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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.06.2001
Aktenzeichen: 7 U 246/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, BörsG, HGB, WpHG, VerbrKrG


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 97 Abs. 1
BGB § 607 Abs. 1
BGB § 387
BGB § 388
BGB § 389
BGB § 273
BGB § 320
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
BGB § 286
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 284 Abs. 1 Satz 2
BörsG § 53
BörsG § 53 Abs. 1 Nr. 1
BörsG § 53 Abs. 2
BörsG § 53 Abs. 1
HGB § 6 Abs. 1
WpHG § 31 Abs. 2 Nr. 2
VerbrKrG § 11
VerbrKrG § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 246/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 27.06.2001

Verkündet am 27.06.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16.05.2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Bietz, den Richter am Oberlandesgericht Kein und den Richter am Amtsgericht Endemann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam vom 15.11.2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer für die Beklagte beträgt 30.000,00 DM.

Tatbestand:

Mit der Klage macht die Klägerin gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 30.000,00 DM nebst Zinsen als Teilbetrag zum Ausgleich eines gekündigten Kontokorrentkontos geltend. Das Kontokorrentkonto war im Zusammenhang mit - für die Beklagte negativ verlaufenden - Börsentermingeschäften, die die Klägerin für die Beklagte vorgenommen hatte, ins Minus geraten. Die Beklagte verteidigt sich in erster Linie im Wege der Primäraufrechnung mit einer Schadensersatzforderung gegen die Klägerin, die sie auf eine Verletzung von Beratungs- und Risikobelehrungspflichten durch die Klägerin im Zusammenhang mit den verlustreichen Börsengeschäften stützt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 30.000,00 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 12.09.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht Potsdam hat der Klage mit Urteil vom 15.11.2000 in vollem Umfange stattgegeben. Eine Verletzung der Beratungs- und Risikobelehrungspflichten durch die Beklagte hat es verneint.

Gegen das ihr 28.11.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.12.2000 Berufung eingelegt, die sie innerhalb der verlängerten Frist auch begründet hat.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 15.11.2000 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird unter Bezugnahme auf § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen einredefreien Anspruch auf Zahlung von 30.000,00 DM aus § 607 Abs. 1 BGB.

1. Die Beklagte und die Klägerin haben einen Kontokorrentvertrag mit der Nummer unter dem 15./22.09.1994 vereinbart. Das Kreditverhältnis ist mit Schreiben der Beklagten vom 06.07.1998 gekündigt worden. Die Beklagte hat ein negatives Saldo von 108.271,67 DM ermittelt, das sie durch die Verwertung verpfändeter Wertpapierdepots auf zuletzt 53.249,46 DM verringert hat. Dieser Sachverhalt ist zwar von der Beklagten in der ersten Instanz zunächst - zumindest teilweise - bestritten worden. Durch die in der mündlichen Verhandlung am 24.05.2000 ausdrücklich als Hauptaufrechnung erklärten Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung hat die Beklagte das substantiierte Vorbringen der Klägerin zum aktuellen Kontokorrentstand jedoch zugestanden. Einer entsprechenden Bewertung des Sachverhalts durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung am 16.05.2001 hat sie auch nicht widersprochen. Soweit die Beklagte im Übrigen lediglich einen Teilbetrag des Saldos einfordert, ist dies nicht zu beanstanden.

2. Die Klageforderung ist nicht durch die von der Beklagten erklärte Primäraufrechnung nach §§ 387, 388, 389 BGB erloschen. Dabei stützt die Beklagte die Aufrechnung auf - die Klageforderung übersteigende - Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin aus Nicht- bzw. Fehlberatung im Rahmen der vorgenommenen verlustreichen Akteinindextermingeschäfte.

Der Aufrechnung steht jedoch bereits ein zwischen den Parteien vereinbartes Aufrechnungsverbot entgegen, das in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zum Kontokorrentvertrag enthalten ist. Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Klägerin legen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest, daß der Kunde gegen Forderungen der Bank nur dann aufrechnen kann, wenn seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Gegen die grundsätzliche Wirksamkeit einer solchen durch AGB vereinbarten Regelung bestehen keine Bedenken (BGH NJW 1986, 1757; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., AGB-Banken Nr. 4 Rn. 1). Für den vorliegenden Sachverhalt ist von einem wirksamen Aufrechnungsverbot auszugehen, da die AGB der Klägerin ausweislich Nr. 6 der Bedingungen für Geschäftskunden (Bl. 16 d.A.) wirksam vereinbart sind. Die Schadensersatzforderung der Beklagten gegen die Klägerin ist von dieser bestritten. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung des Aufrechnungsverbots, etwa unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, bestehen nicht.

3. Der Beklagten steht auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen der behaupteten Schadensersatzansprüche zu.

Ein Zurückbehaltungsrecht könnte sich allenfalls aus § 273 BGB ergeben. Für ein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht besteht bei einem geltend gemachten Zahlungsanspruch kein Raum; § 320 BGB betrifft nur Gegenleistungsverhältnisse, die hier nicht vorliegen.

Das Zurückbehaltungsrecht wird von dem genannten Aufrechnungsverbot nicht erfaßt (Baumbach/Hopt, a.a.O.). Den Schriftsätzen und dem mündlichen Vorbringen der Beklagten im Termin am 16.05.2001 ist jedoch zu entnehmen, daß sie sich zudem auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft. Davon geht erkennbar auch die Klägerin aus, indem sie die Fragen des Zurückbehaltungsrechts problematisiert.

Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten ist indes zu verneinen, da es an der Gegenseitigkeit, d.h. dem Gegenüberstehen von Forderungen fehlt. Eine Forderung der Klägerin gegen die Beklagte auf Kontenausgleich besteht zwar - wie bereits aufgezeigt - unstreitig. Nicht dagegen besteht eine Forderung der Beklagten gegen die Klägerin in Form von Schadensersatzansprüchen wegen unzureichender Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit dem Börsenengagement der Beklagten.

a) Schadensersatzansprüche ergeben sich insbesondere nicht aus dem Rechtsinstitut der culpa in contrahendo bei Abschluß des Vertrages.

Ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen den Parteien besteht in Form der zwischen ihnen zustandegekommen Vereinbarung über die Börsentermingeschäfte. In diesem Zusammenhang ist die Klägerin ihren Aufklärungs-, Hinweis- und Beratungspflichten in genügendem Umfang nachgekommen. Bei Börsenterminsgeschäften, wie sie die Klägerin unstreitig für die Beklagte vorgenommen hat, ist hinsichtlich der Einhaltung der Aufklärungs-, Hinweis- und Beratungspflichten eine zweistufige Prüfung vorzunehmen. Auf der ersten Stufe bedarf es der Prüfung, ob die Börsenterminsgeschäftsfähigkeit privater Anleger nach § 53 BörsG gegeben ist. Ist dies der Fall, so ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob ein über § 53 BörsG hinausgehender, durch die individuellen Verhältnisse des Anlegers oder Eigenarten der jeweiligen Geschäfte bedingter Informationsbedarf des Anlegers besteht (BGH NJW 2000, 359, 361; 1998, 2675; 1997, 2171, 2172; 1996, 2511, 2512).

Hinsichtlich der Börsentermingeschäftsfähigkeit der Beklagten bestehen keine Bedenken. Diese ergibt sich nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 BörsG, da die Beklagte kraft Rechtsform nach § 6 Abs. 1 HGB Kaufmann ist. Weitergehende Voraussetzungen sind für die Bejahung der Börsenterminsgeschäftsfähigkeit - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht erforderlich (so auch Allmendinger/Tilp, Börsentermin- und Differenzgeschäfte, Rn. 538; Schwark, Börsengesetz, 2. Aufl., § 53 Rn. 3). Soweit die Klägerin gemäß § 53 Abs. 2 BörsG auch noch schriftliche Informationen übersandt hat, war dies zur Erfüllung der Voraussetzung der ersten Stufe nicht mehr erforderlich, hat aber für die Prüfung auf der zweiten Stufe Bedeutung.

Auf der zweiten Stufe der Prüfung ist der Klägerin kein vertragswidriges Verhalten vorzuwerfen. Ein über die durch die Klägerin geleisteten Informationen hinausgehender, durch die individuellen Verhältnisse der Beklagten oder Eigenarten der jeweiligen Geschäfte bedingter Informationsbedarf hat für die Beklagte nicht bestanden. Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung sind für den Bereich des Effektenhandels von Kreditinstituten Maßstäbe nicht im einzelnen festgelegt worden. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur zweistufigen gesteigerten Informationspflicht betrifft ausschließlich Kunden gewerblicher Vermittler von Termindirekt- und Optionsgeschäften. Auf den Effektenhandel von Kreditinstituten ist diese Rechtsprechung nicht übertragbar (NJW 1998, 2675). Sie ist nämlich erkennbar auf Geschäfte zugeschnitten, bei denen durch hohe Aufschläge auf die Börsenpreise jede Gewinnchance des durch Telefonverkäufer angeworbenen typischerweise unerfahrenen Kunden von vornherein praktisch ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzungen sind beim bankmäßigen Wertpapierhandel nicht gegeben. In seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof folglich auch Vereinfachungen, wie die mündliche Unterrichtung des Anlegers durch das Kreditinstitut, ausdrücklich zugelassen und damit die besonders strengen Aufklärungs-, Hinweis- und Beratungspflichten für gewerbliche Vermittler abgeschwächt. Gleichwohl ist auch der Effektenhandel von Kreditinstituten nicht frei von Aufklärungs-, Hinweis- und Beratungspflichten gegenüber dem Anleger. Der hier anzulegende Maßstab ist sinnvollerweise durch den ab dem 01.01.1995 geltenden § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG beschrieben. Danach sind dem Anleger zweckdienliche Informationen zu geben, soweit sie zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich sind.

Im konkreten Fall hat danach keine weitergehende Aufklärungs- und Beratungspflicht der Beklagten durch die Klägerin bestanden. Der Umfang der erforderlichen Aufklärung und Beratung durch das Kreditinstitut ergibt sich aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (BGH WM 1997, 662; Allmendinger/Tilp, a.a.O., Rn. 719). Es ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalles, wie die Sachkunde des Anlegers und die Art des vorzunehmenden Geschäfts, abzustellen. Die Beklagte ist Kaufmann und hat eine Firmenbezeichnung, die auf Erfahrungen im Börsengeschäft hindeutet. Tatsächlich bestanden auch solche Erfahrungen, wenn auch nur in eingeschränktem Umfang. Die Beklagte hat Anlageerfahrungen mit Renten, Aktien und Optionsscheinen bereits seit 1987 gesammelt, wie in der erteilten Selbstauskunft vom 10.11.1993 zum Ausdruck kommt. Mit Optionen und Terminkontrakten erlangte sie erstmals im Jahr 1993 bei Börsengeschäften, die die Klägerin für sie getätigt hat, Erfahrungen. Ihrer Aufklärungs- und Beratungspflicht ist die Klägerin dadurch nachgekommen, daß sie der Beklagten die Informationsschriften "Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" und der "Rahmenvereinbarung für Börsentermingeschäfte an der Deutschen Terminbörse (DTB)" übersandt hat.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, daß die für die Beklagte vorgenommenen Aktienindextermingeschäfte (Index-Futures) als unbedingte Börsentermingeschäfte einen besonderen Aufklärungs- und Beratungsbedarf wegen einer faktisch fehlenden Glattstellungsmöglichkeit durch Gegengeschäfte auslösen, ist dem nicht zu folgen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch hier eine Glattstellung durch Gegengeschäfte möglich, etwa durch den Erwerb einer gegenläufigen Option mit einem erhöhten Basispreis (Allmendinger/Tilp, a.a.O., Rn. 94).

Daher genügt die allgemeine Belehrung der Beklagten durch die Informationsschrift "Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften", die unter Ziff. II. 1. den ausdrücklichen Hinweis enthält, daß Verlustrisiken von Börsentermingeschäften mit Erfüllung per Termin im vorhinein nicht bestimmbar sind und weit über die geleisteten Sicherheiten hinausgehen können. In der Informationsschrift war die Beklagte zudem darüber informiert worden, daß die Verluste der Risikogeschäfte sogar zusätzliche Sicherheiten erforderlich machen können und daß eine zusätzliche Verschuldung entstehen kann, die auch das übrige Vermögen außerhalb der gestellten Sicherheiten erfaßt.

Vor diesem Hintergrund bedurfte es auch keiner besonderen Unterrichtung der Beklagten durch die Klägerin, als die durch die Börsengeschäfte erlittenen Verluste der Beklagten ein Ausmaß erreicht haben, das zu einem Abschmelzen der von der Beklagten geleisteten Sicherheiten durch die Verpfändung von Wertpapierdepots geführt hat. Den Belehrungen in den Informationsschriften "Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" und "Rahmenvereinbarung für Börsentermingeschäfte an der Deutschen Terminbörse" ist aus der Sicht eines objektiven Lesers vor allem nicht zu entnehmen, daß die Klägerin eine entsprechende Unterrichtungspflicht übernommen hat. Dort ist lediglich das Recht der Klägerin festgeschrieben, zusätzliche Sicherheiten von der Beklagten zu fordern. Der Anleger wird lediglich daraufhingewiesen, daß eine zusätzliche Sicherheitenbestellung als auf ihn zukommende Belastung abverlangt werden könnte. Daß sich das Kreditinstitut nicht zu einer Unterrichtung des Abschmelzens der Sicherheiten verpflichten will, folgt auch aus dem weiteren Hinweis in der Informationsschrift "Rahmenvereinbarung für Börsentermingeschäfte an der Deutschen Terminbörse", wonach der Anleger verpflichtet ist, die Entwicklung der getätigten Geschäfte zu verfolgen und gegebenenfalls Vorbereitungen für eine zusätzliche Sicherheitenbestellung zu treffen.

Die Beklagte ist auch in der Lage gewesen, die finanziellen Risiken aufgrund der von der Klägerin bereitgehaltenen Daten selbst einzuschätzen. Hierzu hat die Klägerin dargelegt, daß die Beklagte jederzeit - und nicht nur am Jahresende - einen Depotauszug mit tagesaktuellen Wertpapierkursen bei ihr abfragen konnte. Die für die erforderlichen Berechnungen benötigten Beleihungsgrundsätze für die Wertpapiere ergeben sich aus den Verträgen und waren ebenfalls jederzeit abfragbar. Es kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, daß die Beklagte die möglichen Informationen nicht abgefragt und eine entsprechende Risikoeinschätzung nicht vorgenommen hat.

Im übrigen ist die Beklagte kraft Rechtsform Kaufmann und damit grundsätzlich weniger schutzbedürftig, als natürliche Personen es sind. Dieser Gedanke kommt auch bei der Prüfung der Börsentermingeschäftsfähigkeit in den beiden Fällen des § 53 Abs. 1 und Abs. 2 BörsG zum Ausdruck. Selbstverantwortlichkeit ist für den Kaufmann und das Handelsrecht wesentlich; ein Kaufmann muß die Risiken und Chancen im Handelsverkehr selbst abschätzen (Baumbach/Hopt, HOB, 30. Aufl., Einl v § 1 Rn. 4). Bei Kaufleuten ist zu unterstellen, daß sie geschäftserfahren sind und in gewissem Umfang auch die Fähigkeit zur Selbstinformation, etwa durch externe Berater oder ausdrückliche Nachfrage bei einem Geldinstitut, besitzen. Darüber hinaus ist die Beklagte nicht gänzlich unerfahren im Wertpapierhandel gewesen, was sich aus ihrer Selbstauskunft ergibt.

b) Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen die Klägerin wegen unterlassener oder unzutreffender Aufklärung und Beratung ergeben sich auch nicht aus dem Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung. Auch insoweit ist eine Pflichtverletzung nicht erkennbar, da die Klägerin ihrer Aufklärungs- und Beratungspflicht - wie bereits dargelegt - nachgekommen ist.

c) Daneben besteht auch kein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG. Ob es sich bei § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB oder nur um eine bankordnungsrechtliche Vorschrift handelt, ist in der Literatur umstritten (dafür: Assmann/Schneider/Koller, Wertpapierhandelsrecht, 2. Aufl., Vor § 31 Rn. 17; Allmendinger/Tilp, a.a.O., Rn. 675; dagegen: Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 6. Aufl., Rn. 285); die Rechtsprechung hat sich noch nicht eindeutig geäußert. Diese Frage und die Frage, ob die erst ab dem 01.01.1995 geltende Regelung des § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG auf den vorliegenden Rechtsstreit überhaupt Anwendung findet, kann letztlich offenbleiben, da die Maßstäbe für die Feststellung einer Pflichtverletzung bei § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG die gleichen sind wie bei einer Pflichtverletzung im Zusammenhang mit einem Verschulden bei Vertragsschluß oder einer positiven Vertragsverletzung. Schadensersatzansprüche nach diesen beiden Rechtsinstituten stehen der Beklagten gegen die Klägerin - wie bereits aufgezeigt - nicht zu.

d) Schließlich scheidet auch § 826 BGB als Anspruchsgrundlage aus. Objektive Tatsachen, die eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Beklagten durch die Klägerin begründen würden, sind nicht vorgetragen.

II.

Der Zinsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte m Höhe von 5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 12.09.1999 ergibt sich im Wege der abstrakten Schadensberechnung nach §§ 286, 288 Abs. 2 BGB unter entsprechender Heranziehung des § 11 VerbrKrG. § 11 VerbrKrG ist nach § 1 Abs. 1 VerbrKrG nicht unmittelbar anwendbar, da es sich bei der Beklagten um eine gewerbliche Kreditnehmerin handelt. Für gewerbliche Kreditnehmer findet jedoch der Gedanke des § 11 VerbrKrG insoweit Berücksichtigung, als er die Grundlage für die abstrakte Berechnung des der Klägerin entstehenden Schadens bietet (BGH NJW 2000, 658, 661 mwN.; Palandt/Heinrichs, 59. Aufl., § 246 Rn. 12). Der Zinsbeginn bestimmt sich durch die Zustellung des Mahnbescheides, § 284 Abs. 1 Satz 2 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Festsetzung der Beschwer ist nach § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolgt.

Ende der Entscheidung

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