.d. § 396 Abs. 2 HGB ansehen zu können (a.A. wohl Steiner, EWiR 2001, 455/456). Darüber hinaus liegt eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 396 Abs. 2 HGB - wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - jedenfalls deshalb vor, weil § 396 Abs. 2 HGB i.V.m. § 670 BGB nur den Ersatz konkret für das jeweilige Kommissionsgeschäft entstandener Aufwendungen, nicht aber den Ersatz pauschalisierter Beträge ermöglicht.

Handelt es sich danach aber bei der streitgegenständlichen Regelung über eine Zeichnungsgebühr um eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 396 Abs. 1 und Abs. 2 HGB, so ist gemäß § 8 AGBG die Möglichkeit einer Inhaltskontrolle anhand der Regelungen der §§ 9 bis 11 AGBG möglich.

3. Diese Kontrolle führt dazu, dass die streitgegenständliche Regelung über die Zeichnungsgebühr nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB unwirksam ist, da es sich um eine Bestimmung handelt, die den Verbraucher unangemessen benachteiligt, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 396 Abs. 1 und Abs. 2 HGB nicht zu vereinbaren ist.

a) Dafür ist insbesondere entscheidend, dass dem Kommissionär gemäß § 396 Abs. 1 Satz 1 HGB ein Entgeltanspruch in Form einer Provision nur bei erfolgreicher Ausführung des Kommissionsvertrages, beim Kauf von neu ausgegebenen Aktien also nur dann zustehen soll, wenn der Kunde auch tatsächlich die Zuteilung erhält. Nach der gesetzlichen Regelung soll deshalb der Kommissionär bis zur Ausführung des Geschäftes das Entgeltrisiko für seine Tätigkeit in vollem Umfang tragen und damit auch das Risiko eines eventuell ohne Vergütung bleibenden Einsatzes von Personal und Material.

b) Die Abweichung ist mit diesen wesentlichen Grundgedanken des § 396 HGB nicht zu vereinbaren, da in nicht unerheblichem Maße in die rechtlich geschützten Interessen des Kunden, eine Vergütung nur dann zahlen zu müssen, wenn das Kommissionsgeschäft auch erfolgreich zum Abschluss gelangt, eingegriffen wird. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die Zeichnungsgebühr lediglich einen Betrag von 5,00 € pro Auftrag ausmachen soll. Kann der Kunde nach der gesetzlichen Regelung darauf vertrauen, dass er mit der Provision für Personal- und Sachkosten des Kreditinstitutes nur dann aufkommen muss, wenn er tatsächlich eine Zuteilung der von, ihm gewünschten Aktie erhält, so ist auch ein Betrag von 5,00 € als erheblich anzusehen sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn man berücksichtigt, dass dieser Betrag auch für Kommissionsgeschäfte anfallen soll, die Aktienkäufe in lediglich geringer Stückzahl zum Gegenstand haben.

c) Damit gilt jedoch gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG die Vermutung, dass eine unangemessene Benachteiligung vorliegt. Die von der Beklagten angeführten Gründe reichen nicht aus, um diese Vermutung - was grundsätzlich möglich ist (Palandt-Heinrichs, AGBG, § 9 Rn. 18; BGHZ 133, 11, 16) - zu widerlegen.

Auch wenn man berücksichtigt, dass bei massenweisen Zeichnungen für neu ausgegebene Aktien - und den damit regelmäßig verbundenen massenweisen Überzeichnungen - die Anzahl der für Kunden der Beklagten erfolgreichen und damit einen Provisionsanspruch i.S.d. § 396 Abs. 1 Satz 1 begründenden Zuteilungen in keinem Verhältnis zu dem Gesamtaufwand der Beklagten im Zusammenhang mit diesen Zeichnungen steht, so kann die mit der Erhebung einer Zeichnungsgebühr einhergehende Abweichung von der in § 396 Abs. 1 vorgesehenen Verteilung des Entgeltrisikos zu Lasten der Kunden der Beklagten nicht als gerechtfertigt angesehen werden.

Soweit die Beklagte die Zeichnungsgebühr auch von solchen Kunden erheben will, die eine Zuteilung erhalten, kann der Gesamtaufwand der Beklagten im Hinblick auf massenweise Zeichnungen und Überzeichnungen von Aktien bereits deshalb nicht als Rechtfertigung dienen, weil anzunehmen sein dürfte, dass der Aufwand der Beklagten für die konkrete Abwicklung eines erfolgreichen Kommissionsgeschäftes - einschließlich des mit diesem Geschäft konkret verbundenen Aufwandes für die Erstellung und Prüfung des Zeichnungsscheins sowie der entsprechenden Beratung - durch die Provision abgedeckt wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass im Rahmen des sogenannten "Book-Building-Verfahrens" - das sich dadurch auszeichnet, dass der Emittent die Aktien nicht zu einem von vornherein feststehenden Ausgabekurs, sondern zu einem mit einer Preisspanne versehenen Kurs auf den Markt bringt - eine massenweise Überzeichnung der Aktien dazu führt, dass diejenigen, die tatsächlich die Zuteilung erhalten, regelmäßig als Kaufpreis den höchsten Kurswert im Rahmen dieser Spanne zahlen müssen, und damit die Beklagte entsprechend auch eine höhere Provision erhält.

Eine Rechtfertigung der Belastung der Kunden, mit denen die Beklagte Kommissionsgeschäfte für neu ausgegebene Aktien schließt, ergibt sich auch nicht daraus, dass es der Beklagten anderenfalls überhaupt nicht mehr möglich wäre, entsprechende Aufträge anzunehmen, oder die in diesem Bereich anfallenden - nur für einen kurzen Zeitraum extrem erhöhten - Personal- und Materialkosten auf die Gesamtheit ihrer Kunden bzw. über Depotgebühren zumindest auf die Gesamtheit ihrer Kunden im Wertpapiergeschäft umlegen müsste. Das Risiko, das mit ihrer Beteiligung am Wertpapiergeschäft auch im Bezug auf neu ausgegebene Aktien, bei denen mit Massenüberzeichnungen zu rechnen ist, verbunden ist, könnte zum allgemeinen und damit von der Beklagten zu tragenden Unternehmensrisiko eines Kreditinstitutes gehören. Bei den von der Beklagten aufgezeigten Alternativen gegenüber einer Umlage auf die Kunden über die streitgegenständliche Zeichnungsgebühr könnte es sich auch nicht zwingend um die einzigen Alternativen einer Kompensation für die der Beklagten im Zusammenhang mit entsprechenden Neuemissionen von Aktien entstehenden Kosten handeln. Gerade dann, wenn man an das von der Beklagten in der ersten Instanz angeführte Verursacherprinzip anknüpft, könnten nicht allein die Kunden der Beklagten, die an einem Erwerb der neu ausgegebenen Aktien interessiert sind, als Verursacher in Betracht kommen. Als Verursacher der mit massenhaften Zeichnungen neu ausgegebener Aktien verbundenen Kosten bei der Beklagten könnten auch die Aktiengesellschaften angesehen werden, die entsprechende Aktien ausgeben bzw. die regelmäßig mit dieser Aufgabe betrauten emitierenden Kreditinstitute - und damit die sogenannten "Kooperationspartner" der Beklagten. Bedenkt man, dass die Neuaktien ausgebenden Gesellschaften ein erhebliches Interesse daran haben, auf diesem Wege Kapital zu erlangen und dieses Interesse gerade im Falle massenhafter Zeichnungen und Überzeichnungen von Aktien in optimaler Weise erfüllt wird, so könnte durchaus zu erwägen sein, ob Kreditinstitute wie die Beklagte, die aufgrund ihrer besonderen Kundenstruktur gerade auch im Hinblick auf dieses Interesse eine besondere Funktion erfüllen, einen Ausgleich für die gerade bei ihnen entstehenden erheblichen Aufwendungen bei ihren "Kooperationspartnern" suchen müssen. Allein der Umstand, dass ein entsprechendes Anliegen der Beklagten im Rahmen der bisherigen Marktstrukturen auf Durchsetzungsschwierigkeiten stoßen könnte, kann jedenfalls nicht als ausreichende Rechtfertigung dafür betrachtet werden, dass die Beklagte die ihr entstehenden Belastungen - entgegen den gesetzlichen Regelungen - im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen auf ihre Kunden abwälzen kann.

4. Ist danach die streitgegenständliche Regelung über die Zeichnungsgebühr als unwirksam anzusehen, so steht dem Kläger auch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 13 Abs. 1 AGBG zu. Die insoweit zusätzlich erforderliche Wiederholungsgefahr ist bereits aufgrund der Verwendung der AGB durch die Beklagte zu vermuten (BGH WM 2000, 1967, 1969).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Einer besonderen Gestattung der Möglichkeit der Erbringung der Sicherheitsleistung durch Bürgschaft, die von beiden Parteien beantragt worden ist, bedarf es aufgrund der am 1.1.2002.in Kraft getretenen Regelung in § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO n. F. nicht mehr.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, da zu erwarten ist, dass sie auch künftig wiederholt auftreten kann und bislang - zumindest in der Rechtsprechung erstinstanzlicher Gerichte - zur Wirksamkeit entsprechender Klauseln unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten worden sind.

Ende der Entscheidung

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