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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 7 U 66/00
Rechtsgebiete: BGB, HGB, EGZPO, ZPO, AGBG


Vorschriften:

BGB § 93
BGB § 94 Abs. 1
BGB § 94 Abs. 2
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 455 Abs. 1 a.F.
BGB § 929
BGB § 932
BGB § 932 Abs. 2
BGB § 946
BGB § 947
BGB § 947 Abs. 1
BGB § 1004 Abs. 1
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1006 Abs. 1
BGB § 1006 Abs. 3
HGB § 336
HGB § 366
EGZPO § 26 Nr. 5
ZPO § 529
ZPO § 531
AGBG § 2 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 66/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.4.2007

Verkündet am 25.4.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und den Richter am Oberlandesgericht Werth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 15. März 2000 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 €, die auch in Form einer unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer Deutschen Großbank, Sparkasse oder Genossenschaftsbank erbracht werden kann, abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin schloss mit der S... GmbH einen Vertrag über die Veräußerung von Segmenten für zwei Stahlrohrtürme für Windkraftanlagen. Zuvor hatten die S... GmbH und die Beklagte zu 1., deren Komplementärin die Beklagte zu 2. ist, einen Vertrag über die Lieferung, Montage, Inbetriebnahme und Abnahme von Windkraftanlagen geschlossen. Die Klägerin lieferte die Turmsegmente zur Baustelle der Beklagten zu 1..

Über das Vermögen der S... GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Zeuge Rechtsanwalt F... zum Insolvenzverwalter ernannt.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie Eigentümerin der Turmsegmente geblieben sei, da zwischen ihr und der S... GmbH ein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, es als Gesamtschuldner bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die am Standort 3 des Windparks J... in ... J... bei W..., Landkreis O..., gelagerten vier Turmsegmente mit den Abmessungen:

- Unterteil: Großer Durchmesser 3.666 mm, kleiner Durchmesser 3.400 mm, Länge 14.000 mm, Gewicht: 22 t,

- Mittelteil: Großer Durchmesser 3.400 mm, kleiner Durchmesser 3.134 mm, Länge 13.670 mm, Gewicht: 17 t,

- zweites Mittelteil: Großer Durchmesser 3.134 mm, kleiner Durchmesser 2.717 mm, Länge 22.000 mm, Gewicht: 21 t,

- Oberteil: Großer Durchmesser 2.717 mm, kleiner Durchmesser 2.300 mm, Länge 22.500 mm, Gewicht: 14 t,

zu verbauen, d. h. sie bei der Errichtung eines vierteiligen Rohrturms zum Bau und Betrieb eines Windkraftturms mit dem Erdboden fest zu verbinden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Tatbestände des angefochtenen Urteils sowie des Senatsurteils vom 23.5.2001 Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 15.3.2000 die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe aus § 1004 Abs. 1 BGB. Das Eigentum der Klägerin sei nicht durch die Lieferung der Turmsegmente an die Beklagten beendet worden. Es sei nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB gefährdet, da es bei der Errichtung von Windkraftanlagen unter Verwendung der Segmente nach §§ 93, 947 Abs. 1 BGB verloren gehe.

Gegen dieses Urteil, das ihnen am 17.3.2000 zugestellt worden ist, haben die Beklagten am 12.4.2000 Berufung eingelegt, die sie nach der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 26.6.2000 an diesem Tag begründet haben.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 15.3.2000 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin behauptet, sie habe der S... GmbH unter dem 11.3.1998 ein Angebot erteilt. Dabei habe sie ausdrücklich auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen, die beigefügt gewesen seien und in § 7 einen verlängerten Eigentumsvorbehalt vorgesehen hätten. Dessen Vereinbarung sei branchen- und handelsüblich. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien auch mit der Auftragsbestätigung vom 14.1.1999 übersandt worden. Die einen Eingangsstempel der S... GmbH tragende Auftragsbestätigung nebst Anlage befinde sich in den Akten der S... GmbH, die der Zeuge Rechtsanwalt F... bei der R... GmbH in V... eingelagert habe.

Der Senat hat zunächst Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen G... und H.... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung am 10.1.2001 und 28.3.2001 verwiesen.

Durch das Senatsurteil vom 23.5.2001 ist das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen worden mit der Begründung, dass Ansprüchen der Klägerin aus § 1004 Abs. 1 BGB der Verlust des Eigentums an den Turmsegmenten entgegen stehe. Die Klägerin und die S... GmbH hätten sich über deren Übereignung konkludent bei der Lieferung an die als Erklärungsempfängerin für die S... GmbH fungierende Beklagte zu 1. geeinigt. Zwischen der Klägerin und der S... GmbH sei ein Eigentumsvorbehalt nicht vereinbart gewesen. Die Aussagen der dazu vernommenen Zeugen hätten einen Beweis dafür nicht erbracht. Auf die Branchen- oder Handelsüblichkeit komme es nicht an, da dann die Beklagte zu 1. das Eigentum gutgläubig nach §§ 932 BGB, 336 HGB erlangt habe.

Dagegen hat die Klägerin Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hat durch Urteil vom 22.9.2003 das Senatsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den Senat zurückverwiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass zwar die Vereinbarung der Klägerin mit der S... GmbH auf die Übergabe und Übereignung der Turmsegmente ohne die Durchführung einer Abnahme abziele. Auch lasse die Beweiswürdigung des Senats durchgreifende Rechtsfehler nicht erkennen. Es könne jedoch die Branchenüblichkeit des Eigentumsvorbehalts nicht dahinstehen, da bei einem entsprechenden Handelsbrauch ein Eigentumserwerb mit der S... GmbH ausscheide und ein gutgläubiger Eigentumserwerb der Beklagten zu 1. nach §§ 932 BGB, 366 HGB nicht habe stattfinden können.

In der Folgezeit haben die Parteien im Rahmen ergänzend vorgetragen und das Vorbringen zum Inhalt der beim Zeugen Rechtsanwalt F... befindlichen Akten der S... GmbH in den Rechtsstreit eingeführt.

Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Fr... zur Branchenüblichkeit des Eigentumsvorbehalts und die Vernehmung der Zeugin Sch... zum Inhalt des beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Ordners Nr. 715 aus den Akten der S... GmbH. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom 27.6.2005 (Bl. 544 ff. d.A.) nebst Ergänzung vom 13.3.2006 (Bl. 633 ff. d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 21.3.2007 (Bl. 738 ff. d.A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird auf die Tatbestände des Senatsurteils vom 23.5.2001 und des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 22.9.2003 sowie den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Der Zulässigkeit der Klage steht das Vorbringen im Schriftsatz der Beklagten vom 21.3.2007 (Bl. 732 ff. d.A.) nicht entgegen. Dem Rechtsschutzinteresse der Klägerin steht es nicht entgegen, dass die Beklagten die Anlage in J... mit anderen Turmsegmenten durchgeführt haben, Anlagen des Typs "S..." nicht mehr gebaut werden und die Typenprüfung nicht mehr gültig ist. Das Klagebegehren und die erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten haben nicht das Unterbleiben einer Verwendung der Turmsegmente

- allein - bei der Errichtung des Windparks in J... zum Gegenstand, sondern die uneingeschränkte Unterlassung ihrer Verbauung. Dass eine solche nicht mehr möglich ist, lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen; insbesondere ist nichts dafür dargetan, dass nicht nach einer erneuten Typenprüfung eine Verwertung - wieder - möglich sein wird.

2.

Die Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegen die Beklagten aus § 1004 Abs. 1 BGB zu.

a)

Die Klägerin, die unstreitig die ursprüngliche Eigentümerin der Turmsegmente gewesen ist, hat ihr Eigentum weder an die S... GmbH noch an die Beklagten verloren.

aa)

Eine ausdrückliche Übereignung nach § 929 BGB hat nicht stattgefunden. Das steht - nach wie vor - außer Streit.

bb)

Ein stillschweigender oder konkludenter Eigentumsübergang hat ebenfalls nicht stattgefunden. In der Lieferung der Turmsegmente an die Beklagte zu 1. kann ein entsprechendes Angebot der Klägerin nicht gesehen werden. Ihr Verhalten kann aus der Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers in der damaligen Lage der S... GmbH nach §§ 133, 157 BGB nicht so verstanden werden, da zwischen der Klägerin und der S... GmbH ein verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart gewesen ist; da die S... GmbH eine Zahlung an die Klägerin unstreitig zu keinem Zeitpunkt erbracht hat, durfte sie nicht erwarten, dass jene sich ihres Eigentums an den Turmsegmenten begeben wolle.

Die Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts im Verhältnis zur S... GmbH steht nach dem Ergebnis der nach der Zurückverweisung der Sache an den Senat durchgeführten Beweisaufnahme fest. Diese hat ergeben, dass der S... GmbH die Auftragsbestätigung vom 14.1.1999 unter Beifügung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin übersandt worden ist. Soweit die Klägerin dazu in der Berufung und insbesondere im Anschluss an das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.9.2003 neu vorgetragen hat, ist das Vorbringen nach § 26 Nr. 5 EGZPO ohne Einschränkung nach §§ 529, 531 ZPO zuzulassen, da die mündliche Verhandlung in der ersten Instanz vor dem 1.1.2002 geschlossen worden ist.

Nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Auftragsbestätigung nebst den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu den Akten der S... GmbH gelangt und vom Zeugen Rechtsanwalt F... in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter dort vorgefunden und in Besitz genommen worden sind. Beide Schriftstücke sind in dem beigezogenen Ordner Nr. 715 enthalten, wobei der Text der Auftragsbestätigung ausdrücklich auf die "beiliegenden Verkaufs- und Lieferbedingungen" der Klägerin Bezug nimmt. Aus der Aussage der Zeugin Sch..., einer Mitarbeiterin der R... GmbH, ergibt sich, dass der Zeuge Rechtsanwalt F... die Akten der S... GmbH bei der R... GmbH hat einlagern lassen; die Zeugin hat anhand ihrer Unterlagen und nach der Inaugenscheinnahme des Aktenordners bestätigt, dass sie jenen den eingelagerten Akten der S... GmbH entnommen und auf das Geheiß des Zeugen Rechtsanwalt F... dem Senat übersandt hat. Sie hat weiter bekundet, dass die Gewährung von Akteneinsicht in den Räumen der R... GmbH nur mit dem Einverständnis des Insolvenzverwalters und unter ständiger Beaufsichtigung durch Mitarbeiter der R... GmbH stattgefunden hat. Bei alledem hat die Zeugin detailliert und anschaulich die Beweisfrage und die ihr ergänzend gestellten Fragen zu beantworten gewusst. Die in sich widerspruchsfreie Aussage vermittelt ein nachvollziehbares und stimmiges Bild insbesondere der Behandlung von Akten im Allgemeinen und des beigezogenen Aktenordners Nr. 715 im Besonderen durch die R... GmbH. Ein Anlass zu Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Zeugin oder der Glaubhaftigkeit ihrer Bekundungen besteht auch im Lichte des persönlichen Eindrucks, den sie bei ihrer Vernehmung durch den Senat hinterlassen hat, nicht.

Demzufolge steht fest, dass die Klägerin die Auftragsbestätigung nebst ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die - was sich ebenfalls aus dem Inhalt des beigezogenen Aktenordners ersehen lässt - in § 7 einen verlängerten Eigentumsvorbehalt vorsehen, an die S... GmbH übersandt hat und dass die Schriftstücke dort eingegangen sind. Denn nur so können die Schriftstücke in den Unterlagen der S... GmbH gelangt und dort vom Zeugen Rechtsanwalt F... vorgefunden worden sein. Für eine nachträgliche Hinzufügung der Schriftstücke ist nichts ersichtlich. Insbesondere kann es im Lichte der Aussage der Zeugin Sch... ausgeschlossen werden, dass der Akteninhalt etwa im Zuge der vorgetragenen (Bl. 409 d.A.) Akteneinsicht durch den Geschäftsführer der Klägerin St... verändert worden ist, da davon auszugehen ist, dass eine Hinzufügung von Schriftstücken durch die aufsichtsführende Person bemerkt worden wäre. Gegen eine derartige Manipulation spricht zudem, dass die in dem Aktenordner befindliche Auftragsbestätigung einen Eingangsstempel vom 18.1.1999 trägt, der auf die zeitnahe Versendung und den Eingang beim Empfänger hindeutet. Diese Sichtweise steht auch im Einklang mit dem Inhalt der Aussage der Zeugin Ge... (Bl. 280 ff. d.A.), die bekundet hat, dass sie in ihrer Eigenschaft als Sekretärin der Klägerin die Auftragsbestätigung gefertigt habe und Angeboten und Auftragsbestätigungen stets die Verkaufs- und Lieferbedingungen der Klägerin beilege.

Den von den Beklagten mit dem - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 20. April 2007 vorgetragenen Bedenken folgt der Senat daher nicht. Insbesondere gibt es keinerlei tragfähige tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Inhalt des beigezogenen Aktenordners nachträglich durch irgendwen verändert (manipuliert) worden sein könnte. Hat aber die Klägerin der S... GmbH die Auftragsbestätigung mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen übersandt, so sind jene nach § 2 AGBG a.F. Vertragsinhalt geworden. Im Verkehr zwischen Kaufleuten, wie er hier gegeben ist, reicht dafür die widerspruchslose Entgegennahme der vertraglich geschuldeten Leistung auf eine so gestaltete Auftragsbestätigung durch den anderen Teil aus (BGH NJW-RR 2000, 1154, 1155; NJW 1995, 1671, 1672; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 305, Rn. 53). Das ist hier geschehen. Es ist unstreitig, dass am 2.3.1999 - also nach dem Eingang der Auftragsbestätigung - die S... GmbH die Klägerin mit dem Transport der Turmsegmente zu der Baustelle beauftragt hat, die am 6.4.1999 ausgeführt worden ist. Ein Widerspruch der S... GmbH gegen die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ist weder schriftsätzlich vorgetragen noch den von den Parteien vorgelegten Anlagen oder dem Inhalt des beigezogenen Aktenordners Nr. 715 zu entnehmen.

Die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts führt dazu, dass die S... GmbH die Auslieferung der Turmsegmente nicht nach §§ 133, 157 BGB dahingehend verstehen durfte, dass die Klägerin sich ihres Eigentums hat begeben wollen. Denn es ist unstreitig und der S... GmbH - zwingend - bekannt gewesen, dass sie das vertragliche Entgelt an die Klägerin nicht gezahlt hatte und damit die Voraussetzung des Eigentumsübergangs nach § 455 Abs. 1 BGB a.F. nicht eingetreten war. Nachdem eine Zahlung an die Klägerin auch später nicht stattgefunden hat, scheidet ein Eigentumsübergang insgesamt aus.

cc)

Ein Eigentumsübergang ist nicht nach § 1006 Abs. 1, 3 BGB zu vermuten. Die aus dem Besitz an den Segmenten folgende Vermutung ist durch die Feststellung der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts widerlegt; dazu wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen zu Ziffer II 1. des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 22.9.2003 verwiesen.

dd)

Für einen gutgläubigen Eigentumserwerb der Beklagten nach §§ 932 BGB, 366 HGB ist ebenfalls kein Raum. Ein solcher ist nach § 932 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wenn dem Erwerber bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. Das ist angesichts der Werthaltigkeit der Turmsegmente, die von der Klägerin zum Preis von 225.000,00 € je Turm veräußert worden sind, hier zu bejahen. Wer im Geschäftsverkehr von einem anderen als dem Hersteller neu hergestellte und hochwertige Investitions- oder Konsumgüter erwirbt, muss innerhalb der üblichen Finanzierungsdauer mit dem für solche Sachen üblicherweise vereinbarten Eigentumsvorbehalt des Vorlieferanten rechnen; führt er nicht eine Klärung der Eigentumsverhältnisse oder des Verfügungsrechts des anderen Teils herbei, so nimmt er die Vereitelung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts in Kauf und handelt damit grob fahrlässig (BGH NJW 1999, 425, 426; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 932, Rn. 12). Ein diesen Anforderungen genügendes Verhalten der Beklagten ist nicht dargetan und auch nicht aus den vorgelegten und beigezogenen Urkunden ersichtlich. Dabei kann den Beklagten nicht zugute gehalten werden, dass sie schon vor der Lieferung der Segmente das von ihnen an die S... GmbH zu zahlende Entgelt in Höhe von 4.366.240,00 DM entrichtet haben; denn das hat - ungeachtet der damaligen wirtschaftlichen Lage der S... GmbH - keinen, jedenfalls keinen hinreichend sicheren, Schluss auf eine Erfüllung der der S... GmbH der Klägerin gegenüber obliegenden Zahlungsverpflichtungen zugelassen.

b)

Das Eigentum der Klägerin ist nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in einer anderen Weise als durch die Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes, dessen sich die Klägerin bereits durch die Lieferung der Turmsegmente zu der Baustelle der Beklagten begeben hat, gefährdet. Denn es ist zu besorgen, dass die Klägerin ihr Alleineigentum durch eine - bestimmungsgemäße - Montage der Turmsegmente durch die Beklagten verliert. Windkraftanlagen sind Gebäude im Sinne des § 94 Abs. 1, 2 BGB (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 94, Rn. 3, 5), sodass deren Segmente mit der Montage zu ihren wesentlichen Bestandteilen gemäß § 94 Abs. 2 BGB werden und dem damit einher gehenden Rechtsverlust nach §§ 946, 947 BGB unterliegen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob - wie die Beklagten vortragen - der Einbau hier lediglich durch eine Verschraubung der Segmente vorzunehmen wäre, die wieder gelöst werden könnte und ihre Entfernung ohne eine Beeinträchtigung zuließe; denn auch würden die Segmente nach § 94 Abs. 2 BGB eingefügt und damit wesentliche Bestandteile der Anlagen. Ebenso schadet es der Berechtigung des Begehrens der Klägerin nicht, dass ein solcher hier erstmalig eintreten mag (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004, Rn. 32).

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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