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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 23.05.2001
Aktenzeichen: 7 U 211/00
Rechtsgebiete: GmbHG, ZPO


Vorschriften:

GmbHG § 2 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

Anlage zum Protokoll vom 23.05.2001

Verkündet am 23.05.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bietz, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Wittmann und den Richter am Amtsgericht Endemann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 12.9.2000 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.500,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Der Kläger kann die Sicherheitsleistung auch durch die Bürgschaft einer Großbank, einer öffentlichen Sparkasse oder einer Genossenschaftsbank erbringen. Der Beklagte kann die Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbringen.

Die Beschwer des Klägers beträgt 63.729,60 DM.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen den Beklagten Feststellungsanträge geltend, bei denen es zum einen um das Nichtausscheiden des Beklagten aus der Steuerberatungsgesellschaft K mbH i.G., zum anderen um das Fortbestehen dieser Gesellschaft geht.

Die Steuerberatungsgesellschaft K mbH sollte laut Gesellschaftsvertrag vom 5.5.1992 (Bl. 110-121 d.A.) von den Parteien als den beiden Gesellschaftern gegründet werden. Zur Eintragung der GmbH kam es nicht. Mit Beschluss vom 12.8.1993 des Kreisgerichts Frankfurt (Oder) wurde die Anmeldung auf Eintragung der Gesellschaft zurückgewiesen. Der Kläger kaufte die Steuerberatungspraxis in W, die ursprünglich in der Form einer GmbH betrieben werden sollte, durch privatschriftlichen Vertrag vom 14.10.1992 (Bl. 126/127 d.A.) vom Beklagten, der eine Steuerberatungspraxis in L hat. Auf die Klage des jetzigen Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 27.10.1999 den - nach erklärter Aufrechnung des jetzigen Klägers übriggebliebenen - Restkaufpreisanspruch aus dem Vertrag vom 14.10.1992 zuerkannt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass der Vertrag vom 14.10.1992 wegen Formmangels nichtig sei. Die GmbH habe nach Ausscheiden des Beklagten vom Kläger fortgeführt werden sollen. Infolge der Nichtigkeit des Vertrags vom 14.10.1992 sei es aber nicht zu einem wirksamen Ausscheiden des Beklagten gekommen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass

1. die Steuerberatungsgesellschaft K mbH LG. mit Gesellschaftsvertrag vom 5.5.1992 - UR-Nr. - der Notarin L, W, ordnungsgemäß rechtswirksam errichtet worden ist;

2. der privatschriftliche Veräußerungsvertrag zwischen den Parteien vom 14.10.1992 wegen fehlender notarieller Beurkundung formnichtig und demzufolge der Beklagte nicht aufgrund Nr. 5 des Vertrages vom 14.10.1992 aus der Steuerberatungsgesellschaft K mbH i.G. ausgeschieden ist;

3. die Steuerberatungsgesellschaft K mbH i.G. durch den Vertrag vom 14.10.1992 nicht wirksam aufgelöst worden ist, sondern fortbestand.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die Feststellungsanträge des Klägers mangels Feststellungsinteresses unzulässig seien. Außerdem hat er vorgetragen, die Parteien hätten mit Abschluss des Vertrages vom 14.10.1992 ihre Absicht aufgegeben, die Steuerberatungsgesellschaft K mbH zu gründen.

Durch am 12.9.2000 verkündetes Urteil hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Sie hat den ersten Feststellungsantrag als unzulässig angesehen, da es zwischen den Parteien unstreitig sei, dass die GmbH i.G. wirksam entstanden ist.

Den zweiten und dritten Feststellungsantrag hat das Landgericht für unbegründet erachtet. Hierbei hat es den Vertrag vom 14.10.1992 auch in seinem gesellschaftsrechtlichen Teil als wirksam angesehen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und nach entsprechender Fristverlängerung begründeten Berufung verfolgt der Kläger den zweiten und dritten Feststellungsantrag weiter.

Der Kläger trägt vor, er habe die Gründung der GmbH weiterverfolgt. Die Parteien seien am 14.10.1992 davon ausgegangen, dass es dem Kläger überlassen bleibe, die GmbH fortzuführen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) festzustellen, dass

a) der privatschriftliche Veräußerungsvertrag zwischen den Parteien vom 14.10.1992 wegen fehlender notarieller Beurkundung formnichtig und der Beklagte demzufolge nicht gemäß Nr. 5 dieses Vertrages vom 14.10.1992 aus der Steuerberatungsgesellschaft K mbH i.G. ausgeschieden ist;

b) die Steuerberatungsgesellschaft K mbH i.G. durch den Vertrag vom 14.10.1992 nicht wirksam aufgelöst worden ist, sondern über den 14.10.1992 hinaus fortbestand,

hilfsweise ihm zu gestatten, eine zu leistende Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und ihm nachzulassen, eine Sicherheitsleistung auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.

Er ist hinsichtlich der Feststellungsanträge in zweiter Instanz weiterhin der Ansicht, dass diese mangels Feststellungsinteresses unzulässig seien. Jedenfalls aber hätten die Parteien spätestens mit dem Abschluss des Vertrages vom 14.10.1992 die Absicht aufgegeben, die ursprünglich beabsichtigte GmbH zu gründen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Der mit der Berufung weiterverfolgte zweite und dritte Feststellungsantrag ist nicht begründet, da die Parteien die Auflösung der Steuerberatungsgesellschaft K mbH i.G. am 14.10.1992 wirksam vereinbart haben. Der Vertrag vom 14.10.1992 ist als privatschriftlicher Vertrag wirksam. Dies gilt nicht nur - wie der Senat mit Urteil vom 27.10.1999 ausgeführt hat - für die kaufvertraglichen Regelungen unter Nr. 1 - 3, sondern auch für die übrigen Vertragsbestimmungen.

Das Formerfordernis des § 2 Abs. 1 GmbHG findet zwar auch auf die Vorgesellschaft Anwendung. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Gesellschafter die Absicht, die GmbH zu gründen, aufgegeben haben. Denn auf die fehlgeschlagene Vorgesellschaft findet das Recht der GmbH - und damit die Formvorschrift des § 2 Abs. 1 GmbHG - keine Anwendung (vgl. Baumbach/Hueck/Fastrich GmbH, 17. Aufl., § 11 RNr. 29). Die mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages vom 5.5.1992 entstandene Vorgesellschaft ist fehlgeschlagen, da die Parteien die Absicht, die Steuerberatungsgesellschaft K GmbH mit zwei Gesellschaftern zu gründen, aufgegeben haben.

Nach Nr. 1 bis 3 des Vertrags vom 14.10.1992 kaufte der Kläger die Steuerberatungspraxis in W vom Beklagten. Bereits diese Regelung lässt erkennen, dass die Parteien die nach dem Vertrag vom 5.5.1992 ins Auge gefasste GmbH mit zwei Gesellschaftern nicht mehr gründen wollten. Denn der Sitz der GmbH sollte in W sein, die Steuerberatungspraxis in W also in der Rechtsform einer GmbH mit zwei Steuerberatern als Gesellschaftern betrieben werden.

Der Verzicht der Parteien auf die Gründung einer GmbH mit zwei Gesellschaftern folgt auch daraus, dass sie in Nr. 4 sogar erklärten, die Gründungsgesellschaft habe bis zum 14.10.1992 nur in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts bestanden. Hierbei gingen die Parteien zwar von einer irrigen Rechtsauffassung aus, denn das Recht der BGB-Gesellschaft findet erst mit dem Zeitpunkt des Wegfalls der Gründungsabsicht Anwendung (Baumbach-Hueck/Fastrich, a.a.O., § 11 RNr. 29). Hiervon bleibt aber die Zielrichtung der Erklärung, die GmbH mit zwei Gesellschaftern nicht mehr gründen zu wollen, unberührt.

Soweit in Nr. 5 des Vertrages vom 14.10.1992 vom Ausscheiden des Beklagten aus der GmbH i.G. die Rede ist und dem Kläger überlassen wird, die GmbH fortzuführen, lässt auch dies erkennen, dass die Absicht, die GmbH in der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Weise mit zwei Gesellschaftern zu gründen, aufgegeben wurde. Denn der Beklagte sollte mit der etwaigen GmbH des Klägers gerade nichts mehr zu tun haben. In der Firma der GmbH des Klägers sollte jeder Hinweis auf den Namen des Beklagten unterbleiben. Nach Nr. 6 des Vertrages sollte auf den Geschäftsbriefen und Praxisschildern der Name K Steuerberatungsgesellschaft mbH keine Verwendung mehr finden. Die etwaige GmbH des Klägers haben die Parteien daher gegenüber der K Steuerberatungsgesellschaft mbH als eine andere GmbH angesehen, die Gründung der K Steuerberatungsgesellschaft mbH somit aufgegeben. Entgegen der von der Berufung vertretenen Ansicht ist für das Aufgeben der Gründungsabsicht nicht erforderlich, dass keine der Parteien mehr an die Gründung irgendeiner GmbH dachte, es genügt vielmehr, dass die Parteien die Absicht der Gründung dieser GmbH aufgegeben haben. Soweit der Kläger zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht auf die beiden Schreiben des Beklagten vom 20.10.1992 an das Kreisgericht Frankfurt (Oder) bzw. die Steuerberaterkammer Brandenburg verweist, in denen von der "zur Zeit in Gründung befindlichen GmbH" bzw. von "Anerkenungsverfahren der Steuerberatungs GmbH" die Rede ist (Bl. 75/76 d.A.), enthalten diese eine unbeachtliche Rechtsansicht des Beklagten.

Da die Absicht, die K Steuerberatungsgesellschaft mbH zu gründen, im Zeitpunkt der Erklärungen am 14.10.1992 bereits vorhanden war, findet die Formvorschrift des § 2 Abs. 1 GmbHG auf den Vertrag vom 14.10.1992 keine Anwendung. Mit Aufgeben der Gründungsabsicht trat an die Stelle der durch den Vertrag vom 5.5.1992 begründeten Vorgesellschaft eine BGB-Gesellschaft, die mit der Unterzeichnung des Vertrages vom 14.12.1992 durch das Ausscheiden des Beklagten aufgelöst wurde.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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