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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.04.2004
Aktenzeichen: 7 U 208/03
Rechtsgebiete: BGB, ZGB/DDR, EGBGB, SchuldRAnpG, EGZGB/DDR, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 254
BGB a.F. § 276 Abs. 1
BGB a.F. § 249 Satz 2
BGB a.F. § 249 Satz 2
ZGB/DDR § 296 Abs. 1
ZGB/DDR § 312 Abs. 1
ZGB/DDR § 296 Abs. 1 Satz 1
ZGB/DDR § 312 Abs. 1 Satz 2
ZGB/DDR § 296
EGBGB § 5 Abs. 1 Satz 1
SchuldRAnpG § 1 Abs. 1 Nr. 1
SchuldRAnpG § 19 Abs. 1
EGZGB/DDR § 2 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 139 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 531
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Im Namen des Volkes

Urteil

7 U 208/03

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16.4.2004 durch

....

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 9.10.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen der Beschädigung einer Garage durch das Umstürzen einer Pappel in Anspruch.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.315,65 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 1.2.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat durch Urteil der Einzelrichterin vom 9.10.2003 unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von 5.576,25 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 1.2.2002 an den Kläger verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, insoweit stünden dem Kläger Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Der Kläger sei rechtmäßiger Besitzer der Garage gewesen, sodass er durch das Umstürzen des Baumes in seinem Besitzrecht beeinträchtigt worden sei. Der Schaden sei in Höhe von 5.576,25 € vom Kläger durch die Vorlage entsprechender Rechnungen substanziiert vorgetragen und von der Beklagten lediglich pauschal bestritten worden. Die Beklagte sei passivlegitimiert, da sie die tatsächliche Herrschaft über das Grundstück, auf dem sich die Pappel befunden hat, ausgeübt habe; jedenfalls habe sie diesen Eindruck erweckt und dem Kläger die Möglichkeit genommen, einen anderen Verantwortlichen zu ermitteln und zu kontaktieren. Die Beklagte habe sie treffende Verkehrssicherungspflichten verletzt, indem sie keine hinreichenden Schutzmaßnahmen gegen das Umstürzen des Baumes getroffen habe. Dem stehe das Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom 8.9.2001 nicht entgegen. Das Gutachten führe aus, dass lokale Einflüsse auch zu einer Abschwächung der Windgeschwindigkeit hätten führen können, sodass nicht auszuschließen sei, dass eine geringere Windstärke als 8 Bft geherrscht habe. Für eine Vorschädigung der Pappel spreche auch, dass sie am Hauptstamm, knapp über dem Wurzelwerk, abgeknickt sei. Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sei mindestens fahrlässig erfolgt.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 15.10.2003 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 4.11.2003 Berufung eingelegt und diese am 15.12.2003 begründet.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 9.10.2003 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 313 a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 5.576,25 € zu.

1. Durch die Beschädigung der Garage auf dem Grundstück H. - Straße 11 in D., die als solche zwischen den Parteien unstreitig ist, ist das Eigentum des Klägers verletzt worden. Denn der Kläger hat nach §§ 296 Abs. 1, 312 Abs. 1 ZGB/DDR Eigentum am Garagengebäude erworben, das nach Art. 231 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB fortbestanden hat.

a. Die Garage stellt eine Baulichkeit i. S. d. § 296 Abs. 1 Satz 1 ZGB/DDR dar und ist als solche der Entstehung gesonderten Bauwerkeigentums nach den genannten Vorschriften zugänglich gewesen (vgl. Ministerium der Justiz, Kommentar zum ZGB/DDR, § 313, Anm. 2.1).

b. Die Errichtung der Garage ist in Ausübung eines vertraglich vereinbarten Nutzungsrechts am Grundstück erfolgt, und zwar ohne dass es dabei auf den Vertrag vom 4.11.1981 und die Rechtsfrage, ob die Vereinbarung des Nutzungsrechts der Errichtung der Baulichkeit zeitlich vorangehen muss, ankommt. Denn aus der - als solcher zwischen den Parteien ebenfalls unstreitigen - Baugenehmigung vom 24.8.1976 ist zu ersehen, dass dem Kläger bereits zuvor ein Nutzungsrecht am Grundstück eingeräumt worden ist. Ist das aber der Fall, so ist der Bau der Garage nach dessen Entstehung und damit jedenfalls in dessen Ausübung gemäß § 296 Abs. 1 Satz 1 ZGB/DDR erfolgt; das gilt sowohl dann, wenn - wie der Kläger vorgetragen hat - die Garage 1976 unmittelbar nach der Erteilung der Baugenehmigung errichtet worden ist, als auch und erst recht dann, wenn - wie die Beklagte behauptet hat - der Bau der Garage erst nach 1980 stattgefunden hat.

aa. Es ist davon auszugehen, dass die Baugenehmigung die hier streitgegenständliche Garage zum Gegenstand hat. Entgegen der von der Beklagten im Schriftsatz vom 29.3.2004 vertretenen Sichtweise weist die Baugenehmigung nämlich sehr wohl einen entsprechenden Bezug auf; denn dort sind als zu errichtendes Bauwerk ausdrücklich der Neubau einer Garage und als Ort des Bauwerks die Anschrift H. - Straße in D. genannt. Dass die grundbuchliche Bezeichnung des Flurstücks sowie die Angabe einer Hausnummer fehlen, fällt nicht ins Gewicht. Denn die Erteilung der Baugenehmigung sowie die damit korrespondierende Errichtung der Garage auf dem Grundstück H. - Straße 11 in D. führen prima facie zu dem Schluss, dass der Gegenstand der Baugenehmigung in der Tat die streitgegenständliche Garage gewesen ist. Dem entgegenstehende Umstände hat die - insoweit darlegungspflichtige (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., Rn. 29 vor § 284; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 25. Aufl., § 286, Rn. 13) - Beklagte nicht vorgetragen. Soweit sie sich im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 24.7.2002 auf die Nutzung von zwei Garagen durch den Kläger beruft, ist sie davon im Schriftsatz vom 31.3.2003 abgerückt; das bloße Bestreiten der Errichtung einer weiteren Garage durch den Kläger im Schriftsatz der Beklagten vom 29.3.2004 reicht hier nicht aus.

bb. Aus der Baugenehmigung vom 24.8.1976 ist zu folgern, dass dem Kläger bereits zuvor ein entsprechendes Nutzungsrecht am Grundstück eingeräumt worden ist. Die Beantragung einer Baugenehmigung durch einen Bauwilligen und erst recht die Erteilung der Genehmigung durch die zuständige Behörde ist nämlich nur dann sinnvoll und nachvollziehbar, wenn der Bauwillige zur Bebauung des Grundstücks, auf dem er das Bauwerk zu errichten gedenkt, auch befugt ist; ist - wie hier der Kläger - der Bauwillige nicht der Eigentümer des Grundstücks, so kann eine solche Befugnis nur auf einer entsprechenden Erlaubnis durch den hierzu Berechtigten beruhen. Umstände, die für den vorliegenden Fall auf etwas anderes hindeuten könnten, lassen sich dem Vorbringen der Parteien nicht entnehmen.

c. Die bei der Einräumung des Nutzungsrechts möglicherweise entgegen § 312 Abs. 1 Satz 2 ZGB/DDR nicht eingehaltene Schriftform steht der Berechtigung des Klägers nicht entgegen. Denn gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 1 SchuldRAnpG ist ein Vertrag über die Nutzung eines Grundstücks durch Errichtung von Garagen im Beitrittsgebiet nicht deshalb unwirksam, weil die nach § 312 Abs. 1 Satz 2 ZGB/DDR vorgesehene Schriftform nicht eingehalten worden ist; damit ist jedenfalls mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, also gemäß Art. 6 SchuldRÄndG zum 1.1.1995, Gebäudeeigentum i. S. d. § 296 ZGB/DDR auch im Falle eines nur mündlichen Vertragsschlusses entstanden (vgl. Kiethe/Matthiesen, SchuldRAnpG, § 19, Rn. 16).

Sollte die Vereinbarung, was demzufolge dahinstehen kann, bereits bis 31.12.1975 geschlossen worden sein, so ist sie ohnehin auch ohne Einhaltung der Schriftform wirksam gewesen. Denn bis dahin haben auch im Beitrittsgebiet die Vorschriften des BGB gegolten, das mündliche Nutzungsverträge ohne weiteres zulässt (vgl. Schnabel, SchuldRÄndG, § 19, Rn. 6); gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB/DDR wäre die Wirksamkeit eines solchen Vertragsschluss vom Inkrafttreten des ZGB/DDR ab 1.1.1976 unberührt geblieben.

d. Einer staatlichen Genehmigung der Einräumung der Nutzung des Grundstücks hat es nicht bedurft. Eine solche ist nach § 312 Abs. 1 Satz 2 ZGB/DDR lediglich insoweit erforderlich gewesen, als das in Rechtsvorschriften vorgesehen gewesen ist. Solche Rechtsvorschriften sind §§ 296 Abs. 2 ZGB/DDR, 2 Abs. 1 Buchst. m) GVVO/DDR gewesen, die die Veräußerung einer Baulichkeit und die Übertragung der entsprechenden Bodenfläche zur Nutzung zum Gegenstand gehabt haben (vgl. Ministerium der Justiz, a.a.O., § 313, Anm. 1.5). Ein solcher Fall hat hier jedoch nicht vorgelegen; denn der Kläger hat unstreitig die streitgegenständliche Garage nicht nach deren Errichtung erworben, sondern selbst errichtet.

2. Die Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers beruht auf einem pflichtwidrigen Unterlassen der Beklagten, die eine sie treffende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

a. Die Beklagte ist für das Grundstück, auf dem sich die Pappel befunden hat, als - jedenfalls seinerzeit - verkehrssicherungspflichtig anzusehen, und zwar ohne dass es auf die Eigentumsverhältnisse an jenem Grundstück ankommt. Die Verkehrssicherungspflicht trifft nämlich regelmäßig denjenigen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über ein Grundstück innehat (BGH 2003, 1732, 1733; Palandt/Thomas, BGB, 62. Aufl, § 823, Rn. 59; MünchKomm./ Mertens, BGB, 3. Aufl., § 823, Rn. 211). Dies ist hier die Beklagte gewesen, und zwar in ihrer Eigenschaft als Verwalterin des Grundstücks. Insoweit ist nämlich dem Vortrag des Klägers zu folgen, ohne dass die Beklagte damit gehört werden kann, sie habe das Grundstück bereits 1992 an die Eigentümer herausgegeben, wobei es auf den Inhalt des in erster Instanz nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 9.9.2003 nicht ankommt.

Der diesbezügliche Sachvortrag der Beklagten ist widersprüchlich. Zum einen hat die Beklagte erstinstanzlich im Schriftsatz vom 24.7.2002 ausdrücklich ausgeführt und damit zugestanden, dass sie das Grundstück verwalte. Zum anderen steht der Vortrag der Beklagten nicht im Einklang mit dem von ihr hierzu vorgelegten Übergabeprotokoll vom 12.6.1992. Während die Beklagte - so ausdrücklich in den Schriftsätzen vom 29.3.2004 und 13.4.2004 - behauptet, sie habe den Grundbesitz mit Ausnahme des aufstehenden Wohnhauses zurückgegeben, ist auf Seite 3 des Übergabeprotokolls ausgeführt, dass zwei Wohnhäuser, ein Stallgebäude und eine Gerätehalle übergeben worden seien. Auf diese Diskrepanzen ist die Beklagte in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden; eine Auflösung der Widersprüchlichkeiten ist nicht erfolgt.

Ungeachtet dessen ist der Beklagten im Verhältnis zum Kläger die Berufung auf eine Rückgabe des Grundstücks, sollte sie tatsächlich stattgefunden haben, nach § 242 BGB, der als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes auch im Prozessrecht zu beachten ist (BVerfG NJW 2002, 2456; BGH NJW 1997, 3377, 3379; 1994, 1351, 1352; Zöller/Vollkommer, a.a.O., Einleitung, Rn. 56), verwehrt. Denn die Beklagte setzt sich damit in Widerspruch mit ihrem eigenen früheren Verhalten. Sie hat sich nämlich, wie das Landgericht insoweit zutreffend herausgearbeitet hat, in der Vergangenheit dem Kläger gegenüber als Sachwalter über das Grundstück geriert, indem sie, als der Kläger im Sommer 2001 wegen der Pappel an sie herangetreten ist, ihn nicht etwa an die Grundstückseigentümer verwiesen, sondern selbst unter Mitwirkung des Bürgermeisters sowie eines Mitarbeiters des Ordnungsamts, des Zeugen S., eine Besichtigung des Baumes auf dem Grundstück durchgeführt hat. Mit diesem Verhalten hat die Beklagte dem Kläger gegenüber gemäß §§ 133, 157 BGB zum Ausdruck gebracht, dass sie die Verfügungsgewalt über das Grundstück innehat. Denn die Initiierung und Durchführung der Besichtigung des Baumes durch die Beklagte ist aus Sicht des Klägers in der damaligen Situation nur dann nachvollziehbar und sinnvoll gewesen, wenn die Beklagte auch die Möglichkeit gehabt hat, einer von der Pappel ausgehenden Gefahrenlage zu begegnen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund des eigenen Vortrags der Beklagten, dass der Zeuge S. nicht im Rahmen einer offiziellen Baumschau der Gemeinde und nicht in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter des Ordnungsamtes tätig geworden ist. Dies deutet erkennbar darauf hin, dass die Besichtigung des Baumes nicht etwa in Erfüllung ordnungsbehördliche Aufgaben erfolgt ist, was im Übrigen durch den die Beklagte vertretenden Amtsdirektor bei seiner Anhörung durch das Landgericht in der mündlichen Verhandlung am 17.2.2003 bestätigt worden ist; dort hat dieser nämlich ausgeführt, dass im Falle einer Gefahr in Verzug - lediglich - ein entsprechender Hinweis weitergeleitet worden wäre.

Demgemäß durfte der Kläger die Beklagte für die Verwalterin des Grundstücks halten, nachdem er bei alledem nicht auf die Eigentümer des Grundstücks als die für den Baum verantwortlichen Personen verwiesen worden ist; letzteres hat der Kläger - ebenfalls in der mündlichen Verhandlung am 17.2.2003 - ausdrücklich vorgetragen, ohne dass die Beklagte dem im Termin oder sodann schriftsätzlich widersprochen habe.

b. Der Beklagten fällt eine Verletzung der sie treffenden Verkehrssicherungspflichten zur Last, da sie über die Sichtprüfung am 7.8.2001 hinaus weitere Untersuchungs- oder Sicherungsmaßnahmen nicht getroffen hat.

Die Verkehrssicherungspflicht für ein Grundstück umfasst die Verpflichtung, im Rahmen des Möglichen dafür zu sorgen, dass von den dort stehenden Bäumen keine Gefahr ausgeht, der Baumbestand vielmehr so angelegt ist, dass er im Rahmen des nach forstwirtschaftlichen Erkenntnissen Möglichen gegen Windbruch und Windwurf, insbesondere aber auch gegen ein Umstürzen von Bäumen auf Grund fehlender Standfestigkeit gesichert ist (BGH NJW 2003, 1732, 1733; Brandenburgisches OLG, OLG-NL 2002, 102; OLG Dresden, OLG-NL 2001, 126; OLG Hamm, VersR 1998, 188, 189; Palandt/Thomas, a.a.O., § 823, Rn. 75). Hierzu sind die Bäume in regelmäßigen Abständen einer Überprüfung zu unterziehen, die sich - zunächst - auf eine äußere Sichtprüfung beschränken kann (Brandenburgisches OLG, OLG-NL 2002, 102, 103; 1999, 131, 132; OLG Dresden a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; Palandt/Thomas, a.a.O.). Eingehendere Untersuchungsmaßnahmen sind dann vorzunehmen, wenn Umstände zutage treten, die der Erfahrung nach auf eine besondere Gefährdung durch den Baum hindeuten (Brandenburgisches OLG, a.a.O.; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; Palandt/Thomas, a.a.O.). Solche Anzeichen sind etwa das Vorhandensein unbelaubter Äste, äußere Verletzungen des Baumes, Wachstumsauffälligkeiten oder Pilzbefall (Brandenburgisches OLG, OLG-NL 2002, 102, 103; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Celle, OLGR 1999, 42; OLG Hamm, a.a.O). Dies gilt nicht nur für Straßenbäume, sondern - bei einem entsprechenden Gefährdungspotential - angesichts der gleichgelagerten Interessenlage auch für andere baumbestandene Grundstücke (Brandenburgisches OLG, OLG-NL 1999, 131, 132; OLG Schleswig, MDR 1995, 148; Palandt/Thomas, a.a.O.).

Nach diesen Grundsätzen hätte sich die Beklagte hier nicht auf eine bloße Sichtprüfung, wie sie der Zeuge S. vorgenommen hat, beschränken dürfen, sondern hätte - zumindest - weitere geeignete Maßnahmen zur Untersuchung und Bestimmung der Standfestigkeit der Pappel ergreifen müssen. Denn der Baum hat zum einen sich derart nahe an der Garage des Klägers befunden, dass hier eine unmittelbare und akute Gefährdungslage bestanden hat, wie sie sich schließlich im streitgegenständlichen Schadensereignis auch realisiert hat. Zum anderen haben äußerlich erkennbar Gefährdungsanzeichen vorgelegen, und zwar in Form eines sichtbaren Blattverlustes bereits im Hochsommer, eines größeren Lochs im Baumstamm dicht über dem Erdboden sowie eines von jenem ausgehenden, senkrechten und rund drei Meter langen Risses; darüber hinaus ist bei Wind ein lautes Knarren des Holzes vernehmbar gewesen. Dieser äußere Zustand ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte stellt lediglich in Abrede, dass - womit sie angesichts der vorstehend dargestellten gesicherten Erkenntnisse der Rechtsprechung allerdings nicht gehört werden kann - die vom Kläger vorgetragenen Umstände keine Anzeichen für ein bestehendes Umfallen des Baumes gewesen seien; dieses Verständnis ihres Sachvortrags erschließt sich insbesondere aus der Berufungsbegründung vom 15.12.2003 (S. 22) und ist vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 16.4.2004 bestätigt worden.

Mithin hätte die Beklagte es nicht bei der Besichtigung des Baumes am 7.8.2001 bewenden lassen dürfen, sondern hätte zumindest eine weitergehende Untersuchung des Baumes veranlassen müssen; das aber ist nicht geschehen.

c. Der Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht ist auch als ursächlich für das Schadensereignis anzusehen. Dann besteht ein erster Anschein zu Lasten der Beklagten, den jene nicht hat entkräften können.

Bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, die wie Schutzgesetze und Unfallverhütungsvorschriften durch Verhaltensanweisungen typischen Gefährdungen entgegenzuwirken bestimmt sind, spricht ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung, wenn sich in einem Schadensereignis gerade diejenige Gefahr verwirklicht, der durch die Auferlegung der Verhaltenspflichten begegnet werden soll (BGH NJW 1994, 945, 946; OLG Dresden, OLG-NL 2001, 126, 127; RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl, § 823, Rn. 520). Das ist hier der Fall. Denn die Sicherungspflichten desjenigen, der die Verfügungsgewalt über ein mit Bäumen bestandenes Grundstück innehat, sind darauf gerichtet, dass eine Schädigung anderer Personen durch - insbesondere - ein Umstürzen von Bäumen verhindert wird (vgl. BGH NJW 2003, 1732, 1733; Brandenburgisches OLG, OLG-NL 2002, 102; 1999, 131, 132; OLG Dresden, OLG-NL 2001, 126; OLG Schleswig, a.a.O.; Palandt/Thomas, a.a.O.); das gerade ist hier aber geschehen.

Den zu ihren Lasten gehenden Anschein hat die Beklagte nicht zu entkräften vermocht. Es mag zwar zutreffen, dass bei Windstärken ab 8 Bft die Standsicherheit auch gesunder Bäume nicht mehr gewährleistet ist (vgl. Brandenburgisches OLG, OLG-NL 1999, 131, 132). Es ist jedoch nicht hinreichend dargetan, dass hier solche Windverhältnisse geherrscht hat. Die Beklagte bezieht sich diesbezüglich auf das von ihr in erster Instanz vorgelegte Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom 25.9.2002, dem zu entnehmen ist, dass am 8.9.2001 eine Windstärke von 8 Bft als höchste Windspitze registriert worden sei. Diese Feststellung ist jedoch für den Ort des streitgegenständlichen Schadensereignisses nicht hinreichend aussagekräftig. Denn die Messung ist nach den Ausführungen im Gutachten nicht in D. erfolgt, sondern an der Windmessstation M.. Zudem bezieht sie sich zudem auf freies, offenes Gelände, und zwar unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass lokale Einflüsse, etwa Gebäude, Straßen oder Bewuchs, sowohl zu kleinräumigen Verstärkungen als auch zu Abschwächungen der Windgeschwindigkeit führen können; konkrete Feststellungen zu den Gegebenheiten in der H. - Straße in D. werden dabei nicht getroffen, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Wind dort umgebungsbedingt eine Stärke von 8 Bft nicht erreicht hat.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Sachvortrag der Beklagten im Übrigen. Weder in erster Instanz noch in der Berufung werden die konkreten örtlichen Verhältnisse in D. und deren Relevanz für die Windverhältnisse konkret dargestellt.

Mangels hinreichenden Vortrags zu den vor Ort herrschenden Windverhältnissen ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - hierzu auch eine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht angezeigt, wobei dahinstehen kann, ob der entsprechende Beweisantritt in der Berufungsbegründung der Präklusion gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO unterliegt. Denn eine Beweisaufnahme kommt nur zur Überprüfung des Sachvortrags der Parteien in Betracht, nicht aber zur Ermittlung nicht vorgetragener Tatsachen.

3. Die Beklagte trifft auch das erforderliche Verschulden. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass hier - mindestens - ein nach § 276 Abs. 1 BGB a. F. fahrlässiges Verhalten vorliegt. Denn der äußere Zustand der Pappel ist der Beklagten nach der entsprechenden Anzeige des Klägers, spätestens aber nach der Inaugenscheinnahme des Baumes am 7.8.2001, bekannt gewesen; die Beklagte trägt hierzu selbst vor, es sei festgestellt worden, dass der Baum nicht ganz gesund gewesen sei. Demgemäß hätte die Erforderlichkeit weiterer Untersuchungsmaßnahmen ohne weiteres erkannt werden können und müssen. Dem steht die durch den Zeugen S. geäußerte Einschätzung, der Baum sei nicht umsturzgefährdet, nicht entgegen. Denn der Zeuge S. hat - unstreitig - lediglich eine Sichtprüfung durchgeführt, bei der es angesichts des zu Tage getretenen Zustands des Baums gerade nicht verbleiben durfte, sodass seine Beurteilung erkennbar auf einer unzureichenden Grundlage basiert hat.

4. Dem Kläger ist ein nach § 249 Satz 2 BGB a. F. erstattungsfähiger Schaden in Höhe von 5.576,25 € entstanden.

a. Der Kläger hat den Umfang des Schadens durch die Vorlage der Rechnungen der Firma F & F. GbR vom 7.3.2002 über 8.589,53 DM, entsprechend 4.391,76 €, und vom 21.6.2003 über 1.184,49 €, aus denen sich der Gesamtbetrag in Höhe von 5.576,25 € ergibt, schlüssig dargetan. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat es hier einer weitergehenden schriftsätzlichen Erläuterung nicht bedurft. Denn die aus jeweils nur einem Blatt bestehenden Rechnungen sind ohne weiteres aus sich heraus verständlich; sie enthalten zu den an der Garage durchgeführten Reparaturarbeiten durchweg verständliche und nachvollziehbare Leistungsbeschreibungen sowie Angaben der zugrunde liegenden Mengen und Einheitspreise, aus denen die jeweiligen Gesamtpreise hergeleitet werden. In diesem, insoweit einfach gelagerten Fall liefe gesonderter schriftsätzlicher Sachvortrag, der - wie auch die Ausführungen in der Berufungserwiderung des Klägers zeigen - kaum über eine bloße inhaltliche Wiedergabe der Rechnungen hinausgehen könnte, auf eine bloße Förmelei hinaus, die weder der Einlassungsfähigkeit noch der Überprüfbarkeit des Vorbringens zugute käme.

b. Der Vortrag des Klägers ist von der Beklagten nicht wirksam bestritten worden.

In der ersten Instanz ist ein Bestreiten überhaupt nicht erfolgt. Die Beklagte setzt sich zwar in den Schriftsätzen vom 30.7.2002 und 8.4.2003 mit dem Vorbringen des Klägers zum Schaden auseinander. Dort wird jedoch allein darauf abgehoben, dass nicht hinreichend substantiiert und einlassungsfähig vorgetragen sei, was - wie ausgeführt - nicht zutrifft. Dass der von der Beklagten für nicht hinreichend substantiiert gehaltene Vortrag des Klägers bestritten werde, ist weder in den genannten Schriftsätzen noch an anderer Stelle ausgeführt.

Dies führt dazu, dass die Beklagte - ungeachtet einer Verspätung des Schriftsatzes vom 29.3.2004, die angesichts der Nennung jenes Schriftsatzes im Schriftsatz vom 13.4.2004 nicht anzunehmen sein dürfte - in der Berufung mit einem Bestreiten zum Schaden nicht mehr gehört werden kann. Denn das Vorbringen unterliegt nun der Präklusion nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO. Eine Berücksichtigung gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht möglich, nachdem das Landgericht die Frage eines wirksamen Bestreitens geprüft und zu Recht - wenn auch in der Begründung unzutreffend unter Annahme eines pauschalen Bestreitens - verneint hat. Eine Vernachlässigung von Hinweispflichten nach § 139 Abs. 2 ZPO, die zu einer Zulassung neuen Vorbringens nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO führen könnte, kann ebenfalls nicht angenommen werden; denn das Landgericht ist nicht gehalten gewesen, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass es ihrer Rechtsansicht, der Vortrag des Klägers sei nicht hinreichend substantiiert, nicht zu folgen gedenke (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 139, Rn. 7). Da im Übrigen der Vortrag des Klägers bereits in erster Instanz sehr wohl hinreichend substantiiert und einlassungsfähig gewesen ist, liegt auch ein Fall des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht vor.

c. Soweit die Beklagte einen Verkehrswert der beschädigten Garage in Höhe von 11.600,34 DM in Abrede gestellt hat, steht dies - ebenfalls - nicht entgegen. Denn nach § 249 Satz 2 BGB a. F. hat die Beklagte den zur Herstellung der Garage erforderlichen Geldbetrag zu erstatten. Die Möglichkeit der Beschaffung einer wirtschaftlich gleichwertigen Ersatzsache kann für ein gemauertes Gebäude, wie es hier gegeben ist, nicht ohne weiteres angenommen werden; nachdem die Beklagte hierzu weiter nicht vorgetragen hat, kann der Kläger mithin nicht auf den Verkehrs- oder Wiederbeschaffungswert einer gleichartigen Ersatzsache verwiesen werden kann.

d. Zuletzt muss sich der Kläger auch keinen Abzug "neu für alt" gefallen lassen. Denn der diesbezügliche Einwand der Beklagten ist ebenfalls erstmals in der Berufung erfolgt und daher -ebenfalls - nach §§ 529 Abs. 1, 531 ZPO präkludiert. Der erstinstanzliche Vortrag der Beklagten lässt diesen Einwand nicht erkennen. Dies gilt insbesondere, soweit - wie ausgeführt - ein Verkehrswert der Garage in Höhe von 11.600,34 DM bestritten worden ist. Denn dieser Vortrag zielt erkennbar nicht auf den Wert oder die verlängerte Lebensdauer der Garage nach der Durchführung der Reparaturen ab, sondern auf die Berechtigung der hierzu getätigten Aufwendungen, die der Kläger zunächst anhand von Kostenvoranschlägen in Höhe von insgesamt 11.600,34 DM beziffert hat.

Darüber hinaus ist nicht dargetan, in welchem Umfang eine relevante Wertverbesserung stattgefunden haben mag; dazu verhält sich die Berufungsbegründung im Einzelnen nicht. Dies geht - gleichfalls - zu Lasten der Beklagten, da sie für die der Bemessung eines Abzugs "neu für alt" zugrunde liegenden Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig ist. Denn der Abzug "neu für alt" stellt einen Fall der Vorteilsausgleichung dar (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 119 ff., 146 vor § 249; MünchKomm./Oetker, BGB, 4. Aufl., § 249, Rn. 332), sodass die insoweit beachtlichen tatsächlichen Umstände regelmäßig der Schädiger als derjenige, der sich zu seinen Gunsten darauf beruft, darzulegen und zu beweisen hat (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 123 vor § 249; MünchKomm./Oetker, a.a.O., § 249, Rn. 266).

5. Ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB trifft den Kläger nicht, nachdem er die Beklagte rechtzeitig auf den Zustand der Pappel aufmerksam gemacht hat. Ein Abholzen des Baumes ist dem Kläger nicht anzusinnen, da er nicht Eigentümer des Grundstücks gewesen ist.

6. Die Zinsansprüche des Klägers bestehen gemäß §§ 288, 286, 284 BGB a. F..

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Zu den außergerichtlichen Kosten der Streitverkündeten bedarf es keiner Entscheidung, da sie dem Rechtsstreit nicht beigetreten sind. Die Streitverkündeten haben in der mündlichen Verhandlung am 17.2.2003 ausdrücklich klargestellt, dass ein Beitritt nicht erklärt sei; auch später ist ein solcher nicht erfolgt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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